4
Ich schlug die Augen auf und hatte keine Ahnung, wo ich mich befand.
Mein trüber Blick war auf die Zimmerdecke gerichtet. Das hohe Gewölbe war überzogen von einem atemberaubenden Fresko. Es zeigte einen tiefen Wald, in dem sich anscheinend ein alter Mann befand. Auf dem Pfad, der weg von der Holzhütte führte, waren zwei Jungen zu sehen, die etwa im Alter von sieben und neun sein mussten. Ihnen folgte ein großer, schwarzer Hund mit roten Augen, die als zwei kleine Rubine in die Decke eingelassen waren. Durch den dichten Nadelwald, der die gesamte rechte Hälfte einnahm, zogen sich Silberverzierungen und hier und da glitzerte ein polierter Smaragd oder ein glänzendes Opal. Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den Weg, der aus dem Wald heraus durch goldene Felder und Blumenwiesen führte. Überall funkelten Juwelen und jeder Stein musste mindestens fünfzig Taler wert sein. Die beiden Jungen sah man auf dem Fresko allerdings mehr als einmal, als wollte der Maler ihre Geschichte erzählen. Ich erkannte, wie der kleinere auf den Schultern des größeren durch die Weizenfeldern getragen wurde, wie die beiden eine Pause auf einem Stein machten und wie sie eine wackelige Hängebrücke überquerten. Immer schlich der große, schwarze Hund hinter ihnen her und ich spürte ein leichtes Unbehagen. Er konnte die beiden mit einem Bissen auffressen. Ich schauderte. Irgendetwas an dieser Kreatur jagte mir Angst ein. Ich wusste, dass es sich um nicht mehr als eine erfundene Kindergeschichte handelte und trotzdem wurde es schlagartig kälter im Raum. Die tiefroten Augen, das gefährliche, pechschwarze Fell aus Obsidian, die langen Klauen an seinen Füßen und die enorm langen Zähne, die aus seinem Maul herausragten. Ich bildete mir ein, dass an seinem Kinn sogar ein wenig getrocknetes Blut klebte.
Ich war so fokussiert darauf gewesen, das Deckengemälde zu betrachten, dass ich eine andere Tatsache völlig vergessen hatte: Diese Edelsteine in der Decke waren nicht nur unglaublich schön, sondern hatten sicher auch ihren Preis gekostet.
Langsam kehrte nicht nur mein logisches Denkvermögen, sondern auch meine Erinnerungen zurück. Der Überfall, die brennende Kutsche, der Trubel um mich herum, als ich ohnmächtig geworden war.
Schlagartig holte mich auch die Erinnerung an die schmerzende Wunde ein, die der Stein an meiner Schläfe hinterlassen hatte. Ich bewegte vorsichtig meine Hand auf meinen Kopf zu, um zu überprüfen, wie stark ich verletzt war. Doch als ich die Stelle berührte, fühlte ich weder Blut, noch Schmerz.
Ich runzelte die Stirn. Was war mit meiner Verletzung passiert? Hatte ich den Überfall nur geträumt?
„Endlich. Du bist wach", ertönte eine tiefe, männliche Stimme, die wohl aus einer der Zimmerecken kam.
Vorsichtig stemmte ich mich auf die Ellenbogen und brachte mich schließlich in eine aufrechte Position. Der Raum, in dem ich mich befand war weitläufig und bis auf die Zimmerdecke relativ schlicht gehalten. Die Wände waren weiß gestrichen und ich entdeckte überall Schränke aus Metall. Eine Reihe von Betten zog sich durch den Raum, doch von dem guten Dutzend war nur das besetzt, in dem ich aktuell saß. Überall standen seltsam piepsende Geräte herum, aus denen lange Plastikschläuche hingen. In Wandregalen standen Kapseln gefüllt mit Blut und anderen Flüssigkeiten und alle Schubladen waren mit Wörtern wie „Schutzmasken", „Aspirin" oder „Verbände" beschriftet.
Ich befand mich in einem Krankenzimmer.
Als ich mir jeden Gegenstand in diesem Raum so gut wie möglich eingeprägt hatte, richtete ich meinen Blick endlich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Ich hatte diese Tonlage noch nie in meinem Leben gehört, also hätte jeder mit mir sprechen können: Ein Polizist, der mich wegen Hochverrates festnahm, ein Arzt, der mir erklärte, dass ich noch sieben Tage Bettruhe brauchte oder irgendein Fremder, der mich geheilt hatte und jetzt eine Bezahlung dafür wollte. Ich konnte mir wirklich alles Erdenkliche vorstellen.
Aber das, was mich erwartete, überraschte mich dann doch.
Bevor ich seinen Körper ansah, nahm ich seinen erfrischenden Duft wahr. Es roch angenehm kühl und doch irgendwie einladend, wie eine Mischung aus Minze und Zitrone.
