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58 | Dunkler Strom - Part II

Annie sitzt ruhig an dem Esstisch in seiner Küche, eine dampfende Tasse Tee vor sich, als Finnick gemeinsam mit der klatschnassen Riven hereinkommt. Stumm mustert sie die Spur aus Wassertropfen, die er und sein überraschender Gast auf dem Holzboden hinterlassen, ehe sie zwei weitere Tassen aus einem der Schränke holt und Kräutertee einfüllt.

Riven bleibt im Türrahmen stehen, die Arme fest um ihre Mitte geschlungen. Ihre Augen sind wachsam auf Annie geheftet. Falls sie überrascht ist, dass Annie in Finnicks Haus und nicht in ihrem eigenen ist, dann lässt sie es sich nicht anmerken. Dabei trägt Annie sogar einen von Finnicks Pullovern aus weichem Kaschmir, die ihm selber viel zu warm sind.
Andererseits ist es wohl ohnehin offensichtlich, denkt Finnick resigniert. Snow wird nicht der Einzige sein, der es trotz aller Vorsicht gemerkt hat und hier in Distrikt Vier wissen es vermutlich noch mehr Personen, die sie beide in den letzten Jahren beobachten konnten.

„Ihr solltet trockene Kleider anziehen, bevor ihr euch erkältet", sagt Annie nüchtern. „Ich habe noch etwas oben, das du haben kannst, Riven. Es müsste dir passen."
Sie stellt keine Fragen, wundert sich nicht, warum er plötzlich Riven mit nach Hause bringt. Vermutlich ahnt sie längst, was der Anlass ist. Seit sie endlich Abstand zwischen sich und das Kapitol gebracht hat, gibt es wieder mehr gute Tage für sie, an denen sie ihre scharfe Beobachtungsgabe unter Beweis stellt. Bisweilen hat Finnick fast den Eindruck, dass es ihr besser als je zuvor geht, auch wenn das trügerisch ist. Der Schmerz ist nur eine Schicht tiefer gewandert; dorthin, wo selbst er ihn manchmal nicht mehr sieht. Die Folgen ihrer Behandlung im Kapitol.

Zusammen mit der wortlosen Riven verschwindet Annie in Richtung Treppe. Zum ersten Mal seit ihrem Sieg scheint Riven ihr nicht nur mit Herablassung zu begegnen. Der Trotz funkelt immer noch in ihren Augen, als sie in Annies Kleidern in die Küche zurückkehrt, aber es ist die Art stillen Selbsterhaltungstriebs, den sie braucht, um nicht völlig zusammenzubrechen, angesichts der Dinge, sie erlebt – und getan – hat.
Finnick selber hat sich ebenfalls ein paar trockene Sachen aus dem überflüssigen Ankleidezimmer im Erdgeschoss geschnappt, die das Vorbereitungsteam jedes Jahr in Hülle und Fülle zu ihm schickt. Jetzt ist er für die anstehende Unterhaltung overdressed, aber sie sind ganz andere Extreme aus dem Kapitol gewöhnt.

Annie folgt Riven wie ein stiller Schatten und lässt sich neben Finnick nieder, ihre Hände erneut fest um ihren Lieblingsbecher mit den bunten Punkten geschlungen. Nur er weiß, welche Rettungsanker diese Kleinigkeiten für sie sind. Sie lindern ihre Nervosität, wenn sie sich mit ihnen umgibt, genauso wie ihre Anwesenheit Bestärkung für ihn ist.
„Ich werde bleiben", stellt Annie beherrscht klar und sieht ihm direkt in die Augen. Ein Blick, der keinen Widerspruch duldet. Glücklich ist er darüber nicht, denn dieses Gespräch wird schmerzhaft, das weiß er. Aber Annie scheint wild entschlossen und wenn er eines gelernt hat, dann, dass sie einen eisernen Willen hat.

