Kapitel 34 - Madeleine
Wenn man schrieb, wollte man Bilder schaffen. Bilder, die sich in den Köpfen der Leser zeichnen, damit diese das vor Augen haben, was der Schreiber zeigen wollte. Man wollte festhalten, was man sah, was man fühlte oder welche Gedanken man gerade hatte. Man schrieb um einen Moment einzufangen, den man nicht verlieren wollte. Und deswegen schrieb ich. Und auch Britt, Kloë und Emily. Wir alle schrieben in ein Tagebuch um unsere besten Zeiten festzuhalten, denn Bilder fingen nicht alles ein. Zum Beispiel schaute ich gerade in die Prärie und sah eine flüchtige Schneeflocke sich im Wind wiegen, immer tiefer sinken und letztendlich auf meiner Haut schmelzen. Und ich fühlte den kalten Eiskristall auf meiner Haut, wie er auf meiner Handinnenfläche zu einer kühlen Pfütze wurde.
Man konnte Bilder mit Worten zeichnen. Und Atmosphären schaffen. Man nehme die Schneeflocken wieder als Beispiel. Sie wiegten sich im Wind und wanderten zu Boden. Es sei nur erwähnt, dass der Wind nicht sanft über meine Wange strich, sondern durch die gesamte Landschaft tobte. Die kleinen Schneeflocken schlugen in mein Gesicht und frohren sich unter meine Haut. Der -5°C-kalte Wind peitschte über meinen Körper und trocknete meine Augen aus. Ich schloss meine Augen teilweise um gegen die eisige Luft anzukämpfen. "Ich fasse dieses Ding nicht an!", keiferte Britt irgendwo hinter mir. "Miss Steward, dieses 'Ding' wird im Volksmunde auch Schneeschaufel genannt und ist ein wichtiges Element der Winterausstattung!", konterte Cumberland sofort und drückte ihr die Metallschaufel in die Hand. Meine Finger, die durch die Kälte erstarrt waren, lagen fest um den Metallgriff meiner Schneeschaufel, und übten immer wieder ein wenig Druck aus. Die Schaufel bewegte sich vor und zurück und der Schnee wurde hin und her geschaufelt. Vor und zurück. Hin und her. Bei Eiseskälte. Ich hätte mir nichts Schöneres vorstellen können. "Wozu müssen wir das denn überhaupt machen? In ein paar Minuten ist doch sowieso alles wieder voller Schnee!", beschwerte sich Britt erneut mit schriller Stimme. Die nächste Konter von Cucumber bekam ich schon nicht mehr mit, da Idris mir die Schaufel aus der Hand genommen hatte. "Ich mache das!", versicherte sie mir und zwinkerte verschmitzt. Unsicher stolperte ich dem großen Mädchen hinterher. "Das ist doch meine Aufgabe!", erwiderte ich, doch mit einer Hand wurde ich von der Football-Braut zurückgeschoben: "Gib mir einfach mal was aus." Und dann schaufelte sie eifrig den Schnee hin und her. Ich nickte dankbar und steckte meine Hände sofort in meine gepolsterten Jackentaschen. Einige Zeit später rief Miss Lithgow mithilfe eines Megafons zum Frühstück. Erleichtert schnappte ich mir Britt und kämpfte mich durch Schnee und Schüler ins Haus. Dort wehte mir schon der Wind von frisch Gebackenem entgegen und auch der unwiderstehliche Duft frischer Brötchen. In dem verhältnismäßig kleinen Essensraum nahm ich auf einem Stuhl Platz - von Britt und Idris wurde ich flankiert, wobei ich mich fragte, was Idris an unserem Tisch wollte - und mir gegenüber saß Raphael. Die ganzen Leckereien, die ich schon vorher gerochen hatte, lagen in Körben über die ganzen Tische verteilt. Nach einer kurzen Tagesbesprechung - nämlich auf eine Ski-Piste zu gehen - durfte man sich frei bedienen. Genüsslich beschmierte ich mein Chiabrötchen mit Nutella und biss voller Genugtuung ab. Ab und zu nippte ich auch an meinem frisch gepressten Orangensaft, doch meine Aufmerksamkeit widmete sich dem Nutellabrötchen in meiner Hand. "Willst du auch?", riss mich Raphael aus meinem Genuss. Ich musterte das Blätterteig-Gebäck in seiner Hand und versuchte zu erforschen, was es sein könnte.
"Was ist das?", gab ich auf und zog meine Augenbrauen zusammen - so, wie ich es immer tat, wenn ich etwas nicht verstand. Raphael seinerseits legte mir das Gebäck auf den Teller und machte eine auffordernde Kopfbewegung. "Probier es, du wirst es mögen", versicherte mir der beliebte Zwillingsbruder. Zaghaft wagte ich einen Bissen in das Unbekannte, aus welchem mir sofort süßer, sanftwarmer Vanillepudding entgegen kam. Mein Blick schnellte zu Raffi. Er meinte bloß: "Puddingteilchen."
Himmlisch! Göttlich! Berauschend....