Ich atmete ein paar mal tief ein, um den beruhigenden Duft bestmöglich in mich aufzunehmen. Ich musste plötzlich an eine sommerlich saftige Wiese denken, neben der ein azurblauer See schimmerte. Ich spürte schon eine leichte Brise im Haar und musste mir ein Lächeln verkneifen.
Dann schüttelte ich fast unmerklich meinen Kopf, um mich selbst zurück in diese bizarre Realität zu ziehen, in der ich gerade aufgewacht war. Im wohl aufwendigsten Krankenzimmer der Welt.
Nun sah ich endlich den Kerl an, der neben meinem Bett auf einem kleinen Hocker saß und mich erleichtert anblickte. Er hatte sich zurückgelehnt und die Hände locker vor der muskulösen Brust verschränkt. Gekleidet war er in eine schwarze Jeans und einen dunkelblauen Wollpullover, auf den eine weiße Flamme gestickt worden war, durch die sich silberne Verzierungen zogen, direkt über dem Herzen, fast wie eine Zielscheibe.
Doch das, was mich am meisten an ihm und allen anderen Personen interessierte, war das Gesicht. Gesichter bedeuteten Wissen, an Gesichter konnte ich mich erinnern und an Gesichtern konnte ich mich rächen, wenn ich wollte. Wissen war Macht, also waren Gesichter Macht. Sehr viel Macht sogar.
Und an dieses Gesicht würde ich mich erinnern.
Der Mann war wohl etwa so alt wie ich: Dreiundzwanzig. Über sein Kinn zog sich ein leichter Bartschatten in demselben Braunton, in dem auch seine Frisur schimmerte. Seine Haare saßen ziemlich perfekt, was mich schließen ließ, dass er aus einer der angeseheneren Familien Akars stammte, weil sich die armen Leute auf den Straßen einfach kein Haargel leisten konnten. Ich war froh darüber, dass ich mir ein paar Gummis geklaut hatte, mit denen ich meine braunen Wellen zu einem Pferdeschwanz binden konnte, aber Gel oder ähnliche Luxusartikel waren für mich eigentlich nur Wunschdenken. Eine Tube davon kostete immerhin fast 5 Taler. Derartiges würde mir sicher eine kleine Summe auf dem Markt einbringen.
Doch tatsächlich war das Interessante an seinem Gesicht weder das kantige Kinn, noch die gerade Nase. Seine Augen waren viel spannender. Sie schimmerten in einem dunklen königsblau und überall sprenkelten helle Highlights die Tiefen der Farbe.
Er schenkte mir ein freundliches Lächeln und ich konnte seine weißen Zähne erkennen. Sie waren im Gegensatz zu Grinsers allerdings nicht zugespitzt und ich erwiderte das Lächeln ehrlich.
Irgendetwas an diesem Kerl kam mir vage bekannt vor, als sollte ich ihn eigentlich von irgendwoher kennen, aber die Ohnmacht hatte anscheinend ihre Folgen. Ich erinnerte mich nicht an eine Begegnung. Allerdings konnte ich den nagenden Gedanken auch nicht abschütteln, dass diese Erinnerung von Bedeutung war. Von großer Bedeutung.
„Ja, wahrscheinlich bin ich das", antwortete ich auf seinen Kommentar von vorhin. Ich schenkte ihm ein weiteres müdes Lächeln, dann sah ich ihn fragend an. „Was ist passiert? Wo bin ich? Wie bin ich hierher gekommen?"
Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus und ich musste mich sehr bemühen, nicht weiter zu reden. Ich hatte so viele Fragen und so wenige Antworten. Ich war aktuell in einer Sackgasse.
Aber der Mann vor mir lachte und erklärte schließlich Schritt für Schritt alles, was ich wissen musste. Die Menge hatte mir meine Vorstellung offenbar abgekauft und meinen bewusstlosen Körper hochgehoben und zu den Toren des Palastes getragen. Die königlichen Wachen hatten die Leute empfangen und ich war sofort ins Krankenzimmer des Königshauses gebracht worden. Natürlich. Das erklärte den weitläufigen Raum und das aufwendige, extrem teure Deckenfresko, das ich so bewundert hatte. Die Königin von Mavar konnte sich ein solches Kunstwerk wahrscheinlich in jedem Raum des großen Gebäudes leisten, ohne in den neunstelligen Bereich abzurutschen. Außerdem hatte man die rechtmäßige Botschafterin wegen Hochverrats ins Gefängnis gesteckt. Als er das erwähnte, musste ich ein amüsiertes Grinsen unterdrücken, weil mein Plan ein bisschen zu gut funktioniert hatte. Allerdings sank meine Laune schlagartig wieder, als ich an den Friedensvertrag denken musste, der nun wahrscheinlich nie unterschrieben werden würde. Mavar und Vinder würden sich nicht gegen Synth und Ascalin verbünden und die Königreiche stürzten in ein unendliches Chaos. Ich hörte der Zusammenfassung der Geschehnisse ganze zehn Minuten zu und genoss die tiefe, männliche Stimme einfach. Normalerweise sprachen alle Männer auf dem Schwarzmarkt entweder extrem heiser - wie Scerus - oder unnormal hoch - wie Grinser. Das lag größtenteils an der Drogenabhängigkeit, dem Kettenrauchen oder einfach blankem Wahnsinn. Meistens letzteres.
