15
Am nächsten Morgen wachte ich mit einem seltsamen Gefühl auf. Es war das erste Mal seit Tagen, dass ich keine Nachricht von Minho bekam. Keine Anweisungen, keine Vorschriften, keine spöttischen Kommentare darüber, was ich anziehen sollte.
Ich war mir nicht sicher, ob ich das als gutes oder schlechtes Zeichen deuten sollte.
Mit einem leichten Stirnrunzeln trat ich vor meinen Schrank und ließ meinen Blick über die Kleidung wandern. Wenn Minho mir keine Vorgaben machte, dann entschied ich eben selbst.
Ich griff nach einem oversized schwarzen T-Shirt, das einen verwaschenen Print hatte, und zog es mir über. Der Stoff war weich, angenehm auf der Haut, und der leicht grungige Look gefiel mir. Dazu kombinierte ich eine extrem weite, weiße Hose mit großen Cut-Outs an den Knien, die dem Ganzen eine gewisse Struktur verlieh.
Schwarz-weiße Sneakers, eine schwarze Cap mit feiner Stickerei
Dann betrachtete ich mich im Spiegel.
Ich mochte es.
Es war mein Stil, meine Wahl. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte ich mich wirklich wie ich selbst.
Spontan zückte ich mein Handy und machte ein Foto. Der Winkel war gut, das Licht passte – ich sah zufrieden aus. Mein Finger schwebte einen Moment lang über dem Nachrichtensymbol. Mein Blick glitt zu Minhos Chat.
Ich wollte es ihm schicken.
Aber dann hielt ich inne.
Warum sollte ich ihm überhaupt zeigen, was ich trug? Warum sollte ich seine Meinung dazu hören müssen? Ich biss mir auf die Lippe, sperrte das Handy und steckte es zurück in meine Tasche.
Er musste nicht alles kontrollieren.
-
Draußen vor der Schule wartete Minho bereits.
Ich erkannte ihn sofort, selbst aus der Ferne. Lässig angelehnt an das Geländer, Arme verschränkt, dieser typische Ausdruck von Selbstsicherheit auf seinem Gesicht. Ich hatte nicht einmal die Chance, nachzudenken, bevor er sich von der Stelle löste und auf mich zukam.
„Da bist du ja endlich, Prinzessin“, begrüßte er mich mit einem schiefen Grinsen, bevor er mich ohne Vorwarnung in eine Umarmung zog.
Mein Körper erstarrte für den Bruchteil einer Sekunde, aber es war fast schon Routine geworden, also ließ ich es geschehen. Seine Arme um mich waren fest, sein Duft vertraut, und bevor ich überhaupt verarbeiten konnte, was geschah, spürte ich seine Lippen kurz auf meiner Wange.
Ich wollte mich abwenden, wollte ihm sagen, dass er das lassen sollte – aber er griff bereits nach meinem Rucksack und zog ihn mir mühelos von der Schulter.
„Was …?“ Ich runzelte die Stirn.
„Ich trag das für dich“, meinte er grinsend, als wäre es das Normalste der Welt. Dann musterte er mich von oben bis unten und schnalzte mit der Zunge. „Keine Nachricht von mir und schon vergisst du, dich richtig anzuziehen?“
Ich verschränkte die Arme. „Ich hab mir das selbst ausgesucht.“
„Oh, wirklich?“ Er ließ seinen Blick erneut über mein Outfit wandern, dann zog er eine Augenbraue hoch. „Nicht schlecht, Prinzessin. Sieht fast so aus, als hättest du Geschmack.“
Ich verdrehte die Augen, doch bevor ich etwas erwidern konnte, lehnte er sich näher zu mir.
„Aber mal ehrlich“, raunte er mit einem herausfordernden Lächeln, „du hast mich vermisst, oder?“
Ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden, und drehte den Kopf zur Seite.
„Träum weiter, Minho.“
Er lachte leise und legte eine Hand auf meinen Rücken, während wir gemeinsam Richtung Schule gingen.
Ich hasste es, dass mein Herz schneller schlug.
-
Die Tür der Kabine fiel hinter mir ins Schloss, und bevor ich überhaupt protestieren konnte, spürte ich Minhos Hände an meiner Taille.
„Minho–“ begann ich, doch meine Stimme brach, als er sich näher an mich drückte, seine Wärme mich umhüllte.
„Schh.“ Seine Lippen streiften mein Ohr, sein Atem heiß gegen meine Haut. „Du zappelst schon wieder, Prinzessin.“
Ich wollte mich wehren – oder zumindest etwas sagen –, doch dann legte er seine Hände auf meine Hüften, zog mich sanft näher und ließ seine Finger an meinem Rücken auf und ab gleiten. Es war keine grobe Berührung, nichts, was sich aufdrängte, und genau das machte es schlimmer. Es war sanft. Fast zärtlich. Und es verwirrte mich.
