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  Wie sich herausstellen sollte, war es schwerer als erwartet, eine königliche Kutsche zu überfallen.

Den gesamten Abend hatte ich damit verbracht, den Plan zu erstellen und bis jetzt noch keine einzige Minute geschlafen. Das Seltsame daran war, dass ich immer noch dieses mulmige Gefühl hatte, als würde ich etwas Offensichtliches übersehen. Ich sah den Wald vor lauter Bäumen nicht. Irgendein wichtiges Detail beachtete ich nicht und mein Bauchgefühl sagte mir, dass dieses Fünkchen entscheidend wäre...

Aber mir wollte einfach nicht einfallen, was es war! Deshalb verwarf ich den Gedanken wieder und widmete mich der Arbeit, die vor mir lag. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich gerade den größten Fehler meines Lebens beging...

Als es dann ungefähr sechs Uhr morgens sein musste, begann ich, meine Ausrüstung zu perfektionieren. Ich befestigte anstelle des Lassos einen Enterhaken an meinem Gürtel und warf mir zusätzlich einen Rucksack mit dem nötigen Equipment über die Schulter. Ich stellte sicher, dass ich alles, was ich brauchte, bei mir trug. Dann verließ ich das Handelsviertel, in dem sich der Schwarzmarkt befand und bahnte mir meinen Weg durch die engen Gassen in Richtung der Hauptstraße.

Je weiter ich vordrang, desto mehr Menschen begegnete ich. Die Straßen wurden langsam breiter und der rissige Asphalt, der die gesamte Vorstadt dominiert hatte, wurde langsam durch ebene Straßen ersetzt. Der alltägliche Lärmpegel bildete eine angenehme Geräuschkulisse. Das Klappern von Absätzen auf dem Boden, die leisen Gespräche, weil das nervige Nachbarsmädchen wieder die Tomaten vom Stand geklaut hat oder die Schwägerin ein neues teures Kleid getragen hatte. Das meiste, was man hörte, war Lästern.

Tatsächlich wunderte es mich nicht wirklich. Ich lebte schon lange genug in Akar, um es besser zu wissen. Die Leute redeten bei jeder Gelegenheit hinter dem Rücken über die anderen. Es spielte keine Rolle, ob Freund, Feind oder Fremder. Niemand blieb von den Worten verschont. Aus diesem Grund bevorzugte ich es, mich im Hintergrund zu halten und niemandem aufzufallen. Je weniger die Leute sich an dich erinnerten, desto schlechter würde das Phantombild werden.

„Sie hat sich das doch alles nur ausgedacht!"

„Erzähl mir was neues"

„Hast du gehört, dass.."

Immer wieder drangen Gesprächsfetzen an meine Ohren. Größtenteils gelang es mir, sie auszublenden und mich auf das zu konzentrieren, was vor mir lag. Dennoch konnte ich es nicht verhindern, Teile von Sätzen aufzuschnappen, die mich eigentlich nicht wirklich interessierten.

Und das lenkte ab.

Hin und wieder wurde ich rein aus Höflichkeit begrüßt, was ich meist mit einem respektvollen Nicken erwiderte.

So näherte ich mich der Hauptstraße immer weiter, bis ich schließlich die Jubelrufe hören konnte, die von dort ertönten. Die Bewohner der Stadt wollten der Botschafterin eine angenehme Ankunft bescheren.

Sie hatten allerdings nicht mit mir und meinen Absichten gerechnet.

Ich trug einen langen, grauen Mantel, um die Requisiten an meinem Gürtel zu verbergen. Nicht jede Frau lief mit einem Enterhaken durch die Stadt.

Meine braunen Haare waren zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden und berührten gerade noch so meinen Rücken. Ich trug keinen Hut, damit die Leute sich auch nicht an ‚das Mädchen mit dem Hut' erinnerten. Nichts durfte ihnen im Gedächtnis bleiben. Bestenfalls hatte ich für sie einfach niemals existiert.

Bevor ich die Menschenmenge erreichte, bog ich nach links in eine kleine Abzweigung, in die ich gerade so hineinpasste. Ich musste seitwärts gehen, um überhaupt einen Schritt voranzukommen.