Als er den letzten Satz ausgesprochen hatte, hätte ich mich fast an der Luft im Raum verschluckt, wenn dies denn möglich wäre. „Du warst fast zwei Tage bewusstlos."
Ich hustete los und schaffte es die nächste Minute nicht, dass der Anfall wieder aufhörte. Ich hustete und hustete und hustete, während der Kerl einfach nur daneben saß und amüsiert lächelte. Irgendetwas in mir wollte aufspringen und ihm dieses Lächeln aus dem hübschen Gesicht kratzen. Ich krümmte meine Finger und krallte sie in die Matratze, auf der ich immer noch saß. Hätte ich das nicht getan, wäre ich sicher auf ihn losgegangen.
Doch der Anfall legte sich nach einer Minute wieder und ich konnte wieder normal atmen. Ich lockerte meinen Griff um das Leinentuch und entspannte meinen Körper wieder. Danach warf ich dem Typen einen kalten Blick zu. Wenn Blicke töten könnten, hätte dieser ihn wahrscheinlich erstochen.
Mehrfach.
Aber er schien zu bemerken, dass ich sein Amüsement für unangebracht hielt und er ließ es sein. Ich war wirklich froh darüber, ich konnte es nämlich gar nicht leiden, wenn jemand sich über mich lustig machte. Vor allem, wenn ich nicht einmal wusste, wie diese Person hieß.
„Ähm... was hältst du eigentlich davon, dich mal vorzustellen? Oder ist der werte Herr sich dafür zu fein?", giftete ich ihn an. Vielleicht hätte ich ihn siezen sollen, aber ich hatte nicht wirklich Lust darauf, ihn wie einen verdammten Prinzen zu behandeln. Das würde Schwäche zeigen und Schwäche durfte ich mir in dieser Situation einfach nicht leisten.
„Nicht so viel, eigentlich", gab er zu. Sein Gesicht verzog sich einen Moment zu einer Grimasse, bevor er seine distanzierte Maske wieder aufsetzte. Als ich dann jedoch eine meiner Augenbrauen nach oben zog, seufzte er: „Aber wenn du unbedingt willst... Nenn mich Dominic."
Dominic. Bei diesem Namen regte sich etwas in mir, doch ich wusste wieder nicht, was dieses etwas war und was es mir sagen wollte. Und je mehr ich versuchte, die Erinnerung zu mir zu ziehen, desto weiter schob ich sie weg.
„Dominic... Schöner Name... Ich bin Aria", stellte nun auch ich mich vor.
Sobald die Worte meinen Mund allerdings verlassen hatten, bereute ich sie sofort.
Wie konnte ich nur so blöd sein?
Und genau das, was ich befürchtet hatte, bestätigte sich einen Augenblick später, als Dominic meine Gedanken aussprach: „Aria also? Ich dachte, die Vinder würden uns eine gewisse Ana schicken?"
Innerlich fluchte ich. Ich hatte gar nicht bedacht, dass die Botschafterin mit Sicherheit nicht Aria hieß! Jetzt steckte ich in der Klemme und ich erkannte die Skepsis in Dominics blauen Augen. Wenn mir nicht eine passable Ausrede einfiel, war ich geliefert.
Also improvisierte ich.
„Ähm... ja, meine Schwester Ana sollte eigentlich an meiner Stelle hierher reisen, aber sie hat sich eine schreckliche Grippe eingefangen und kann das Bett nicht verlassen, also hielt der König es für das beste, wenn ich an ihrer Stelle gehe."
Das war natürlich alles vollkommen erfunden und jedes einzelne Wort war kompletter Blödsinn, aber meine Lügengeschichten waren in letzter Zeit ziemlich gut angekommen. Deshalb hoffte ich, dass Dominic mir auch noch diese hier abkaufte.
Und das tat er.
Das Misstrauen verschwand aus seinen Augen und er nickte verständnisvoll. Er wusste genauso gut wie ich, dass die Grippe bei Elementarmagiern härter zuschlug als bei Normalsterblichen und dass Meister mindestens eine einwöchige Bettruhe benötigten, bevor sie sich wieder erholt hatten. Die Grippeviren reagierten irgendwie heftig, auf die Mächte im Inneren oder so ein Quatsch...
