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17

  Auf den Straßen Akars herrschte geschäftiges Treiben.

Die Menschen und Magier hasteten durch die Straßen, Gassen und Wege, um zu ihrer Arbeit zu kommen. Alle hatten es so eilig, dass niemand wirklich auf seine Umgebung achtete, was in der Hauptstadt des Königreichs definitiv nicht unüblich war.

Ein großer Mann schüttete seinen heißen Kaffee über die Designertasche einer Eismagierin und konnte vermutlich froh sein, nicht auf der Stelle festgefroren zu werden. Den Augen der Frau nach zu urteilen, war er jedenfalls gerade noch so davongekommen.

Ich setzte einen Fuß vor den anderen und ließ meinen Blick weiter über die Straße gleiten. Die Designerläden hatten ihre teuersten Stücke in die Schaufenster gestellt und überall glänzte eine Reflexion der Morgensonne in den Fenstern. Das Farbenspiel der immergrünen Nadelbäume, die hier bereits jetzt für Weihnachten aufgestellt waren, passte perfekt zu den Menschen, die in bunten Klamotten über die Wege hasteten. Leuchtende Schilder kündigten Eier und Speck, Kuchen oder Smoothies an, um perfekt in den Tag zu starrten Ich erkannte Metzgereien, Restaurants und kleine Läden am Straßenrand. Der Geruch nach frischem Gebäck erfüllte die Luft, als wir den Bäcker passierten.

Mein Magen knurrte, als ich den Duft von geröstetem Brot und süßen Kuchenstücken in mich aufnahm. Ich atmete so tief ein, wie es mir möglich war und stieß einen zufriedenen Seufzer aus. Ich hatte schon lange nicht mehr bei einem Bäcker gefrühstückt.

„Ist da jemand hungrig?", fragte eine männliche Stimme hinter mir.

„Ich habe ewig nicht mehr bei einem Bäcker gefrühstückt. Das letzte Mal liegt mindestens fünfzehn Jahre zurück", antwortete ich in Gedanken an ein Stück Schokoladenkuchen versunken.

Erst da fiel mir auf, dass ich eigentlich nie Kuchen gegessen hatte. Als meine Eltern für den synthischen König gearbeitet hatten, gab es für uns nicht mehr als die Tagesration an Speisen. Kein Nachtisch. Niemals.

Und seit ich nach Akar gekommen war, lebte ich als Meisterdiebin am Limit. Für Kuchen reichte mein Geld nicht. Wie er wohl schmeckte?

„Noch nie? Gibt es in Vinder keine Bäcker?" Spencer schloss zu mir auf und ging dann an mein Tempo angepasst neben mir her.

Innerlich fluchte ich. Ich hatte ein weiteres Mal vergessen, dass Ana vermutlich überhaupt nicht so wenig Geld hatte wie eine einfache Diebin.

„Äh, doch. Ich frühstücke aber immer im Palast. Dieses Privileg hat die gesamte Botschafterfamilie, ich und meine Schwester Ana eingeschlossen", erklärte ich flüchtig und ging nicht weiter darauf ein. Spencer war mir gegenüber schon misstrauisch genug.

Der Eismeister nickte geistesabwesend. Sein Blick auf etwas gerichtet, das sich vor uns befand.

Als ich seinen Augen folgte, musste ich lächeln. „Sie sieht hübsch aus", meinte ich möglichst beiläufig. Ich musste die Informationen von Spencer erhalten, ohne sein Misstrauen zu erregen.

Spencer wandte seine Augen von Cassandra ab und starrte mich verwundert an. „Ja, ich finde, du hast Recht", murmelte er und legte seine Stirn in Falten.

Mein Lächeln wurde zu einem Grinsen.

„Vor allem erkenne ich erst jetzt, wer sie ist. Ist es nicht traurig, dass ich all die Jahre nur das blonde, grünäugige Schönheitsideal vor Augen hatte und nicht bemerkt habe, was dahinter steckt?"

„Wenn Menschen eine Maske tragen, verlieren sie sich manchmal in dieser Maske und machen sie zu ihrem wahren Ich, auch wenn es eigentlich nicht ihren Werten entspricht", flüsterte ich mehr zu mir selbst. 

Wurde ich in den Bann meiner eigenen Maske gezogen?