Riven lässt sich nur zögerlich ihnen gegenüber nieder, die Arme weiterhin um ihre Körpermitte geschlungen. Es sieht nicht danach aus, dass sie von alleine anfängt zu reden, also beginnt Finnick mit einer schonungslosen Wahrheit. Lieber reißt er das Pflaster in einem Ruck ab, als die Umstände länger zu beschönigen.
„Es bringt nichts, zu ignorieren, was geschehen ist, Riven. Du darfst nicht vergessen, ich – wir – sind ebenso Sieger wie du. Wir haben dasselbe durchgemacht wie du, mehr sogar noch, mit jedem Jahr Mentoring. Cordelia und Edy sind tot, weil wir sie nicht retten konnten. Und ja, es tut uns leid, dass es so passiert ist. Aber das Leben geht weiter, auch ohne sie. Du darfst sauer und auch traurig sein, aber lass das nicht an denen aus, die nichts dafür können."

„Ach, und das ändert was?" Ohne ein Schwert in der Hand ist Riven bedeutend weniger aggressiv, wenn auch weiterhin angriffslustig. Zumindest ein Anfang.
Annie pustet nachdenklich auf ihren Tee, den Blick in sich gekehrt. Sie sieht Riven nicht einmal an, als sie zu sprechen beginnt. „Es ändert nichts. Der Ausgang dieser Sache ist unveränderlich. Wir haben sie verloren. Aber darum geht es hier auch gar nicht oder?" Ihr Blick wandert zum Fenster hinüber, von dem die Regentropfen abperlen. „Es geht nur darum, wie wir damit leben. Ob die Toten uns verfolgen. Ob sie unser Leben bestimmen oder wir uns von ihnen verabschieden."

Ein trauriges kleines Lachen entringt sich ihrer Kehle und Finnick legt eine Hand auf ihre an der warmen Tasse. Aber sie scheint mit ihrem Kopf nicht länger in der Küche zu verharren, so wie ihre Augen in die Ferne gerichtet sind.
Auf Rivens Gesicht zeichnet sich Unwohlsein ab, angesichts von Annies Wandel. Sie lehnt sich in ihrem Stuhl weit vom Tisch zurück, die dünnen Augenbrauen kritisch zusammengezogen.

„Ich sehe sich manchmal immer noch, weißt du?" Annie schüttelt den Kopf und ihr Blick schwankt zwischen Wirklichkeit und ferner Erinnerung. „Aber ich muss weitermachen. Sonst wäre es alles umsonst, der Tod von ihnen allen. Auch Cordelias und Edys. Also finden wir etwas, das unserem Leben wieder Sinn gibt."
Finnick lächelt sie an, gleichwohl sie das in ihrem gedankenverlorenen Zustand gar nicht merkt. „Annie hat recht. Wir können immer noch etwas finden, das unser Leben wert ist. Nicht von heute auf morgen und es gibt Tage, an denen fällt selbst das Aufstehen schwer, auch nach Jahren noch. Du bist nicht bloß gut im Töten, Riven. Keiner von uns. Wir haben nur getan, was wir mussten. Damit müssen wir leben, ebenso wie mit allen weiteren Toten, die auf unserem Weg warten. Das Los eines Siegers."

Riven lehnt sich noch ein Stück zurück, bis die Vorderbeine ihres Stuhls sich knapp vom Boden heben und sie in gefährliche Schieflage bringen. „Schön und gut", erklärt sie mit verschränkten Armen, „aber ich habe mich bereits damit abgefunden, dass Elia tot ist. Ich habe sie begraben, eine Handvoll Salz auf ihr Grab geworfen und sie dafür verflucht, dass sie sich hat töten lassen. Ich muss nicht wissen, wie ich das hinter mir lassen kann! Ich will wissen, wie ich verhindern kann, dass es jemals wieder passiert! Denn ich werde nicht zulassen, dass sich diese Niederlagen für unseren Distrikt fortsetzen. Ich will Sieger und Siegerinnen schaffen! Im Gegensatz zu euch akzeptiere ich nicht einfach, dass unsere Tribute schwach sind, nicht fähig, im Kampf zu gewinnen und –"

