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Jade, die sofort begriffen hatte, dass es niemand aus der Familie war, der sie aufgefangen hatte- denn die standen alle vor ihr, guckten teilweise erschrocken oder amüsiert- verharrte in Schockstarre. Wer auch immer da so wunderbar roch, so warm und angenehm weich war, würde eine Jade erleben, die völlig von dem abwich, wie sie in Wirklichkeit war. Doch dann grinste Kelly und begann zu applaudieren.
„Bravo!", rief sie und alle stimmten mit ein, während Jade sanft in eine stehende Position geschoben wurde.
Wieder hielt ihr Mary ihr Schnaps hin und sie traute sich immer noch nicht, sich umzudrehen. Nahm gleich drei Shots hintereinander, sie hörte Robert jemanden fragen, warum er schon hier wäre.
Eine sanfte, furchtbar anregende Männerstimme antwortete: „Naja, ich dachte, es wäre draußen noch nicht so voll, wenn ich früher komme. Wenn ich gewußt hätte, was hier abgeht, wäre ich noch eher gekommen! Ähm, was hat das alles zu bedeuten?"
Kelly klärte ihn auf, dass es diesen Brauch in Deutschland gäbe und da sie zur Hälfte Deutsche wäre, wäre es ihr eingefallen, ihre Freundin damit zu überraschen. Sie deutete auf Jade, die nun, der Höflichkeit halber, den Fremden anschauen musste. Er war größer, als sie und raubte ihr sofort den Atem. Genauso stelle ich mir meinen Traummann vor, dachte sie, und nun muss er ausgerechnet JETZT aufkreuzen! Sie versuchte, zu Lächeln.
„Hi. Ich bin Tom. Ich spiele nachher in dem Stück mit", sagte er und lächelte so warm, dass Jade ganz anders wurde.
So muss es Kelly mit Ryu ergangen sein, dachte sie. Verdammt, dieser Mann haut mich um! Sie war so geschockt von seiner Wirkung auf sie, die leuchtend blauen Augen, die sie im Bann hielten, dass sie seine ausgereckte Hand erst registrierte, als Kelly sie anstieß. Sie reckte ihm ihre mit der Zahnbürste entgegen und hörte die Lacher aus der Familie.
„Ich bin Kelly. Und das ist Jade, sie muss Klinken sauber machen", erklärte Kelly nun.
Alle anderen stellten sich ebenfalls vor, nur Robert schien Tom zu kennen. Jade riss Kelly den Lappen aus der Hand.
„Den hab ich verdient!", erklärte sie bestimmt und putze weiter.
„Warte, wir müssen noch mal mit Tom anstoßen!", rief Aidan, doch der große Engländer schüttelte den Kopf.
„Lieber nicht. Ich muss noch arbeiten. Wieviele Klink- oh." Er seufzte, denn er sah, dass alle beschmiert waren, mindestens zehn Stück! „Kommt man da gar nicht eher raus?", fragte er dann.
„Doch", erklärte Kelly. „Wenn eine männliche Jungfrau sie küsst. Äh...du bist nicht zufällig im September geboren?"
Tom schüttelte den Kopf.
Betretenes Schweigen war eingetreten, man hörte nur die Schrubbgeräusche, langsam löste sich der Senf. Vor der nächsten Klinke wurde wieder angestoßen und Jade spürte langsam die wohlige Gleichgültigkeit. Sodass sie den klebrigen Honig nur mit einem Schulterzucken aufnahm und sich kniend an die Arbeit machte. Plötzlich legte ihr jemand die Hand auf ihr Handgelenk und sie schaute hoch. Der Schauspieler lächelte sie an und hielt sein Smartphone hoch.
„Hab das mal gegoogelt. Und hier steht, wenn ich das richtig übersetzt habe, dass ich dich auch frei küssen darf", erklärte er, fasste ihr unter die Arme und zog sie hoch.
Sie hielt den Atem an, als er sanft seine Lippen auf ihre drückte und alle jubelten. Besonders Kelly!
„Man, wieso das? Das zählt nicht! Der kann mir doch nicht erzählen, dass er noch Jungfrau ist!", murrte ein Cousin mit breitem irischen Akzent.
