VII
«Ich weiß gar nichts aus deiner Vergangenheit», stellte ich in diesem Moment fest.
«Und ich nichts aus deiner», grinste Mark, «Aber das können wir ja ändern. Lass das so wie so ein Spiel machen. Immer abwechselnd die coolsten, schönsten oder prägendsten Geschichten aus unserer Vergangenheit erzählen. Du fängst an.»
«Du bist ein Idiot», murmelte ich schmunzelnd.
«Dein Idiot.» Er setzte sich auf und lehnte sich gegen einen Baum, der knapp hinter ihm stand. Behutsam legte ich meinen Kopf auf seine Beine. Wie automatisch fuhr Marks eine Hand an meine Haare, um damit zu spielen, und seine andere umfasste meine.
«Ähm, na ja... das ist schwierig. Lass mich überlegen», flüsterte ich. Warum ich meine Stimme nicht lauter werden ließ, wusste ich selber nicht wirklich. Wahrscheinlich war es einfach die Stille hier und die angenehme Atmosphäre, die ich auf gar keinen Fall zerstören wollte.
«Also, das war als ich glaube ich acht war oder so etwas. Bei mir in der Nähe wohnten ziemlich viele aus meiner Klasse und wenn man sich mit einem von ihnen getroffen hat, war man nach sehr kurzer Zeit eine ziemlich große Gruppe. Wir mochten uns alle. Dort war auch ein Park in der Nähe und an einem Tag wurde wohl vorher der Rasen gemäht. Auf jeden Fall lagen überall Haufen mit Gras und wir haben einfach angefangen uns damit abzuwerfen. Es wurde eine ziemliche Schlacht. Es war wirklich lustig. Wir sind alle dort herumgelaufen und na ja, danach war der Großteil unserer Klamotten grün gefärbt, aber es hat niemanden interessiert, weil wir einfach wahnsinnigen Spaß gehabt haben.»
Während ich geredet hatte, hatte Mark ab und zu ein leises Lachen von sich gegeben.
«Das hört sich schön an. Ich glaube deine Kindheit war um einiges cooler als meine. Ich bin ja schon seit Ewigkeiten hier. Ich glaube ich habe hier mit fünf angefangen. Das heißt, dass ich schon immer hier war. Im Internat bin ich zwar erst seit zwei Jahren, aber ich habe eben schon immer hier gespielt. Das hieß, dass ich ungefähr immer Training hatte. Einmal, das war lustig, haben ein paar Jungen aus der Mannschaft und ich keine Lust auf das Training gehabt. Ich glaube wir waren sieben. Na ja, unser Trainer war noch kurz auf Klo und dann sind wir kurzer Hand in den Wald gelaufen und haben Räuber und Gendarm gespielt. Die einen sind weggelaufen und wir haben sie gesucht. Das habe wir wirklich lange gemacht. Irgendwann war es dunkel und wir haben weiter gespielt. Immer weiter bis es irgendwann wieder hell war. Wir alle hatten eben nie Zeit, um irgendwelche Spiele zu spielen und die haben wir uns dann einfach genommen. Irgendwann waren wir Müde und hatten Hunger und wir wollten zurück zum Trainingscenter, aber... Na ja, wir waren eben kleine Kinder und haben uns verlaufen. Wir waren noch nicht mal auf einem Weg. Wir waren irgendwo mitten im Wald. Irgendwann hat uns dann die Polizei gefunden. Wir haben alle mächtig Ärger bekommen, aber das war es auf jeden Fall wert.»
Ich musste auch laut loslachen. In meinem Kopf stellte ich mir einen kleinen Mark vor, der irgendwo alleine im Wald war und nicht mehr wusste, wo er lang musste, um nach Hause zu kommen.
«Und du sagst, dass deine Kindheit nicht cool war.» «Na ja, das war die einzige coole Geschichte, die mir eingefallen ist. Sonst bin ich zur Schule gegangen und habe Fußball gespielt und das haben wir uns nicht nochmal geleistet.» Er sah irgendwie traurig aus, aber auch glücklich. «Du bist dran», forderte er mich auf etwas zu erzählen, bevor ich ihn fragen konnte, ob alles ok war.
«Okay, gut. Na ja, die Geschichte ist noch nicht so lange her, aber ich mag sie. Also, es war an einem Freitagabend glaube ich. Ich kam gerade vom Training und ich war total fertig. Ich kam nach Hause, bin unter die Dusche gegangen und habe mir dann einfach unten in der Küche ein Brot gemacht. Ich habe währenddessen einen Podcast gehört. Mugglecast heißt der, falls du den mal... »
Schnell unterbrach Mark mich: «Du weißt, dass ich mir das jeden Abend für dich anhöre und nicht, weil ich Harry Potter so gerne mag, also... nein ich möchte den nicht hören.» Ich musste lachen.
