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Meerlos glücklich

Wie sähe unser Leben aus, wenn die Ozeane verschwinden würden?

»Du lügst«, behauptete Loki voller Überzeugung und riss sich dabei das staubtrockene Mundtuch aus dem Gesicht. Der starke Sandsturm hatte nachgelassen und sie wagten sich vorsichtig aus ihrem engen Felsversteck hervor.

»Tue ich nicht«, erwiderte Otis rechthaberisch und rutschte auf dem Hintern den Felsen herunter, der ihnen zuvor Schutz geboten hatte, bis er wieder sandigen Untergrund unter seinen Stiefelsohlen fühlte.

Der Jüngere, Loki, runzelte daraufhin zweifelnd die Stirn. Er saß noch auf dem höchsten Punkt des Felsens und überlegte angestrengt, ob Otis ihn nicht doch veralberte.

Einen Ozean? Ein Ort, voller Wasser, soweit das Auge reicht? Das klang wirklich albern. So etwas konnte einfach nicht existiert haben ... niemals.

»Komm schon, ich zeig es dir!«

Loki schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, dass wir vor Sonnenuntergang zurück sein müssen, sonst ... «

»Werden wir auch«, versicherte ihm Otis genervt. »Jetzt komm, du kleiner Angsthase, oder willst du ihn nicht sehen?«

Loki zögerte noch einen weiteren Moment, bevor er dem Beispiel seines besten Freundes folgte und ebenfalls den rauen Felsen herunterschlitterte.

»Okay, aber wir müssen uns beeilen. Ich will deinetwegen nicht schon wieder Ärger kriegen.«

»Meinetwegen? Du bist derjenige, der sich ständig erwischen lässt«, lachte Otis und rannte los, sodass Lokis Tritt ins Leere ging.

Es war doch immer wieder dasselbe mit Otis. Immer wollte er auf Entdeckungsreise gehen, wenn er nicht gerade die Nase in eines seiner geliebten Bücher gesteckt hatte. Loki verstand nicht, warum er sich überhaupt die Mühe gemacht hatte, Lesen zu lernen. Heutzutage konnte man doch alles direkt über den Neurolink, den jeder Neugeborene direkt nach seiner Geburt implantiert bekommt, downloaden. Bücher zu lesen war reine Zeitverschwendung. Aber egal, wie oft sie darüber stritten, Otis las trotzdem weiter. Er war der Überzeugung, dass in diesen Büchern Wahrheiten versteckt lagen, die die Regierung vor uns verborgenen halten wollte. Weil Wissen gefährlich war.

Loki konnte bei solchen Pseudo-Verschwörungstheorien nur belustigt mit den Augen rollen. Als ob die Erdoberfläche einmal zu 71 Prozent mit Wasser bedeckt gewesen war - total bescheuert.

Ernsthaft ... Otis glaubte auch fast alles.

»Weißt du, wenn hier wirklich irgendwo ein Ozean um die Ecke liegen würde, wäre das wahrscheinlich schon mal jemandem vor dir aufgefallen ... meinst du nicht?«

»Kannst du mir nicht dieses eine Mal vertrauen? Bitte?«

Loki sog unglücklich die Unterlippe ein und nickte. In Wahrheit ärgerte er sich vor allem über sich selbst ... immer wieder ließ er sich auf sowas ein ... folgte Otis überallhin. Obwohl er das ja nicht musste.

»Es ist nicht mehr weit«, meinte Otis beiläufig, der seine Schutzbrille hochgeschoben hatte und ihn über seine Schulter hinweg verschmitzt angrinste.

Loki antwortete nicht, weil er noch nicht bereit war, aus seinem Schmollwinkel herauszukommen und Otis' Begeisterung zu teilen.

Die beiden Jungen stiefelten weiter durch heißen Sand, bis Otis plötzlich seinen Schritt beschleunigte und das letzte Stück bis hin zu einem Steilabhang hinauflief, der auf der anderen Seite stark abfiel und den Blick auf vertrocknetes Ödland freilegte.