Währenddessen hielt Jade einfach nur still und blickte den bärtigen Mann an, der sie nun frech anblinzelte. In seinem Bart klebte ihr rosa Glitzer und nun musste sie auch lächeln. Hob vorsichtig die Hand und wischte darüber, er hatte immer noch die Arme um sie geschlungen, als wenn sie noch Unterstützung bräuchte. Ja, langsam kriege ich weiche Knie, dachte sie, während sie ihm den Glitzer präsentierte.
„Das ist mir gleich, ich würde es immer wieder tun", raunte er und sie seufzte leise.
Im Hintergrund, während die beiden völlig ineinander versunken waren, diskutierte die Familie O'Shea, ob es nun okay wäre, oder nicht. Kelly erklärte, dass es tatsächlich in manchen Fällen okay wäre, wenn ein unverheirateter Mann im heiratsfähigen Alter das Geburtstagskind frei küsse. Nun schimpften gleich zwei Cousins, dass sie noch nicht verheiratet wären, aber einer war verlobt und der andere hatte eine feste Freundin. Jetzt wollten die Jungs wissen, ob Tom auch eine Freundin hätte. Der Engländer ließ Jade los und drehte sich um.
„Nein", antwortete er. „Dieser Kuss ist gültig und somit ist diese junge Frau nun befreit. Wer macht nun die Klinken sauber?", fragte er abschließend.
„Das machen wir schon", antwortete Kelly. „Jade, du kannst zu deinem Kleid- obwohl, komm, einmal noch anstoßen."
Es gab noch eine Runde, dann wollten die O'Sheas, bis auf Robert, und Bas los.
„Geht lieber vorne raus, hinten hängt immer noch Toms Fangemeinde herum!", empfahl Robert. „Derek läßt euch hinaus."
Der Sicherheitstyp, der sich immer im Hintergrund aufgehalten hatte, nickte. Jade verzog sich in die Garderobe, während Kelly und Robert die restlichen Klinken abwuschen. Tom half ihnen und räumte die Gläser in die kleine Küche für die Schauspieler.
Jade atmete tief durch und wartete, bis sich ihr Herzschlag halbwegs beruhigt hatte. Dann nahm sie die Reinigungstücher und wischte sich das grelle Make up aus dem Gesicht. Endlich kam wieder Jade zum Vorschein! Zum Glück hatte Kelly Jades Make up- Täschchen mitgebracht, sodass sie sich in Ruhe hübsch machen konnte. Es klopfte und sie zuckte zusammen.
„Herein?", fragte sie.
Kelly betrat zögernd das Zimmer.
„Hast du Angst, dass ich dich verprügele?", fragte Jade.
Die kleinere Frau nickte.
„Ich habe es tatsächlich in Erwägung gezogen", erwiderte Jade dann. „Und wenn dieser Tom mich nicht gerettet hätte, wäre es wohl auch so gekommen. Andererseits...du hast mir versprochen, dass hier keine Fremden wären!"
„Sorry. Dass muss furchtbar für dich gewesen sein...so ein toller Mann, und du siehst aus wie...", murmelte Kelly beschämt.
„Wie wer?", hakte Jade nach, während sie ihr Traumkleid anzog.
„Wie ne Mischung aus Pippi Langstrumpf und ner mittelalterlichen Hure."
Dann duckte sie sich, doch Jade fand nix zum Werfen.
„Warte nur, bis du deinen Ryu heiratest! Ich werde dich bluten lassen!", gab sie dann lachend zurück und nahm Kelly in den Arm.
Die beiden Frauen kuschelten einen Moment, bis Kelly sich los machte und die Garderobe aufräumte.
„Gehört die etwa dem Langen?", fragte Jade erschrocken.
„Nein, der Schauspielerin, die Emma spielt. Tom hat natürlich eine größere bekommen...obwohl er sie nicht wollte, hat er uns gerade erklärt. Robert zeigt uns jetzt, wie geplant, das Theater und dann haben wir noch Zeit für ein kleines Dinner, bevor es los geht", erklärte Kelly.
Als sie vor die Tür traten, wartete jedoch der Schauspieler auf sie.
„Sorry, kleine Planänderung", sagte er lächelnd. „Rob muss was am Bühnenbau reparieren, ich zeige euch gerne das Gebäude."
Kelly nickte und beobachtete amüsiert, wie Tom versuchte, sein Erstaunen über Jades Verwandlung zu verbergen. Jade fiel es wohl nicht auf, sie vermied es, ihn anzusehen und erwiderte: „Das ist sehr nett von dir."