„Richte ihr gute Besserung aus, wenn du wieder zuhause bist", man hörte deutlich das Mitleid aus seiner Stimme heraus und ich wusste, dass er es ernst meinte und dass es ihm wirklich Leid tat.
„Werde ich machen, danke", entgegnete ich.
Da ich allerdings immer noch ziemlich erschöpft war, brachte ich meinen Körper wieder in eine liegende Position und starrte erneut auf das juwelenbesetzte Fresko an der Decke. „Es ist wunderschön", murmelte ich.
„Ja, nicht wahr? Meine Mutter hat mir diese Legende früher endlos oft erzählt, immer wenn ich mich verletzt hatte und deshalb hier lag. Willst du sie hören?", antwortete er mir.
Ich nickte nur, schloss die Augen und beschloss, mich von der Geschichte in eine andere Welt tragen zu lassen.
Dann begann er zu erzählen: „In einer Zeit, weit bevor die Königreiche gegründet waren und sogar vor der Epoche der Zauberer lebten zwei kleine Jungen bei ihrer Großmutter in einem Haus am Hafen. Die sommerliche Brise trug jeden Tag ein bisschen salzige Meerluft in ihre Schlafzimmer und im Garten roch es immer ein wenig nach Fisch. Die Eltern der beiden waren vor einigen Jahren bei einem Schiffsbruch gestorben und seither lebten die beiden Kinder bei der alten Frau. Doch es zog sie immer wieder zum Meer hin und eines Tages klauten sie sich ein Segelboot und stachen in See. Sie wussten nicht, wohin sie fuhren, was sie dort wollten oder wie sie wieder nach Hause finden sollten, aber sie wussten, dass es ihre Bestimmung war, dem Ruf des Meeres zu folgen und den Horizont zu durchbrechen. Als sie schließlich sieben Tage und sieben Nächte durchgesegelt waren, waren all ihre Essensvorräte aufgebraucht und sie drohten, zu verhungern. Doch da erschien in weiter Ferne der Umriss einer Insel, die glitzerte, als bestünde sie aus Tausenden und Abertausenden Juwelen. Die beiden Geschwister erreichten die Insel noch am selben Tag und fanden im großen Nadelwald eine kleine, hölzerne Hütte. In dieser Hütte lebte ein guter Zauberer, der die beiden aufnahm und ihnen Essen und Trinken anbot, wenn sie ihm im Gegenzug halfen, das Holz aufzuschichten und den Boden zu kehren. Die Jungen willigten ein und aßen soviel in ihre kleinen Mägen passte, doch als sie dem alten Mann bei der Arbeit helfen sollten, weigerten sie sich und stahlen sich heimlich in die Nacht davon. Der Zauberer aber bekam Wind davon und schickte den Brüdern einen großen, schwarzen Hund hinterher, der auf sie aufpassen sollte, denn auf der Insel wimmelte es nur so von Gefahren. Fleischfressende Pflanzen, giftige Steine und andere abscheuliche Kreaturen hatten ihren Lebensraum hier auf dem fruchtbaren Land gefunden. Doch der Hund war ein Bluthund und wollte jedes Leben, das er in den Augen seines Gegenübers erkannte, vernichten. Also schickte der alte Zauberer den Geschwistern eine Botschaft mit dem Wind, die ihnen mitteilte, dass sie sich nicht umschauen dürften."
Ich hörte der Legende aufmerksam schweigend zu, aber als er an dieser Stelle angelangt war, äußerte ich meine Gedanken und teilte sie mit ihm: „Natürlich haben sie sich umgedreht"
Dominic seufzte: „Natürlich haben sie sich umgedreht. Die beiden bahnten sich ihren Weg durch goldene Felder, über tiefe Schluchten und vorbei an vielen verschiedenen Gefahren, doch sie drehten sich nicht um, wie der Zauberer es ihnen befohlen hatte. Bis der jüngere der beiden stolperte und zu weinen begann. Sein größerer Bruder wirbelte sofort herum, um ihm zu helfen, doch da stürzte sich der schwarze Hund auf ihn und zerfetzte seinen ganzen Körper, bis nur noch Knochensplitter übrig waren. In diesem Moment verwandelte sich auch der kleinere Bruder in einen übergroßen Hund, allerdings war dieser weiß und hatte blaue, strahlende Augen. Von diesem Augenblick beschützte der weiße Hund die Opfer des schwarzen vor seinem Zorn. Er rettete sie aus dem sicheren Tod und kämpfte für die Gerechtigkeit, die seinem Bruder verwehrt worden war. Man sagt, die beiden Hunde streifen immer noch durch die Wälder der ganzen Welt und haben keine Sekunde aufgehört, sich gegenseitig zu verachten und zu hassen, weil der eine nicht weiß, dass die Seele seines großen Bruders in dem Moment, in dem der schwarze Höllenhund ihn zerfleischt hat in seinen Körper übergegangen ist."
