4.Kapitel
»Und du findest diese Malena nett?«, fragte mich meine Therapeutin Frau Seidner, worauf ich nickte. Ich saß mal wieder in dem kleinen freundlich gehaltenen Raum der Arztpraxis, die ich schon seit über zwölf Jahren wegen meiner extremen Schüchternheit besuchte. Anfangs hatte ich kein einziges Wort mit meiner damaligen Therapeutin gewechselt und auch mit keinem einzigen Kind aus dem Kindergarten gesprochen. Mit meinen Verwandten hatte ich nur sehr wenig bis gar nicht gesprochen, mit meinen Eltern dafür aber fast schon zu viel.
»Habt ihr denn schon mal etwas zusammen gemacht? Oder miteinander geschrieben oder euch unterhalten?«, wollte meine Therapeutin von mir wissen. Ich nickte zögernd mit dem Kopf.
»Ja, wir unterhalten uns oft durch unsere Fenster, zum Beispiel zum Gute Nacht sagen. Unsere Zimmer sind nämlich genau gegenüber. Geschrieben haben wir bis jetzt so gut wie nichts miteinander«, erklärte ich nach einer kurzen Pause und schaute zu meiner Therapeutin, die mit ihrer unleserlichen Schrift irgendetwas auf ihren Block notierte. Ich konnte es nicht entziffern, wie immer. Obwohl ich mittlerweile wusste, dass ich es nicht lesen konnte, erwischte ich mich doch noch ziemlich oft dabei, wie ich auf ihren Block spähte. Erfolglos, eben wie immer. Ihre Schrift war sogar noch schlimmer als meine, wenn ich schnell schrieb, und das hieß etwas. Dann konnte selbst ich sie oft nicht mehr entziffern.
»Wie kommt es dazu, dass ihr anfangt, euch zu unterhalten?«, fragte Frau Seidner weiter und strich sich eine ihrer blonden Strähnen, die aus ihrem Dutt hingen, hinters Ohr.
»Malena klopft an ihr Fenster, quasi als Zeichen, dass ich kommen soll«, erzählte ich.
»Und du machst das nie?«, wollte meine Therapeutin wissen. Ich nickte und sie schrieb wieder etwas auf.
»Wie schwer würdest du es einstufen, dass du den ersten Schritt machst?«, fragte sie mich und ich überlegte. Dabei wanderte meine Hand in meine Haare.
»Vielleicht so bei einer Sieben oder vielleicht auch bei einer Sechs?«
Meine Antwort hörte sich viel mehr nach einer Frage an. Bei Fragen dieser Art gingen wir immer von einer Skala von eins bis zehn aus. Die Eins hieß, dass es mir total leicht fiel, und bei der Zehn waren die schweren Aufgaben, die ich vor Angst noch gar nicht bewältigen konnte.
»Das neue Schuljahr hat ja schon vor zwei Wochen begonnen. Wie schwer wäre es dir in den ersten Tagen gefallen?«, wollte sie wissen und ich setzte mich, möglichst unauffällig, gemütlicher hin.
»Auf jeden Fall schwerer. Vielleicht bei einer Acht? Oder auch bei einer Neun?«
Wieder klang meine Antwort wie eine Frage, doch Frau Seidner nickte trotzdem.
»Woran, glaubst du, liegt es, dass es dir nun ein bisschen leichter fällt, obwohl du es in der Zeit nicht einmal gemacht hast? Wir haben ja schon öfters gesagt, dass die schweren Aufgaben einem immer leichter fallen, je häufiger man sie wiederholt. Deswegen ist es ja auch wichtig, nicht aufzuhören, wenn man einmal etwas geschafft hat, sondern es immer wieder wiederholt, bis es kaum mehr ein Problem darstellt«, erklärte sie mir nochmal kurz, wie sie es in jeder Sitzung tat. Ich überlegte nur einen kurzen Moment, bis ich antwortete:
»Ich denke, weil wir uns jeden Tag wenigstens gute Nacht gesagt haben und ich mir so etwas sicherer bin, dass ich sie nicht nerven oder stören würde, wenn auch ich das mal machen würde.« Ich schaute mit gemischten Gefühlen zu Frau Seidner, die wieder etwas auf dem Block notierte und dabei nickte. War das sinnvoll, was ich da von mir gegeben hatte?
»Also ist das hier jetzt auch wieder die Angst, abgelehnt zu werden, die bei dir stark ausgeprägt ist«, brachte Frau Seidner es auf den Punkt und diesmal war ich es, die nickte.
