🌊 Kapitel 2 🌊
Im schwachen Licht der Kerze sah Mike eine Sprossenleiter, die in die Dunkelheit führte. Er atmete tief ein und nahm seinen ganzen Mut zusammen. Irgendetwas dort unten zog ihn wie magisch an. Er musste herausfinden, was es war.
Vorsichtig trat er auf die oberste Sprosse. Die Leiter schien schräg nach unten zu verlaufen, sodass er einen sicheren Stand hatte. Er wagte den nächsten Schritt in die Finsternis. Je weiter er hinabstieg, desto dunkler wurde es, und er konnte immer weniger sehen. Das schwache Licht der Kerze flackerte. Es warf nur einen kleinen Lichtkreis um ihn herum. Das Holz knarrte, während er die Leiter runterkletterte. Mike setzte einen Fuß nach dem anderen und stieg immer weiter hinab.
Dann nach einer gefühlten Ewigkeit war Mike am Ende der Leiter angekommen. Er hielt die Kerze hoch und sah sich um. Es gab nicht viel zu sehen, da das schwache Licht kaum etwas erhellen konnte. Aber im flackernden Schein entdeckte er sonderbare Umrisse. Mit klopfendem Herzen ging er darauf zu.
Erleichterung durchflutete ihn, als er erkannte, dass es mehrere Türen waren, die im Schatten verborgen gewesen waren. Das Holz der Türen war verwittert. Der Geruch von Salz und altem Holz hing in der Luft. Er konnte das Plätschern des Wassers hören, auch wenn es sehr leise war, was eine unheimliche Atmosphäre schuf. Mike fühlte sich zunehmend unruhig. Die Kerze warf tanzende Schatten an die Wände, und das Holz knarrte unheimlich bei jedem seiner Schritte.
Mike entschied sich, die erste Tür zu öffnen. Sie quietschte laut, und er zuckte zusammen. Stocksteif blieb er stehen und lauschte in die Dunkelheit. Doch das einzige Geräusch in der Nacht blieb das leise Rauschen des Ozeans.
Er schob sich vorsichtig durch die entstandene Lücke. Das Licht der Kerze leuchtete schwach im Raum und enthüllte verwitterte Holzmöbel. Der Schreibtisch war mit verblassten Karten und vergilbten Notizen bedeckt. Die Luft war stickig und erfüllt mit dem Geruch von Meersalz und altem Papier.
Mike wandte sich dem Regal zu. Darin standen seltsame Figuren. Eine Delfinfigur hob sich durch ihr glänzendes Material von den anderen eingestaubten Figuren ab. Stolz und erhaben stand sie neben einem kleinen Modellboot, das fein gearbeitet war, aber deutliche Spuren des Alters zeigte. Es sah aus, als wäre die Delfinfigur erst vor Kurzem hier hingestellt worden.
Mike spürte ein Kribbeln und das drängende Verlangen, sie zu berühren. Er streckte die Hand aus und berührte die glänzende Figur. Der Delfin schien eine Geschichte zu erzählen, eine Geschichte von Freiheit und der Magie des Ozeans. Vielleicht war sie ein Hinweis auf die Vergangenheit dieses geheimnisvollen Schiffes. Denn eigentlich sollte so ein großes Schiff gar nicht angedockt vor der Stadt liegen, sondern auf dem Meer schwimmen. Oder es war nicht mehr seetauglich und müsste in seine Einzelteile zerlegt werden, damit sie das Holz verwerten konnten, um neue Schiffe zu bauen oder auch für die Befeuerung von Kochstellen nutzen könnten. Es galt, Ressourcen zu sparen.
Mike ging näher an das Regal heran und betrachtete die Figuren. Seiner Mutter würde die kleine Schatulle aus den unterschiedlichsten Muscheln bestimmt gefallen. Oder doch lieber das Modellboot, was ihm schon vorher aufgefallen war? Danach fiel ihm eine Glaskugel auf, die mit einer Flüssigkeit gefüllt war. Ob das Wasser war? Es war glasklar und schimmerte leicht im Kerzenschein.