Der schmale Weg war perfekt.

Nachdem ich sichergestellt hatte, dass niemand in meine Richtung starrte, sprang ich an der Wand nach oben und zog mich auf das tiefgelegene Dach auf der rechten Seite der Spalte. Eine eiskalte Windböe traf mich im Gesicht und ich musste die Augen zusammenkneifen.

Vorsichtig begab ich mich an den Rand des Gebäudes und setzte zum Übergang auf das Nächste an.

Fast wäre ich auch gesprungen, aber dann besann ich mich eines Besseren. Die Passanten würden sich auch an ‚die Frau, die über die Dächer gelaufen ist' erinnern.

Ich vergewisserte mich also zuerst, dass keiner in meiner Nähe zu mir aufschaute und überwand schließlich den schmalen Spalt zwischen den beiden Dächern.

Dabei setzte mein Fuß jedoch zu weit links auf dem Dach ab und ich verfehlte deshalb den First. Ich schlitterte die Schräge hinab und löste dabei einen der roten Dachziegel aus seiner Position. Schnell und geräuschvoll rutschte er hinunter. Mein Herz machte einen Aussetzer. Wenn alles schief ging, war mein Plan ruiniert, bevor er richtig angefangen hatte... Ich griff mit der Hand nach dem Schornstein, der neben mir in die Höhe ragte und hielt mich daran fest. Aus dieser Lage zog ich mich daran nach oben und schaffte es, den Dachfirst zu erreichen. Unter erneuter Anstrengung gelang es mir, mich hinzusetzen und meine Augen auf das größere Problem zu richten: Den Ziegel, der immer weiter auf den Abgrund zuschlitterte.

Ich war keine Herrin des Windes, also konnte ich die Luft nicht so manipulieren, dass der Ziegel sich wieder an seinen Platz begab. Manchmal war es echt die reinste Folter, keine spezielle Magie zu besitzen. Ich konnte meine Fähigkeiten nämlich überhaupt nicht anwenden, wenn ich nichts Magisches berührte.

Ich war ratlos.

Es gab keine Möglichkeit, den Stein aufzuhalten, bevor er über die Kante in die Menschen darunter stürzte. Bei meinem Glück würde er während seines Falles außerdem noch ein Kleinkind am Kopf treffen. Dann wäre ich wirklich grenzenlos gescheitert.

Aber ich musste das verhindern.

Ohne darüber nachzudenken, zog ich den Trenchcoat zurück und schraubte den Metalldeckel von der Dose mit Heilsalbe an meinem Gürtel. Ich tauchte einen Zeigefinger in den Balsam und ließ meine Magie ihre Arbeit machen.

Meine kalten, harten Wellen erreichten den leuchtend hellgrünen Kern der Pflanzenmagie, die jemand der Creme beigefügt hatte und ergriffen ihn. Langsam schaufelten sie die rankenartige Macht in meinen Körper und erfüllten mich mit den elementaren Fähigkeiten einer Herrin der Pflanzen. Als ich genug Magie in meinen Körper aufgenommen hatte, streckte ich die Hand in Richtung des fallenden Ziegels aus. Ich stellte mir eine Wurzel vor, die ich wachsen ließ, bis sie die Größe erreicht hatte, die ich benötigte. Ich stellte mir das rote Dach vor wie eine grüne, grasbewachsene Wiese. Ich stellte mir die Ziegelsteine vor wie die Grashalme und die gestohlene Pflanzenmacht war eine unsichtbare Hand, die Samen einsetzte und sie wachsen ließ.

Einen Augenblick später schnellten vier Ranken aus dem Dach hervor und wickelten sich um den fallenden Ziegel. Abrupt stoppte er mitten in seiner Bewegung und wurde komplett von den Ranken umhüllt.

Ich atmete erleichtert aus. Das war gerade noch einmal gut gegangen.

Ich stellte sicher, dass der Stein sich nicht erneut aus seiner Halterung lösen konnte, dann sprang ich zügig auf das nächste Dach weiter.