Es gab nicht die richtigen Worte um diese Geschmackssensation zu beschreiben. "Ich liebe es", presste ich mit vollem Mund hervor. Raffi lachte bloß. "Das weiß ich doch." Der Blonde gab den perfekten Ehemann ab. Er wusste was man wollte, was man liebte und was man brauchte in bestimmten Situationen. Wenn er nicht schwul wäre und ich nicht in seinen Bruder verliebt wäre, würde ich ihn heiraten!
"Woher weißt du, dass ich sowas liebe?", wurde ich misstrauisch. Der Ältere fing an zu schmunzeln und lachte im Endeffekt: "Du bezeichnest mich seit zwei oder drei Wochen urplötzlich als dein bester Freund und du wunderst dich, dass ich meine Hausaufgaben mache?" Wo er recht hatte...... Obwohl.
"Die Hausaufgaben machst du doch sonst auch nie", konterte ich. "Soweit man die Übungsaufgaben als Hausaufgaben bezeichnen kann", dachte er nach, "stimme ich dir durchaus zu." Jetzt war ich diejenige, die schmunzeln musste. "Josh macht bestimmt immer seine Hausaufgaben", träumte ich und bemerkte gar nicht, wie mir Raffi meine zweite Hälfte des Nutellabrötchens klaute. Erst als ich ins Leere griff und daraufhin das bekannte Brötchen-Geräusch wahrnahm, realisierte ich den Verlust. Schockiert sah ich den Blonden an. "Ich bin aber nicht Josh", trällerte er bloß genüsslich das Brötchen kauend. "Du Arsch! Das wollte ich noch essen!", protestierte ich, doch ohne Erfolg. Raffi lehnte sich zurück, schaute mich einmal von oben bis unten genauestens an und meinte dann ganz seriös: "Wir wollen doch nicht, dass du fett wirst." Britt ließ schockiert ihr Buttermesser fallen. Das Klirren schallte durch den gesamten Raum und für einen kurzen Moment war es ruhiger und jeder schaute sich um auf der Suche nach dem Ursprung der Störung. "Hast du nicht gesagt?!", meinte Britt mit gehauchter aber dennoch eindringlicher Stimme. Die anderen Schüler verfielen wieder in Gerede und Geschmatze. Nur Raffi, Britt und ich selbst schienen wie erstarrt. "Ist doch aufmerksam von ihm", boxte Idris mich aus der Starre. Ungläubige Blicke von mir und Britt. Und selbst Raphael verengte seine Augen ein bisschen - so wie er es immer tat, wenn er die Logik nicht verstand. "Ich meine, dann muss sich Maddy nicht um ihre Figur sorgen", ergänzte die hohe Frau. Irritiert griff ich nach einem neuen Brötchen, welches ich jedoch sofort von Raffi aus der Hand genommen bekam. Auch er schien noch verwirrt von Idris - er antwortete auch nicht, sondern schnitt das Brötchen in zwei Hälften, zog aus seinem Rucksack Ovomaltine und schmierte die beiden Hälften damit ein. Dann nahm er dir Hälften und legte sie auf meinen Teller. Idris schaute immernoch zu uns in der Erwartung eine Antwort zu bekommen. Diese bekam sie dann auch. Von Raffi: "Maddy ist am Schönsten, wenn sie zufrieden ist und wenn der Grund ihrer Zufriedenheit das Essen ist, dann soll sie meinetwegen alle Brötchen des Raumes essen."
Das hatte ich gebraucht. Zufrieden verschlang ich das letzte Stück des Puddingteilchens und widmete mich dann dem Ovomaltine-Brötchen. Ich nickte Raffi bloß überwältigt von der Süße zu und genoss die zwei Hälften.
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"Einsteigen! Einer nach dem Anderen!", quakte Mister Cumberland. Ich gab mein Gepäck beim Busfahrer ab und schleppte mich die Treppen des Reisebusses hoch - ich suchte nach einem freien Zweiersitz. In der vierten oder fünften Reihe setzte ich mich dann ans Fenster. Britt kam gerade durch die Tür und steuerte den Platz neben mir an, da warf Idris ihre Sachen neben mich. "Ich sitz da!", bellte sie noch. Daraufhin verdrehte Britt nur die Augen und suchte sich selbst auch einen freien Zweier - sie fand den, der direkt hinter Mike und Molly war und setzte sich dort. Wie Mike saß sie am Fenster. Raffi setzte sich neben sie. Irgendwo ganz hinten saß noch Will, aber wir hatten bisher auf Studienfahrt noch fast kein Wort gewechselt.