Als Dominic seine Erzählung beendet hatte, öffnete ich meine Augen wieder und starrte auf die Decke. „Der jüngere Bruder kämpft die ganze Zeit gegen denjenigen, den er eigentlich rächen will", flüsterte ich. „Das ist ja grauenhaft"
„Ich fand die Geschichte immer schön", erklärte er schließlich, ohne meinen Kommentar zu beachten. „Sie hatte eine schöne Botschaft: Schau nicht auf das, was hinter dir liegt, sondern auf das, was vor dir liegt. Sei bereit zu vergessen was war und zu akzeptieren was kommt."
Er hatte Recht. Das war tatsächlich eine schöne Botschaft. Ich hatte die Geschichte zuerst als grausam und traurig angesehen, aber jetzt, da ich Dominics Interpretation kannte, musste ich zugeben, dass die Legende durchaus etwas an sich hatte... etwas Tiefgründiges, das mich nachdenken ließ. Doch im Moment war einfach nicht der richtige Moment, um nachzudenken. Ich musste mich fokussieren, wenn ich wollte, dass meine Tarnung nicht aufflog und ich aus dem Palast flog, bevor ich richtig dort angekommen war.
Ich schwelgte eine weitere Minute in meinen Gedanken über die Zukunft, dann schüttelte ich den Kopf und bemerkte, dass ich schief angegrinst wurde, als würde er sich erneut köstlich an meinem Verhalten belustigen. Wahrscheinlich stimmte das sogar. Ich war einfach absolut nicht für das Leben im Palast geschaffen und die Straßen der Stadt - so seltsam es auch klang - hatten für mich eine schönere Atmosphäre, als die hohen Schlossmauern, die mich immer mehr an ein Gefängnis, als an ein Zuhause erinnerten.
„Was hältst du davon, aufzustehen und endlich mal die anderen kennenzulernen?", bot mir Dominic nach einer halben Ewigkeit schließlich an. Er streckte mir seine Hand entgegen, doch ich ergriff sie nicht und richtete mich aus eigener Kraft heraus auf. Ein wenig verletzt zog er seine Hand zurück und räusperte sich verlegen. „Ich glaube, sie sind alle im Thronsaal für die große Besprechung. Kommst du?"
Er öffnete die Tür und war einige Sekunden später verschwunden. Schweigend folgte ich ihm durch die zahlreichen Flure, bis wir schließlich den Aufzug erreichten und von unserem Stockwerk aus nach oben fuhren. Der Fahrstuhl war an der Außenwand des Palastes angebracht und seine Wände bestanden aus Glas. Wir befanden uns sicher mindestens im siebten Stock und die Sonne sank gerade dem Horizont entgegen. Das rötliche Licht tauchte die Stadt unter uns in einen angenehmen Purpurton. Ich hatte Akar bisher nur aus dem Blickwinkel der dreckigen, dunklen Straßen gesehen, doch von hier wirkte es so... schön. Es sah endlich aus, wie die Hauptstadt, die unser Königreich repräsentierte. Herrschaftlich, majestätisch, perfekt. Alles Dinge, die ich überhaupt nicht von den Gassen und dem Rest der Armenviertel kannte. Je weiter man sich dem Palast näherte, desto bunter wurden die Häuser, desto reicher wurden die Leute und desto perfekter wurde das Leben. Und dann vergaßen die Menschen, dass es auch die andere Seite der Macht gab: Armut, Elend und Hilflosigkeit. Mein Leben vor drei Tagen war genau das gewesen und ich wollte eigentlich auch nie, dass sich das jemals änderte.
Ich ließ meine bedrückenden Gedanken hinter mir und konzentrierte mich wieder. Wir fuhren ein paar Stockwerke nach oben, dann forderte uns das leise Pling! des Liftes auf, ihn zu verlassen und „Etage 10" zu betreten.
In dieser Etage waren die Flure breiter als unten, die Fenster waren höher und die hohen Säulen stützten die hohen Bogengänge. Überall waren Kreaturen in den Marmor gearbeitet und jede der Säulen schien eine eigene Geschichte zu erzählen. Ich erblickte auch ein paar bekannte Legenden auf den Säulen: Die Geisterassassine Kaya bewegte sich lautlos auf einer Säule zu meiner linken, um den König von Freytor zu töten; auf der rechten Seite erkannte ich die Mythe von den beiden Jungen, die von dem alten Zauberer in die Hundegestalten verzaubert wurden, wieder und ganz am Ende des Flurs stand die größte Säule, die am meisten verziert war. Diese Säule zeigte, wie damals vor all den Jahren Königin Abigail unser Königreich gründete. Die Gründung von Mavar war eine meiner Lieblingslegenden. Ich liebte die Geschichte über den Aufstieg der Sklavin zu einer kaltblütigen Politikerin, die schließlich genug Menschen überzeugte, um ihr eigenes Königreich zu gründen.