„Danke übrigens, dass du mir vorgestern das Leben gerettet hast. Hättest du nicht diesen brillanten Einfall gehabt, wären wir vermutlich beide draufgegangen", wechselte Spencer jetzt das Thema.

„Ist doch kein Problem", murmelte ich. „Du hast dasselbe für mich getan, schon vergessen?"

Der Adelige schenkte mir nur ein trauriges Lächeln. „Nur, weil du mich gerettet hast. Ich war dir gegenüber so misstrauisch, dass ich dich vermutlich hätte sterben lassen, wenn du mir nicht den Arsch vor diesem Eismeister gerettet hättest. Es... Es tut mir leid. Ich fühle mich schuldig."

„Es ist in Ordnung. Ich würde einer fremden Botschafterin auch nicht das Leben retten. Erst recht nicht, wenn kurz nach ihrer Ankunft die Königin an einem Giftattentat stirbt." Zuerst hatte ich diese Worte einfach so als Antwort gesagt, aber plötzlich sah ich darin die perfekte Gelegenheit, etwas über Spencer und Saraphina zu erfahren.

Waren es wirklich sie, die die Königin vergiftet, die Flöte gestohlen, die Kinder entführt und die Assassinen beauftragt hatten?

Irgendetwas in meinem Inneren sprach dagegen.

„Sag mal, Spencer... wer denkst du, steckt dahinter?"

Spencer runzelte die Stirn, als hätte er nicht damit gerechnet, je nach seiner Meinung zu dem Ganzen gefragt zu werden. „Ich habe keinen blassen Schimmer. Ich weiß es nicht, Aria." Verzweiflung hatte sich in seine Stimme geschlichen.

„Naja", erklärte ich, wobei ich meine Stirn in Falten legte. „Alles was wir wissen, ist, dass der Täter bei den Friedensverhandlungen anwesend sein musste, um die Magie der Königin zu verwenden. Er musste in der Lage sein, die Alarmanlagen und die Wachen vor dem Ausstellungsraum zu täuschen, in dem die Flöte sich befand. Er musste an diesem Abend auf diesem Marktplatz eine Flöte spielen und schließlich die toten Ratten in den Brunnen werfen, was bedeutet, dass er mindestens für eine Stunde den Palast verlassen hat. Er musste unbemerkt das Kreischgift aus Hayleys Lagerraum entwenden können. Außerdem muss er genug Geld haben, um die Gilde des schwarzen Adlers zu beauftragen. Und er musste vor allem wissen, wann sich Blair im Trainingsraum aufhielt. Trainiert ihr immer zur selben Zeit?", überlegte ich laut.

„Ja", entgegnete er. „Immer Freitags und Mittwochs zur selben Uhrzeit."

„Das hilft uns nicht weiter. Nach allem, was wir wissen, kann es jeder gewesen sein."

„Nicht ganz jeder", flüsterte der Eismagier. „Nero und meine Mutter haben ein Alibi für die Nacht, in der die Kinder verschwunden sind. Hayley und du haben beide versucht, Königin Helena vor dem Tod zu retten. Ihr scheidet auch aus. Dominic hat kein Motiv, Blair loswerden zu wollen, während Blair und Cassandra beide fast von der Gilde abgeschlachtet worden wären. Jasmine hätte die Assassinen niemals erschossen, wenn sie irgendeinen Nutzen aus dem Tod der Seherin gezogen hätte. Rafael und Arin schließe ich ebenfalls aus. Keiner von beiden hätte die Möglichkeit gehabt, das Gift in den Champagner zu füllen. Dafür ist ihr Stand nicht hoch genug. Also bleiben nicht mehr allzu viele übrig. Zwei, wenn du es genau wissen willst."

„Du und Finn", ergänzte ich seinen Gedankengang.

Diese Theorie widersprach sich vollständig von derjenigen, die Cas und ich in Betracht gezogen hatten. Das hier war ein Ausschlussverfahren, Cas und ich hatten auf die Logik geblickt.

Aber hinter Spencers Theorie gab es keine Logik. Irgendetwas war hier gewaltig faul und stimmte absolut nicht. Beide Ideen hatten etwas Richtiges an sich, das spürte ich. Wir mussten irgendetwas Wichtiges übersehen.

„Du denkst also, dass es Finn war?", hakte ich nach.