»Das ist dein Ozean?«, fragte Loki und seine Stimme triefte nur so vor Spott. »Wow. Wirklich beeindruckend. Gut, dass wir den weiten Weg herkommen sind; hat sich total gelohnt ... «

»Nicht wahr?«, fragte Otis begeistert. »Siehst du die unzähligen geologischen Indizien? Die Dünenablagerungen und das charakteristische weiße Kalkgestein dort drüben?«
Er deutete auf eine der herausstechenden Felsformationen.

»Ganz toll. Aber weißt du, als du steif und fest behauptet hast, du würdest mir einen Ozean zeigen, habe ich schon etwas mehr ... Wasser erwartet.«

»Das kommt noch«, sagte er und klopfte dann auffordernd neben sich. Loki seufzte und folgte der Aufforderung. »Und jetzt? Weil ich sehe immer nur noch sehr viel Staub und vertrocknete Erde vor mir.«

»Sei doch nicht immer so ungeduldig. Schließ deine Augen.«

»Wirklich?«

Er sah aus den Augenwinkeln, wie sein Freund eins seiner geliebten Bücher aus seinem Rucksack zog und es aufschlug. »Ja, wirklich. Mach sie zu.«

Loki gehorchte, wobei er überhaupt keine Lust auf dieses dämliche Gedankenexperiment hatte.

»Liebes Tagebuch«, begann Otis vorzulesen, »heute war wieder einer dieser perfekten Sommertage, die ich so sehr liebe. Ich sitze hier am Strand, die nackten Zehen im Sand vergraben und schreibe diese Zeilen in dich. Wahrscheinlich wird niemals irgendwer anderes meine Worte lesen. Warum auch? Wer würde sich schon für den langweiligen Alltag einer Sechzehnjährigen interessieren? Aber ich schreibe es trotzdem auf, nur für mich, um dir von meiner großen Liebe zu erzählen: dem Meer.«

Loki schnaubte abfällig, aber Otis las unbeirrt weiter: »Niemand sonst versteht mich, an keinem anderen Ort fühle ich mich mehr zu Hause. Wenn ich in dich hineinwate und deine angenehme Kühle meine Fußknöchel umspielt. Die sanfte Meeresbrise auf meiner Haut, dein salziger Geschmack auf meiner Zunge. Ich liebe es, dich anzusehen, wie deine Oberfläche glitzert. Du bist mein Seelenverwandter, mein größtes Glück«

»Mein Gott, ich glaube ich muss gleich kotzen. Kannst du den Kitsch-Teil bitte überspringen?«

»Du bist nicht perfekt, manchmal sogar ziemlich grausam. Du verwüstest Küsten und lässt Schiffe in Stürmen untergehen. Aber das ist nur allzu verständlich, wir tun dir Schreckliches an; wir vermüllen dich, lassen dich leiden. Trotzdem ... bei all deiner Launenhaftigkeit, stimmt mich allein der Gedanke traurig, dass du vielleicht eines Tages nicht mehr da sein wirst. Auch wenn meine Generation es wohl nicht mehr erleben muss, irgendwer wird vielleicht einmal in eine Welt geboren werden, wo du schon nicht mehr existierst. Und vielleicht findet dann irgendwer dieses Buch über dich und kann mit dem Begriff Ozean nicht einmal etwas Richtiges anfangen. Deshalb will ich hier über dich erzählen, damit du weiterlebst, wenn alle Anderen dich vergessen haben. Aber wo soll ich nur anfangen? Du bist so gigantisch, bedeckst knapp 71 % unserer gesamten Weltoberfläche und bist Heimat und Schutz für so viele Lebewesen. Dank dir sind wir ein blauer Planet, du bedeutest Leben. Aber fangen wir mit deinem äußeren Erscheinungsbild an, damit man überhaupt eine vage Vorstellung von dir bekommt;

Du zeigst ein eindrucksvollstes Farbtonkaleidoskop. Manchmal bist du sattblau oder pulsierst in matten Grüntönen, wie ein Wald aus Algen und Seegras. Manchmal bist du pechschwarz und reflektierst das Licht von Billionen Kilometer entfernter Sterne auf dir.

