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Der Gedanke daran, dass ich in Schwierigkeiten steckte, zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht.
Dichte Wolken hatten sich vor den Himmel geschoben und kein Licht drang vom Mond oder den Sternen zu mir herunter, sodass die Schatten in den Gassen länger und tiefer erschienen. Kleine Tropfen eiskalten Schneeregens fielen von oben herunter und trafen mein Gesicht und meinen Hals. Die stetige Brise ließ die wenigen Bäume in diesem Gebiet leicht schwanken. Über der Umgebung lag eine alles verschlingende Dunkelheit und die langen Finger der Nacht ergriffen jeden Fleck, der in ihrer Reichweite lag.
Unterschiedliche Gerüche stiegen mir in die Nase. Vom kalten, nassen Duft des Regens, der die Nachtluft erfüllte, über den beißenden Gestank des Alkohols, der ständig die Straßen der Stadt durchflutete, bis hin zu der leichten Note von Kuchen, die aus irgendeinem Restaurant zu mir geschwebt war.
Unterhalb der Dachkanten beleuchteten die Straßenlaternen die verlassenen Gassen und die rutschigen Wege aus Kopfsteinpflaster. Hier und da leuchtete ein neonfarbenes Schild, das ein üppiges Restaurant oder eine heruntergekommene Bar ankündigte. Keine Leute waren auf den Straßen unterwegs, da die zunehmende Novemberkälte jeden dazu veranlasste, drinnen vor dem warmen Kamin zu sitzen und keinen Fuß nach draußen zu setzen.
Vor allem nicht, wenn es ein Uhr morgens war.
Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen und versuchte, auf dem nassen Dachfirst nicht den Halt zu verlieren, den ich zu überqueren versuchte. In der Ferne erkannte ich die verblassenden Lichter des Palastes, der das Zentrum von Akar bildete. Ich konnte die hohen, steinernen Stadtmauern sehen, die das große Gebäude umrundete, das mit zahlreichen Türmen geschmückt war. Neun Rosen ragte mitten zwischen den Häuserreihen auf, majestätisch und königlich, wie der Herrschersitz, den er darstellte. Der Palast bestand aus einer steinernen Basis, an der sich - auch außerhalb - überall Steintreppen und gläserne Aufzüge nach oben schlängelten. Auf jedem Stockwerk des Gebäudes befanden sich unzählige Balkone und Terrassen und die Stockwerke verengten sich schließlich zu neun hohen Türmen, die anklagend in den Nachthimmel stachen.
Ich konnte auch das Stadttor erkennen, auf dem das Wappen des Königreichs - Mavar - prangte: eine Rose umgeben von acht weiteren. Deshalb der Name „Neun Rosen".
Amüsiert schüttelte ich den Kopf, als ich die Kante des Daches erreichte und mit einem hohen Satz auf das nächste sprang. Statt einer Schräge erwartete mich hier ein Flachdach, was es mir deutlich einfacher machte, mich zu bewegen. Ich musste nicht immer darauf achten, wo ich meinen nächsten Schritt ausführte und stand nicht dauernd am Abgrund.
Solange es mir noch möglich war, blieb ich auf dem Beton stehen, zog den kleinen, ledernen Beutel hervor, der an meinem Gürtel befestigt war und löste die Bänder, sodass ich den Inhalt erkennen konnte: Mehrere große, runde Goldstücke glänzten in der Dunkelheit in einem tiefen Grauton.
Zum zweiten Mal an diesem Tag schenkte ich der Nacht ein Lächeln.
Ich hatte gute Arbeit geleistet. Die Münzen würden sich auf dem Schwarzmarkt für eine ordentliche Summe verkaufen lassen. Von diesem Diebstahl könnte ich mich wahrscheinlich eine ganze Woche versorgen.
Doch noch waren die kostbaren Klunker nicht verkauft. Dafür müsste ich sie erst hier wegschaffen.
Aber wie alles in meinem Leben war das leichter gesagt, als getan.
Es würde bestimmt nicht mehr lange dauern bis die Wachen, die ich vorhin auf den Dächern abgehängt hatte, mich einholen und dafür bezahlen lassen würden, dass ich so mühelos in das Apartment ihres Chefs eingedrungen war und die Münzen entwenden konnte.
Also kontrollierte ich, ob ich alle Dinge noch bei mir trug, die ich für meinen Fluchtplan benötigte, und sie nicht unterwegs irgendwo verloren hatte. Das wäre fatal gewesen, denn ewig würde ich den Männern nicht davonlaufen können. Irgendwann hätten sie mich geschnappt.
Doch zu meinem Glück befanden sich alle Requisiten noch an Ort und Stelle. Ich würde also keine Schwierigkeiten bekommen, meine Verfolger abzuhängen und irgendwo in den nächtlichen Gassen zu verschwinden.
Wenn man genauer darüber nachdachte war es ziemlich schade, dass ich ihnen nicht mehr von mir zeigen konnte, aber wahrscheinlich wären Tomaten noch das harmloseste, was sie nach mir werfen würden, wenn ich ihnen diese Vorstellung lieferte. Also beschloss ich, eine Weile zu warten, damit die drei zumindest noch einen kurzen Blick auf mich werfen konnten und meine Flucht wenigstens eine richtige Flucht wäre, ehe ich mit den Schatten verschmelzen würde.
Ich blieb nicht lange alleine.
„Habt ihr sie gesehen?"
„Wo ist das Miststück hin?"
„Wenn wir sie nicht kriegen, bringt er uns um"
„Halt die Klappe, Brody"
Die Stimmen der Wachmänner drangen an mein Ohr und bei jedem ihrer Worte wurde mein Grinsen breiter. Es war doch stets ein Vergnügen, anderen Leuten eine kleine Freude zu bereiten. Oder in meinem Fall eine kleine Schwierigkeit.
Lautlos befestigte ich den Lederbeutel wieder an meinem Gürtel und wandte den Schlägertypen den Rücken zu.
Gleichzeitig sandte ich eine leichte Welle meiner Magie aus, um herauszufinden, ob einer von ihnen eine elementare Begabung hatte.
Genau wie vieles andere in der Welt wurde Magie nicht genau definiert. Jeder Elementarbändiger hatte eine einzigartige Macht, auch wenn sich die Kräfte sowohl in Stärke oder Anwendung unterschieden, als auch in der Art des Elements.
Natürlich gab es Magien, die häufiger vorkamen, als andere - so zum Beispiel Feuer, Eis oder Metall - aber es gab auch Kräfte, die im Laufe der Zeit immer seltener geworden waren und daher nur noch einen sehr kleinen Anteil ausmachten. Diese Magien waren zum Beispiel Schatten, Wasser und Zeit.
Zudem gab es stärkere und schwächere Bändiger. Für einen starken Elementar war es üblich, seine Feinde mit einem Ball aus purer Energie zu beschießen oder sein gesamtes Haus einzuäschern, wohingegen die schwächeren meist eine eigene Taktik entwickelt hatten, die ihre Macht so gut wie möglich verstärkte.
Außerdem spürte ein Elementar die Anwesenheit fremder Magie auf seiner Haut.
Und genau diesen Effekt nutzte ich zu meinem Vorteil.
Langsam sandte ich mehr meiner kalten, harten Wellen in ihre Richtung aus und ließ sie über die Körper der Männer schwappen. Natürlich war meine Macht keine echte Welle, doch durch diese Vorstellung fiel es mir um einiges leichter, sie anzuwenden.
Ich schickte immer mehr meiner Wellen in Richtung der Kerle, die mich anscheinend immer noch nicht bemerkt hatten.
Das war ihr erster Fehler.
Nach einer Weile kam ich zu dem Schluss, dass die Wache in der Mitte - die, die gleichzeitig auch größer und stärker als die anderen war - ein kühles, angenehmes Gefühl auf meiner Haut auslöste. Es bewirkte, dass ich mich fühlte, als stünde ich auf einem eingefrorenen See und trüge nur einen Bikini. Der Anführer war also ein Herr des Eises.
Doch zu meinem Glück schienen die anderen beiden Männer keinerlei magische Begabung zu besitzen, denn sie reagierten nicht auf meine Macht. Das machte sie zu einer kleineren Bedrohung.
„Hey, da ist sie ja!", rief der Kerl am rechten Rand - Brody - plötzlich seinen Kollegen zu und begann auf mich zuzulaufen. Die beiden anderen Männer folgten ihm.
Sie hatten mich also endlich entdeckt. Dann konnte der Spaß ja losgehen.
Zügig setzte ich mich erneut in Bewegung und sprang über die Kante des nächsten Daches.
Und so ging es weiter. Fünf Minuten lang rannte ich über Firste und Flachdächer, schlitterte Schrägen hinunter und überwand einen Abstand nach dem anderen, doch die Wachen waren schwerer abzuhängen, als erwartet. Aber ich hatte einen Plan.
Ich hatte immer einen Plan.
Als ich die nächste Schlucht erreichte, löste ich das Lasso, das an meinem schwarzen Gürtel befestigt war, und drehte mich um.
Dann sprang ich in die Tiefe.
Ich warf es nach einem der steinernen Kamine, die aus den Ziegeln hervorstanden und ließ mich hinunterfallen.
Nur dass ich nicht richtig fiel.
Tatsächlich seilte ich mich eher an dem Lasso ab und landete einen Augenblick später leichtfüßig in der schmalen Gasse zwischen den Gebäuden. Normalerweise hätte das massive, raue Seil meine Hände aufgeschürft, aber dank der Handschuhe aus Kettengliedern war mir diese Ehre verwehrt geblieben. Stattdessen hatte ich mir beim Aufprall auf dem Kopfsteinpflaster den Fuß verdreht. Dieses kleine Missgeschick bewirkte, dass ich nur noch humpeln konnte, anstatt zu laufen, wie meine Verfolger es taten. Verdammt!
Wie schon früher in dieser Nacht blieb ich nicht lange ungestört. Einer der Wachmänner spähte über die Dachkante auf meine spärliche Gestalt herunter. „Jo, Larry!", rief er seinem Anführer zu, „Da ist sie"
Grinsend verbeugte ich mich spöttisch und legte einen Finger an meinen nachtblauen Hut, der meine kastanienbraunen Haare verbarg. Außerdem trug ich einen passenden Mantel über einer kugelsicheren Weste und einer dunklen Jeans, die von dem schwarzen Gürtel abgerundet wurde, an dem sich jetzt nur noch der Beutel mit den Münzen und ein weiterer Gegenstand befanden. Vollendet wurde mein Outfit von schwarzen Stiefeln.
Ich begann, den Mann zu mustern, der offenbar einen gehörigen Vorsprung gegenüber Larry und Brody hatte. Er war groß und sein Körper war außerdem ziemlich breit. Er trug einen schwarzen Anzug, der farblich mit den Haare und Augen des Kerls übereinstimmte. An seinem Halfter glänzte eine Pistole. Alles in allem wirkte er genau wie der Wachmann, der er war.
Doch als er beschloss, das Seil herunterzuklettern, begann ich, mir meinen Weg durch die Gasse zu bahnen und meine Verletzung zu überspielen. Wenn Larry und die anderen merkten, dass ich verletzt war, wäre das Spiel genauso schnell aus, wie es angefangen hatte. Was hatte ich mir denn nur dabei gedacht, auf die Typen zu warten?
Wahrscheinlich gar nichts.
Doch jetzt musste ich denken. Ich musste spekulieren und einen Plan aushecken, der mich gesund aus dieser Sache herausbrachte.
Mittlerweile hatten auch Brody und Larry das Seil erreicht und seilten sich ab, ihrem Kollegen dicht auf den Fersen. Ich erkannte, dass der Kleinere ebenfalls eine Pistole trug, konnte jedoch am Gürtel des Anführers keine erkennen. Natürlich nicht.
Er hatte ja seine Eismagie.
Erneut fühlte ich seine kühle, erfrischende Macht an meinem Körper entlanggleiten und musste ein Schaudern unterdrücken. Obwohl es erst Ende November war, hüllte die winterliche Kälte bereits alles in ihren frostigen Bann, auch ohne die Eismagie, die in Larrys Adern floss.
Ich konzentrierte mich wieder auf meine Flucht. Sicher konnte die Weste einige Kugeln abfangen, aber wenn Brody oder der andere Mann es darauf anlegten und auf meine Beine, meine Arme oder meinen Kopf zielten, würde selbst sie nicht mehr helfen. Ich musste also eine andere Möglichkeit finden, aus diesem Schlamassel zu entkommen.
Bestürzt senkte ich meine Hand auf den Beutel an meinem Gürtel.
Doch das, was meine Hand zu fassen bekam, war nicht der Beutel.
Es war der Gegenstand, der daneben befestigt war: ein einfacher Handspiegel ohne Griff.
Normalerweise benutzte ich den Spiegel um mich umzusehen oder um Ecken zu blicken, doch heute würde er einen anderen Nutzen erfüllen. Also nahm ich den Spiegel vom Gürtel und schlug ihn mit aller Kraft gegen eine Wand.
Er brach mit einem Knacken.
Langsam nahm ich eine Scherbe aus der Anordnung und zog sie mir über die Handfläche.
Blut rann aus dem Schnitt und die warme Flüssigkeit lief meine Finger entlang, um dann auf die Steine am Boden zu tropfen.
Genau das war mein Plan.
Ich wollte bewirken, dass Brody, Larry und ihr Freund mich für verletzt hielten... was ich technisch gesehen ja auch war. Aber ich wollte erreichen, dass sie unvorsichtig wurden und in meine Reichweite kamen.
Dann würde ich sie mit meiner Magie attackieren.
Also nahm ich die Scherbe und zog sie erneut über meine Haut. Dieses Mal am Oberschenkel. Außerdem hörte ich auf, mein Humpeln zu verstecken, sondern belastete meinen Fuß extra wenig, damit mein Plan funktionierte. Langsam stützte ich meine Arme an der Wand ab und ließ den Kopf hängen, als wäre ich erschöpft.
Der schwarzhaarige Kerl, den ich vorher gemustert hatte, erreichte den Boden als Erster, dicht gefolgt von Larry. Schließlich setzte auch Brody seine Füße auf festen Untergrund.
„Gut gemacht, Rick", lobte Larry den Mann, der nun auf mich zugelaufen kam. Bei den Worten seines Anführers grinste Rick.
Es würde Spaß machen, dieses Grinsen aus seinem Gesicht zu wischen.
Ich ließ nun meinen gesamten Körper an die Wand sinken, als setzte mir die Verletzung heftig zu und als könne ich mich nicht aufrichten, ohne an der Wand gestützt zu sein.
Und die drei kauften mir mein Schauspiel anscheinend ab, denn ohne die Waffen zu ziehen traten sie auf mich zu und grinsten mich an.
Das war ihr zweiter und letzter Fehler an diesem Abend.
„Na wen haben wir denn da?", fragte Brody mit einem selbstgefälligem Grinsen auf dem Gesicht.
Ich stöhnte. Ich wollte schließlich nicht, dass meine Tarnung aufflog, bevor ich wieder absolut die Herrin der Lage war.
Rick trat mir in die Rippen. „Los, du Miststück", forderte er mich auf, „rück die Münzen raus, die du gestohlen hast oder du wirst es bereuen."
Als ich nur ein weiteres mal schmerzerfüllt stöhnte, erntete ich mir einen erneuten Tritt. Allerdings hatte Rick dieses Mal all seine Kraft eingesetzt und Schmerzen explodierten in meiner Brust. Ich stieß ein Keuchen aus und sackte noch ein wenig weiter in mich zusammen.
Dann griff ich in meine Manteltasche, zog den schwarzen Samtbeutel hervor und zeigte ihn Rick. Mit gespieltem Schmerz in der Stimme verspottete ich ihn: „Ach diese Münzen meintest du". Ich nahm den Beutel zwischen drei Finger und schüttelte ihn, damit man das Geräusch von Münzen hörte, die gegeneinander stießen. Ich gab ein wahnsinniges Kichern von mir und tat so, als fände ich irgendetwas an dieser Situation gerade extrem amüsant.
Tatsächlich tat ich das auch. Rick war dumm genug und fiel immer noch auf mein Theater herein. Er hätte es besser wissen müssen.
Doch er runzelte nur die Stirn und trat ein paar Schritte zurück. „Die ist vollkommen durchgedreht", hörte ich sein warnendes Zischen, doch Larry schien es überhört zu haben. Oder er hatte bewusst nicht hingehört.
Letztendlich spielte es keine Rolle.
Larry schritt auf mich zu, ging vor mir in die Hocke und starrte mir in die magentafarbenen Augen, in die ich so viel rohen Schmerz legte, wie mir möglich war. Schließlich wollte ich glaubwürdig aussehen.
Dennoch schlossen sich meine kalten Finger fast krampfartig um den Samtbeutel in meiner Hand. Larry würde das Gold nicht kampflos bekommen. Dafür war ich zu weit gekommen. Hatte zu viel riskiert und zu viel aufs Spiel gesetzt.
Nein. Ich würde den Beutel nicht loslassen, koste es, was es wolle.
Plötzlich spürte ich die kalte Macht in der Luft um mich herum, stärker, als ich sie je gespürt hatte.
Larry setzte endlich seine Eismagie ein, um mich zu töten. So, wie er es wahrscheinlich von Anfang an hatte machen wollen.
Der Wachmann sammelte immer mehr von seiner Magie in der Handfläche und ich wusste, dass ich seinem Angriff nicht entkommen könnte - selbst, wenn er ein schwacher Magier war.
Also setzte ich nun auch meine eigenen Kräfte ein.
Ich streckte meine Finger nach Larrys Handgelenk aus und berührte seine Haut, als wollte ich ihn bitten, mich nicht einzufrieren, mich nicht zu töten. Ich tat so, als würde ich hoffen, dass er mich verschonte. Bitte! Als hätte ich es nötig, jemals vor jemandem um etwas wie Gnade zu betteln.
Der Eiselementar runzelte zwar die Stirn, allerdings entzog er sich meinem Griff nicht, weil er mich offenbar nicht als Bedrohung ansah. Narr!
Da ich nicht wie er ein Element kontrollieren konnte, war ich auch kein klassischer Elementar. Meine Macht war anders. Besonders. Gefährlich.
Meine Wellen machten es mir möglich, die Magie anderer Leute anzuzapfen, wenn ich ihre Haut berührte. Ich konnte verschiedene Elemente kontrollieren, je nachdem, wen ich gerade berührte. Ich nannte meine Magie gerne Übertragungsmacht, weil ich den Namen irgendwie passend fand. Schließlich übertrug ich die Magie anderer quasi in meinen eigenen Körper. Niemand außer mir wusste von meiner Begabung und ich hatte auch nicht vor, sie in absehbarer Zeit anderen Menschen anzuvertrauen. Dafür vertraute ich zu wenig.
Als ich also Larrys Haut berührte, begann ich langsam, meine Wellen in seinen Körper zu pumpen und darin vorzudringen, bis ich den hellblauen, leuchtenden Kern seiner elementaren Fähigkeiten fand. Ich ließ immer mehr der strahlend kalten Energie in mich überfließen und sammelte sie in meinen Handflächen, direkt über dem Schnitt, den ich mir selbst zugefügt hatte.
Als meine Hände anfingen in einem milchigem Weiß zu glühen, zogen sich weitere tiefe Falten über Larrys Gesicht.
Allerdings wurden die Furchen in seiner Haut schnell von schrecklicher Erkenntnis abgelöst. Entsetzt starrte er mich an, weil er meine Eismagie vorher anscheinend nicht gespürt hatte.
Wie auch? Ich benutzte ja seine.
Als ich genug Macht in meinen Fingern gesammelt hatte, gab ich sie frei und bewegte meine Hand in einem Bogen vor mir.
Ich hatte nie vorgehabt, Larry, Rick oder Brody zu attackieren. Stattdessen hatte ich mit meiner Übertragung die Eismagie eingesetzt, um eine kalte Barriere zwischen mich und die Wachen zu ziehen, sodass sie mich nicht weiter verfolgten. Ich hatte sogar noch genug Magie übrig, um sie in die Schnittwunden an meinem Oberschenkel und auf meiner Handfläche fließen zu lassen und so den Schmerz zu lindern, bis ich mir auf dem Schwarzmarkt eine heilende Salbe besorgen würde.
Allerdings hatte ich durch die Eismagie in meinen Händen den Samtbeutel inmitten der kalten Barriere eingefroren. Und ohne weitere Magie hätte ich keine Chance, ihn dort wieder herauszuholen.
Aber ich wusste, dass die Kerle mich in Ruhe lassen würden, wenn sie erkannten, dass die gestohlenen Münzen direkt vor ihrer Nase waren, wenn auch vereist. Für Larry und seine Macht wäre es kein Problem, den Beutel aus der Schicht zu befreien, also sollte ich mich aus dem Staub machen, bevor die drei die Beute sicherstellten und ihre Konzentration auf etwas anderes lenken würden.
Mich.
Also griff ich meinen nachtblauen Hut vom Boden, erhob mich und humpelte ans Ende der Gasse, um dann abzubiegen und in dem Gewirr aus Straßen zu verschwinden, das sich überall durch Akar zog.
Nachdem ich einige Umwege gegangen war und mir sicher sein konnte, dass mir niemand folgte, senkte ich die Hand auf den schwarzen Samtbeutel, der immer noch an meinem Gürtel hing - der Beutel, in dem sich all das Gold befand, das ich heute gestohlen hatte.
Zum dritten Mal an diesem kalten Abend lächelte ich, obwohl mich der eiskalte Regen immer wieder im Gesicht traf.
„Viel Spaß mit den Billigimitaten, Schätzchen"
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