Ein Zucken läuft durch Annies Körper, als sie ruckartig ihren Blick von dem regenverhangenen Himmel losreißt. Ihre Augen heften sich mit brennender Intensität auf Riven. Die Knöchel an der gepunkteten Teetasse sind weiß vor Anspannung.
„Nein, du hast dich nicht damit abgefunden, das kannst du gar nicht", bricht es so energisch aus ihr hervor, dass die Beine von Rivens Stuhl mit einem Krachen zurück auf den Boden treffen. „Du willst, dass es weitere Siege für Distrikt Vier gibt, nur damit du nie wieder trauern musst. Du kannst dir genauso wenig wie ich eingestehen, dass du dem Tod niemals entkommen wirst, selbst wenn du das Spiel des Kapitols brav mitspielst!"

Annies Stimme schwingt sich mit jedem Satz in neue Höhen und schließlich springt sie auf die Füße, wobei sie gegen den Tisch stößt und Finnicks Tasse umwirft, deren Inhalt sich unaufhaltsam über das Holz ergießt. Heißer Tee tropft auf seine Hose, doch das ist ihm egal. Bestürzt legt er eine Hand auf Annies Schulter. Er murmelt ihr besänftigende Worte zu, von denen er sich nicht sicher ist, ob sie durch ihre plötzliche Wut dringen.

„Riven Sanders", ruft Annie trotz seiner Bemühungen wütend, „hör auf, die Schuld bei anderen zu suchen! Cordelia und Edy waren nicht schwach. Sie waren einige der stärksten Tribute, die ich je gekannt habe, und du wirst ihr Ansehen nicht beschmutzen mit deinen Worten!"
Für einen Moment erfüllt nur Annies angestrengtes Keuchen und das Prasseln des Regens die Küche. Stetig tropft Tee von der Tischkante. Keiner von ihnen wagt es, zu sprechen. Finnick steht ebenfalls, die Arme sanft um Annie geschlungen. Beruhigend wiegt er sie hin und her, bis die ersten Tränen sein Hemd durchnässen.

Riven ist bleich unter dem feuerroten Haar. Sie presst die Hände gegen ihre Oberarme, aber sie kann nicht verbergen, dass sie zittern. Mit einer Arroganz, die einzig der Sieg ihr gebracht hat, hebt sie stolz das Kinn.
„Warum haben sie dann nicht gewonnen?", verlangt sie fordernd zu wissen. „Warum sind Cordelia und Edy tot, wenn sie doch so stark waren?"

„Weil das die Hungerspiele sind, Riven", sagt Finnick hart. „Muss ich dir das wirklich noch erklären? Erinnerst du dich noch, wie es ist, wenn zweiundzwanzig andere dir nach dem Leben trachten? Wie es sich anfühlt, wenn du deinen Verbündeten nicht weiter traust, als du ihnen ein Messer hinterherwerfen kannst? Die stetige Todesangst, die vielen Momente, in denen es so knapp war? Du hattest Glück, selbst wenn du es nicht einsehen willst. Glück hat dir dein Leben gerettet und es gleichzeitig verdammt."

Annie in seinen Armen nimmt einen tiefen Atemzug. Tränenspuren glitzern auf ihren Wangen, doch ihre Stimme ist überraschend fest, als sie sich erneut an Riven richtet. „Glaubst du wirklich, dass der Sieg ihnen einen Gefallen getan hätte? Ist es nicht eher eine Strafe, am Ende übrig zu sein? Ich weiß, du willst dieses neue Leben lieben, aber ... die toten Tribute jedes Jahr sind unsere Realität, das habe ich selber erst in diesem Jahr richtig begriffen. Denn wenn ich könnte, hätte ich sie zurückgebracht, das musst du mir glauben. Das Kapitol hat mich sogar dafür gefoltert, dass ich nicht loslassen konnte. Mit Stromstößen, mit Drogen, mit den Aufnahmen von Edys Tod. Immer und immer und immer wieder. Sie erzählen, ich wäre verrückt, aber sind nicht sie es, die verrückt sind, weil sie uns zwingen, dankbar für den Sieg und die Spiele zu sein?"