Aber deine eigentlichen Geheimnisse liegen unter der Oberfläche verborgen, denn dort offenbart sich einem eine ganz neue Welt. Verwitterte Steinblöcke, auf denen sich allerlei niedere Algen ansiedeln. Grüne, olivfarbene- und braune Töne dominieren zumeist deinen sandigen Untergrund. Seescheiden, Krebstierarten, Seeanemonen und Stachelhäuter, egal wo man hinsieht, ständig gibt es etwas Anderes zu bestaunen.

Doch mein allerliebster Ort in dir, sind deine leuchtenden Korallenriffe, dein selbsterschaffener Unterwasserregenwald und all seine Wunder darin. Das Grundgerüst deiner Riffe bilden abgestorbene Steinkorallen, die sich wie weiße Gebirgsketten aus dem Boden erheben. Darüber wächst eine neue, lebende Schicht Korallen heran, die in den schönsten Farben vor sich hinwuchern und Unmengen von Meerestieren Schutz, Nahrung und ein zu Hause bieten; Krebstiere, Würmer, Seeigel, Fische und Schwämme sind nur wenige Ausgewählte davon. Du schenkst uns, diesem Planeten, allem Lebenden, einen Lebensraum. Aber für mich persönlich bedeutest du Frieden. Eine Zuflucht vor dem chaotischen Alltag. Ein bisschen Freiheit. Danke. Danke, dass es dich gibt und du mein Leben allein durch deine Existenz besser machst. Und Du ... mein unbekannter Leser aus der Zukunft, der vielleicht nie das Glück hatte meine große Liebe kennenzulernen, wirst sicher dennoch deinen eigenen Zufluchtsort finden ... irgendwo. Vielleicht im Weltall oder auf einem anderen Planeten. Und vielleicht schreibst du wie ich eines Tages eine Geschichte darüber, wie ich über das Meer, damit spätere Generationen darüber lesen können und nicht vergessen, dass für jeden von uns ein solcher Ort existiert. Man muss ihn nur finden.«

Otis las die letzten Worte und verzog dann die Lippen zu einem zufriedenen Lächeln. »Kannst du ihn jetzt sehen? Den Ozean?«

Loki öffnete langsam die Augen und starrte nachdenklich auf die Einöde hinab. Die Luft war heiß und trocken; die Hitze bedeckte das Land unter seinem ewigen Leichentuch.

»Vielleicht. Ein bisschen«, gab er schulterzuckend zu. »Ist er das dann?«, fragte Loki beinahe schüchtern und wurde verlegen. »Dein Zufluchtsort, meine ich ... «

Otis lächelte. »Mein Zufluchtsort ist hier drin«, erklärte er und tippte sich gegen die Schläfe. »Meine Phantasie. Mit ihr kann ich so viele Ozeane erschaffen wie ich möchte.«

Loki nickte verstehend.

»Was ist mit dir?«

»Mit mir?«

»Was ist dein Zufluchtsort?«

»Sowas Bescheuertes brauche ich nicht«, behauptete Loki nachdrücklich, woraufhin Otis einen enttäuschten Seufzer ausstieß und das Buch in seinem Schoß zuschlug.

Ich brauche auch keinen dummen Ozean, fügte Loki gedanklich hinzu. Ich habe dich.


***

Zur Idee:

Zuerst habe ich mir überlegt, was Ozeane für mich ganz persönlich bedeuten, welche Rolle sie in meinem Leben spielen. Warum es mich immer wieder dorthin zieht. Dann habe ich mich gefragt, wie es wohl wäre, wenn all das eines Tages nicht mehr existieren würde. Das war der Grundstein für ›Meerlos glücklich‹

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