Nach ungefähr drei Minuten erreichte ich endlich das Gebäude, das sich direkt an der Hauptstraße befand.

Ab jetzt war äußerste Vorsicht geboten. Der kleinste Fehler konnte über Leben und Tod entscheiden und jeder Fehltritt hätte eine Folge, die ich lieber nicht kannte. Ich musste darauf achten, dass jede Bewegung perfekt saß.

Zaghaft setzte ich einen Fuß vor den anderen und wandte den Blick nicht mehr vom Dach ab. Langsam begab ich mich auf die Kante des Gebäudes zu. Kurz bevor ich sie erreichte legte ich mich jedoch auf den Bauch und schob mich gerade so weit nach vorne, dass ich über den Rand spähen konnte.

Der Anblick war genau das, was ich erwartet hatte: Dutzende Menschen tummelten sich am Straßenrand und hielten bemalte Pappkartons in die Luft, auf denen irgendwelche kitschigen Willkommensgrüße geschrieben standen.

Die Sonne schien auf die Straße und ließ die dunklen Grautöne heller erscheinen. Vor den Gesichtern der Leute bildeten sich Atemwölkchen, weil es trotz allem eiskalt war. Jeder von ihnen trug einen dicken Wintermantel und mindestens einen Schal. Mützen mit und ohne Bommel bedeckten die Köpfe der Kinder. Das Geräusch der stetig lauter werdenden Jubelrufe drang zu mir herauf, der Geruch von Bratäpfeln und Zigaretten stieg mir in die Nase und ich konnte die feierliche Stimmung in der Luft förmlich spüren.

Von der Kutsche war jedoch weit und breit nichts zu sehen.

Also bewegte ich mich vorsichtig wieder vom Abgrund weg und stand auf. Ich hatte noch Zeit, bis die Kutsche hier wäre.

Diese Zeit wollte ich nutzen, um mich an einem abgelegenen Ort zu verstecken und auf mein Opfer zu warten.

Also lief ich weiter in Richtung des Palastes und hielt nach einer menschenleeren Gasse Ausschau.

Mein Blick glitt über die grauen und roten Dächer, die breiten Straßen, sowie die vielen Menschen, die sich auf der Hauptstraße tummelten. Ich fragte mich, wie lange es wohl dauerte, bis jemand zwischen den anderen Personen erdrückt würde... wahrscheinlich nicht mehr allzu lange...

In diesem Moment stach mir eine schmale Passage zwischen zwei großen, grauen Lagerhallen ins Auge. Dort war nicht eine einzige Person zu sehen, da die Kutsche der Botschafterin den ganzen Platz beanspruchen würde. Sie war etwa dreihundert Meter lang und ich erkannte auch, dass die Gasse eine Biegung machte und die Tat so vor den neugierigen Blicken verborgen war. Sie war absolut perfekt!

Ich setzte mich auf das Dach einer der Lagerhallen und starrte in die Richtung, aus der ich gekommen war.

Der Plan stand, jetzt musste ich nur noch abwarten.

Es dauerte nicht lange, bis ich den Umriss erkannte: Vier hölzerne Wagenräder, die eine mit Silber verzierte Kabine trugen. Auf dem Dach ragte ein dünner, goldener Fahnenmast auf. Dort hing eine blaue Flagge, in deren Mitte eine goldgestickte, verschnörkelte Rune prangte – Vinders Wappen.

Reytnyr – so hieß der vindrische Palasthof – hatte keine Kosten und Mühen gescheut und die Kutsche so prunkvoll wie möglich gestaltet. Ich erkannte sogar ein großes Fenster an der Seite. Gezogen wurde das ganze Gestell von drei pechschwarzen Pferden.

Die Kutscherin war gleichzeitig die einzige Person, die sich auf der Kutsche befand, also war sie wohl auch die königliche Gesandte. Ich verdrehte die Augen. Vinder zeigte wirklich mit allen Mitteln, was sie zu bieten hatten. Natürlich war es nicht ungefährlich, keine Wachen oder Leibwächter mitreisen zu lassen, aber erstens wusste ich, dass das nur zeigte, wie mächtig ihre Magie wirklich war, und zweitens käme es wohl etwas merkwürdig rüber, wenn eine ganze Kriegsarmee mitreisen würde, um den Friedensvertrag zu unterzeichnen.

