Date über den Wolken
Meine zittrigen Hände fahren über den weichen Stoff meines nachtblauen Kleides. Mein blondes Haar habe ich zu einem Dutt zusammengebunden. Nur zwei Strähnen baumeln vorne heraus. Während ich noch einmal nachsehe, ob meine Wimpern perfekt getuscht sind, versuche ich mir erneut klarzumachen, weshalb ich so perfekt vor meinem Spiegel stehe. Ich habe ein Date mit einer Berühmtheit. Ein Date mit einem Superhelden. Ich kann es kaum fassen. Und doch ich es passiert. Erneut rufe ich mir den Moment ins Gedächtnis, der zu dieser Situation geführt hat.
Nichts ahnend gehe ich abends durch die Straßen von Brooklyn. Der Himmel ist dicht bewölkt, nicht einmal der Schein des vollen Mondes trifft auf die Erdoberfläche. Die frische Nachtluft umhüllt meine Beine und lässt die Kälte in mir hinaufkriechen. Ich hasse es, nachts alleine draußen zu sein. Doch was tut man nicht alles, damit die beste Freundin ganz zufällig auf der selben Party aufkreuzt, wie ihr Schwarm. Wer hätte denn damit rechnen können, dass Mel ihn doch endlich anspricht und ich plötzlich nur noch das dritte Rad am Wagen bin? Ich zumindest nicht. Und doch ist es passiert und ich habe mich aus dem Staub gemacht, als die beiden anfingen, sich abzuschlecken. Die Blöße musste ich mir dann doch nicht geben.
Völlig in meine Gedanken vertieft, merke ich nicht, wie mir einige dunkle Gestalten entgegenkommen. »Hey Süße«, ruft einer der Männer. Ein anderer zieht mich in eine Seitengasse, umringt von den anderen Typen. »Was macht ein hübsches Mädchen wie du ganz alleine hier? Müsstest du nicht eine Begleitung bei dir haben?«, fragt mein Gegenüber mit rauchiger Stimme. Er stinkt nach Rauch, hält es aber nicht für nötig, Abstand zu halten, damit meine Nase nicht abstirbt. Stattdessen greift er in mein Haar. Schnell schlage ich seine Hand weg. »Verpiss dich, du Ekel«, zische ich und hebe mein Bein, um es ihm genau zwischen die Beine zu rammen. Doch er hat gute Reflexe und drückt seine Beine zusammen, sodass mein Knie zwischen seinen Oberschenkeln klemmt. »Na, na, na. Wir wollen doch nicht frech werden, junge Dame?« Ich presse mich so dicht es geht an die Wand, als eine sanfte und dennoch betonte Stimme von der Straße an meine Ohren dringt: »Ich an eurer Stelle würde sie loslassen.« Schwerschluckend sehe ich zu dem Mann, der mich festhält. »Und wenn nicht?« Die Silhouette am Eingang der Sackgasse lässt die, vor der Brust verschränkten Arme sinken und baut sich bedrohlich auf. »Andernfalls zeige ich euch, wie man mit Leuten umgeht, die eine Frau nicht richtig zu behandeln wissen.« Trotz der brenzlichen Situation schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen. »Oh, entschuldigen Sie bitte. Ich vergaß, wir sind ja schon noch im Mittelalter«, machte der Typ vor mir sich über die Wortwahl des anderen witzig. Dem Besitzer der Silhouette scheint die Lust auf Diskussionen vergangen zu sein, denn er fängt an, sich den Weg zu mir durchzuprügeln. Er dauert nicht lange, da steht er vor mir und greift behutsam nach meiner Hand. »Geht es Ihnen gut, Miss?« Ich nicke geschmeichelt. »Gut. Dann folgen Sie mir.« Er geht schnellen Schrittes aus der Gasse.
Er führt mich zu mir nach Hause, nachdem ich ihm die Adresse genannt habe. »Wäre es sehr dreist, nach Ihrer Nummer zu fragen?«, fragt er, als wir an meiner Haustür stehen. »Nachdem du mich gerettet hast? Nein. Bestimmt nicht. Gib mir dein Handy, ich speichere sie ein.« Der Mann, dessen Name Steve ist, wie ich auf dem Weg erfahren habe, reicht mir sein Handy und ich tippe meine Nummer ein. »Wir sehen uns.« Damit dreht Steve sich um und ich gehe in mein Haus.
Es klingelt an der Tür. Mein Bauch wird von einem leichten Kribbeln der Vorfreude durchzogen, als ich die Tür öffne. Mit einem schwarzen Rollkragenpulli und einer einfachen, schwarzen Jeans steht er vor mir. »Hey.« Er zieht mich in eine Umarmung und küsst mich, charmant wie eh und je, auf die Stirn. Ich lächle. »Na du?« Steve reicht mir seine Hand, die ich verträumt ergreife, meine Tür hinter mir schließe und ihm letztendlich folge, ohne Fragen zu stellen.
Er führt mich die Straße entlang, in der ich wohne, bevor wir an eine große Wiese gelangen. Ein Flugzeug steht mitten auf der Wiese und sorgt für Verwunderung aus der Ferne. »Oh wow«, hauche ich, als wir uns dem Flugzeug nähren. »Ein Privatflugzeug von einem Freund. Er hat es mir für Heute ausgeliehen. Würdest du einsteigen?« Lächelnd gehe ich die Treppe hinauf und betrachte das Flugzeug staunend von innen. »Wie wunderschön! Ich bin beeindruckt«, lächle ich. »Setz dich. Wir haben voll getankt und können mehrere Stunden in der Luft bleiben.« Aufgeregt nehme ich Platz, schnalle mich an und sehe Steve dabei zu, wie er sich mir gegenüber setzt. »So ein kreatives Date hätte ich nicht erwartet«, gebe ich lächelnd zu, während der Held sich anschnallt. »Zunächst wollte ich ganz klassisch in ein Restaurant. Gott sei Danke habe ich Tony, der mir ein paar Tipps gegeben hat«, lacht Steve und greift nach meiner Hand. Ich kenne seine Vergangenheit und auch seine heimliche Angst vor Flugzeugen. Beruhigend streiche ich über seinen Handrücken und schenke ihm ein aufmunterndes Lächeln.
Sobald wir uns abschnallen können, kommen einige Stewardessen vorbei und bringen uns ein vorbereitetes Picknickessen vorbei. »Wow!« Steve lacht. »Entweder ist das dein Lieblingswort, oder ich habe dich tatsächlich sprachlos gemacht.« Ich halte zwei Finger hoch, während ich bewundernd die Essensauswahl beobachte.
Bis tief in die Nacht bleiben wir in der Luft. Abends offenbart Steve, dass das Dach von einer Glasschicht überzogen wird und man den sichtversperrenden Teil mit einem Knopf einfahren kann. Wie liegen am Boden des Flugzeugs und betrachten den wunderschönen Nachthimmel, als Steve sich aufrichtet und mich anblickt. »Wäre es angebracht, dich jetzt zu küssen?«, haucht er kaum hörbar. Ich lächle. »Normalerweise würde ich Nein sagen. Aber du bist nicht normal.« Steve beugt sich über mich und küsst mich sanft. Lächelnd erwidere ich den Kuss und ziehe ihn näher zu mir herum. Dies ist nicht nur mein erstes Date über den Wolken, sondern garantiert auch das Beste.
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