Er trat einen Schritt zurück und überlegte. Delfin, Schatulle, Modellboot oder Glaskugel? Er entschied sich für die Delfinfigur. Sie hatte etwas Magisches an sich. Mike griff nach ihr, und als er sie bewegte, gab sie nach. Mit einem leisen Klicken öffnete sich ein verborgenes Fach in der Regalwand. Sein Herz raste vor Spannung, als er in das geheime Versteck blickte. Er leuchtete mit der Kerze hinein. Im Inneren entdeckte er ein altes Buch, das von Dunkelheit umgeben war. Mike hob es vorsichtig aus dem verborgenen Fach und betrachtete es mit Ehrfurcht.
Der Einband war abgenutzt. Er öffnete das Buch und blickte auf vergilbtes Papier. Langsam blätterte er in dem Buch und entdeckte, dass es alte Karten von den Meeren und den Sternen enthielt. Die Seiten waren mit verblasster Tinte beschrieben. Mike konnte die Texte aber nicht lesen, es sah nach einer Geheimschrift aus. Er betrachtete die Karten und Schriften im Buch etwas genauer. Ja, es musste sich um eine verschlüsselte Geheimschrift handeln. Die Buchstaben waren in einer falschen Reihenfolge angeordnet, und es schien, als ob nur derjenige die Botschaften entschlüsseln konnte, der den Code kannte.
Mike fühlte sich herausgefordert und gleichzeitig fasziniert von der Aufgabe, diese Geheimschrift zu knacken. Er begann, die verschiedenen Symbole und Muster auf den Karten und Sternbildern zu studieren, in der Hoffnung, Hinweise zu finden, die ihm helfen könnten, den Code zu entschlüsseln und die verborgenen Geheimnisse des Buches zu enthüllen. Doch ihm blieb nicht mehr viel Zeit, er musste wieder zurück, sonst wurde er noch erwischt.
Mike rückte die Delfinfigur wieder an ihren Platz und verstaute das Buch sicher in seinem Rucksack. Dann griff er nach der Glaskugel, um sie als Trophäe mitzunehmen. Wenn er sie seinen Mitschülern zeigte, würden sie ihm glauben, dass er hier draußen gewesen war. So eine wassergefüllte Glaskugel gab es nirgends in der Stadt. Das Buch wollte er erstmal niemandem zeigen.
Vorsichtig verließ er den Raum und zog die Tür wieder zu. Wieder quietschte sie laut auf. Diesmal erschreckte er sich aber nicht, da er es schon kannte, stattdessen schmunzelte er leicht und ging zur nächsten Tür. Mit einem Blick auf seine Kerze merkte er, dass sie schon einen Zeitmarker heruntergebrannt war, was bedeutete, dass er über eine Stunde hier unten war. Er überlegte eine Weile und entschied sich schließlich dazu, wieder nach oben zu gehen.
Am Fuß der Leiter angekommen, blies er die Kerze aus. Es war stockfinster, und er konnte nichts sehen. Nachdem er etwas geblinzelt hatte, gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, und er konnte durch die Luke schwach das Licht des Mondes und der Sterne sehen. Mike kletterte vorsichtig die Leiter nach oben und durch die Luke auf das Schiffsdeck. Dann, mit einem letzten Blick in die Dunkelheit, schloss er die Luke und verließ leise das Schiff.
Als er vor dem Schiff stand und es ein letztes Mal betrachtete, fiel ihm im schwachen Schein des Mondes am Bug des Schiffes der Name "Marevita" auf. Er glänzte leicht in eleganten, goldverzierten Buchstaben. Mike stellte sich vor, was die Leute früher auf dem Schiff erlebt hatten und welche Geschichten und Reisen dieses Schiff in der Vergangenheit erlebt haben mochte. Die kühle Meeresbrise trug den salzigen Duft des Ozeans und das leise Rauschen der Wellen herüber.
Mike dachte über den seltsamen Schiffsnamen nach, während er sich umdrehte und im Schatten der Dunkelheit zurück zur Mauer schlich. Dabei entging ihm, dass das Schiff von Nebel eingehüllt wurde und immer mehr mit der Nacht verschmolz, bis es nicht mehr zu sehen war.
Der erste Schritt für eine neue Welt war in dieser Nacht getan worden, doch Mike ahnte noch nicht, was die Zukunft für ihn bereithielt.
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🌊 Wörter 1.146
🌊 Wörter insgesamtt 3.819
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