o. PROLOG
„WIR SIND NICHT DEINE ECHTEN ELTERN, MARIGOLD."
Dieser Satz hallte immer und immer wieder in ihrem Kopf. Wir sind nicht deine echten Eltern, Marigold. Niemals hätte sie gedacht, dass sie mal so einen Satz zu hören bekam.
Diese Worte drängten sie in die Ecke. Sie spürte, wie sie an die Wand gedrückt wurde. Sie konnte nicht mehr atmen. Nach Luft ringend, versuchte sie sich zu befreien. Plötzlich gaben ihre Beine nach und sie wurde in ein Loch gezogen. Danach war alles schwarz. Marigold, riefen sie.
Marigold. Marigold. Marigold.
Sie spürte, wie jemand an ihr rüttelt und riss die Augen auf. Sie blickte in die besorgten braunen Augen ihrer Mutter.
Sie fiel demnach nicht in ein Loch, sondern war immer noch hier bei ihren Eltern. Die Eltern, die ihr sagten sie wären nicht ihre Eltern.
„Marigold, Liebling. Du bist ohnmächtig geworden. Wir haben nicht damit gerechnet, dass du es so schlimm aufnimmst." Hillary streichte ihr liebevoll über die Wange. Die Besorgnis stand immer noch in ihrem Gesicht.
Sie sollte es nicht so schlimm aufnehmen? Sie dachten, sie nimmt es nicht so schlimm auf, wenn man ihr sagte, dass ihre Eltern nicht ihre Eltern sind.
Wir sind nicht deine echten Eltern, Marigold. Dieser Satz war wie ein Echo in ihrem Kopf.
Ihr Vater setze sich zu ihr ans Bett und legte die Hände in den Schoß. Er atmete einmal tief durch bevor er sprach: „Hör zu Goldie. Wir wissen, das ist sehr viel für dich gerade und schwer zu glauben. Wir wollten es dir auch erst nicht sagen, aber wir hatten keine andere Wahl."
Warum hattet ihr keine andere Wahl, was hätte das für einen Unterschied gemacht, wollte Marigold schreien. Doch sie konnte nicht. Es kam kein Ton heraus.
„Wir lieben dich Marigold. Das haben wir schon immer. Wir möchten, dass du weißt, dass sich das niemals ändern wird. Du warst und bist wie eine eigene Tochter für uns. Wir haben dich großgezogen. Dir das Sprechen beigebracht. Dir das Laufen beigebracht. Das Fahrradfahren. Das Malen und Zeichnen. Und noch viel mehr. Und erinnere dich an all die Dinge, die wir zusammen erlebt haben. Wir waren zusammen in Norwegen und haben Bootstouren durch die Fjorde gemacht. Wir sind neben Wasserfällen gewandert und hatten die besten Aussichten unseres Lebens. Wir sind in Kalifornien von Klippen gesprungen. Und noch so viel mehr. Wir lieben dich. Genauso sehr wie Miracle. Wir haben nie einen Unterschied zwischen euch gemacht", versicherte ihr Hillary.
Und dennoch haben sie ihr etwas verschwiegen. Wir sind nicht deine echten Eltern, Marigold.
Marigold fühlte mehrere Emotionen auf einmal.
Wut. Sie war wütend auf ihre Eltern. Sie war wütend darauf, dass sie ihr ganzes Leben mit einer Lüge verbracht hatte.
Schmerz. Sie fühlte sich so, als würde man ihr mit einem Hammer in den Bauch schlagen. Sie bekam keine Luft.
Wieso konnten Worte einem nur so einen Schmerz hinzufügen?
Und dennoch fühlte sie Liebe. Denn sie liebte ihre Eltern von tiefstem Herzen, auch wenn sie ihre gerade gesagt hatten, dass sie nicht ihre Eltern waren. Aber sie verband mit ihnen so viel.
Sie erinnerte sich an die Tage, an denen sie mit ihrer Mutter Kekse gebacken hatte und sie so viel Spaß hatten, dass das Ganze in einer Mehlschlacht endete und sie beide die Küche putzten. Währenddessen hatte ihr Vater schon immer fast alle Kekse in sich hineingestopft, denn er lebte für Kekse. Die Frauen bekamen nur sehr wenig davon.
Oder als sie mit ihrem Vater angeln war. Sie hatte sich so dumm angestellt. Sie wurde von dem Fisch samt Angel ins Wasser gezogen. Ihr Vater kriegte sich gar nicht mehr ein und landete letztendlich auch in dem kleinen Weiher. Dies führte zu einer Wasserschlacht und sie brachten keinen einzigen Fisch mit nach Hause.