Überall führte man gute Gespräche und dann gab es noch meinen Zweier, der aus Idris und mir bestand. "Du bist heute so hübsch", säuselte das etwas maskuline Mädchen. Ich schaute an mir selbst runter. Ich trug einen schwarzen, etwas zu großen Pulli, eine beige Wollmütze mit herunterhängendem, gleichfarbigem Bommel, eine schwarze Leggins und skigeeignete weiße Schuhe. Um meinen Hals schlang sich ein rot-schwarz karierter Schal und um meine Hüfte band sich - da wir im Bus saßen - meine Winterjacke. "Echt, du siehst süß aus heute", betonte Idris noch einmal. Ich sah nicht anders aus als sonst. Mein Haar war zu einem einfachen Dutt zusammengebunden, ich war ungeschminkt und da ich einem Tag zuvor meine Tage bekommen hatte, ragte aus meiner Stirn ein gewaltiger Pickel. "Sehe ich sonst nicht auch gut aus?", witzelte ich, um die ganze Situation ein wenig aufzulockern. "Maddy, du siehst immer", hauchte sie, "zum Anbeißen aus." Sie näherte sich verdächtig nah an mein Gesicht an. Geschockt realisierte ich Idris' Absichten: Sie machte sich gerade gewaltig an mich ran! "Äh, ich würde gerne mit Raphael sprechen. Könntest du mich rauslassen?", versuchte ich mich zu retten, doch vergebens. Idris versperrte mir den Weg zum Gang des Busses und als ich mich versuchte über sie drüberzuarbeiten, sprang Cumberland fast panisch auf und schnappte sich das Mikrofon. "Wir fahren! Es steht keiner auf außer Miss Lithgow und mir!", bestimmte er und setzte sich daraufhin wieder - naja, zumindest wollte er sich setzen. Miss Lithgow saß nämlich am Fenster. "Mary, könnte ich bitte ans Fenster? Ich würde so gerne am Fenster sitzen", bat der Leher noch immer mit eingeschaltetem Mikrofon. Daraufhin schaltete er es aus und man sah Miss Lithgow genervt die Augen verdrehen. Sie stand auf und ließ den Lehrer passieren. Und als wären eine anzügliche Idris und ein komischer Lehrer nicht genug, fingen Molly und Mike auch noch an zu streiten. "Du redest die ganze Zeit mit Brittany!", unterstellte Molly ihrem festen Freund und betonte den Namen der blonden Schönheit besonders abfällig. "Liebst du mich etwa nicht mehr?", fügte sie gleich hinzu und durchbohrte ihn mit ihren hellen, blauen Augen. Von hinten tönte irgendjemand: "Können wir eine Pipi-Pause machen?" Viele Schüler stiegen mit ein und nebenher hörte man Mike auf Molly reagieren. "Mir ist das zu blöd, Molly! Immer das selbe. Ich darf mich mit Brittany unterhalten und ich werde es auch weiterhin!", fauchte er. Durch das Gequängel der Schüler, dem nebenherlaufenden Streit von Molly und Mike und den extrem kurzen Nervensträngen von Mister Cumberland, hielt der Busfahrer an einer Parkbucht auf der sich schon ewig ziehenden Landstraße an. "Hallo, hier spricht der Busfahrer. Wer auf die Toilette muss, hat jetzt zwei Möglichkeiten und fünf Minuten. Möglichkeit 1 wäre, in ein Gebüsch zu pinkeln." Beim Stichwort Gebüsch kreischten einige Mädchen auf, darunter auch ich selbst. Ein Gebüsch? Ich war zu unfähig zu zielen und hatte meine Tage. Fantastische Kombination! "Möglichkeit 2 wäre die Blase dichtzuhalten und noch 20 Minuten abzuwarten bis wir beim Skiresort angekommen sind", führte er fort, "aber auf alle Fälle machen wir fünf Minuten Pause. Aber keine Sekunde länger!" Ich mochte den Busfahrer, denn er hatte mich quasi gerettet. "Könnte ich bitte raus?", fragte ich Idris, die noch immer mit vollem Einsatz den Weg zum Gang versperrte. "Nein!", antwortete sie sofort und so langsam wurde ich wütend. "Also an deiner Stelle würde ich mich rauslassen, denn wenn du nicht willst, dass gleich eine gelbe Pfütze neben dir entsteht, dann lässt du mich jetzt bitte raus", wurde ich grantig. Das hoch gewachsene Mädchen zog beide Augenbrauen nach oben und fantasierte: "Selbst das wäre wundervoll, wenn du es machst!" Angeekelt rümpfte ich meine Nase.
"Lass sie raus!", bestimmte jemand auf Seite des Ganges. Als ich mich streckte und über Idris' gewaltiges Schulterblatt linste, sah ich Raphael. Er fixierte sie mit seinem intensiven Blick und zog sie dann von ihrem Sitz weg, sodass ich schnell an ihr vorbeischlüpfen konnte. Ich stolperte aus dem Bus und atmete erst mal tief durch. Neben mir taten Britt, Mike und Raffi dasselbe. Wir alle waren durch die bisherige Fahrt gestresst. "Wollen wir uns umsetzen?", sprach Mike all unsere Wünsche aus. Britt und Raffi waren zwar nicht aktiv in Mike und Mollys Streit integriert gewesen, allerdings war Britt das Thema des Streits und Raffi musste dabei sitzen und daraufhin mich auch noch vor Idris retten. "Ich setze mich zu dir", meinte Britt bestimmt und packte Mike am Arm. Dieser nickte nur, sah dann aber besorgt in die Luft, nur um direkt danach einen entschlossenen Blick aufzusetzen und Britt hinter sich her in den Bus zu schleifen. Seine Mimik schrieb ganze Geschichten.