Finnick sieht, wie Riven schluckt. Ihre Schultern wandern immer höher und ihr Kinn sinkt langsam herab, während ihr Blick auf die Tischplatte fällt.
„Wenigstens wäre ich dann nicht mehr alleine, wenn sie gewonnen hätte", flüstert sie bitter. „Wenn Elia ihr Versprechen mir gegenüber eingelöst hätte, dann wären wir zusammen gewesen. Das ist alles, was ich mir gewünscht habe. Auch wenn es sie gebrochen hätte. Gemeinsam wären wir vielleicht wieder ganz oder?" Hoffnungssuchend sieht sie zu Finnick auf, wie er Annie eng an sich gedrückt hält.

Es dauert, bis er eine Antwort darauf findet. „Das, was wir verloren haben, wird nie wieder zu uns zurückfinden, egal wie viel Mühe wir uns geben, die zerbrochenen Teile wieder zusammenzusetzen. Aber es ist mitunter einfacher, wenn man nicht alleine ist, ja. Und du bist nicht alleine, Riven. Wir sind alle für dich da, wenn du uns nur lässt. Erlaube dir, zu trauern. Erlaube dir, mit uns darüber zu reden. Wir verstehen dich besser, als du denken magst. Jeder von uns Überlebenden hat eine wichtige Person an die Spiele verloren."

Ein trockenes Schluchzen verlässt Riven und sie vergräbt das Gesicht in den Händen, ihr letzter Widerstand gebrochen. Annie sinkt zurück auf ihren Stuhl, ihrer ganzen Körperspannung beraubt. Ihre Finger schlingen sich wieder um die Teetasse und Finnick holt endlich einen Lappen, um den tropfenden Tee aufzufangen.
Riven braucht lange, um ihre Sprache wiederzufinden. Eine Weile betrachtet sie durch ihre Finger bloß die Maserung des Tisches und die Pfütze, die Finnick fortwischt. Dann lässt sie die Hände in den Schoß sinken und seufzt.

„Ich habe nie verstanden, was es heißt, dass der Tod vor allem für jene schlimm ist, die zurückbleiben", flüstert Riven leise. „Meine Mutter hat das zu mir gesagt, bevor ich in die Arena gegangen bin. Aber erst jetzt, wo Elia nicht mehr da ist ... Ich habe so damit gerechnet, dass sie zurückkommt. Ich dachte wirklich, dass sie es doch irgendwie schafft. Immerhin habe ich es auch geschafft." Ihre hellen Augen sind leer, als sie eine einsame Träne fortwischt. „Aber ich hatte wirklich nur Glück, nicht wahr?"

„Ja." Finnick zuckt entschuldigend mit den Schultern. Diesen Fakt muss sie verstehen, auch wenn es wehtut. Das war ihm ja von Anfang an klar.
Riven atmet tief ein und aus, den Blick auf ihre Hände gerichtet. „Dann ... Erzählt mir mehr von Elia. Bevor ... sie gegangen ist. Wie ihre letzten Tage vor den Spielen waren. Ob sie – ob sie vielleicht glücklich war?"

Finnick und Annie reden an diesem Nachmittag lange mit Riven. Sie erzählen von den Tagen im Trainingscenter, die sie mit Edy und Cordelia verbracht haben. Von den hoffnungsvollen Momenten wie den traurigen. Der Nachtischdiebstahl bringt das Lächeln auf Rivens Züge zurück. Es ist nicht länger dasselbe hochnäsige, selbstgefällige Lächeln einer Siegerin, sondern ein von Verlust gezeichnetes Zucken der Mundwinkel, aber es ist ein Anfang. Endlich begreift Riven Sanders, Überlebende der dreiundsiebzigsten Hungerspiele, welchen Preis sie gezahlt hat.

