5 Monate und 7 Tage
Kapitel 1 - 5 Monate und 7 Tage
Erzähler POV.
"Wieso sagst du mir über sowas nicht Bescheid?" schimpft Mitsuki laufthals durch das Telefon, als Katsuki sein Auto über eine Landstraße fuhr.
"Du tust so als wäre es ein Verbrechen, dass ich mir spontan Urlaub nehme." beschwichtigte Katsuki sie.
Am liebsten hätte er dieses Gespräch noch etwas herausgezögert, aber als der Name seiner Mutter auf dem Handydisplay erschienen war, wusste er, dass es dem Tod gleichkommen würde, hätte er den Anruf ignoriert.
"Nein, Katsuki, das ist es nicht. Aber ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich dich besuchen wollte und mir deine ehrenwerte Nachbarin sagte, dass du heute Morgen mit einer gepackten Tasche das Haus verlassen hast."
Ihre Stimme überschlug sich, so aufgeregt war sie. Katsuki seufzte. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich vor ihr zu rechtfertigen. So war sie eben.
"Ich hatte noch vor es dir zu sagen, okay? Woher sollte ich denn wissen, dass du ausgerechnet heute vor meiner Haustür stehst?"
Er hielt das Auto an und stellte den Motor ab.
"Und wohin hat dich dein Dickkopf jetzt verschlagen?" fragte Mitsuki nun etwas ruhiger.
Katsuki ließ seinen Blick aus dem Fenster schweifen. Das kleine Haus aus hellem Holz befand sich etwas abgeschieden und war damit perfekt, um einfach abzuschalten. Die Terasse war mit einem Sonnensegel geschützt und grenzte direkt ans Meer.
Die hiesige Idylle wirkte schon fast zu perfekt, aber genau das brauchte Katsuki gerade.
"Katsuki?"
"Ich schicke dir Bilder. Mach dir keine Sorgen um mich Mom."
"Ich mache mir immer Sorgen um dich, Katsuki. Ich bin deine Mutter." sagte sie vorwurfsvoll, als wäre diese Tatsache total offensichtlich.
"Ist ja gut. Wir telefonieren nochmal."
Und dann war der Anruf beendet. Katsuki atmete tief durch und schloss für einen Moment die Augen.
War es wirklich die richtige Entscheidung gewesen, hierherzukommen? Was, wenn alle Hoffnungen, die er in diese zwei Wochen setzte, sich doch nur als zwecklose Versuche herausstellten?
Zwecklose Versuche, Eijiro zu vergessen...
-
Überschwänglich öffnete der Blonde seine Autotür und ließ diese wieder zufallen. Die Reisetasche, die er heute Morgen spärlich gepackt hatte, lag im Kofferraum.
Ein angenehmer Wind fuhr ihm durch die Haare und erfüllte seine Lungen mit neuer Luft. Ein salziger Geschmack lag in der Luft und gab ihm sofort das Gefühl von Urlaub.
Die Lichter des Autos leuchteten kurz auf, als Katsuki den Wagen absperrte und dann über den sandigen Boden zur Haustür eilte.
Das Haus war nicht groß, hatte dafür aber alles, was man für einen spontanen Urlaub brauchte. Eine kleine Küche, die mit einem großen Esszimmer verbunden war, wo sich neben einem Tisch mit vier Stühlen auch ein Sofa und ein Fernseher befanden.
Die Treppe nach oben - unter dem Dach - befanden sich dann zwei Schlafzimmer mit je zwei Betten und ein Badezimmer.
Katsuki legte seine Tasche auf eines der Betten. Gestern um diese Uhrzeit war er noch im Krankenhaus gewesen und hatte sich mit Arbeit zugedröhnt und heute befand er sich hier!
Er griff nach seinem Handy und wählte eine Nummer, bevor er es sich an das Ohr hielt.
"Katsuki! Mein Gott, wo bist du?!" rief eine bekannte Stimme in den Hörer, weshalb Katsuki sich sein Handy etwas vom Ohr weg hielt.
"Komm mal runter. Ich hab mir Urlaub genommen."
"Das hab ich mitbekommen. Aber warum?! Und warum weiß ich nichts davon? Gestern hast du noch gesagt, wir sehen uns heute bei der Arbeit!"
Katsuki konnte sich richtig vorstellen, wie seine beste Freundin und Kollegin gerade beleidigt die Wangen aufblies. Das tat sie immer, wenn sie empört war.
"Es war auch sehr spontan. Ich hab gestern Abend so eine Anzeige gesehen, dass man das Ferienhaus auch erst einen Tag vorher buchen kann und.... Ich musste da einfach raus."
Kurz war es still auf der anderen Seite des Hörers, dann konnte Katsuki ein Seufzen vernehmen.
"Wie lange ist die Trennung jetzt her?"
"5 Monate und 7 Tage..." gab Katsuki leise zurück.