"Willst du dich neben mich setzten?", fragte Raphael plötzlich. Mein Blick fuhr zur Seite und traf seinen undefinierbaren Blick. Er schien besorgt, aber gleichzeitig hoffnungsvoll. Ängstlich, aber bestimmt. Und wenn ich mir fast sicher war, dass es die Freude in Kombination mit Unsicherheit war, sich mit mir einen Platz zu teilen, drängte sich mir wieder die zart angedeutete Sorge auf, von der ich nicht wusste, weshalb sie in seinem Blick lag. "Klar", grinste ich bloß und ignorierte den Ausdruck in seinen Augen. Im Bus gewährte er mir dann mit einem letzten bösen Blick zu Idris den Vortritt, sodass ich am Fenster saß. Dort fühlte ich mich nicht so wie bei Idris gefangen und abgeschottet, sondern beschützt und geborgen, denn Raphael hielt Idris von mir fern, unterhielt mich gut und gab mir Freiheit. Ich war vorher noch nie wirklich mit einem Reisebus gefahren, sondern eher mit privaten Business-Autos meiner Familie inklusive Bodo, meinem privaten Chauffeur. Aber ich mochte Bus fahren. Zumindest so, wie ich es in dem Moment erlebte.
"Hallo, hier spricht die Reiseleitung!", begann Cumberland zu reden, "Wie ihr sicher bemerkt habt, sind wir angekommen!" Ich schaute sofort aus dem Fenster und entdeckte ein riesiges Hotel mit luxuriösen Anbauten. Und dahinter lagen die Skipisten und die Sessellifte. "Jetzt zum Organisatorischen", quakte der Lehrer ins Mikrofon, "Diejenigen, die nicht Ski fahren können, sind dazu aufgefordert auf die Anfängerpiste zu gehen. Für Fortgeschrittene gibt es dementsprechend herausforderndere Pisten. In drei Stunden treffen wir uns alle vor dem Café 'Snowman' gegenüber des Wellness-Bereichs des Hotels. Dann können die, die wollen, in die Sauna gehen. Die andere Option wäre es auf eigene Kosten ins Restaurant zu gehen." Der Busfahrer hielt und öffnete die beiden Türen. "Raus!", blökte er noch in sein Busfahrer-Mikrofon und wurde von Cucumbers Handbewegungen bestärkt. Britt kam direkt zu mir gerannt und schnappte mich am Arm. "Lass uns auf die schwierigste Piste gehen!", bestimmte sie und mit blieb nichts anderes übrig, als mich mit all meiner Kraft in die entgegengesetzte Richtung zu stemmen. "Ich bin noch nie Ski gefahren", meinte ich dann und löste mich aus ihrem Griff. Die Blondine schaute mich entgeistert an und schien jetzt abzuwägen, ob sie mich zur Anfängerpiste begleiten sollte. "Geh du mit Mike, wo du eben hin willst. Ich gehe mit Maddy zur Anfängerpiste", schlug Raffi vor und brachte Brittany dadurch sofort Erleichterung. Dankbar erwiderte sie: "Das würdest du tun? Danke!" Damit drehte sie sich zum Reisebus und stolzierte zu den eben ausgeladenen Gepäckstücken. "Kannst du auch nicht fahren?", wollte ich von Raphael wissen und bewegte mich auch in Richtung der Gepäckstücke. "Doch, ich bin sogar richtig gut", lachte der Blauäugige, "aber ich fahre lieber mit Menschen, die ich mag - egal auf welcher Piste." Leicht boxte ich ihm in die Seite, schenkte ihm aber dennoch einen dankbaren Blick. Schnaufend zog ich meine Handtasche wieder auf meine Schulter und durchsuchte dann den Gepäckhaufen nach meinen Sachen. Ich fand schließlich auch meine Ski-Sachen, die ich mir in der Schule ausgeliehen hatte, da diese qualitativ hochwertiger waren, als die des Skiresorts. Ich folgte den Anweisungen, die den Ski-Sachen beigelegt waren und präparierte mich für den Sport. Nicht viel später wurde ich von Raffi in den Lift gezogen und saß dort nervös, während ich immer höher gezogen wurde. Meine Beine hingen nach unten, entfernten sich immer weiter vom Boden. Als wir oben ankamen, zog mich Raphael einfach aus dem Lift. Völlig unvorbereitet stand ich dann mit den langen, mir immernoch komisch vorkommenden Stecken an meinen Füßen auf dem weißen Schnee. Und bewegte mich vorwärts. Ungewollt. "Hilf mir!", kreischte ich hysterisch und griff nach der Hand, die meinen Arm losgelassen hatte. Doch ich erwischte sie nicht. Stattdessen rutschte ich immer weiter vorwärts und mittlerweile leicht bergab. Meine Knie zitterten wie nie zuvor. Immer schneller glitt ich den Abhang hinab und immer weiter entfernten sich meine Beine voneinander. "HILFE, VERDAMMT NOCHMAL!", schrie ich - mittlerweile bei dem 6km/h angekommen. Vor mir tat sich ein riesiger Körper auf. Ich fuhr in ihn hinein. Oder eher in sie. Idris.
