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D A R C Y H U G H E S
⋙ Sie haben zehn Minuten. ⋘, höre ich den Bestatter noch sagen, ehe ich auch schon die eiserne Tür ins Schloss fallen höre. Dennoch schaue ich nicht über meine Schulter, um festzustellen, dass ich alleine bin. Mein Blick gelt im Moment nur dem Obduktionstisch, worauf meine Mutter liegen soll.
Langsam schreite ich zum Tisch rüber und lasse mir dabei merklich Zeit. Ich bin noch nicht bereit dafür. Ich bin noch nicht bereit, meine Mutter dort drauf liegen zu sehen. Doch ich muss. Ich muss sie sehen, um auch abschließen zu können.
Meine Beine fühlen sich flau an, dennoch zwingen sie weiterhin zum Tisch, den ich bald erreicht habe. Sie liegt dort auf dem Obduktionstisch, bedeckt von einem weißen Laken, der bis auf ihre blassen Füße alles verdeckt. An ihrem Zeh wurde etwas befestigt, dass stark nach einem kleinen Schild ähnelte. Nummernschild, mit ihrem Namen und Geburts-Todesdatum.
Ich schlucke die aufkommenden Tränen hinunter und stoppe kurz vor dem Tisch. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, als ich anfing zu realisieren. Meine Mutter liegt dort. Sie liegt dort tatsächlich und egal wie ich die ganze Sache drehe, kann ich mir die gesamte Situation nicht gut reden.
Wie würde ich ab sofort leben? Familie besaß ich nicht. Es hieß immer Mutter, Vater und Kind. Sonst gab es niemanden. Nur uns drei. Sie sind meine einzige Familie, die ich habe.
Ein Schluchzen entring meiner Kehle und lässt mich die Hand auf meinen Mund legen, um meine Jämmerlichkeit zu dämpfen. Vereinzelnde Tränen fließen mir die Wangen entlang und so langsam ging mir die Luft aus. Die ganze Situation schnürt mir meinen Hals zu und stört somit meine Atemwege, die meine Lungen weiterhin mit dem nötigen Sauerstoff zu versorgen haben.
Japsend löse ich die Hand von meinem Mund und versuche krampfhaft meine Lungen mit Luft zu füllen. Ich fasse mich an meinen Brustkorb, um meinen rasenden Puls in Griff zu bekommen, doch Fehlanzeige. Meine Lungen schmerzen und pressen sich schmerzhaft gegen meine Rippen, da sie sich durch die mangelnde Luft zu vergrößern schien, oder ich bildete es mir ganz schlicht ein.
Panisch schnappe ich weiterhin nach Luft und weiß, dass es so nichts wird. Ich muss mich erst einmal selbst beruhigen, dann konnte ich höchst wahrscheinlich wieder Atmen. Als mich jedoch der Geruch von Blut und Verwesung erreicht, dachte ich für einen Augenblick mich übergeben zu müssen. Schnell drehte ich mich von der Leiche meiner Mutter um und schloss die Augen.
Mein Brustkorb hebt sich unregelmäßig, weshalb ich erneut meine zittrige Hand auf meinen Brustkorb lege und versuche meinen Puls zu beruhigen.
⋙Ich schaffe das ...⋘, versuche ich atemlos zu sagen, was unter dem japsen nicht so leicht ist. Das kann nicht wahr sein. Ich stehe kurz davor, den Verstand zu verlieren, jedoch hielt mich das Wissen davon ab, dass mein Vater mich noch braucht. Er braucht mich ganz und nicht zerbrochen.
Auch mein Puls hat sich beruhigt und lässt meinen Körper endlich entspannen. Ich japste nicht mehr nach Luft, sondern atme tiefe Züge, der nicht geraden angenehmen Luft durch die Nase. Ich spüre wie die Luft meine Atemwege entlang gleiten, direkt zu meinen Lungen, die sie mit Sauerstoff versorgen. Auch meine Lungen beruhigen sich und pressten sich nicht mehr schmerzhaft gegen meine Brust, wie noch vor paar Sekunden.
Als mir selbst versichern kann, dass ich mich beruhigt habe, drehe ich mich zurück zu dem Obduktionstisch mit der Leiche meiner Mutter darauf. Schwer schlucke ich den Kloß runter und überquere den letzten Abstand, der zwischen mir und der Leiche meiner Mutter liegt.
Ich strecke meine zittrigen Finger nach den Enden der Laken aus und ergriff das Säumen, ehe ich ihn langsam runterziehe und die blonden Haare meiner Mutter entblöße. Ich keuche auf und biss mir auf die Unterlippe, um bloß nicht wieder mit dem geflenne anzufangen.
