VI
Ich weiß nicht, wie lange wir nebeneinandersitzen, ohne uns anzusehen. Über unseren Köpfen rauschen die ersten Busse hinweg, die Tram rattert mit ohrenbetäubendem Lärm über die Schienen. Am Horizont geht langsam Sonne auf, die goldene Röte lässt selbst das flackernde Neonlicht warm erscheinen. Trotzdem habe ich meine Arme noch immer fröstelnd um den Körper geschlungen. Mir ist nicht kalt, aber ich zittere. Vielleicht, weil mir erst jetzt klar wird, was ich getan habe. Was ich getan hätte.
Ein weiterer Schluchzer schüttelt mich, neue Tränen rollen über die bereits getrockneten Spuren der vergangenen Nacht. Ich schmecke Salz auf meinen aufgeplatzten Lippen, vermischt mit Blut.
Irgendwann greift eine fremde Hand greift nach meiner, ihre Finger legen sich um meine. Es ist ein stiller Trost. Ich nehme ihn an und frage mich gleichzeitig, was dieses Mädchen so selbstlos sein lässt. Was muss sie in mir sehen, um mir so zu vertrauen?
Was sehe ich selbst in mir?
Früher hätte ich die Frage beantworten können, jetzt weiß ich keine Antwort darauf.
Der kleine, unschuldige Junge von damals existiert nicht mehr. Genauso wenig, wie die heile Welt, von der alle träumen.
Es gibt die Vergangenheit nicht mehr.
Nur noch die Zukunft - aber die ist kaputt. Gebrochen wie mein Inneres.
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