"Ach hallo, Maddy. Soll ich dir Ski fahren beibringen? Deine Hüftstellung ist falsch, so wir ich sehe. Ich kann gerne nachhelfen", raunte sie mir zu und griff mit ihren enormen Handinnenflächen nicht nur an meine Hüfte. "Idris, ich warne dich." Ich erschrak zu Tode, als Raffi plötzlich neben mir stand. "Wo warst du?!", fragte ich empört und wütend. Er griff an Idris' Hand, die an unsittlichen Stellen ihr Unwesen trieb, und riss sie weg. Die andere Hand, die meine Hüfte fest im Griff hatte, entfernte er auch rasch. "Ich hab einen Knopf verloren und eingesteckt", erklärte Raffi sich und zog mich ein Stück nach hinten, von Idris weg. "Entweder du gehst freiwillig oder ich bringe dich zum Gehen. Du hast die Wahl", zischte der Blonde an die Football-Spielerin gewandt. Diese verdrehte ihre lüsternen Augen, versuchte noch ein letztes Mal an unangenehme Stellen zu grabschen, was Raphael - Gott sei Dank - abzuwehren gelang, und glitt dann denn Anfängerberg mehr oder weniger passabel hinab. Der Zwilling hielt mich noch immer an den Schultern fest, doch war dabei sich zu lösen. "Du lässt mich nicht mehr los!", schlugen bei mir direkt die Alarmglocken. Ich hörte ihn lachen. "Mache ich nicht." Dann hoben sich seine Hände von meinen Schultern. Nur seine linke Hand striff meinen Arm hinab bis zu meiner in einen Handschuh gehüllten Hand, die noch immer leicht zitterte. Er umfasste meine Hand und drückte fest zu. Sofort beruhigte ich mich. Auch wenn wir uns dann langsam fortbewegten - bergab - und immer schneller wurden.
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"Eine heiße Schokolade und einen Café au Lait, bitte", gab Raphael unsere Bestellung auf. Die Kassenfrau werkelte sofort an der Schaummaschine herum, während mein männlicher selbst ernannter bester Freund und ich an der Theke warteten. Süßlicher Kaffeegeruch lag in der Luft und wartete nur darauf mir meinen Tag zu versüßen. Eine große Tasse auf einer noch größeren Untertasse wurde mir zugeschoben. Mit dabei lag ein kleines Quadrat aus Vollmilchschokolade. Neben dem Café au Lait stand der heiße Kakao meines Begleiters. Mit den Getränken machten wir uns auf den Weg zu einer kleinen gemütlichen Ecke, in der Tisch und Bank standen. Dort setzten wir uns - ich mich an die Wand, er sich neben mich. Als ich saß, galt meine erste Bewegung meinem Kaffee. Ich griff nach dem Stück Schokolade und ließ es in die beigefarbene Brühe fallen, die unter dem schneeweißen Schaum verborgen war. Danach machte ich mich daran den herrlich cremigen Schaum von der Oberfläche zu löffeln. "Schmeckt das überhaupt?", wurde ich von der Seite gefragt. "Was?", erwiderte ich verwirrt. "Na das mit der Schokolade." Ich schaute von meinem Kaffee zu Raffi und wieder zum Kaffee. Dann wieder zu Raffi. Und zum Kaffee. Ich rührte die Flüssigkeit um und stellte zufrieden fest, dass sich die Schokolade vollständig aufgelöst hatte. Dann schob ich die Tasse nach links zu Raffi und forderte den Blonden auf zu probieren. Dieser setzte zögerlich an und nahm einen Schluck. Über den Tassenrand hinweg schaute er mich voller Zweifel an. Doch dann runzelte sich seine Stirn. Er nahm noch einen Schluck, setzte die Tasse ab und musterte den Inhalt. "Wieso schmeckt das so gut?", wollte er wissen. Ich ergatterte mir daraufhin mein Getränk zurück und zuckte mit den Schultern. "Ich weiß halt, was gut ist", gab ich ungeniert zu. "Schon gut, schon gut", lachte er herzlich und strich mit seiner Hand behutsam über meinen Rücken. Genüsslich nippte ich an meinem Milchkaffee und ließ die Wärme in mich fließen - die Wärme, die mein Getränk innehatte, sowie die Wärme, die Raffis Hand ausstrahlte. "Salut, mes chéris", zwitscherte Brittany durch den Raum. Sie schob Mike, der nur winkte und ein leises "yo" über seine Lippen brachte, durch das Café "Snowball" auf Raffi und mich zu. Bei uns angekommen setzten sie sich auf die gegenüberliegende Bank und winkten eine nicht dafür zuständige Bedienstete zum Tisch. "Eine Honigmilch und einen Chai Latte, bitte", lächelte die Blonde und befasst sich mit etwas anderem. "Entschuldigen Sie, Miss, aber wenn Sie etwas bestellen wollen, dann-", weiter kam die Bedienstete nicht, denn vorher kassierte sie einen strengen und bestimmten Blick von Britt, der nichts anderes zuließ außer der Erfüllung ihres Wunsches. "Ich bringe es sofort!"
