8 - Verwirrung
Überarbeitet
Zane
Ich schloss schnell mein Auto ab, um dann pfeifend zu dem schon sehr gut besuchten Club herüberzuschlendern. Stickige Luft wehte mir entgegen, als ich mit dem einen Arm die Tür aufdrückte.
Meine Augen scannten die wild blinkende Umgebung nach Caydon ab, jedoch war der Typ nirgends zu sehen.
Hoffentlich hat er sich nicht wieder mit Cherry oder irgendeinem anderen Mädchen verzogen, weil der Abend sonst echt langweilig werden wird. Nicht, dass ich etwas gegen Hooke und Timoth habe, aber Hooke ist mir noch relativ neu und Timoth wird immer schnell müde, wenn er Alkohol trinkt.
Schon etwas leicht genervt drängelte ich mich durch die tanzende Menge, nebenbei checkte ich mein Handy nach neuen Nachrichten ab. Es waren allerhand irgendwelche Leute, die mich angeschrieben hatten, aber keine einzige Nachricht war von Caydon. Zischend steckte ich mein Handy wieder zurück in die hintere Hosentasche und lief unter ein paar aufmerksamen Blicken einiger Mädchen zur Bar.
"Zane, was machst du denn hier?"
Schnell schaute ich auf und blickte in das grinsende Gesicht von einem dunkelbraunen Lockenkopf.
Alessio.
Auch er war mal mit Rachel extrem eng gewesen, aber das hatte sich in letzter Zeit wegen Jess und den anderen geändert. Er und sie hatten sich etwas auseinander gelebt, seit dem sie nicht mehr so oft feiern ging wie vor ungefähr einem Jahr.
Oft ist sie mit Jess und den anderen hier in diesem Club gegangen, weil Alessio sie gerne mithereingeschleust hat und ich ihn am liebsten dafür jedes Mal getötet hätte. Sie war da gerade mal sechzehn.
Und mit siebzehn hielt sie plötzlich davon Abstand.
Auf der einen Seite war es ganz gut, so musste ich mir weniger Sorgen um sie machen. Auf der anderen Seite geriet ich langsam ins Zweifeln, ob sie sich nicht vielleicht doch wieder aus ihrem Schildkrötenpanzer hervorwagen sollte.
Es war halt echt schwierig und so richtig wusste ich manchmal nicht, was ich ihr raten sollte und was lieber nicht.
Ich holte tief Luft und versuchte auf diesen Weg meinen hartnäckigen Überlegungen zu entkommen. Stattdessen konzentrierte ich mich auf Alessio, der nach wie vor auf eine Begrüßung wartete. "Hey", meinte ich also und grinste schief. "Ich bin hier mit den anderen verabredet. Du hast nicht zufällig Caydon oder einen von den anderen gesehen?"
Alessio fuhr sich durch seine Haare, ehe er nach dem Handtuch griff und ein weiteres Bierglas abtrocknete. "Doch klar. Der ist mit Hooke, Timoth und Cherry in die hintere Küche gegangen. Frag mich nicht wieso." Sichtlich belustigt mixte er auf Bestellung von einer ziemlich aufgetakelten Brünette einen Cocktail zusammen.
Langsam stieß ich mich wieder von der Bar ab. "Okay. Danke für die Auskunft", rief ich ihm noch zu, bevor ich die Glastür zu den hinteren Räumen aufstieß. Dort kam mir auch schon der Eigentümer vom Club entgegen.
Niemand anderes als Will höchstpersönlich.
Seine schulterlange zottelige helle Mähne hatte er heute zu einem lässigen Zopfen zurückgebunden, weswegen ihm einige Strähnen in das Gesicht hingen. Wie eh und je trug er eines dieser buntbedruckten Hemden, die bei ihm jedes Mal auf halb acht hingen. Man konnte es sich so vorstellen, dass er vielleicht gerade mal zwei oder drei der vielen Knöpfe zugeknöpft hatte und selbst das für ihn schon fast zu streng gehalten war. Die Beine in Badeshorts und an den Füßen Adieletten, deren Streifen schon längst nicht mehr weiß waren, stiefelte er auf mich zu.