Spencer schüttelte überraschenderweise den Kopf. „Ich denke, wir sehen zwar die einzelnen Teile des Rätsels, aber das Große und Ganze können wir einfach aus irgendeinem Grund nicht erkennen. Uns fehlt ein entscheidender Baustein. Der Grundstein, auf dem alles aufgebaut ist. Wenn wir diesen Teil des Rätsels lösen, haben wir unsere Antwort. Ich komme nur einfach nicht dahinter, was wir übersehen."

Ich nickte. Er hatte Recht. Wir übersahen irgendetwas Wichtiges.

Aber was?

Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als wir unser Ziel erreichten und ich immer noch über die Worte des Eismeisters nachdachte.

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„Das ist absolut unsinnig!"

Cassandra starrte auf den Computer vor sich.

Ich nahm den Blick nicht von meinem Bildschirm, sondern antwortete geistesabwesend, während ich versuchte, irgendetwas auf dieser verstrickten Website herauszufinden. Stammbaum der ascalinischen Königsfamilie, so ein Schwachsinn! Das hier war eine Übersicht über jeden Bürger des riesigen Königreichs! Wie sollten wir nur innerhalb eines Nachmittags das gesamte Rätsel lösen?

Außerdem bestanden die gesamten Steckbriefe lediglich aus Name, Geburtsdatum und einem schlecht aufgelösten Portrait. Ganz ehrlich... wenn derjenige ein Luftmagier war, konnte er sein Aussehen sowieso manipulieren. Wieso also der ganze Aufwand?

„Du hast absolut Recht", pflichtete ich meiner Freundin bei. Es war unsinnig.

„Warum genau machen wir das hier nochmal?"

„Um herauszufinden, welchen ihrer Verwandten die Königin in unsere Mauern eingeschleust hat", mischte Hayley sich von ihrem Ende des Raumes ein.

Wir befanden uns in einer Art Techniksaal, der voller Computer und Beamer war. Spencer, Cas, Hayley, Dominic und ich hatten je einen Computer beschlagnahmt und surften auf der seltsamen Website, zu der Hayley die Zugangsdaten erhalten hatte. Ein kleiner, dicklicher Mann hatte uns eine Nachricht seiner Herrin überbracht, als er uns den Zugang zum Technikraum verschafft hatte. Sie hatte uns nicht nur das Passwort bereitgestellt, sondern außerdem ein ausgiebiges Mittagessen verabreicht. Laut ihrem Butler würde sie uns, nachdem sie ihre Arbeit vollendet hatte, noch einen kleinen Besuch abstatten. Der alten Zeiten willen oder etwas in dieser Art.

Mein Blick glitt hinüber zu der Naturmeisterin. Hayley hatte die Stirn in tiefe Falten gelegt und schüttelte den Kopf. „Ich habe leider keine Ahnung wie wir das schaffen sollen."

Cassandra und ich wechselten einen vielsagenden Blick. Wir dachten beide das Gleiche: Wenn wir den Verräter heute nicht enttarnten, dann hätte er morgen die Chance, seine Tat endlich zu vollenden.

Wie auch immer diese Vollendung aussehen mochte.

Ich wusste nicht, ob es nur mir so vorkam, aber die Schatten in meinem Teil des Raumes verdunkelten sich schlagartig und ein Schauder lief mir über den Rücken. Ein seltsames Gefühl nahm mich ein.

Das Gefühl, dass ich beobachtet wurde.

Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte einfach schlecht geträumt, das war alles. Ich musste es irgendwie schaffen, wieder zu klaren Gedanken zu kommen, denn sonst würde ich hier irgendwann vor Paranoia kollabieren.

Spencer stieß einen langen Seufzer aus und lehnte sich jetzt auf seinem Stuhl zurück. „Ich weiß nicht, was es uns nützen soll, das alles zu durchsuchen. Das bringt uns nicht weiter."

„Hast du eine bessere Idee?", fragte Dominic. Er klang leicht gereizt und hatte deutliche Augenringe. Hatte er überhaupt geschlafen? Wenn man bedachte, dass er morgen zum König von Mavar gekrönt werden würde, wahrscheinlich nicht.

Der andere antwortete nicht, sondern wandte sich unter einem erneuten heftigen Seufzer wieder dem Bildschirm vor sich zu.

Ich starrte ebenfalls wieder auf die Liste an Namen.