Aber ich war froh darüber, da es mir nämlich alles deutlich einfacher machte.

Vorsichtig begab ich mich an den Rand der Lagerhalle und spähte in die finstere, kleine Gasse. Ich hörte das Holpern der Räder über den unebenen Boden. Von weit her drangen immer noch die lauten Jubelrufe der Mavarier zu mir durch. Der Geruch von Bratwürsten war noch nicht komplett verschwunden und vermischte sich mit dem leicht säuerlichem Duft der teuren Weine, die unter mir deponiert wurden. Der Himmel war grau und es herrschte sogar ein leichter Bodennebel. Die Novemberkälte kroch meinen Körper nach oben und ich zitterte heftig. Obwohl es erst früher Nachmittag war, fühlte es sich an, als wäre bereits Abend.

Ich wartete so lange, bis ich die Atemwölkchen vor dem Gesicht der Frau erkannte, dann stieß ich mich von meinem Platz auf der Halle ab und sprang hinunter auf den Boden.

Der Schmerz in meinem Knöchel war über Nacht fast vollständig verblasst und die Landung tat nicht so weh wie erwartet. Die Heilsalbe hatte ihre Wirkung gezeigt.

Ich landete in einer eleganten Hocke und brauchte eine Sekunde, um mich aufzurichten und die Kutsche vor mir noch ein letztes Mal zu mustern. Ich musste schnell handeln, bevor jemand Verdacht schöpfte und auf die Idee kam, dass etwas passiert sein könnte.

Also griff ich nach dem Enterhaken an meinem Gürtel und warf ihn so gut es ging in Richtung des vorderen Wagenrads. Mit einem Krachen blieb er in den Speichen hängen, verkeilte sich mit dem Holz und brachte es mit einem lauten Knarzen zum Bersten..

Dieses Geräusch des brechenden Materials schaffte es dann leider auch, dass die Frau alarmiert den Kopf hochriss und die Pferde auf die Hinterbeine stiegen.

Den kurzen Moment der Überraschung nutzte ich aus und sprintete los.

Ich rannte über den holprigen Weg an den scheuenden Tieren vorbei, sprang auf die Kutsche und riss die Botschafterin mit mir auf den Boden.

Dann begann unser Tanz.

Ich versuchte, sie von der Kutsche zu stoßen, während sie mit den Fingern meinen Augen gefährlich nahe kam. Fingernägel bohrten sich immer wieder schmerzhaft in mein Fleisch und mehr als einmal zerrte sie mir heftig an den Haaren. Aber ich erkannte auch die Feuermagie in meiner Gegnerin, spürte, wie sie pulsierte, hörte, wie sie von ihrer eigenen Stärke sang und fühlte den roten Kern der Macht in ihrem Körper jedes Mal, wenn sich unsere Haut berührte. Es war ein unangenehmes Gefühl. Ihre Macht schien über meinen Körper zu laufen und mich aufzureiben, wie Sandpapier, das rau über meine Haut glitt.

Feuermacht war nie angenehm, aber durch den Zeitdruck, der wie ein Damokles-Schwert über meinem Haupt schwebte, verstärkte sich mein brennendes Unbehagen nur noch.

Keine von uns beiden schaffte es, die Oberhand zu gewinnen und jeder versuchte, die andere zu überwältigen: ein Tritt in den Magen, eine Faust ins Gesicht, ein Kratzer über den Unterarm. Die Botschafterin war eine gut ausgebildete Kriegerin und sparte sich ihre Magie offenbar auf, bis ich erschöpft war. Aber ich hatte ebenfalls gelernt, wie man kämpfte.

Normalerweise setzte ich in einem Duell immer auf meine Geduld – gepaart mit ein wenig meiner Übertragungsmacht – aber stattdessen war es heute von Bedeutung für mich, dass ich sie möglichst schnell loswurde.