Eigentlich hätte ich hier den ganzen Abend stehen und mir jede einzelne Sage von den Säulen erzählen lassen können, doch ich wusste, dass Dominic mich zuerst den anderen Mitgliedern der Königsfamilien vorstellen wollte, bevor ich mich den Legenden widmen könnte. Also beschloss ich, an einem anderen Abend wiederzukommen, um mich den Erzählungen zu widmen.
Am Ende des langen Ganges befand sich ein hohes, goldenes Portal, verziert mit verschiedenen Kreisen, Spiralen und anderen Schnörkeln. Die Schatten, die von der abendlichen Sonne hervorgerufen wurden, ließen alle Schnitzereien in dem Metall tanzen, als wären sie lebendig und würden versuchen, das Gold zu verlassen und mich zu attackieren.
Doch ich hatte nicht genug Zeit, weiter über die seltsamen Formen nachzudenken, die ihre Finger nach mir ausstreckten und mich an den Haaren fassen wollten.
Denn in diesem Moment öffnete sie sich mit einem lauten Knarzen und eine Person glitt aus dem dahinterliegenden Thronsaal.
Der Kerl schob sich durch den schmalen Spalt und ich erkannte ziemlich schnell, dass er angespannt war. Er hatte die Schultern enorm weit nach oben gezogen, um seinen Kopf möglichst verschwinden zu lassen. Seine Haltung war ziemlich geduckt und es schien, als wollte er auf keinen Fall einen Blick auf sich ziehen. Der hatte offensichtlich gerade irgendeine sehr peinliche Aktion gestartet, die alle Augen auf ihn gezogen haben musste. Ich erkannte die leichten Schweißflecken unter seinen breiten Schultern und ich spürte seine Nervosität wie ein Band zwischen uns.
Er hatte uns scheinbar nicht bemerkt, da er mit dem Rücken zu uns stand. Fast lautlos schloss er die beiden Flügel wieder hinter sich.
Als die Tür hinter ihm mit einem Klicken ins Schloss fiel, konnte ich deutlich erkennen, dass die Verkrampfung mit einem Mal von ihm abließ. Seine Schultern gaben seinen Kopf wieder frei und seine Haltung begann wieder, aufrecht zu werden. Ein leises Seufzen erklang und ich bemerkte aus den Augenwinkeln, dass Dominic seine Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln verzog.
Das abendliche Licht der Sonne reflektierte sich ein bisschen auf den hellbraunen Haaren des Jungen, sodass sie fast golden waren. Trotz allem erkannte ich, dass auch er nicht auf Haargel verzichtet hatte. Doch anstatt der dunklen Jeans, die Dominic trug, hatte sich der Kerl für eine olivgrüne Cargohose entschieden, die er mit einem schwarzen Pullover abrundete. Auf der Rückseite des Kleidungsstücks prangte in weißer Schrift der Hashtag #nogentleman.
„No Gentleman?", fragte Dominic ihn grinsend, „Wollen wir etwa einen schlechten Eindruck bei unseren Gästen hinterlassen, Finn?"
Finn zuckte beim Klang der Stimme hinter sich kurz zusammen, doch als er merkte, wer gesprochen hatte, wirbelte er auf dem Absatz herum und erwiderte das Lächeln erleichtert.
Ich musste ihn wohl etwas zu lange angestarrt haben, denn er zwinkerte mir zu, während er auf den anderen Mann zuging. Die beiden führten irgendeine Art Handschlag aus, als wären sie wieder ihre Teenager-Ichs.
Der Gedanke an Dominics und Finns Freundschaft löste in mir gemischte Gefühle aus. Einerseits erwärmte mir ernsthafte Freude das Herz, weil die beiden sich so zu vertrauen schienen. Aber andererseits erfüllte mich plötzlich Kummer, weil ich nie die Chance gehabt hatte, eine beste Freundin zu haben. Meine zwielichtigen Geschäfte hatten es bisher verhindert, dass ich irgendeine tiefere Beziehung zu einem Menschen aufbaute. Tray war die einzige Ausnahme.
Als sie fertig waren, beantwortete Dominic endlich Finns Frage bezüglich seiner Aktivitäten: „Tut mir Leid, ich war im Krankenzimmer und habe gewartet, bis sie aufwacht."
Als sein Freund mit dem Finger auf mich zeigte, schaute Finn mich zum ersten Mal an diesem Abend an. Schaute mich endlich richtig an. Und ich schaute ihn richtig an.