»Wäre die Aufgabe, bis zu unserem nächsten Termin selbst einmal an das Fenster zu klopfen, machbar oder ist das noch zu früh?«, stellte meine Therapeutin die Frage, auf die ich insgeheim schon die ganze Zeit gewartet hatte. Ich wollte nicht nein sagen und schaffen würde ich es schon irgendwie, also nickte ich kaum merkbar.
»Gut, dann ist das deine Hauptaufgabe bis zum nächsten Mal. Wenn du es einmal geschafft hast, versuchst du es immer wieder. Parallel dazu übst du die Stabilisierungsaufgaben«, meinte sie und schrieb etwas auf, ich vermutete, die Aufgabe. Die Stabilisierungsaufgaben waren die, die ich schon öfters geschafft hatte, aber wiederholen sollte, um eine Routine darin zu bekommen. In einem Laden nach einem bestimmten Produkt zu fragen oder beim Tanzen die Leute dort zu grüßen, waren zum Beispiel zwei davon. Beides hörte sich einfach lächerlich und banal an, aber selbst das hatte mich einmal so unglaublich viel Überwindung gekostet, dass ich abnormal viel Angst davor hatte. Mittlerweile gehörten diese zwei Aufgaben zum Glück zu den leichtesten. Auch insgesamt hatte es sich etwas verbessert. Vor ein paar Jahren hatte ich beispielsweise noch nicht einmal mit meinen Lehrern gesprochen, geschweige denn mit irgendeinem Mitschüler von mir. Momentan hatte sich das zum Glück ein kleines bisschen ins Positive verändert.
»Sollen wir noch irgendetwas wegen der Aufgabe besprechen oder willst du es erstmal so probieren?«, fragte meine Therapeutin mich und ich wurde wieder in die Realität befördert.
»Nein, das müsste so passen«, antwortete ich schließlich und Frau Seidner nickte.
»Gut, dann schauen wir uns das beim nächsten Mal ganz genau an. Jetzt würde ich noch gerne etwas über das Referat, das du am Anfang erwähnt hast, wissen. Zuallererst, wann musst du es halten?«, fragte sie mich.
»Nächste Woche.« Wir besprachen noch einiges darüber und dann fragte sie mich über die aktuelle Klassensituation aus.
»Wie läuft es denn mit dem Melden? Deine Aufgabe war ja, zu versuchen, es mindestens einmal die Woche zu probieren«, meinte sie und sah mich erwartungsvoll an, während mir das Herz in die Hose rutschte. Ungefähr drei Monate vor den Sommerferien hatten wir damit begonnen, dass ich anfangen sollte, mich im Unterricht zu melden. Anfangs war die Aufgabe, mich nur einmal im Monat zu melden. Mir war es damals so unangenehm gewesen, dass ich es nicht geschafft hatte, mich zu melden, also hatte ich angefangen meiner Therapeutin zu erzählen, dass ich mich gemeldet hätte, obwohl ich das nicht getan hatte. Mit jedem Mal wurde es mir unangenehmer, diese Lüge zu erzählen, aber ich konnte sie jetzt auch nicht mehr ansprechen. Dafür log ich einfach schon zu lange und ich traute mich auch nicht, das klarzustellen. Ich wusste, dass das nicht der Sinn der Sache war, doch ich hatte es damals für die beste Lösung gehalten und jetzt musste ich ihr weiter etwas vorspielen.
»Also?«, fragte mich Frau Seidner mit ruhigem Ton und ich spielte an meinem Haar.
»Ich habe mich einmal gemeldet«, druckste ich herum in der Hoffnung, dass meine Therapeutin meinte, dass ich mit der Antwort zögerte, da ich es nur einmal statt zweimal geschafft hatte. Eigentlich hatte es aber kein einziges Mal geklappt. Frau Seidner kaufte mir die Lüge ab und redete mit mir schließlich noch über ein paar andere Sachen bezüglich der Schule, nachdem sie noch kurz auf das Melden eingegangen war.
Als die Therapiesitzung beendet war, machte ich mich gut gelaunt, aber auch total erschöpft auf den Rückweg. Danach war ich immer komplett fertig, als hätte ich irgendetwas Anstrengenderes gemacht anstatt nur eine Stunde zu sitzen und zu reden.