Deshalb legte ich all meine Kraft in einen Fausthieb, der ihr Gesicht treffen sollte.

Ein Fehler, den ich mir nicht leisten konnte.

Sie hatte offenbar bemerkt, was ich vorhatte und warf ihren Kopf in letzter Sekunde zur Seite, sodass ich anstelle ihrer Nase das harte Holz der Kutsche traf. Stechender Schmerz durchfuhr meine Hand und ich wusste instinktiv, dass ich sie mir zumindest angebrochen hatte.

Ich keuchte, als ich das Blut sah, das von meiner Hand auf die Silberfäden tropfte, die die Kutsche verzierten. Erst ein Tropfen, dann zwei und schließlich noch ein dritter.

Während meine Gedanken kurz abgeschweift waren, hatte mein Gegenüber keine Sekunde lang ihr Ziel aus den Augen verloren.

Mich zu töten.

Ein Tritt warf mich nach hinten und gab so der Frau die Möglichkeit, ebenfalls auf die Beine zu kommen. Sie war schnell... sehr schnell. Im ersten Augenblick lag sie noch auf dem Boden, aber nur wenige Sekunden später war sie aufgesprungen und starrte mich wuterfüllt an. „Wer zur Hölle bist du?", zischte sie. Ihre blauen Augen waren zu Schlitzen verengt und sie hatte die Lippen zusammengepresst.

Ich lächelte nur strahlend, ehe ich entgegnete: „Ich bin dein Alptraum."

Dann stürzte sie sich auf mich.

Plötzlich spürte ich ihre Fingernägel in meinem Gesicht, wie sie über meine Wangen kratzten. Ich wollte zurückweichen, stolperte jedoch über ihr Bein, das sie vorgeschoben hatte, um mich zu Fall zu bringen. Ich konnte gerade noch das Gesicht verziehen, dann landete ich auch schon hart auf dem hölzernen Boden der Kutsche, auf der wir uns nach wie vor befanden. Mir war es noch nicht gelungen, sie auf die Straße zu stoßen.

Mit gerunzelter Stirn starrte die Botschafterin auf mich herunter. „Du dachtest wohl, wenn du mich hier ausschaltest, wird der Friedensvertrag zwischen Mavar und Vinder verfallen, stimmt's? Was wolltest du damit erreichen? Dass Synth oder Ascalin uns am Ende alle versklaven?"

Die bittere Wahrheit in ihrer Stimme traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Sie hatte absolut Recht. Wenn das Bündnis zwischen Mavar und Vinder nicht gestärkt würde, hätte Synth die Chance, den Krieg an den Fronten endlich zu gewinnen und seine Armeen in die Herzen Vinders zu schicken. Ebenso wäre es Ascalin dann möglich, die Grenzen Mavars zu überwinden und uns von innen heraus zu zerstören.

Allerdings würde ich wahrscheinlich auch sterben, wenn ich Scers Boss den Preis nicht bezahlte, den er forderte. Es war aus jedem Blickwinkel eine absolute Patt-Situation. Tat ich das eine, würde unser Königreich vielleicht dem Untergang geweiht sein, aber tat ich das andere, würde ich dabei zusehen, wie jeder, den ich liebte, auf die grausamste Art hingerichtet wurde, die es gab. Immer wieder ertönten in meinem Kopf Trays panische Schreie, immer wieder sah ich sie vor mir, in Stücke gehackt, verkohlt und gehäutet. In einer besonders ekelhaften Version wurde sie von Maden zerfressen.

Und da wurde mir klar, dass es für mich eigentlich nur eine Möglichkeit gab: Ich würde meine Freunde vor das Königreich stellen. Ich wusste, wie egoistisch das Ganze war, aber ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dass Tray meinetwegen sterben musste.

Also streckte ich meine Hand nach ihrem Knöchel aus und zog mit all meiner Kraft daran, sodass sie schmerzhaft stöhnend neben mir auf dem Boden landete.