"Hey hey Zane. Was geht?" Grinsend streckte er eine Hand nach mir aus und wir klatschten uns ab.
Prompt erwiderte ich sein Grinsen und steckte meine Hände in de Hosentaschen. "Alles gut, bei dir?"
"Auch. Ich muss aber jetzt leider weiter, weil wieder dieser Peter ein Problem hat."
Ich runzelte die Stirn. "Wer zum Henker ist denn dieser Peter?"
Will rollte mit den Augen. "Boah sei froh, dass du den noch nicht kennst. Hab ihn seit ein paar Tagen erst eingestellt und ich hab das Gefühl, er hat zehn Daumen. Seit diesen paar Tagen habe ich bestimmt nur noch die Hälfte an Gläsern im Schrank. Er ist jetzt schon wieder im Lagerraum und sucht nach neuen Gläsern - nur muss ich erstmal gucken, ob ich überhaupt noch welche habe. Was ein Verschleiß", er holte tief Luft und fuhr sich durch die Haare. "Naja. Man sieht sich bestimmt noch später oder?"
Ich nickte, dabei versuchte ich mühsam ein Lachen zu unterdrücken. Dieser Peter hörte sich nach jeder Menge Ärger an - nach amüsanten Ärger. "Ja klar."
Will lächelte mich noch kurz an, dann lief er durch die schwere Glastür nach draußen. Ich ging derweil weiter.
"Man Caydon, wie kann man nur so viel essen?", drang Cherrys Stimme im schrillen Tonfall zu mir herüber.
Ach mensch. Da sind sie ja.
Grinsend ging ich zu der kleinen Küche auf der rechten Seite des Flurs.
"Zane! Auch endlich da", begrüßte mich Hooke fröhlich, während er ein paar Schnapsgläser mit Tequila abfüllte. Timoth schnitt derweil konzentriert die Limetten und konnte deswegen nur ganz kurz zu mir herübergucken. "Hey Bro."
Cherry verzog ihren Mund zu einem freundlichen Lächeln. "Hey, da bist du ja." Flink kam sie auf ihren türkisfarbenen Highheels auf mich zu gestöckelt. "Kannst du Caydon bitte mal erklären, dass er nicht alle selbstgemachten Küchlein von Delia aufessen soll? Die anderen wollen nachher auch noch was davon haben." Verärgert zeigte sie zu ihm herüber.
Schmunzelnd nahm sich Caydon darauf gleich noch einen der Cupcakes und biss genüsslich herein. "Tut mir leid, aber wenn meine Schwester backt, dann kann ich nicht widerstehen." Wie zum Beweis türmten sich neben seinem aufgestützten Kopf auf der Arbeitsplatte mindestens fünf leere Papiermuffinsförmchen.
Ich hob amüsiert eine Augenbraue an. "So so. Gibst du mir wenigstens einen Muffin ab?" Gespielt bettelnd trippelte ich wie ein Hund auf ihn zu.
Caydon schaute zwischen der Kuchenplatte und mir langsam hin und her. So, als könnte er sich nur sehr schwer entscheiden. "Mhmmm.... Also gut. Du darfst einen Muffin bekommen", sagte er leise lachend und reichte mir einen der Küchlein herüber.
"Danke, sehr großzügig."
"Ich weiß, Zane."
"Runde Tequila?" Timoth zeigte mit dem Daumen auf die gut gefüllten Gläser hinter sich auf dem Tablet. "Wir müssen uns ja antrinken, damit es im Club beim Tanzen richtig schön lustig wird."
Dankend nahm fast jeder eins der Gläser an.
"Wer kommt heute alles noch?", erkundigte ich mich, machdem ich mich von dem Alkohol kräftig geschüttelt hatte.