Ich öffnete den Reißverschluss meiner Jacke. Das Wetter war heute überraschenderweise ziemlich gut, sodass ich die wärmende Sonne im Nacken spürte. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich denken können, dass gerade Sommer und nicht Herbst war. Trotzdem wehte hin und wieder ein leichtes Lüftchen. Ich stöpselte meine Kopfhörer ans Handy und machte die Playlist mit meinen Lieblingsliedern an, während ich mittlerweile schon durch den kleinen Park lief, den ich auch nach dem Training immer durchquerte. In der Playlist waren unter anderem Lieder meiner Lieblingssängerin Billie Eilish. Am liebsten hätte ich jetzt meine schwarzen Riemchensandalen ausgezogen und auf der einladend großen Wiese an dem kleinen Bach einfach drauflos getanzt. Ich wusste nicht, woher meine gute Laune trotz meiner offensichtlichen Erschöpfung kam, aber ich genoss es. Irgendwie hatte mir die Therapiesitzung heute total viel Mut gemacht, auch wenn sie anstrengend gewesen war. Wahrscheinlich lag das daran, dass wir meine Erfolge kurz durchgegangen waren. Ich hatte wirklich erstaunlich viel geschafft.
Ich sah mich um und wie auch nicht anders zu erwarten, bemerkte ich keine Menschenseele. Genau deshalb gehörte der Park zu meinen Lieblingsorten. Hier hatte ich fast immer meine Ruhe, nur selten verirrte sich jemand an diesen Ort.
Nachdem ich mich nochmal vergewisserte, dass wirklich niemand da war, setzte ich mich auf die alte und mittlerweile auch etwas morsche Holzbank und zog mir meine Sandalen aus. Als meine Zehen das Gras unter sich spürten, konnte ich es kaum mehr aushalten, nicht loszutanzen. Ich stöpselte also schnell die Kopfhörer wieder aus und machte mein Handy auf die lauteste Lautstärke, die es hergab. Schon fanden mein Handy und meine kleine, schwarze Handtasche ihren Platz auf der Bank. Die Musik lief weiter und ich spürte die Energie in meinem Körper, die nur danach schrie, endlich tanzen zu können. Als die ersten Takte von 'Glad you came', einem Lied aus der Playlist, ertönten, konnte ich mich nicht mehr halten und ich lief mit einem Mischmasch aus Hüpfen und Rennen auf die Wiese.
Mit einem Strahlen im Gesicht führte ich die ersten paar Schritte aus. Zum Glück hatte ich heute ein eher luftiges Kleid angezogen, das mich am Tanzen nicht hinderte, sondern stattdessen schön meinen Bewegungen folgte. Ich gab mich voll der Musik hin und setzte all meine Energie in meine Tanzschritte. Es gab nur noch mich und die Musik. Die Umgebung um mich herum nahm ich nur noch schwach wahr. Mein Fokus lag einzig und allein auf der Musik und den Schritten. Ich fühlte mich mit dem leichten Wind im Rücken frei und brachte all meine Gefühle mithilfe des Tanzens zum Ausdruck. Ich liebte das freie Tanzen, nicht an eine bestimmte Schrittfolge gebunden zu sein, sondern mich einfach nach meinem Gefühl zu bewegen. In diesen Momenten war ich nicht das gemobbte, geistig kranke oder auch schüchterne Mädchen. Nein, hier war ich normal, wenn nicht sogar ein kleines bisschen verrückt. Meine Erschöpfung von der Therapie war mit dem Wind verflogen.
Als der letzte Ton des Liedes erklang, nahm ich ein Klatschen von der Bank wahr. Mit feuerrotem Gesicht starrte ich in die Richtung aus der das Geräusch kam. Scheiße, ich kannte diesen Typen, der mich angrinste. Wie peinlich. Was dachte er jetzt nur von mir?
»Hey, Kathrinchen, komm mal her zu mir. Ich bin wirklich begeistert, du hast spitze getanzt«, machte mir dieser Idiot auch noch ein Kompliment und ich wurde dadurch noch röter, falls das überhaupt möglich war. Warum hatte er auch ausgerechnet jetzt hierherkommmen müssen? Außer Atem ging ich zögerlich auf ihn zu und setzte mich verlegen neben ihn auf die Bank, die dabei bedenklich knarzte. Am liebsten hätte ich mich einfach in Luft aufgelöst. Wie konnte ich Markus denn jetzt nur je wieder anschauen? Ich war mir sicher, dass ich jedes Mal, wenn ich ihn sehen würde, an das gerade eben denken müsste und knallrot anlaufen würde. Unbewusst drückte ich meinen rechten Fuß fester in den leicht warmen Kies von dem Weg, der die Bank und die Wiese voneinander trennte.
Ich traute mich nicht, ihn anzuschauen. Wie lange hatte er mich schon beobachtet? Warum hatte ich ihn nicht bemerkt? Und warum hatte er das überhaupt getan? Hoffentlich hatte er nicht meine Unterwäsche betrachten können, falls mein Kleid beim Tanzen für einen Moment etwas zu hoch gerutscht war. Bei diesem Gedanken wurde mir schlecht. Warum hatte ich auch unbedingt hier tanzen müssen? Hätte mein Zimmer nicht ausgereicht? Verärgert über mich selbst und meine Ungeduld nahm ich Markus neben mir erst wieder richtig wahr, als er anfing zu sprechen.
»Ich hab das übrigens ernst gemeint. Du tanzt wirklich sehr gut«, wiederholte er sein Kompliment und ich starrte verlegen auf meine nackten Füße, die durch die Erde der Wiese schon nicht mehr ganz so sauber waren. Wahrscheinlich meinte er es gar nicht ernst, auch wenn er das zu mir gesagt hatte. Wieso sollte er mir auch ein ernst gemeintes Kompliment geben? Dafür gab es überhaupt keinen Grund. Wahrscheinlich war er in Gedanken eher darüber belustigt, als das schön oder gut zu finden.
»Danke«, murmelte ich trotzdem aus Höflichkeit und ich sah aus den Augenwinkeln, wie sich daraufhin Markus' Lippen zu einem Lächeln verzogen. Pure Schauspielerei, das konnte ich auch. Ich erwiderte sein Lächeln, obwohl ich mir im Moment Markus sonst wohin gewünscht hätte, nur nicht hierher als Zuschauer von meinen alles anderen als guten Tanzkünsten. Das lag nicht direkt an ihm, sondern an der Tatsache, dass er zum männlichen Geschlecht gehörte. Und in meinem ganzen Leben war es bis jetzt noch nicht einmal vorgekommen, dass ein Junge auch nur ansatzweise nett zu mir war. Entweder ignorierte er mich oder er machte Witze und sonst noch alles andere als schöne Dinge mit mir und über mich. Selbst bei meinem Vater traf das zu. Wieso sollte es also bei Markus anders sein?
»Hab ich dir eigentlich schonmal gesagt, dass deine Stimme schön ist?«, fragte er mich daraufhin und ich nickte langsam. Das hatte er tatsächlich schon öfters, aber das war bestimmt nur eine Masche, um irgendwann der Held zu sein, der mich normal zum Reden bewegen konnte, da alle anderen daran scheiterten. Darauf würde ich bestimmt nicht reinfallen. »Gut, ich dachte schon, dass du das vergessen hast, aber anderes Thema: Hast du vor, jetzt noch etwas zu tanzen?«, stellte er eine weitere Frage und ich schüttelte sofort den Kopf. Auf keinen Fall würde ich das jetzt noch tun. Ich hatte mich schon genug für heute blamiert. Warum musste er diese Frage jetzt überhaupt stellen? Konnte er sich meine Antwort nicht denken?
»Schade, aber wahrscheinlich ist das auch besser so. Du bist ziemlich rot, wahrscheinlich wäre eine Abkühlung besser«, meinte er und ich schaute ihn so gelassen wie möglich an, während ich mit den Schultern zuckte. Hätte er nicht wenigstens so tun können, als hätte er nicht bemerkt, wie rot ich war? Dann wäre es jetzt wenigstens nicht ganz so peinlich für mich. Natürlich wusste ich, dass ich knallrot war, aber konnte er mich jetzt nicht einfach alleine lassen? Er hatte doch bestimmt etwas Besseres zu tun, als mir unerwünschte Gesellschaft zu leisten. Außerdem war er mir heute etwas zu direkt.
»Also wie wärs mit einem Eis bei der Eisdiele vom letzten Mal?«, fragte er mich und ich nickte widerstrebend. Geld hatte ich dabei und die Eisdiele war ganz in der Nähe. So langsam spürte ich, wie die Erschöpfung von vorhin zurückkehrte. Obwohl ich wusste, dass das Eisessen für mich richtig anstrengend werden würde, konnte ich Markus' Vorschlag nicht ablehnen. Warum verschwendete er überhaupt seine Zeit mit mir?
»Prima, dann los«, sagte er und stand voller Tatendrang auf. »Aber warte, erstmal solltest du deine Füße noch im Bach waschen«, fügte er nach einem raschen Blick auf meine Füße hinzu und ich nickte wieder. Peinlich, warum hatte ich nicht einfach die Sandalen angelassen?
Als er mein Nicken registrierte, nahm er meine Hand und zog mich von der Bank hoch. Mit meiner freien Hand schnappte ich noch schnell meine Sandalen, bevor er schon auf den Bach zusteuerte. Ich entzog ihm meine Hand und umklammerte damit die Sandalen. Dort angekommen stellte ich mich ins Wasser. Als ich wieder zurück auf die Wiese gehen wollte, rutschte ich aus und ließ vor Schreck meine Schuhe fallen. Markus lachte leise vor sich hin und ich senkte schnell meinen immer noch knallroten Kopf, der aber bestimmt trotzdem weiter an Farbe gewann. Ich wollte meine Schuhe aus dem Wasser fischen, doch Markus, der sich inzwischen wieder beruhigt hatte, hielt mich auf.
»Ich mach das schon, bleib einfach stehen, nicht dass dein Kleid auch noch nass wird.«
Er zog seine Turnschuhe aus und gesellte sich dann ebenfalls zu mir ins Wasser. Ich fühlte mich fehl am Platz, als er meine Schuhe holte, und versenkte meine Zehen in dem schlammigen Grund. Das war nicht wirklich vorteilhaft, denn eigentlich war der ursprüngliche Sinn dieser ganzen Aktion, meine Füße zu waschen und nicht sie dabei wieder dreckig zu machen.
»So, jetzt bist du dran. Deine Schuhe hab ich schon auf die Wiese gelegt«, unterbrach Markus meine Gedanken und ich zuckte zusammen, als ich merkte wie nah er hinter mir stand. Mein Herz schlug schneller, wahrscheinlich vor Angst, dass er in den nächsten Sekunden zum totalen Arschloch wechseln und mich vollends ins Wasser schubsen würde. Als ich seine Hände nun an meiner Taille spürte, versuchte ich ihm irgendwie zu vertrauen, obwohl mein Verstand mir zurief, dass das eine ganz dumme Idee war.
»Und jetzt hoch mit dir«, forderte er mich auf und unterstützte mich mit seinen Händen, als ich mich aus dem Bach hievte. Als ob ich das nicht selber könnte. Wahrscheinlich hielt er mich nur für ein tollpatschiges Kleinkind, das nichts auf die Reihe brachte. Ich seufzte frustriert auf, als ich das Gras unter meinen Füßen spürte, und nahm meine klitschnassen Sandalen in die Hand. Die wollte ich jetzt nass auch nicht mehr anziehen. Dann würde ich eben barfuß durch die Gegend laufen.
»So, mit meinen nassen Füßen will ich meine Schuhe jetzt auch nicht mehr anziehen, also lauf ich auch barfuß.« Markus grinste mich an und nahm seine Schuhe ebenfalls in die Hand. Konnte er mich nicht einfach ignorieren und nach Hause gehen? Dann hätte ich mich auf die Bank gesetzt, meine Sandalen zum Trocknen hingelegt und solange ein Buch auf meinem Handy weitergelesen. Das wäre viel einfacher gewesen. Am liebsten hätte ich ihm diesen Vorschlag gemacht, doch das tat ich nicht.
Nachdem ich noch schnell meine Handtasche mit meinem Handy geholt hatte, liefen wir zusammen zur Eisdiele und holten uns das Eis. Wir beide hatten uns je eine Kugel Zitrone in der Waffel gekauft und liefen mit dem Eis wieder zusammen durch den Park. Ich hatte als erstes mein Eis bestellt, sonst hätte ich wahrscheinlich eine andere Sorte genommen. Wir sprachen nicht viel und ich fragte mich dabei die ganze Zeit, wieso Markus auf einmal so viel mit mir machte, wenn er das doch so lange Zeit aus einem guten Grund nicht getan hatte. Aber wahrscheinlich lag es nur an dem Eis und nicht an mir. Wer verbrachte denn schon freiwillig Zeit mit mir und mochte es dann auch noch? Eine ziemlich komische und unwahrscheinliche Vorstellung.
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