An seinem Kinn schimmerte zwar ebenfalls ein kleiner Bartschatten, aber ich hätte wetten können, dass er mindestens drei Jahre jünger als ich und Dominic war. Seine bronzefarbene Haut schenkte seinem Gesicht die richtige Schärfe und er war wahrscheinlich einer der attraktivsten Männer, die ich in letzter Zeit gesehen hatte. Ich fand ihn nicht ganz so gutaussehend wie Dominic, aber der Jüngere konnte ihm durchaus eine gewisse Konkurrenz machen. Vor allem seine giftgrünen Augen, die fast in ihren Höhlen leuchteten. Das intensive Hellgrün sah fast schon ein bisschen unmenschlich aus, aber irgendwie passte es perfekt in Finns Gesichtszüge und hob sie nur noch weiter hervor.
Als ich ihn fertig gemustert hatte, wandte ich mich wieder der Säule hinter ihm zu, um mir nicht anmerken zu lassen, wie nervös mich seine Analyse machte. Doch schon eine halbe Minute später wandte er seinen Blick ab und stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Nette Augenfarbe."
Ich lächelte. Viele Leute machten mir Komplimente für meine Augen. Meistens war es allerdings Grinser, der sich dafür interessierte. Es war allerdings viel wahrscheinlicher, dass er mir meine Magie von der Augenfarbe abgelesen hatte und sich jetzt darüber informieren wollte.
„Danke, gleichfalls", antwortete ich schließlich und versuchte, auch aus seinen Augen irgendetwas abzulesen. Doch ich war entweder nicht gut darin oder schlicht und einfach zu dumm dafür. Ich tippte auf Letzteres.
Doch Finn schien mein Kompliment nicht so zu erfreuen, wie ich es erwartet hatte. Stattdessen seufzte er nur herablassend, was bewirkte, dass ich meine Worte sofort bereute. „Ähm... Habe ich vielleicht irgendetwas Falsches gesagt?"
Der junge Mann schenkte mir nur ein schwaches Lächeln: „Nein, eigentlich nicht. Es ist nur so, dass meine Augenfarbe mich immer wieder an meine Magie denken lässt. Ich kann sie nicht richtig kontrollieren, weißt du? Sie entgleitet meinen Gedanken und macht, was sie will. Egal ob ich sie rufe, oder nicht."
Mitleid erfüllte mich. Es war natürlich schlimm für mich, über kein richtiges Element zu herrschen, doch es musste noch viel schwieriger sein, ein Elementar zu sein, der seine Macht nicht steuern konnte.
Ich verzog das Gesicht zu einer Grimasse, sagte aber nichts, weil ich keine Ahnung hatte, was ich antworten sollte. Zu meinem Glück kam mir Dominic zu Hilfe: „Die Sache ist die, dass Finns Magie für ihn aktuell ein bisschen zu mächtig ist. Jeder Elementar wird mit seinen Fähigkeiten geboren und bekommt das volle magische Potential mit dem Alter. Bei ihm war es allerdings etwas... kompliziert, weil keiner wusste, dass er überhaupt eine Begabung hat. Er wurde nicht für seine Entfaltung trainiert wie wir anderen."
„Ich habe mein Potential auch erst mit siebzehn vervollständigt.", ergänzte Finn die Geschichte nun selbst. „Meine Magie ist für mich quasi neu und überschwemmt mich gerade mit all ihrer Energie. Sie kontrolliert mich, doch eigentlich sollte es andersrum sein. Ich habe täglich Training, aber ich schaffe es einfach nicht, mich selbst zu zähmen und dann passieren eben Unfälle mit meinen Fähigkeiten."
„Es ist wieder passiert?"
„Es war schrecklich. Wäre er kein Wassermagier, hätte ich Arin wahrscheinlich gegrillt", erklärte Finn und ich erkannte, dass ihm Tränen in die Augen gestiegen waren. Ich hatte mit seiner elementaren Begabung sicher einen wunden Punkt angesprochen und in diesem Moment tat es mir unheimlich Leid. Ich versuchte, mit meiner eigenen Magie herauszufinden, welche Art von Macht er tatsächlich besaß, aber durch den Stein, den Ana mir an den Kopf geworfen hatte, und durch die Verletzung, die ich durch ihn erhalten hatte, waren meine Kräfte wohl immer noch geschwächt.
Dennoch wuchs der kleine Funken Neugier allmählich zu einer riesigen, hellen Flamme, die mich verbrannte und immer weiter dazu anstachelte, herauszufinden, welche Art von Elementar Finn war.
Ich biss mir auf die Unterlippe, um mich selbst davon abzuhalten, einfach so nachzufragen, aber es half nicht. Innerhalb von Sekunden hatte die Frage meinen Mund verlassen und schwebte in Gestalt einer unangenehmen Stille zwischen uns im Raum.