Die Begegnung mit Riven hat sie beide mehr erschüttert, als sie zuerst bemerken. Doch nachdem Annie in der folgenden Nacht das erste Mal seit Tagen wieder einen Albtraum hat, aus dem sie schreiend aufwacht, weiß Finnick, dass sie eine Auszeit brauchen. Nach der Rückkehr aus dem Kapitol vor Wochen haben sie nicht einmal Zeit dafür gefunden. Immer gab es etwas mit Mags zu erledigen und Cece hat ständig angerufen, um Pläne für das Jubeljubiläum zu besprechen, sodass aus ihrem üblichen Ausflug zu dem geheimen Haus nichts geworden ist.

Inzwischen ist die Rückkehr nach Emerald Isle in ihrem kleinen Boot nicht mehr ungefährlich, aber Finnick will nicht warten, bis das Wetter besser wird. Und Annie ist alles recht, um der Enge im Distrikt zu entfliehen. Also wagen sie es eines frühen Morgens wieder, als die Wellen klein sind und der Regen eine Pause einlegt. Das Meerwasser ist noch angenehm mild – irgendeine Strömung, wie Finnick sich erinnert, die das warme Wasser in ihre Bucht treibt.

Aber selbst auf der Insel lässt sie das drohende Jubeljubiläum nicht los.
„Wer wird nächstes Jahr Mentorin?"
Annie läuft neben ihm über den Strand und sammelt fleißig Muscheln für eines ihrer Bastelprojekte, als sie diese Frage aus heiterem Himmel stellt. Überrascht sieht Finnick auf und trifft auf den Blick aus ihren blau-grünen Augen, der ihm jedes Mal aufs Neue den Atem raubt.
„Ihr könnt das Riven nicht zumuten. Ich will nicht, dass ihr diese Bürde auferlegt wird. Und Mags ..."

„Mach dir darüber keine Sorgen", unterbricht er sie schnell. „Bitte."
Sie legt die Stirn in Falten und den Kopf schief. „Ich mache mir keine Sorgen, Fin. Ich möchte es nur wissen. Je eher ich es weiß, desto eher bin ich darauf vorbereitet. Snow will es doch so, nicht wahr?"
„Scheiß auf Snow", flucht er, „du wirst nicht zurückgehen!"
Sie legt ihre Hände auf seine Schultern. „Ich kann Riven das nicht antun. Sie hat mehr Zeit verdient. Ich werde das übernehmen, Fin. Es wird wehtun, aber ... ich kann das."

Warum ist sie bloß so stur, obwohl es sie selbst verletzt?
„Es ist gefährlich, Annie. Das Kapitol ... sie haben ein Auge auf uns. Wenn ich dich um mich habe – glaubst du, ich kann einfach wegsehen? Ich muss vorsichtig sein. Jetzt mehr denn je. Es wäre einfacher, wenn du hier bleibst."
„Ich habe Riven nicht geholfen, den Tod von Cordelia zu akzeptieren, nur damit ich ihr jetzt das Messer in den Rücken ramme", hält Annie dagegen. „Fin." Sie greift versöhnlich nach seiner Hand und streicht mit dem Daumen darüber. „Wir können das, okay? Wir haben doch schon so viel überlebt."

Er stimmt ihr schweren Herzens zu, auch wenn es ihm lieber wäre, sie für die kommenden Spiele ganz weit weg zu wissen. Seine Sorgen dazu vervielfachen sich in der Nacht, als er sich wieder in den Raum im Obergeschoss schleicht, um endlich zu erfahren, was im Rest von Panem nach dem unerwarteten Doppelsieg geschehen ist.

Beetee sieht müde aus, wie immer. Seine Drahtbrille liegt ihm auf der Nasenspitze und seine dunklen Locken sind unordentlich, als hätte er sie schon hundertmal in Verzweiflung gerauft.
„Finnick, endlich!" Er schiebt seine Brille hoch, nur damit sie gleich wieder herunterrutscht.
„Beetee, es freut mich auch, dich zu sehen", begrüßt Finnick ihn. „Was liegt an? Gibt es irgendwas Neues bei euch?"