"Na, wie war es?", wollte ich von der Mode-Ikone wissen, immerhin hatte sie Dank Mike nicht auf der Anfängerpiste herumschlittern müssen. Sie frohr für einen Moment ein, doch dann brachen die Worte nur so aus ihr heraus. In zwei Minuten quetschte sie mehr Wörter als in einer dicken Enzyklopädie standen. Gewaltige Wortmengen stürzten auf mich ein, sodass ich nicht mehr folgen konnte, doch es schien ihr Spaß gemacht zu haben, was mich wiederum lächeln ließ. Nach und nach tummelten sich die Schüler in dem Café, auch Britts Bestellung kam an, doch von den Lehrern gab es keine Spur. Mein Blick musterte Mike, der vor mir den Schaum von seinem Getränk löffelte. Er hatte die Honigmilch, die Britt zuvor bestellt hatte, während die Blondine selbst an ihrem Chai Latte nippte. Als ich sah, wie Mike genießerisch die Augen verdrehte und seine Augenbrauen hob - ja, sein ganzes Gesicht eine zufriedene Grimasse schnitt - musste ich- "Was grinst du denn so?" Ich riss meinen Blick von Mike los und ließ ihn zu Raffi schweifen, der mich voller Belustigung ansah. "Glaubst du, du siehst besser aus, wenn du in deinem Fall etwas Süßes isst?", fügte er noch lachend hinzu. Beleidigt schob ich meine Unterlippe ganz leicht nach vorne und rührte in meinem Cafè au Lait oder eher Café au Chocolat rum ohne irgendetwas damit bezwecken zu wollen. Plötzlich kam jemand durch die Tür gestürmt und trötete etwas durch ein Megafon. Verständlich waren die Worte nicht, da das Ganze dermaßen laut war, dass man sich die Ohren zuhalten musste. Aus Reflex schloss ich auch meine Augen, doch im nächsten Moment hörte der Lärm abrupt auf. Ich wagte einen Blick. Dort stand die Nicht-Bedienung, die Britt ihren Chai Latte gemacht und gebracht hatte, mit dem Megafon in der Hand. Neben ihr Mister Cumberland. "Was erlauben Sie sich!", meckerte der Englischlehrer sofort los. "Was erlauben SIE sich, Sir!", das 'Sir' spuckte die Nicht-Bedienung geradezu aus, "Unser bescheidenes Café repräsentiert Ruhe, Frieden und Geselligkeit! Was erlauben Sie sich in dieser kleinen Räumlichkeit ein- ein- ein- Megafon zu benutzen?!" Der Vorwurf war klar aus ihrer Stimme zu entnehmen, jedoch nicht so klar, wie die Empörung aus Cumberlands Gesicht. "Wie können Sie es wagen, so mit mir zu reden? Sie sind doch nur eine Frau! Wissen Sie denn nicht, wo Ihr Platz-" Weiter kam Cucumber nicht, denn Mary packte ihn am Ohr und zog nach unten. Fest. Der Lehrer gab keinen Mucks von sich, doch in seinen Augen lag der Schmerz. "Frederick, wolltest du nicht noch mit Gerald telefonieren?", zischte sie mit einem Unterton, der wie eine Drohung klang. Sie ließ los und der Lehrer stürzte nach draußen. "Entschuldigen Sie die Störung", meinte sie dann an die Nicht-Bedienung gerichtete, welche dies nur abnickte. "Okay, der VIP-Saunabereich ist jetzt verfügbar. Mädchen, Jungs getrennt. Wer keine Lust auf Sauna hat, der kann sich gerne in das dazugehörige Restaurant setzen. Natürlich auf eigene Kosten", erläuterte die Musiklehrerin und folgte dann Cucu durch die Tür. Mit einem großen Schluck trank ich meine Tasse leer. "Auf geht's", seufzte ich in die Runde. Auch Mike, Britt und Raffi tranken aus. Daraufhin gingen wir raus aus dem Café, hinein in den Schnee. Wortwörtlich, denn vor dem Restaurant waren Steinfließen. Diese waren vom einer dünnen Eisschicht bedeckt, die ich nicht einkalkuliert hatte. Ich rutschte aus, schlitterte vorwärts und landete mit dem Kopf voraus im eisigen Schnee. Sofort wurde ich unter meinen Armen gepackt und aus dem Schnee gezogen. Raffi hatte seine Hände an meinen Seiten und drückte meinen Körper gegen sich. Er löste eine Hand von meinem Körper und strich mir den Schnee aus dem Gesicht und vom Haar.
Ich wusste nicht, ob mir warm oder kalt war und mein Herz wurde schwer. Unerträglich schwer. Als würde ein Stein es nach unten ziehen. "Heute ist wohl dein Unglückstag", witzelte der Zwilling. "Oder mein Glückstag", ergänzte ich leise. Es war ungewiss, ob er es gehört hatte oder nicht. Er reagierte jedenfalls nicht.
"Schau mal, wie sie sich wieder an ihn ranschmeißt!"
"Sie hat ihn sogar dazu gezwungen mit ihr auf die Anfängerpiste zu gehen!"