Sie erinnerte sich an die Shoppingtouren mit ihrer Schwester. Die beiden suchten sich immer gegenseitig irgendeine Kleidung aus. Manchmal hatten sie in den Umkleiden Fischerhüte auf oder die buntesten Farben miteinander kombiniert.
Sie liebte diese Familie.
„Deine richtigen Eltern würden dich gern zu sich nehmen. Du könntest auf die Schule dort gehen. Natürlich werden wir dich oft besuchen und du uns. Was hältst du davon? Wenn du dich dabei nicht wohlfühlst, musst du das nicht tun. Wir haben ihnen gesagt, dass das deine Entscheidung ist." Ihre Mutter lächelte sie sanft an.
„Ich soll zu ihnen kommen?", wisperte Marigold erstaunt. „Ja, sie fühlen sich nun bereit und haben genug Geld, um dich zu versorgen. Wir haben dich abgenommen, da sie überhaupt nicht für dich sorgen konnten und haben natürlich nicht gedacht, dass es für so eine lange Zeit sein wird und dass wir dich so ins Herz schließen werden. Wobei das natürlich kein Wunder ist." Elliot nahm ihre Hand in seine und drückte sie fest und fuhr fort.
„Wir lieben dich und wollen nur das Beste für dich. Wenn du deine Eltern kennenlernen möchtest, kannst du das tun, sie würden sich freuen. Du müsstet zwar dann die Schule wechseln, aber ich habe bisher nur Gutes von Hogwarts gehört. Deine Eltern waren auch der Schule."
Marigold seufzte. Sie würde Alaska verlassen. Ihre beste Freundin und auch ihre Einzige. Sie war nicht wirklich beliebt auf Ilvermorny.
„Wo leben sie?", fragte sie. „In einer Wohnung in London", meinte Hillary.
Marigold hasste Städte. Überall nur Lärm, Müll und Menschen. Und dann noch dieses riesigen hässliche Häuser. Und fast keine Natur.
Dies wusste auch ihre Mutter und sie fügte hinzu: „London ist wirklich eine schöne Stadt. Ich weiß, du bist kein Fan von Städten, aber du könntest ihr eine Chance geben."
Marigold setzte sich auf schaute nachdenklich aus dem Fenster über ihrem Bett. Der Himmel hatte sich bereits rot verfärbt. Er strahlte in einem roten, orangen und sogar pinken Licht. Normalerweise würde sie jetzt lächeln, denn sie liebte Sonnenuntergänge, aber im Moment konnte sie nicht lächeln.
„Könnt ihr bitte gehen, ich muss nachdenken", bat sie höflich ihre Eltern zu gehen. Beide nickten verständnisvoll und Hillary drückte ihr einen Kuss auf die Wange, als sie schließlich das Zimmer verließen.
Wir sind nicht deine echten Eltern, Marigold.
Marigold seufzte und stand auf, um sich an ihren Schreibtisch zu setzen. Sie nahm ein Stück Pergament und ihre Feder, die sie in Tinte tauchte und fing an zu schreiben.
Meine liebste Alaska,
du wirst kaum glauben, was ich erfahren habe! Meine Eltern sind nicht meine Eltern. Ist das zu glauben? Es ist ein ziemlicher Schock für mich..
Jedenfalls wollen mich meine richtigen Eltern kennenlernen. Aber dazu muss ich nach London und dann auch in eine andere Schule. Nach Hogwarts. Ich muss da nicht unbedingt hin, sagen zumindest meine „Eltern" (Hillary & Elliot). Aber ich glaube ich tu es. Ich glaube, ich will meine Eltern kennenlernen.
Es tut mir leid, dich dafür verlassen zu müssen. Wir können nicht mehr nach der Schule Eisessen gehen. Und nicht mehr unsere Nachmittage in Einkaufszentren oder Bibliotheken verbringen oder gemeinsam Sonnenuntergänge anschauen. Es ist schrecklich! Aber wir werden uns wieder sehen. Ich verspreche es dir!
Ich hab' dich so lieb bis zum Mond und zurück.
Deine Lieblingsmarigold
P.S. Vergiss mich nicht!
Sie legte die Feder weg und rollte das Pergament zusammen. Sie gab es der Familieneule und schaute ihr hinterher, wie sie in die Luft stieg und immer kleiner wurde.
Sie entschied sich für Hogwarts und ihre Eltern und wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ihr Leben eine 180 Grad Wendung bekam und sie zum ersten Mal erlebte, wie sich wahre Liebe anfühlte.
Das war der Prolog, ich hoffe, er gefällt euch! Lasst gerne einen Like und einen Kommentar da. Darüber würde ich mich sehr freuen :)
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