Sein Gegenüber wringt aufgeregt die Hände. „Du machst dir ja keine Vorstellungen", murmelt er. „Habt ihr irgendwelche Nachrichtenkanäle geschaut?"
Überrascht zieht Finnick eine Augenbraue hoch. „Schon, aber da lief das Übliche. Nichts, was irgendwie von Belang wäre, nicht wahr?"
Inzwischen ist er gut darin, nach den kleinen Anzeichen in den kargen Nachrichten Ausschau zu halten, die mehr verraten, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Doch in den vergangenen Wochen ist es ruhig geblieben. Nur die Werbung für die Siegertour im Winter ist angelaufen, ein prächtiger Zusammenschnitt der besten Szenen aus den letzten Spielen. Das Finale mit den Beeren ist nicht Teil des Ganzen, was wenig überraschend ist.

„Schön, dann enthalten sie euch auch Informationen vor." Beetee flucht leise, wie es sonst gar nicht seine Art ist.
„Was meinst du damit?"
„Etwas geht vor sich, hinter den Kulissen, aber die Distrikte werden natürlich im Dunklen gelassen. Ich weiß es nur, weil ich mich routinemäßig in das Nachrichtennetzwerk des Kapitols gehackt habe und über einen winzig kleinen Bericht gestolpert bin. Nicht einmal im Kapitol hat man es an die große Glocke gehängt."

„Und ... das wäre was?"
„Seneca Crane ist tot."
Die Nachricht verfehlt ihre Wirkung nicht. Dass der oberste Spielmacher tot ist, kann kein Zufall sein; nicht im Kapitol.
„Wer ist sein Nachfolger?", stellt Finnick die alles entscheidende Frage.
Diesmal überrascht Beetee ihn mit einem Lächeln, das sich auf seinen müden Zügen ausbreitet. „Plutarch Heavensbee."

Finnick wird der Mund trocken. Das ist gut, der Mann ist Distrikt Dreizehn verbunden, doch es fällt ihm schwer, Freude darüber auszudrücken. Plötzlich kommt so viel Bewegung in ihre Rebellion, dass es ihm das Herz zusammenzieht. Er will nicht behaupten, dass es zu überstürzt geschieht, aber genau so fühlt es sich an. Wie ein rasanter Tanz, bei dem die Musik immer schneller und schneller wird, bis er nicht mehr mithalten kann.

„Haben wir einen Plan?"
Beetees Blick fällt auf etwas neben dem Holoprojektor. Er weicht Finnick aus, schiebt die Brille nervös wieder höher. „Vielleicht. Ich ... weiß nicht wirklich viel von den Beweggründen hinter der Grenze. Sie halten sich bedeckt. Aber die Entwicklungen der letzten Wochen haben zweifellos Aufsehen erregt. Finnick, etwas wird geschehen, ich weiß nur noch nicht, was."

Ein anderer Gedanke kommt Finnick, an den kräftigen Thresh und sein unrühmliches Ende unter den Händen von Cato. An den Aufstand von Chaff, der brutal niedergeschlagen wurde. „Was ist mit Elf?"
„Ich schicke dir einen Artikel. Lies ihn schnell, er vernichtet sich nach zwei Stunden automatisch. Reine Vorsichtsmaßnahme. Wir sollten bald wieder miteinander reden, wenn es möglich ist. Aber sei vorsichtig. Jetzt noch mehr als vorher."
„In Ordnung." Finnick nickt und starrt dann einen Moment lang durch das bläuliche Licht der Holoprojektion hindurch, in Gedanken verloren. Beetee beendet schließlich die Verbindung und lässt ihn im Dunkel zurück, mit einer unbestimmten Angst vor den nächsten Spielen.

Das Kapitol ist nicht einfältig. Wenn sie schon Seneca Crane aus dem Weg geräumt haben, sind sie auf dem Kriegspfad. Und die anhaltenden Aufstände in Distrikt Elf, von denen in Beetees Artikel die Rede sind, bedeuten nur weiteres Öl im Feuer, das Distrikt Zwölf entfacht hat. Er erinnert sich an Dr. Gaia Gauls Worte an ihn, an die Kontrolle, die dem Kapitol entgleitet. Wenn sie nicht aufpassen, werden sie sich alle verbrennen.

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