"Dabei hat sie einen Freund!"
"Ich habe gehört ihr Freund sei Josh! Raphaels Zwillingsbruder!"
"Der Streber?"
"Ist ihr ein Zwilling nicht genug?"
"Sie ist so eine Bitch, ich würde mich nicht wundern, wenn sie nachts auf dem Strich ihr Geld verdient."
"Mein Freund hat gesagt, er hätte sie in so einem BDSM-Porno gesehen!"
"Wieso gibt er sich mit so einer ab?"
"Raphael ist viel zu gut für diese Hoe!"
Worte bohrten sich in meinen Rücken. Worte, die wie Messer waren. Ich löste mich von Raphael und senkte meinen Blick. "Warum schaust du auf den Boden?!" - Britt schrie. Sie schrie mich an. "Und ihr, was glotzt ihr so blöd?" Die Gruppe Mädchen löste sich auf und verstreute sich in der Umgebung. Brittany trat näher zu mir. Sie schob Raffi zur Seite, um direkt vor mir zu stehen. "Maddy, schau mir in die Augen", befahl die vollwärtige Engländerin. "Du hast nichts falsch gemacht und du hast auch nicht die falschen Freunde. Du bist zwar nicht so wichtig wie Kloë für mich, aber ich respektiere und mag dich! Also wag es nicht deinen Blick zu senken, wenn diese Fl*ttchen Scheiße über dich erzählen!" Britt knurrte mir die Worte ins Gesicht und packte mich dabei an den Schultern. Ihr Blick blieb hart, meiner wurde weich. Man konnte über dieses Mädchen sagen, was man wollte - ihr Herz war immer am rechten Fleck. "Alles gut, Britt, danke", versuchte ich sie zu besänftigen - erfolglos. "Alles gut?! Nichts ist gut!" Fast verzweifelt schaute sie mich an. "Britt, hör auf. Um den Rest kümmere ich mich", versuchte auch Raphael sein Glück in Sachen Besänftigungsmaßnahmen. Doch auch diesmal blieb es nur ein Versuch. "Raphael, halt deinen Mund. Nur wegen dir existierten diese ganzen Probleme in Maddys Leben. Tu uns allen einen Gefallen und sei einfach mal leise", giftete die Blondine. "Und jetzt zu euch!" Die Mädchen, die sich über den Platz zerstreut hatten, fuhren mit ihrem Blick herum und starrten in einer Schockstarre zu Britt. "Ich hasse Probleme. Ich bin eh schon schlecht gelaunt, dann müsst ihr nicht auch noch meine Laune verschlechtern. Ich gehe jetzt mit Maddy in die Sauna und wenn nur eine von euch kleinen Biestern auch dorthin kommt, dann reiße ich euch höchstpersönlich den Kopf ab", sie sprach mit kräftiger Stimme, "Maddy, wir gehen." Dann nahm sie mich bei der Hand und zog mich hinter sich her. Sie ließ mich nicht los, bis wir in der Umkleide standen.
Brittany Steward. Das wohl egozentrischste und hochnäsigste Wesen, das auf Erden lebte. Und doch konnte man sie nur lieben (wenn man nicht auf ihrer schwarzen Liste stand). "Ich hasse solche Menschen! Die bilden sich ein, sie dürften über dich lästern! Dabei mag ich dich und wenn ich jemanden mag, dann darf über diese Person nicht gelästert werden!" Ich musste schmunzeln. "Britt, du bist die Beste", gab ich zu und strahlte sie an. Sie musterte mich von oben bis unten und erwiderte dann: "Oh, das weiß ich, Süße." Wir zogen uns aus, doch dann wurde mir eines klar. Die Erkenntnis traf mich ohne Vorwarnung. Eiskalt.
"Ähm, Britt. Du hast nicht zufällig ein Tampon?"
"Hast du deine Tage bekommen?!", fragte sie mich entsetzt. Ich schüttelte den Kopf. "Ich hatte sie schon die ganze Zeit", meinte ich ernsthaft, "aber mein Tampon ist durchgeblutet." Panisch, total schockiert und ein bisschen hysterisch stand ich vor ihr. Ich hatte noch nie ein Tampon durchgeblutet. Das war noch NIE passiert! "Schätzchen, ich habe immer Tampons dabei und weil du es bist, bekommst du sogar eins mit Pro Comfort", lächelte sie und streckte mir das Tampon entgegen. Ich konnte es nicht entgegen nehmen. "Britt, ich brauche Small. Ich bekomme Normal nicht rein", gestand ich der Prinzessin unserer Schule. Jetzt war sie es, die geschockt dastand. Unsicher packte sie den weißen Periodenstöpsel zurück in ihre Handtasche und zog einen anderen hervor. "Dankeschön." Ich nahm ihr das neue Tampon aus der Hand und verschwand in einer Toilettenkabine gleich neben der Umkleide.