Caydon stand von seinem Stuhl in der Ecke auf und goss sich Cola in einen Becher. Stirnrunzelnd beobachtete ich, wie er ihn an die Lippen führte.
Seit wann trank er denn auf einer Party Cola? Er war eher so der Typ, der jedes Getränk annahm, was einen guten Prozentansatz an Alkohol mitinbehielt. "Maily will noch kommen, später vielleicht noch Kay und ja...Dann noch Delia."
"Wo ist sie eigentlich?" Verwirrt schaute sich Cherry in dem kleinen Raum um.
Ich biss mir fest auf die Lippe, um nicht gleich über ihren reichlich dämlichen Gesichtsausdruck laut loszuprusten. Mit den Fingern zwirbelte ich die dünne Limettenscheibe hin und her, dabei war mir durchaus bewusst, dass mich alle neugierig ansahen. "Sie ist bei Rachel."
Caydon hielt wie auf Kommando inne, wobei er eigentlich beschäftigt war, Cherrys Hand von seiner Schulter zu schieben.
"Bei deiner Schwester?", hakte Cherry spitz nach.
Ich konnte mich gerade noch so beherrschen, nicht meine Augen zu verdrehen. "Ja."
"Und warum?" Caydon entfernte sich etwas von Cherry, indem er sich an der Arbeitsplatte nahe dem Kühlschrank aufstützte.
"Hat sie dir das etwa nicht erzählt?", fragte ich verwundert nach und konnte nicht verhindern, dass ich leicht lachen musste.
"Nein, hat sie nicht."
"Also den genauen Grund weiß ich auch nicht, aber sie hat jedenfalls bei uns geklingelt und ist dann sofort zu Rachel hochgesprintet. Keine Ahnung, was sie machen. Vielleicht kommen sie auch hierher, vielleicht auch nicht. Rachel ist schon seit einer Weile nicht mehr feiern gegangen", antwortete ich schulterzuckend, ruhig schwenkte ich den kleinen Schluck im Glas hin und her.
Hooke räusperte sich. "Na wenn das so ist... Dann können wir sie ja heute eigentlich nicht erwarten. Schade."
Caydon warf ihm einen undeutbaren Blick zu, ehe er seinen Becher wieder an die Lippen ansetzte.
Skeptisch kniff ich ein weiteres Mal die Augen etwas zusammen.
Die Tür der Küche flog auf und Maily kam fröhlich hereinspaziert. "Hallöchen Leute, da bin ich. Ich hoffe, ich bin nicht zu spät?" Lächelnd zupfte sie an ihrer dunkelblauen Bluse herum, mit den Hände schob sie die getönte, braune Sonnenbrille in ihr helles Haar.
"Hey Maily", die merkwürdige nachdenkliche Miene von Caydon verschwand und machte Platz für sein gewohntes Lächeln. "Keine Sorge, du bist nicht zu spät."
Erleichtert seufzte sie auf und lief auf ihn zu. "Dann bin ich ja beruhigt." Zur Begrüßung hauchte sie jedem von uns einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich auch einen Tequila wegnahm. "Wisst ihr eigentlich, warum ich es nicht ganz rechtzeitig geschafft hatte?"
"Nö", antwortete ich.
"Mein Cousin hat doch jetzt schon seit einer Weile eine Freundin, nur macht die ihm das Leben zur Hölle." Maily legte eine dramatische Pause unter unseren amüsierten Mienen ein. "Erstens ist die tierisch schnell eifersüchtig, wenn er von einem anderen Mädchen angesprochen wird und dann auch noch mit ihr redet. Zweitens, sie ist angepisst, wenn sie freitags mal nicht zu ihrem Lieblingsitaliener um die Ecke gehen, sondern er einfach stattdessen mal zu einem stinknormalen Billiardabend mit seinen Freunden gehen will, wo wir auch schon bei drittens wären. Seit dem er sie als Freundin hat, kann er..."