Elenie de l'Acrode. Geboren am 14. August. Luftmeisterin. Blond, blauäugig, ein Muttermal über den Lippen.

Astrid Helene Mercius. Geboren am 17. Oktober. Keine magischen Fähigkeiten. Blond, blauäugig, die Haare unter einem Kopftuch verborgen. Magd am königlichen Hof von Alphanthe.

Richard der Siebte von Alynne. Geboren am 28. Februar. Luftmeister. Glatzköpfig, braune Augen, blonder Schnurrbart.

Alynne war die Hauptstadt des Königreichs Ascalin und lag in der Nähe der Yliris-Mountains, die die Grenze zwischen Mavar und Ascalin bildeten.

Meine geographischen Kenntnisse waren so gut wie die eines Regenwurms, aber ich war über die wichtigsten Dinge informiert, die man über die vier Königreiche wissen musste. Den Süd-Westen beherrschte die ascalinische Königin, der Nord-Westen war an die Synther vergeben. Mavar im Süden und Vinder im Norden bildeten die östliche Hälfte. Früher hatte es zwischen Vinder und Synth noch Freytor gegeben, aber die Synther hatten es auf grausamste Art und Weise geschafft, das gesamte Volk unter ihren Nagel zu reißen.

Der Hauptsitz der Herrscher befand sich immer in der Hauptstadt des Reiches. Neun Rosen in Akar, Reytnyr in Svalin, Mendyr in Eyelas und Alphanthe in Alynne. Das größte politische Problem bereitete die Insel Aneis, die zwar geographisch eher auf der mavarischen Seite lag, politisch jedoch zu Ascalin gehörte. Die berühmte Eryllys-Meerenge, die die Insel vom mavarischen Festland trennte, war Austragungsort vieler Schlachten geworden.

Flüsse gab es auch einige, aber ich kannte nur die drei größten. Den Ascalin, der seinen Ursprung in den Yliris-Mountains fand, ironischerweise durch sein namensgleiches Reich floss und schließlich im Westen in das Alpha-Meer mündete. Die Mynthis entsprang im Osten Vinders den Omega-Mountains und floss schließlich auch ins Omega-Meer ab.

Der größte und wichtigste Fluss, der den Kontinent durchströmte, war die Exodis. Sie entstand ganz im Norden von Synth, in den Red Mountains und floss durch Vinder nach Mavar, wo sie sich schließlich in den Styx und die Nyx teilte. Der Styx floss östlich in das Omega-Meer ab, während die Nyx im Süden mündete. Sie führte direkt in die Eryllys-Meerenge...

Ich merkte, dass meine Gedanken schon wieder abschweiften und versuchte, mich wieder auf die Informationen zu fokussieren, die sich vor mir befanden. Ich wusste nur nicht, wo ich suchen sollte. Oben links prangte das verschnörkelte, pinke A, das das Wappen von Ascalin darstellte.

Ich richtete meine Augen starr auf das Symbol, doch je länger ich mich auf die Schwingungen und Bögen konzentrierte, desto verrückter schien ich zu werden. Hatte mich das Symbol gerade böse angeblitzt?

Natürlich würde es Sinn machen, dass mich meine Müdigkeit vor dem mächtigsten Reich des Kontinents warnte. Mavar und Ascalin befanden sich seit Jahren im Kriegszustand.

Ich stieß einen Seufzer aus und lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. Was übersah ich?

Ich klickte auf den nächsten Namen in der Liste: Asaylle Zyndar.

Zunächst schien dieser Name sich nicht von den anderen zu unterscheiden, aber schon als mein Blick zum ersten Mal auf das Foto fiel, wusste ich es.

Die blonden Haare fielen ihr in Wellen über die Schultern und waren von pinken Strähnen durchzogen. Ihr Gesicht wirkte, als wäre sie vielleicht in ihren Dreißigern. Die Augen hatten eine aquamarinfarbene Tönung, die irgendwo zwischen giftgrün und türkis schwebte. Ihre Haut war blass, fast weiß und schien zerbrechen zu können, wenn man sie nur lange genug anstarrte. Die Frau trug dezentes Make-Up und hatte ihre herzförmigen Lippen mit einem dunkelroten Farbton hervorgehoben.

Flüchtig las ich den Text, der unter dem Bild stand.

Asaylle Zyndar. 11. November.

Dann lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das Portrait. Um genauer zu sein: Auf die Krone, die auf Asaylles Kopf prangte.

Ich starrte der Königin von Ascalin in die Augen. Der mächtigsten Frau des Kontinents, die sogar den synthischen König in den Schatten stellte.

„Cas..." Meine Stimme war nicht mehr als ein schockiertes Flüstern.

„Hm?", fragte die Seherin, ohne den Blick von ihrem Bildschirm abzuwenden. Mit einem Kugelschreiber machte sie sich hastig Notizen auf einem Zettel.

„Ich hab' was gefunden..."

Cassandra ließ sich weiterhin nicht beirren und arbeitete sorgfältig weiter. Ich hätte ihr liebend gerne den Hals dafür umgedreht.

„Cas", zischte ich. „Das ist die verdammte Königin."

Dieser Satz schaffte es nun endlich, dass meine Freundin mit aufgerissenen Augen auf meinen Computer starrte. Sie blinzelte einmal. Zweimal. Schluckte.

Sie starrte das Foto einfach nur an, so wie ich es bis eben auch getan hatte. Nach etwa zwei Minuten völliger Stille zwischen uns, flüsterte sie nur ein Wort. „Unten."

Ich blickte nach unten und las die Worte, die dort geschrieben standen.

Zu den Familienverhältnissen.

Mit zitternden Fingern führte ich einen Klick aus und gelangte an eine weitere Liste an Namen. Ariadne Zyndar, Amisella Zyndar, Adrianus Zyndar. Ich schluckte. Es waren mindestens dreißig Namen, die den Nachnamen Zyndar trugen und etwa doppelt so viele, die einen anderen Nachnamen besaßen.

Prinz von Ascalin, Prinzessin von Ascalin, königlicher Waffenschmied. Hier standen die wichtigen Informationen.

Welche Aufgaben die Bewohner von Alphanthe ausübten.

Ich überflog die Liste, doch nichts davon zog meine Aufmerksamkeit wirklich auf sich. Chefkoch in der Palastküche, persönliche Dienerin der Prinzessin, Stallbursche.

Königin Asaylle ließ ihre Verwandten zu Stallburschen herabstufen? Nach welchem Verfahren wurde ausgewählt, wer einem Adelstitel würdig war und wer den Pferdemist wegschaffen musste?

Irgendetwas tief in mir drin gab mir das Gefühl, dass es die magischen Fähigkeiten waren, die in Ascalin über den Stand einer Person entschieden.

Es kam mir ziemlich lächerlich vor.

Ich wollte schon fast aufgeben und auf die ursprüngliche Website zurückkehren, als ein Name meine Aufmerksamkeit erregte. Samuel Zyndar. Königlicher Toxikologe.

Es gab am ascalinischen Königshof jemanden, der sich mit der Herstellung und Wirkungsweise von Giften befasste? War das die Lösung des Rätsels?

Ich klickte gebannt auf den Namen, um zu sehen, wer sich hinter dem Mysterium verbarg.

Ich wurde bitter enttäuscht. Samuel Zyndar kam mir absolut nicht bekannt vor. Sein blondes Haar war nach hinten gekämmt und seine blauen Augen funkelten irgendwie diabolisch in die Kamera.

Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, aber ein Stich der Frustration erfüllte meine Brust. Ich hatte erwartet – ich hatte gehofft – dass es so einfach wäre. Doch nichts an diesem verwobenen Spiel mit dem Feuer war einfach. Nichts in meinem verdammten Leben war jemals einfach.

Ich las die Bildunterschrift.

Wie ich bereits erwartet hatte, handelte es sich bei Samuel um einen Luftmagier. Es war ihm also möglich, seine Gestalt und auch seine Stimme beliebig zu verstellen, sodass er wirkte wie ein anderer Mensch. Ich dachte an die blonde, grünäugige Cassandra, die ich beim Frühstück kennengelernt hatte, und musste schlucken.

Es war unmöglich, herauszufinden, wer es war. Es konnte sogar eine Frau sein, die wir suchten.

Wir steckten wieder da fast, wo wir vorher auch gesteckt hatten.

„Ich habe etwas gefunden", erklärte ich den anderen. „Sein Name ist Samuel Zyndar. Er ist ein Luftmagier und der Beauftragte für Gifte am ascalinischen Königshof. Scheint irgendwie mit Königin Asaylle verwandt zu sein."

Dominic runzelte die Stirn. „Ich könnte schwören, diesen Namen schon einmal gehört zu haben."

Meine Augenbrauen schossen nach oben, doch der künftige König schien sich nicht mehr daran zu erinnern.

Frustriert stieß ich meinen angehaltenen Atem aus. Cassandra hatte Recht. Das war absolut unsinnig gewesen!

Hayley seufzte. „Wir wissen also jetzt, wen die Königin sehr wahrscheinlich bei uns eingeschleust hat, aber wir haben keinen blassen Schimmer, wer es ist."

Spencer seufzte und lehnte sich nun ebenfalls in seinem Stuhl zurück. Er öffnete gerade den Mund, um etwas zu sagen, als die Tür aufging und der Butler eintrat. „Sintrata wird jeden Augenblick von der Arbeit zurück sein. Sie lässt ausrichten, dass sie sich sehr freut, den König von Mavar und die Botschafterin von Vinder kennenzulernen."

Sintrata Antropolis war der Name der Feuermagierin, in deren Haus wir uns befanden. Sie und Hayley hatten sich offenbar vor ein paar Jahren kennengelernt, als die Naturmagierin über eine seltsame Droge recherchiert hatte, die es vor allem in ascalinischen Gebieten zu erwerben gab. Sie verursachte seltsame Gedanken und Halluzinationen.

Ich griff nach einer der Gurken, die zwischen mir und Cas auf einem Gemüseteller lagen und biss herzhaft davon ab. Das Mittagessen lag nun fast schon vier Stunden zurück und der Tag neigte sich schrecklich schnell dem Ende zu. Ich wollte mir nicht ausmalen, was morgen geschehen würde.

Krönungstag.

Cassandra stupste mich von der Seite mit dem Ellenbogen an. „Hey... nur weil wir diese Vision hatten, heißt das nicht, dass sie sich morgen erfüllen wird, Aria."

Ich nickte nur. Irgendetwas sagte mir, dass morgen exakt der Tag sein würde, an dem sich die Vision erfüllen würde.

Aber ich konnte nicht lange darüber nachdenken.

Zum einen, weil die Tür zum Technikraum aufflog und Sintrata Antropolis eintrat.

Zum anderen, weil Sintrata Antropolis und Kaitanjane DiMarcoPhy anscheinend ein und dieselbe Person waren.

Als der Blick der Feuermeisterin meinen traf, wurden ihre Augen groß.

„Du!", zischte sie mit ihrer tiefen Stimme.

Ich schluckte.

„Du kennst Aria?", fragte Hayley verdutzt. Die anderen hatten keine Ahnung, woher Sintrata alias Kaitanjane mich kannte. „Sie ist die vindrische Botschafterin, die du so gerne-"

Schmerz stieg in meinem inneren auf.

„Ach papperlapapp! Überhaupt nichts ist sie! Das ist eine Straßendiebin, nichts weiter! Eine Lügnerin, die euch vermutlich allen etwas vorgemacht hat und wahrscheinlich auch noch höchstpersönlich eure wertvolle Königin vergiftet hat! Eine Heuchlerin!", hetzte Kaitanjane weiter gegen mich. Sie konnte sich endlich für das revanchieren, was sich vor all den Jahren zugetragen hatte. Ihre komplette linke Gesichtshälfte war vernarbt und seltsam grau geworden. 

Eindeutig mein Verdienst.

Tränen stiegen mir in die Augen, weil sich die Scherben der Grausamkeit immer weiter in mein Herz bohrten. Ich hatte meine Freunde angelogen. Ich hatte ihnen nicht die Wahrheit gesagt und ihr Vertrauen missbraucht. Und jetzt flog alles auf.

Ich starrte sie nacheinander an. Spencer. Cassandra. Schließlich Dominic, in dessen Augen nur Schmerz und Verwirrung zu lesen waren.

Die Feuermagierin lächelte mich teuflisch an. „Wie war das mit dem Artikel in der Zeitung? Die Kutsche wurde überfallen und die Täterin festgenommen? Tja, ich glaube, die Täterin sitzt hier vor mir, nicht wahr, du kleine miese Göre? Hättest mich damals besser nie bestehlen dürfen. Oder dafür sorgen, dass deine kleine Explosion mich wirklich umbringt, was?"

Jetzt konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten, die mir über die Wangen glitten. Ich sah nur den Schmerz in Dominics Augen, die Ungläubigkeit, die in Cassandras Blick lag, und die Eismacht, die Spencer erfüllte. Er würde mich festfrieren, wenn ich auch nur eine falsche Bewegung machte.

Hass stand Kaitanjane ins Gesicht geschrieben und ihre dicken Lippen waren zu einem abstoßenden Grinsen verzogen.

Ich wagte es nicht, meine Tränen wegzuwischen.

Ich wagte es nicht einmal, zu atmen.

Der Schmerz meines eigenen Verrats erfüllte mich und rammte mir die Splitter immer wieder ins Herz, riss sie heraus und stieß sie mit neuer Kraft, mit mehr Kraft noch einmal hinein.

Meine Freunde so zu sehen war die Hölle. Wie sie mich voller Schmerz und Enttäuschung anstarrten. Wie sie bereit waren, ihre Magie sofort gegen mich einzusetzen.

Aber am schlimmsten war, dass ich sie verstand. Dass ich jeden einzelnen von ihnen verdammt nochmal zu gut verstand.

Ich hatte sie belogen.

Ich hatte sie betrogen.

Und ich hatte nicht einmal daran gedacht, was geschehen würde, wenn alles ans Licht käme.

Die Trauer und die Wut auf mich selbst überkamen mich in stetigen Wellen.

Meine Maske war gefallen. Die Wahrheit stand endlich offen.

„Es stimmt", sagte ich mit heiserer Stimme. Es klang so zerbrechlich, wie mein Herz sich gerade fühlte. Die kleinste Berührung würde es für immer zerspringen lassen. „Ich bin nicht die Botschafterin. Ich bin eine Heuchlerin und eine Lügnerin, die euch allen etwas vorgemacht hat."

Meine Stimme war nur ein Flüstern, das von gelegentlichen Schluchzern unterstützt wurde. Ich starrte die ganze Zeit über in die dunkelblauen Augen meines Königs.

„Ich habe Anas Kutsche überfallen und so getan, als wäre ich diejenige, die man geschickt hat. Ich bin keine Adelige, sondern ich lebe auf den Straßen. Ich bin nichts weiter als eine Diebin und eine Söldnerin."

Dominic starrte mich einfach an. In seinen Augen stand so viel Leid, dass ich es kaum ertragen konnte, seinem Blick standzuhalten. Schmerz und Abscheu mischten sich in die Töne des tiefen Blaus.

„Aber ich habe Helena nicht vergiftet. Ich habe die Flöte nicht angefasst und auch die Gilde nicht beauftragt, um Blairs Leben zu beenden. Ich wollte nicht einmal mehr die blöde Schatzkammer ausrauben. Mir war es wichtig, Zeit mit euch zu verbringen. Mit meinen Freunden." Immer mehr Tränen liefen mir über die Wangen. Ich wagte weiterhin nicht, mein Gesicht zu trocknen.

Kaitanjane schoss nach vorne und packte mich mit ihrer schwitzigen Hand am Unterarm. „Die Göre lügt!", zischte sie. „Sie hat Helena getötet! Sie und keine andere war es!"

Und ich fühlte das resignierte Schweigen im Raum.

Meine Freunde glaubten ihr.

Jetzt war ich endgültig fertig mit der Welt. Ich konnte nur dasitzen und weinen, während sie mich musterten wie eine Fremde. Langsam schloss ich die Augen.

„Nein, nein ich war es nicht", flüsterte ich. Flüsterte ich immer wieder, mehr zu mir selbst als zu irgendjemand anderem.

Ein letztes Mal hob ich den Kopf und sah Dominic in die Augen.

Das einzige, was ich noch sah, war Abscheu. Gegen mich.

„Ich war es nicht", sagte ich. Meine Stimme klang fest. Viel fester, als ich mich fühlte.

Plötzlich hörte ich eine leise, bekannte Stimme in meinem Kopf, die mir etwas zuflüsterte. Vertrau mir.

Und dann erhob sich die Dunkelheit über mich und riss mich aus Kaitanjanes Klauen mit sich in die Tiefe.

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