Blitzschnell schob ich mich auf sie zu, riss das Bein ihrer schwarzen Jeans nach oben und legte beide Hände um ihre Fußfessel.

Bisher hatte ich meine Magie zurückgehalten, aber jetzt schickte ich bewusst etwas davon in den Körper der anderen Frau. Langsam filterte ich ihre heiße, brodelnde Energie heraus und lenkte sie in meinen Körper. Tatsächlich wusste ich nicht, wie mir Feuermagie dabei helfen sollte, die Botschafterin auszuschalten, aber schaden konnte sie jedenfalls nicht. Als ich genug Energie gesammelt hatte, ließ ich ihr Bein wieder los und rappelte mich auf.

Ich brauchte jetzt einen wirklich guten Plan, damit ich einen Ausweg aus diesem merkwürdigen Schlamassel fand. Denk nach, Aria, denk verdammt nochmal nach!

Und tatsächlich... je mehr ich darüber nachdachte, desto sicherer wurde ich mir, dass das funktionieren konnte, was sich langsam in meinem Kopf entwickelte. Es war ein verwobenes Netz aus Fäden, aber ich wusste, dass es klappen konnte.

Dass es klappen musste.

Als ich mir endlich vollends sicher war, sprang ich von der Kutsche, sammelte etwas von der Elementarmagie in meiner Hand, bis einige Funken entstanden und verteilte sie auf meiner Kleidung, bis man nicht mehr erkannte, was ich vorher getragen hatte. Das alles dauerte Gott sei Dank nur wenige Sekunden und ich war schnell bereit, den nächsten Schritt auszuführen. Ich sammelte immer mehr der gestohlenen Feuermagie in meiner Handfläche, bis sich dort ein Feuerball bildete. Schweiß rann meinen Rücken hinunter, weil ich so viel Macht in meiner Hand hielt. Da es noch dazu nicht meine eigene Macht war, fühlte es sich irgendwie falsch an, sie zu benutzen. Natürlich war das immer der Fall, aber bei Feuer noch mehr als sonst. Ich fühlte, wie mein Körper das Feuer in meiner Handfläche abstieß. Wie er es von sich schieben wollte, als wäre es Ungeziefer. Meine Beine zitterten, als ich mich immer mehr auf die glühenden Flammen konzentrierte. Die Übertragung fiel mir bei manchen Magien aus irgendeinem seltsamen Grund schwerer, als bei anderen. Feuer war eine dieser Mächte. Ich strengte mich immer mehr an, um es endlich zu schaffen, den Feuerball auf die Kutsche zu werfen. Ich stellte mir vor, wie meine Hand die Hitze losließ und sie auf das Holz zuflog wie ich es geplant hatte, doch es wollte mir nicht gelingen. Immer wieder schienen die Flammen sich mir widersetzen zu wollen und ich brachte es einfach nicht auf die Reihe, das Feuer zu kontrollieren.

Langsam sammelte ich meine Gedanken, fokussierte sie auf meine Bemühungen und stellte mir erneut vor, wie ich den brennenden Ball in Richtung der Kutsche sandte. Noch mehr Schweiß durchnässte meinen Körper und die Anstrengung ließ weiße Punkte vor meinen Augen tanzen. Ich stand am Rande des Zusammenbruchs und mit jedem Schritt, den ich machte, kam ich dem Abgrund gefährlich schnell näher. Doch ich durfte mein Ziel jetzt nicht aus den Augen verlieren. Ich dachte daran, was ich alles zu verlieren hatte, wenn ich jetzt versagte. Dachte an all das Grauenhafte, das dann mit Tray passieren würde. Dachte an all das, was ich bisher erreicht hatte.

Und diese Gedanken schafften es tatsächlich, dass sich das lodernde Feuer von meinen Händen löste und die königliche Kutsche in Flammen aufgehen ließ.