Ich zog ihr den Laken bis, kurz vor ihrer Mitte runter. Ein Blick auf ihren Körper reichte, um mich umzudrehen und zu der nächst besten Mülltonne zu begeben. Meine Hände griffen wie automatisch nach den Rändern der Mülltonne, ehe ich auch schon zu würgen begann und der erste Magen Inhalt hochkommt und in der Mülltonne landet. Die Magensäure brennt ekliger weise in meinem Hals. Hustend fange ich erneut an zu würgen, als ich mich ein erneutes Mal übergebe, ehe sich mein Magen nun vollkommen geleert hat.
Keuchend stütze ich mich an der gegenüberliegenden Wand ab und komme erstmal wieder zum Atem. Mein Magen zieht sich krampfhaft zusammen, mein Hals brennt und der eklige Geschmack auf meiner Zunge macht das Ganze noch unerträglicher, als es schon ist. Glücklicherweise haben meine Haare nichts von meinen Überresten abbekommen.
Als ich einigermaßen zu mir kam, ging ich auf das Waschbecken neben der Mülltonne zu und schalte das Wasser an, um meine Hände zu waschen, sowie meinen Mund auszuspülen.
Erschöpft stütze ich mich am Waschbecken ab und lasse das Wasser für einige Sekunden in den Abfluss fließen, ehe ich meine Hände drunter halte, um das
Wasser aufzufangen und es dann anschließend in mein Gesicht zu klatschen, um zu mir zukommen.
Erneut lasse ich meine Hände unter das fließende Wasser gleiten und beuge meinen Kopf tiefer runter, um das Wasser, dass ich mit meinen Händen abfange in meinen Mund gleiten zulassen, was ich auch tat. Ich ließ das Wasser in meinen Mund gleiten und versuche den penetranten Geschmack der Magensäure loszuwerden. Als ich es einigermaßen loswerde, spucke ich das Wasser wieder aus.
Wie noch vor einigen Minuten, stütze ich meine Hände erneut am Waschbecken ab, um tief ein und auszuatmen. Ich ließ mir für einen Moment Zeit, als ich mich auch endlich wieder umdrehe und erneut auf die Leiche meiner Mutter zusteuere.
Erneut Schluck ich den Kloß in meinem Hals runter, denn als ich ihren Körper genauer betrachtet habe, machte sich erneut die Übelkeit in meinem Magen breit. Ihre Rippen waren auf eine merkwürdige Art und Weise verbogen und das ins Innere und nicht wie sie eigentlich sonst sein sollten.
Schnell lege ich meine Hand auf meinen Brustkorb, um mich bloß nicht erneut zu übergeben.
Das war definitiv nicht das, was ich erwartet habe. Meine Mutter so verunstaltet zusehen ist, traumatisierend. Sie war endgültig für tot erklärt. Das kann doch nicht wahr sein. Meine Heile-Welt wurde mit einem Schlag, in Schutt und Asche gelegt.
Ein Beben ging durch meinen Körper und so gerne ich auch auf stark tun wollte, es ging nicht. Der erste Schluchzer verlässt meine Kehle, meine Schultern beben im Takt mit meinen Schluchzern.
Ich laufe auf meine Mutter zu und greife nach ihrer unterkühlten Hand, dabei lasse ich mich zu Boden gleiten, lasse ihre Hand dennoch nicht los. Es ist gerade mein einziger Halt.
⋙Mom ...!⋘, schluchze ich, mit der Hoffnung sie würde jeden Augenblick aus ihrem Schlaf erwachen und mit mir schimpfen, wieso ich denn hier so sitze und flenne. Jedoch wusste ich, dass sowas ähnliches niemals wieder passieren würde.
Ich bereue es zutiefst gesagt zu haben, dass ich keine Nerven für meine Eltern habe. Ich bereue es! Könnte ich die Worte zurückziehen, würde ich es sofort tun. Statt ich es zu schätzen wisse, weil sie sich nur nach meinem wohlergehen sorgen, meckere ich lieber rum und habe anscheinend keine nerven für meine geliebten Eltern übrig. Ich schäme mich. Ich schäme mich zutiefst.
Nun sitze ich hier, mit der unterkühlten Hand meiner Mutter und schluchze mir die Seele aus dem Leib, in der Hoffnung sie würde zurückkommen.
Das Leben ist kurz. Man sollte es schätzen, vor allem sollte man seine geliebten immer ein wenig mehr schätzen und lieben, denn man konnte nie wissen, wann es jemanden erwischte.
⋙Es tut mir leid, mom ...!⋘, flenne ich neben ihrer Leiche, würde mir jedoch am liebsten die Seele aus dem Leib brüllen.
Meine Geliebte Mutter ...
Neues Kapitel✨
Die Klausurenphase macht es mir zu schaffen... :(
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