Als ich dort fertig war, kehrte ich zurück zu Brittany, die schon ausgezogen, nur mit einem Handtuch um den Körper gewickelt, auf mich wartete. Auch ich entledigte mich all meiner Klamotten und band ein weißes Handtuch um mich. Zusammen machten wir uns auf den Weg zum Saunabereich für Mädchen. Als wir in den beheizten Raum traten, saß bereits ein Mädchen auf der Holzbank. Molly. Ich setzte mich mit Britt fast neben sie. Zwischen ihr und uns war ein Meter stickiger und heißer Luft. "Maddy, wie läuft es mit Josh?", versuchte Britt mich von den Tussen unserer Schule abzulenken. "Britt, das bringt nichts. Ich denke trotzdem an die Mädels. Bisher war es ja bloß skandalös und vor allem blieb deren Geschwätz auf dem Blog. Warum tritt das jetzt in die reale Welt über?", fragte ich mich. Ich mochte Raphael. Er war nervig und absolut frech und hochnäsig. Er schrieb schlechte Noten und rühmte mit seinem Geld. Aber ich mochte ihn. Irgendwie.
Ich würde es mehr als nur traurig finden, wenn diese Tussis Abstand zwischen uns schaffen würden. Es wäre mehr als deprimierend.
"Du wirst eben bekannter. Das ist der Preis des Promi-Lebens. Es gibt Supporter, aber auch Hater. Und um in diesem Buisness zu überleben, muss du drei Phasen durchmachen", meinte die Blondine. "Phase 1: Du musst von deinen Freunden hochgezogen werden. Wenn dich alle kritisieren und runterziehen, müssen deine Freunde dich am Kragen packen und wieder nach oben ziehen. Aber natürlich ohne dass der Kragen danach Falten hat - das wäre ein Modedesaster!" Ich dachte an Britt. Sie musste noch nie hochgezogen werden, außer wenn es um Isaac ging. Aber das hatte immerhin nichts mit Bekanntheit zu tun. "Phase 2: Du musst akzeptieren auch mal hinzufallen. Schätzchen, steck deine Bücher zurück ins Regal. Das hier ist das echte Leben und du wirst immer niedergerungen werden. Es ist eine Kunst das zu akzeptieren, aber es ist notwendig." Wieder dachte ich an Britt. Sie fiel noch nie. Sie würde es auch nie akzeptieren zu fallen. Sie würde alles perfekt erledigen oder eben gar nicht. So war sie nun mal. "Und schließlich Phase 3: Du musst stark werden. Vielleicht haben dich mal deine Freunde hochgezogen, aber du kannst dich da auf Dauer nicht drauf verlassen. Wenn du in der Scheiße steckst, musst du selbst aufstehen, dir die braune Masse abwischen und die Krone richten. Hilf dir selbst in dieser Welt, denn sonst hilft dir keiner."
Es klang traurig, was sie sagte und doch schien es wahr zu sein. Survival of the fittest. Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott. "Bist du zufällig ein Moralapostel nebenberuflich?", spottete Molly. Sie verzog ihr Gesicht angewidert. "Hast du ein Problem damit, wenn ich meine Lebensweisheiten an andere vermittle?", knurrte die Modequeen. Molly konterte sie mit wildem Blick: "Und ob, wenn 90% deiner Weiheiten daraus besteht, wie man jemandem den Freund ausspannt!" Ich saß zwischen den Fronten und stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. "Keiner will dir deinen Freund ausspannen, es sei denn, er würde Isaac und nicht Mike heißen!", blökte Britt.
"Natürlich, wer es glaubt, wird selig! And pigs might fly! Das hab ich im Bus gesehen und auf der Piste!"
"Ich hänge doch nur mit einem Freund ab!"
"Natürlich!"
"AUFHÖREN!", kreischte ich in den knallharten Schlagabtausch hinein. "Ich will doch nur entspannen! Bitte klärt das woanders." Molly hob ihren Kopf an und stolzierte dann aus der Sauna.
"Du bist unmöglich! Hör auf zu streiten, Britt", wies ich meine Freundin zurecht und schüttelte frustriert den Kopf. "Ich lasse much nicht zu Unrecht beschuldigen!", erwiderte sie. "Hattest du nicht gesagt, müsse das Hinfallen akzeptieren und es gäbe auch mal Pleiten?"
"Nicht, wenn man diese Pleiten beseitigen kann."
Ich lehnte mich zurück und genoss die Hitze. Mittlerweile wirkte die Luft nicht mehr stickig, sondern angenehm tropisch-warm.
"Wer hat dich denn schon mal nach oben gezogen? Du machst doch alles allein", wollte ich wissen. Britt schnaufte einmal tief durch. Ihr Oberkörper hob sich und sank auch wieder. Mit einem tiefen Seufzer stieß sie einen Namen aus. "Isaac."
Ihr Gesicht war gezeichnet mit Nostalgie und Schwermut. Sie schwelgte in Erinnerungen. "Du brauchst es mir nicht zu erzählen." Sie verlor ihren Ausdruck in den Augen nicht, während sie sagte: "Ich könnte es nicht erzählen, selbst wenn ich wollte. Mit Worten bin ich nicht so gut." Sie lächelte frech und meinte dann: "Lass uns rausgehen!"
"Gute Idee, mir wird schon schwindelig."
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