«Na ja, gut, wenn du meinst. Aber du weißt, dass Harry Potter einfach der Wahnsinn ist und auf diese Diskussion habe ich jetzt keine Lust, bevor du irgendwas sagst, ja? Ich erzähl einfach weiter. Also, ich habe so diesen Podcast gehört und nachdem ich aufgegessen hatte, bin ich in mein Zimmer hochgegangen und habe mich einfach auf mein Bett fallen lassen und wollte einfach nur schlafen, als ich die Stimme von Sebastian gehört habe. Er hat glaube ich gesagt: ‹Du bist so müde, dass du mich einfach übersiehst? Jetzt fühle ich mich gekränkt› Dann ist er aufgestanden und hat sich einfach zu mir gelegt und wir sind nebeneinander eingeschlafen und weißt du, genau wegen solchen Sachen habe ich ihn geliebt. Er war einfach da. Er musste nicht mit mir reden oder irgendwas. Er brauchte noch nicht mal meine Erlaubnis ins Haus zu kommen. Er wusste einfach, wann ich ihn dahaben wollte und wann nicht.»
«Du hast ihn wirklich geliebt, oder?» Mark hörte sich nicht wirklich gekränkt an, nur etwas... traurig eben. Stumm nickte ich.
«Wärst du mit ihm zusammen, wenn er mit dir nach hier gekommen wäre oder wenn du da geblieben wärst?» Er sah mich nicht an, sondern blickte in den Himmel herauf in dem man nur ein paar Sterne sehen konnte. Das war auch ein Nachteil der Großstadt. Man konnte nie wirklich viele Sterne sehen.
«Mark, ich weiß es nicht. Höchstwahrscheinlich, ja. Wenn ich dort geblieben wäre, wüsste ich nicht, was uns hätte auseinander bringen können und hier... was wäre ich für ein Arsch gewesen, wenn ich etwas mit dir angefangen hätte, obwohl ich noch mit Sebastian zusammen bin?» Irgendwie versuchte ich ihm das zu sagen, ohne ihn zu verletzen.
«Ich... ich verstehe das. Du, na ja... Das, was ihr hattet, hört sich eben wirklich besonders an und das, was wir hier haben, das ist eben nichts Besonderes. Ich... ich bin eben nicht so besonders wie er.»
Er weinte nicht, doch es hörte sich stark so an als wäre er nur kurz davor, dies zu tun. Schnell setze ich mich auf und nahm sein Gesicht in meine Hände. «Du, Mark, du bist besonders. Wirklich, ich liebe dich und das was ich gerade gesagt habe, ist alles nur hypothetisch. Du bist das, was ich im Moment brauche», hauchte ich und hauchte ihm einen Kuss auf seine Stirn. Genau wie Sebastian es so oft bei mir gemach hatte und mich hatte es immer gut fühlen lassen.
«Ich liebe dich auch», hauchte er. «Aber ich möchte etwas, ich möchte in den nächsten Wochen mit dir nach Stolberg fahren. Du sollst mit Sebastian reden und dann gucken, mit wem von uns beiden du zusammen sein möchtest, ja? Das ist mein Wunsch.»
Um kurz vor eins waren wir wieder in dem Internat. Nachdem wir uns beide umgezogen hatten, lagen wir eng nebeneinander im Bett.
«Der Tag war wirklich schön, also das Ende», murmelte ich glücklich. «Das sollten wir auf jeden Fall öfter machen. Ich weiß gar nicht, warum ich mich so lange dagegen gewehrt habe.»
Mark nickte zustimmend.
«Ich freue mich auf nächstes Wochenende», hauchte er. Leise schluckte ich.
«Warum müssen wir das denn so früh machen? Ich war doch auch bis jetzt gut darin, mit dir glücklich zu sein. Warum sollten wir das hier aufs Spiel setzen?»
«Dieses Gespräch haben wir schon geführt, Felix. Wenn du dich für ihn entscheidest, falls du dich für ihn entscheidest, dann werde ich besser damit umgehen können, wenn das früher ist.»
Zustimmend nickte ich und hauchte Mark noch einen Kuss auf seine Haare, bevor wir beide in einen Traumlosen Schlaf fielen.
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Ich hoffe, ihr freut euch über dieses extra Kapitel. Seht es als Entschädigung dafür, dass das Kapitel nicht am Sonntag sondern am Montag kam :D
Außerdem hatte ich heute frei, also hatte ich Zeit... bzw. hat sich schreiben als gute Alternative dazu angeboten, Vokabeln zu lernen xD
Was denkt ihr, wird passieren, wenn Mark und Sebastian auf einander treffen? Und was wird zwischen Felix und Sebastian passieren?
P.S. Ich lese alle Kommentare, aber ich antworte nicht immer auf jeden, da ich einfach nicht immer genug Zeit dazu habe, aber heute werde ich es versuchen <3
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