Eine Weile hörten wir alle das aufgeweckte Plappern von Maily zu und tranken nebenbei immer mal wieder ein Glas mit einen neuen Mix an Alkohol aus. Anscheinend übertrug sich die Hyperaktivität von Maily auch auf Cherry, denn sie konnte jetzt auch nicht mehr stillsitzen.
"Was ist nun? Gehen wir jetzt auch endlich tanzen? Wenn die anderen kommen, werden wir sie sicher sehen, so groß ist dieser Club nun auch nicht." Eifrig stieg sie von Caydons Schoß, auf dem sie es sich seit einiger Zeit bequem gemacht hatte, und trippelte zur Tür, wohin ihr Hooke, Maily und Timoth gemächlich folgten.
Ich wollte auch mit, bemerkte dann aber, dass Caydon nach wie vor auf dem Stuhl saß. Nachdenklich betrachtete er das zerkratzte Laminat vor sich.
"Caydon? Kommst du nun auch?"
Mit einem leichen Kopfschütteln erhob er sich. "Klar doch."
Verwirrt über sein erneutes grüblerisches Verhalten lief ich ihm in den öffentlichen Teil der Bar hinterher.
An was hat er bitte gedacht? Was beschäftigt ihn so? Normalerweise war er nicht der Typ, der irgendwo in sich gekehrt in der Ecke hockte, deswegen war sein Verhalten auch so merkwürdig...
Meine Gedankengänge wurden aufeinmal unterbrochen, als sich eine zierliche Person in mein Blickfeld schob. "Tanzt du mit mir?" Eine kleine Blondine klimperte mich mit ihren falschen Wimpern ein paar Sekunden lang an.
Vorsichtig schob ich sie von mir. "Nein, jetzt gerade habe ich-"
"Tut mir leid, er ist leider schon vergeben", unterbrach mich Caydon lächelnd an das Mädchen gewandt.
Sie nickte nur, Enttäuschung blitzte in ihren hellen Augen auf. Sie glättete ihr Kleid und trabte wieder zurück zu ihrem Stehtisch.
"Dankeschön", murmelte ich und blickte herüber zu Caydon. Doch dieser beachtete mich gar nicht weiter, sondern schaute in eine komplett andere Richtung.
Erst dachte ich, er würde über seine Schwester Delia wachen, die wohl irgendwann in den letzten Minuten ihren Weg zum Club gefunden hatte.
Mit ihren welligen braunen Haaren und dem grünen Minikleid sah sie einfach nur wunderschön aus - wieder einmal. Ich konnte mich kaum von ihrem Anblick losreißen, doch die Neugier darüber, was Caydon so dermaßen ablenkte, hielt mich weiter fest in Schach.
Als ich allerdings den vermutlichen Grund dafür herausfand, hätte ich es am liebsten gar nicht gewusst.
Dort hinten an der Bar begrüßte niemand anderes als meine kleine Schwester einen strahlend lächelnden Alessio, der seine Kunden für einen Moment komplett vergaß. Ihr Outfit, eine hellblaue, vorn zugeknotete Bluse und eine dazu hauteng sitzende Jeans, zogen jetzt schon so manche Blicke auf sich.
Wohl leider auch den von Caydon, dem größten Aufreißer in der Gegend weit und breit.
"Delia hat sie tatsächlich mit hierher gezerrt", fing ich an und verschränkte meine Arme vor der Brust.
Caydon neigte den Kopf leicht zur Seite, während er weiter beobachtete, wie sich Rachel und Alessio lachend unterhielten. "Sieht wohl ganz danach aus", kam es langsam von ihm. Dann drehte er seinen Kopf zu mir und klopfte mir auf die Schulter. "Na dann viel Spaß heute beim Aufpassen."
Ich schnaubte und wollte gerade etwas darauf erwidern, da hatte sein Blick schon wieder zu ihr gefunden.
Verdammt, das ganze roch allmählich nach Ärger.
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