"Hör mir zu. Du weißt, ich hasse Eijiro dafür, was er abgezogen hat. Und Izuku auch. Und wenn du den Urlaub brauchst, um das alles zu verarbeiten, dann.... Schick mir 'ne Postkarte, kapiert?"
Katsuki schmunzelte mit Tränen in den Augen.
"Mach ich, Mina."
"Und ich brauche Bilder! Schließlich will ich wissen, in welcher Bruchbude du untergekommen bist, dass du das so kurzfristig buchen konntest. Und bringst du mir Muscheln mit?! Ich war schon so lange nicht mehr am Meer."
"Kriegst du alles."
"Du bist ein Schatz! Aber du, ich muss jetzt Schluss machen! Da will wer was von mir. Du entspannst dich und genießt die Zeit, ja? Und wehe du stürzt dich wieder in so viel Arbeit, wenn du zurück bist. Die nächsten Monate will ich keine Überstunden sehen!"
Katsuki hielt sich die Handkante an die Stirn, obwohl er wusste, dass sie das nicht sehen konnte.
"Jawohl, Chefin!"
"Tschüssi!"
Durch das gleichmäßige Tuten vernahm Katsuki, dass ihr Anruf beendet war. Seufzend wischte er sich über die Augen. Er war so sentimental geworden, seit er Schluss gemacht hatte...
Und er hasste sich dafür.
-
Die Küche wurde sogleich einmal benutzt, als Katsuki sich daran machte, das Abendessen vorzubereiten. Die restliche Zeit des heutigen Tages hatte er damit verbracht ersteinmal ordentlich zu duschen, da er sich durch die längere Autofahrt nicht sonderlich sauber gefühlt hatte.
Dann hatte er letzte berufliche Dinge erledigt, damit er sich die nächsten zwei Wochen komplett entspannen konnte.
Dabei war ihm eine Email besonders ins Auge gefallen, die seinem Herzen einen gehörigen Stich versetzt hatte. Schnell hatte er den Laptop zugeklappt und für den Rest des Tages nicht mehr geöffnet.
Er durfte jetzt nicht an Eijiro denken!
Schließlich hatte er die Zeit verstreichen lassen, in dem er sich es draußen gemütlich machte und in seinem Buch laß. Bis sein Magen sich lautstark meldete, dass er Hunger hatte.
Nun setzte er sich erneut nach draußen, diesmal mit einer Schüssel duftender Ramen. Die Sonne ging gerade unter und er schickte ein Bild zu seiner Mutter, damit sie sich keine Sorgen um ihn machte.
Schließlich war er ein vierundzwanzigjähriger Mann! Als könnte er nicht für sich selbst sorgen!
Beim Essen starrte er die Wasseroberfläche an, die nun in allen erdenklichen Rottönen erschimmerte. Die Wellen waren nur noch sehr gering, da der Wind sich gelegt hatte.
Plötzlich bemerkt er etwas. Etwas, das sich unter der Wasseroberfläche bewegte. Katsukis Augen folgten dieser Gestalt konzentriert, doch er konnte nicht festmachen, was genau es war, bevor er es aus den Augen verloren.
"Komisch..." sagte er zu sich selbst, doch dachte nicht mehr lange darüber nach.
Und schließlich fiel er völlig entkräftet in sein Bett und schlief diese Nacht besser als in den ganzen letzten 5 Monaten.
-
Mit der Badehose auf den Hüften schob er an diesem Morgen die Glastür zu Terasse auf. Der Ausblick auf das Meer raubte Katsuki den Atem. Das Meer war schon immer etwas, zu dem er sich hingezogen gefühl hatte.
Die Wellen, die in den unterschiedlichsten blau und türkis Tönen unter der Sonne glitzerten, schwappten an den Strand und hinterließen einen Rand aus mitgebrachten Ästen, Algen, Muscheln, Seesternen und vieles mehr. Wer weiß, wie weit diese schon gereist waren.
Das Meeresrauschen klang in Katsukis Ohren wie ein Flüstern. Ein mysteriöses, aber auch magisches Flüstern, das ihn dazu einlud, sich in die Wogen zu schmeißen und nie wieder aufzutauchen.
Tatsächlich war dies eine süße Verlockung. Nie mehr aufzutauchen. Dem Leben ein kurzes Ende setzen. Sich von allem Schmerz befreien.
Doch Katsuki hatte jetzt fast ein halbes Jahr durchgehalten, sich dieser Versuchung zu widerstehen, also würde er sich dieser nicht jetzt hingeben.
Niemals würde er Eijiro diesen Triumph geben und sich selbst umbringen. Das würde ihm nur noch mehr zeigen, wie abhängig er von ihm gewesen war.
Schließlich hatte es für Katsuki nie jemanden anderes gegeben.
Und es sollte auch nie jemanden anderes geben.....
1290 Wörter
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