Ich hörte den Schrei der Botschafterin, drehte ihr aber schnell wieder den Rücken zu. Ich musste vorankommen, Kollateralschaden hin oder her. Ich wartete noch einen Moment, aber als ich das dumpfe Geräusch von Stiefeln auf dem Boden wahrnahm, rannte ich los in die Richtung, in welche die Kutsche eigentlich hätte fahren sollen. Der zweite Teil meines Plans glich demjenigen, den ich in der Nacht zuvor angewendet hatte, als ich Larry und seinen Freunden entkommen war. Ich hoffte nur, dass ich die jubelnde Menge ebenso überzeugen konnte, wie die drei Wachmänner gestern Abend.

Ich steigerte mein Tempo allmählich und rannte immer schneller auf das Ende des Weges zu. Ich musste es vor der Botschafterin erreichen, oder ich wäre aufgeschmissen. Wenn meine Schauspielkunst allerdings so schlecht war, wie ich glaubte, war ich das natürlich trotzdem...

Aber gerade konnte ich mir Gedanken dieser Art einfach nicht erlauben. Im Moment zählte nur, dass ich es schaffte, den Palast zu erreichen, alles andere ergab sich dann schon irgendwie von selbst.

Zumindest hoffte ich das.

Ein letztes Mal sammelte ich all meine Gedanken zusammen, doch ich fand einfach keine andere Möglichkeit mehr. Ich versuchte, mich zu sortieren und einen Ausweg aus dieser unmöglichen Situation zu finden, aber es wollte mir nicht gelingen. Unzählige Ideen schwirrten mir durch den Kopf, viele waren sinnvoll, aber andere schienen schier unnahbar. Welche konnte ich anwenden, welche waren zu gefährlich? Aber ich kam zu dem Schluss, dass ich nur bei einer einzigen am Ende nicht den Kopf verlor oder im Knast landete. Also entschied ich mich für diese eine, vollkommen verrückte Idee.

„Hilfe!", schrie ich.

Ich schätzte im Kopf die Entfernung, die noch zwischen mir und meinem Ziel lag. Etwa einhundert Meter.

„Hilfe! Ich brauche Hilfe!"

Fünfundsiebzig Meter.

„Diese Frau dort hat die Kutsche überfallen!"

Fünfzig Meter.

„Wachen! Wachen! Nehmt sie fest! Sie wollte den Friedensvertrag verhindern!", ich legte alles darauf an, dass meine Stimme möglichst schrill und kreischend klang. All meine Sätze waren darauf bedacht, mich wie das Opfer aussehen zu lassen, zu dem ich die Botschafterin gerade machte. Natürlich widersprach sie mir immer wieder, versuchte, dass die jubelnde Menge erkannte, dass ich log und sie in Wahrheit die königliche Botschafterin war. Aber aufgrund unseres relativ ähnlichen Aussehens konnte man sie quasi nicht von mir differenzieren. Da ich meine Kleidung verkohlt hatte und ihre durch den Brand auch kaum wiederzuerkennen war, hätte man uns glatt verwechseln können. Und das sollte sogar passieren

Fünfzehn Meter.

Ich hielt den Atem an und begann dann leise zu schluchzen.

Zehn Meter.

Immer schneller rannte ich auf das Ende der Gasse zu und immer mehr inszenierte Tränen rannen mir über das Gesicht. Ich schlüpfte keine Sekunde aus meiner Rolle, spielte das Opfer so überzeugend wie ich konnte. Ich versuchte so, die jubelnde Menge davon zu überzeugen, dass ich in Wahrheit die vindrische Botschafterin war, die den weiten Weg aus dem anderen Königreich auf sich genommen hatte, um den Friedensvertrag zu unterzeichnen.

Und sie schienen es mir tatsächlich abzukaufen. Ein Mann am Rand der Straße rief immer wieder, dass jemand mich – die Botschafterin – verfolgte und eine kleine, eher dickliche Frau hüpfte vor Aufregung auf und ab, wobei sie manchmal panisch quietschte. Nach den Mienen der Leute zu urteilen glaubten sie mir jedenfalls.

Sieben Meter.

Fünf Meter.

Noch Drei Meter...

Ich hörte nur noch den zornentbrannten Schrei hinter mir, dann traf mich ein Stein am Hinterkopf und die Welt um mich herum wurde schwarz...

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