Doch Finn schenkte mir erneut ein mattes Lächeln und hob seine Hand, um sich damit durch die Haare zu fahren. Sobald er damit begonnen hatte, hörte ich ein elektrisches Knistern und der hellbraune Ton seiner Frisur wurde immer wieder von hellgrünen Blitzen unterbrochen. Jetzt fühlte ich auch deutlich die beißende Magie in der Luft und konnte spüren, dass sie von dem jungen Mann ausging. „Frage beantwortet?", meinte er erschöpft, als er seine Finger wieder in die Tasche seiner Cargohose schob.
Ich konnte nicht anders, als peinlich gerührt zu nicken und dann auf den Boden zu blicken. Diese ganze Situation konnte eigentlich kaum seltsamer werden. Wieso hatte ich ihn überhaupt gefragt? Was hatte ich mir dabei gedacht, den Mann, der gerade etwas mit seiner unkontrollierbaren Macht zerstört hatte, zu fragen, wie genau diese Begabung denn aussah? Obwohl ich zu dem Schluss kam, dass seine Magie für Finn weniger eine Gabe, als viel mehr ein Fluch sein musste.
Ich wollte mich schon bei ihm entschuldigen, als plötzlich wieder so fröhlich wirkte, dass ich mich fragte, ob er noch dieselbe Person war. In seine giftgrünen Augen hatte sich ein aufgeregtes Funkeln geschlichen und die Mundwinkel wanderten schlagartig nach oben. Doch es schien irgendwie keinen richtigen Grund für seine offensichtliche Freude zu geben.
Finns Laune war von einem Moment auf den nächsten vom absoluten Tiefpunkt auf „Es ist der beste Tag meines Lebens!" gewechselt und ich erkannte einfach nicht wirklich, warum. Es machte einfach keinen Sinn, dass er plötzlich so gut gelaunt war. Suchend folgten meine Augen seiner Blickrichtung, aber ich erkannte nichts besonderes, außer dem leeren Flur und den Säulen darin.
Verwirrt starrte ich erst Finn an, dann Dominic, doch dieser schien genauso verwirrt zu sein, wie ich. Allerdings schien es ihn auch nicht wirklich zu interessieren. Natürlich nicht.
Er wollte ja auch nicht die königliche Schatzkammer ausrauben, also musste er nicht die Verhaltensweisen der Leute analysieren. Ich hingegen musste mir jeden Charakterzug einprägen, den ich zu Gesicht bekam. Das konnte später noch nützlicher werden als eine Karte des Palastes es je wäre.
Plötzliche, drastische Stimmungswechsel waren definitiv etwas, das ich mir für später merken sollte.
Ich sah mich ein weiteres Mal im gesamten Gang um, konnte aber weiterhin nichts Ungewöhnliches entdecken.
Ich rieb mir die Augen. Die letzten Tage waren ziemlich erschöpfend gewesen. Der Einbruch, die Flucht über die Dächer der Stadt und schließlich noch der aufwendige Überfall auf die Kutsche, der außerdem eine ganz neue Welt auf mich hatte stürzen lassen.
Zwar hatte ich die letzten zwei Tage durchgeschlafen, aber davon merkte mein Körper gar nichts. Meine Arme und Beine waren schwer und mein Kopf brummte. Aus Angst, dass sie sonst einschlafen würden, bewegte ich andauernd meine Finger und versuchte kläglich, meine Augen offen zu halten.
In diesem Moment fiel mir auf, dass die Sonne mittlerweile fast ganz hinter dem Horizont verschwunden war und sich mein Abbild in der Fensterscheibe spiegelte.
Meine dunkelbraunen Haare saßen immer noch in dem strengen Zopf, aber es hatte sich mindestens die Hälfte aus dem Haargummi gelöst. Meine Augen leuchteten aus meinem blassen Gesicht heraus, wie schimmernde Juwelen und meine verbrannten Klamotten hatte jemand durch einen pinkfarbenen Pullover und eine schwarze Jeans ersetzt.
Zügig öffnete ich meine Haare, sodass sie mir locker über die Schultern fielen, um sie dann wieder zu meinem strengen Zopf zusammenzubinden. Ich warf noch einen letzten prüfenden Blick auf die reflektierende Scheibe, dann wandte ich mich wieder Dominic und Finn zu. „Also Jungs? Was machen wir jetzt?"
Doch anstatt mir zu antworten, ergriff nur jeder von beiden einen Flügel der goldenen Tür, welche in den Thronsaal führte. Dominic und Finn flankierten mich auf beiden Seiten und grinsten mich an.
Mein Puls stieg schlagartig, als mir bewusst wurde, dass wir gleich dort hinein gehen würden. Trotzdem versuchte ich, meine Finger vom Zittern abzuhalten.
„Bereit?", fragte Dominic schließlich.
„Bereit", antworteten Finn und ich gleichzeitig.
Gemeinsam traten wir durch den Torbogen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro