Loki saß unter einem Baum in den umfangreichen Gärten Asgards. Der Prinz blickte zu den Sternen empor. In dieser Nacht schienen sie besonders hell zu strahlen. Er legte das Buch über Dichtkunst zur Seite und lehnte den Kopf an den Baumstamm. Er dachte über das Gelesene nach. In einen der Texte war die Metapher Traurigkeit ist eine fallende Träne vorgekommen. Dieser Satz gefiel ihm. Er erinnerte den Gott daran, dass alle Traurigkeit einmal enden würde. So wie jede Träne auf den Boden zerschellte. Ein Lächeln umspielte seine schmalen Lippen. Alles verging, aber Erinnerungen konnten ebenfalls schmerzen. Und auch die Tatsache, dass Loki ein Eisriese war half nicht, dieses Gefühl zu bewältigen. Der Gott verstand selbst nicht warum er in letzter Zeit so deprimiert war. Zu viel war geschehen. Die Ereignisse in Jotunheim hatten ihm schlimm zugesetzt, doch im Vergleich zu der Leere, die Thor hinterließ als nach Migard ging, war dies harmlos. Er verstand selbst nicht was in ihm vorging.
Nein, er wollte es nicht wahr haben. Loki wusste nur zu gut, was das Kribbeln in seinem Bauch bedeutete, wenn Thor in der Nähe war. Und manchmal ließ er seine Fantasie in Tage ausschweifen, die nie kommen würden. Glückliche Zeiten. Doch der Gott wusste, irgendwo hatte er den Glauben an das Gute schon vor langer Zeit verloren. Überraschend, in dieser Welt der Grausamkeit.
In Gedanken versunken griff er unbewusst nach einer Kraft, welche er nur in den seltensten Fällen benutzte. Die Macht der Telepathie.
Fast ihm selben Augenblick stand er vor Thor.
Er saß auf einen Stuhl. In einem Raum. Er war allein. Die Wände waren verglast. Außerhalb liefen einige Männer mit schicken Anzügen und einige schwer bewaffnete Männer.
Männer die von S.H.I.E.L.D davon beauftragt wurden den Fall von Mjölnir genauer zu untersuchen.
Doch durch Lokis Illusion konnten sie den Gott der Lügen nicht wahrnehmen. Er war nur für Thor sichtbar. Jedenfalls für diesen Augenblick.
"Loki!" Der Donnergott klang erleichtert. "Bitte hol mich hier raus!"
Lokis traurige Augen schienen dem Blonden bis auf den Grund seiner Seele zu blicken.
"Ich würde, aber ich kann nicht. Vergib mir." Verwirrt sah der Donnergott seinen vermeintlichen Bruder an.
"Diese Welt hat mich mein Leben lang belogen. Verzeih, aber ich will meine Rache." Er hält kurz inne. "Ich liebe dich, Thor."
"Was ist los mit dir?"
Loki erinnerte sich an sein Buch.
"Traurigkeit ist eine fallende Träne", antwortete er mit gebrocher Stimme.