„Weißt du eigentlich, wie süß du bist, wenn du nervös wirst?“ Minho lachte leise, sein Kopf senkte sich, bis seine Lippen an meinem Hals anlagen.
„Ich glaube, du magst das mehr, als du dir eingestehst.“
Mein Atem stockte, als er mich genau dort küsste, wo meine Haut am empfindlichsten war. Ein Zittern lief mir über den Rücken.
„Minho, wir sind in der Schule“, murmelte ich, versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen.
„Oh, wirklich?“ Er lachte wieder, tief und leise, sein Brustkorb vibrierte gegen meinen. „Dann solltest du vielleicht aufpassen, nicht zu laut zu sein, hm?“
Seine Finger strichen über den Stoff meines Shirts, fuhren die Konturen meines Körpers nach, ohne zu fordernd zu sein. Gerade so viel, dass meine Sinne zu brennen begannen.
Ich schloss die Augen. Mein Herz schlug viel zu schnell, mein Kopf war ein einziges Durcheinander. Warum ließ ich das zu? Warum fühlte es sich so… gut an?
„Du denkst zu viel nach“, murmelte Minho und hob mein Kinn an, sodass ich ihn ansehen musste. Seine Augen funkelten, herausfordernd und doch… weich? Ich wusste es nicht mehr. Ich wusste gar nichts mehr.
„Sag mir nicht, du hast nicht an mich gedacht, als du dir heute dein Outfit ausgesucht hast.“
Mein Gesicht wurde heiß. Ich hatte es wirklich getan. Und er wusste es.
Minho grinste, als hätte er gerade meine tiefsten Gedanken gelesen. Dann zog er sein Handy aus der Tasche.
„Lächel für mich, Prinzessin.“
Bevor ich protestieren konnte, blitzte das Kameralicht auf. Mein Gesicht auf dem Bildschirm – gerötete Wangen, leicht geöffnete Lippen, Augen, die viel zu viel sagten.
„Perfekt.“ Minho ließ das Handy sinken, betrachtete mich noch einen Moment. Dann senkte er sich erneut zu mir und raunte:
„Jetzt gehörst du ganz mir.“
Die Atmosphäre zwischen uns war zum Zerreißen gespannt, meine Haut brannte unter Minhos Berührungen, mein Atem ging viel zu schnell. Ich wusste nicht mehr, was richtig oder falsch war, wusste nur, dass ich mich in diesem Moment völlig in ihm verlor.
Seine Hand rutschte weiter runter, ich bewegte meine Beine ein Stückchen auseinander...
Dann quietschte die Tür zum Waschraum.
Ich riss erschrocken die Augen auf.
Minho reagierte sofort. Seine Hand schnellte nach oben, legte sich fest, aber sanft über meinen Mund, bevor ich überhaupt einen Laut von mir geben konnte.
Sein Blick traf meinen – ein stummer Befehl: Sei. Still.
Mein Herz raste. Schritte hallten durch den Raum, näherten sich den Waschbecken. Jemand drehte den Wasserhahn auf. Mein Körper war angespannt, jede Faser in mir schrie, dass das hier falsch war, dass wir erwischt werden könnten.
Doch Minho wirkte völlig ruhig.
Er beugte sich leicht vor, seine Lippen nur einen Hauch von meiner Haut entfernt, während seine Finger sich fester um meinen Mund schlossen. Ich konnte seinen Atem an meiner Wange spüren, warm und gleichmäßig, als wäre das hier nichts weiter als ein Spiel für ihn.
Mein Magen zog sich zusammen.
Draußen im Waschraum plätscherte das Wasser.
Der andere Junge summte leise vor sich hin. Er blieb noch einen Moment, vermutlich um sein Aussehen zu checken, während ich in der engen Kabine gefangen war – mit Minho, der mich nicht losließ.
Dann endlich – endlich – hörte ich Schritte, die sich entfernten. Die Tür zum Waschraum öffnete sich, schloss sich wieder. Stille.
Minho wartete noch eine Sekunde, dann löste er langsam die Hand von meinem Mund.
„Na, Prinzessin?“ Seine Stimme war kaum mehr als ein gehauchtes Flüstern. „Du bist ja rot wie eine Tomate.“
Ich blinzelte ihn an, mein Atem immer noch flach. „Das hätte echt schiefgehen können.“
Er grinste. „Ist es aber nicht.“
Ich wollte ihm irgendwas an den Kopf werfen, ihn vielleicht endlich wegstoßen – aber meine Beine fühlten sich an wie Pudding.
Und das Schlimmste?
Mein Körper erinnerte sich noch immer an seine Berührungen.
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