„Klar. Ähm, das hier kennt ihr ja schon- da drüben ist der Hintereingang, dann hier der Garderobenflur für die Schauspieler, direkt unter uns...ach, kommt mit."
Er ging voraus und die Frauen folgten ihm.
„Das steht dir übrigens besser", murmelte er im Fahrstuhl und guckte Jade an, die wurde rot.
Kelly kicherte. „Natürlich tut es das. Das vorher war ja nur ne Jade- Parodie."
Jade seufzte.
„Ich denke, er weiß das. Ach ja...Tom, danke."
„Wie gesagt, ich wiederhole den Gefallen gerne."
„Äh...soll ich gehen?", murmelte Kelly.
Jade rollte mit den Augen und schon mussten sie aussteigen. Tom erwies sich als umsichtiger und belesener Führer, er erzählte Anekdoten und zeigte den Frauen den kleinsten Winkel des Gebäudes. Da diese sehr interessiert waren und auch einiges nachfragten, war es schließlich spät geworden und Tom zog erschrocken die Luft ein, als er auf die Uhr sah.
„Ich muss runter!", rief er. „Habt ihr euch gemerkt, wie ihr in den Saal kommt?"
Jade nickte.
„Okay, dann bis gleich, Ladies." Er blinzelte den Frauen zu und umarmte sie nacheinander.
Im Saal waren sie auch schon gewesen, doch trotzdem staunten sie wieder über die hohen Decken und das elegante Flair. Sie suchten sich ihre Plätze, es war schon mächtig voll.
„Wir wissen immer noch nicht, wer er ist", murmelte Kelly, die gerade hinter sich ein paar jüngere Frauen aufgeregt über Tom hatte reden hören. „Also, wir wissen schon, wer er ist, aber woher man ihn kennen sollte, nicht. Ich wollte ihn auch nicht fragen, weil ich dachte, vielleicht beleidige ich ihn dann."
„Das glaube ich nicht", erwiderte Jade. „Ich denke, er...
„Mit Bart sieht er so alt aus", sagte jemand nun und sie drehte sich um.
„Wen meinen sie?", fragte sie lächelnd.
„Sind sie Amerikanerinnen? Und extra hier, um Tom zu sehen?", fragte die jüngere der beiden Frauen erfreut.
„Ja, sind wir, und nein, wir wollen das Pinter- Stück sehen. Im Pinter!", erwiderte Jade nun. „Woher müsste man diesen Tom den kennen?", fragte sie dann.
Kelly musste sich das Lachen verkneifen und nickte engagiert. Die Engländerinnen schauten sich an und die ältere erklärte dann: „Also zum Beispiel hat er Loki in den Avengers gespielt."
„Hat der Hörner?", fragte Kelly.
Die Angesprochene nickte und Kelly und Jade sahen sich an, dachten beide: Na toll, und so ein Hollywood- Action- Hero soll nun eine ernsthafte, herausfordernde Rolle spielen? Obwohl Tom auf beide gewirkt hatte, als könne er es.
„Aber er hat noch mehr gemacht. Hank Williams in "I saw..."
„The light!", rief Kelly. „Wow, ja, hab damals gedacht, er sei Amerikaner, wegen dem Akzent...war aber schon imponiert gewesen, nur...", wieder schaute sie Jade an, die verstand und nickte.
„Was noch?", fragte sie. „Warum ist er so angesagt?"
„Hauptsächlich wohl wegen Loki. Weiß gar nicht so genau. Also ich mochte ihn in Crimson Peak."
„Und Only lovers left alive", fügte die Jüngere hinzu.
„Sag mal, Jadee...haben wir ihn nicht mal in irgend so einem Actionfilm gesehen, den wir doof fanden?", fiel Kelly nun ein. „Den mit dem Affen."
„Kong Skull Island", bejahte eine der jungen Engländerinnen.
„Genau. Wir sind doch gegangen, oder?", überlegte Jade. „Aber an Crimson Peak kann ich mich erinnern, stimmt, den habe ich gesehen und fand ihn gut. Und jetzt fällt mir ein, dass ich ihn in der John Le Carre- Verfilmung auch überzeugend fand."
„Besonders die Szene, in der sein nackter Hintern zu sehen ist!" Kelly grinste. „Ich weiß noch, du hast auf Pause gedrückt und..."
„Halt die Klappe, Püppi!", zischte die Rothaarige.
Kelly blinzelte die Mädels an und die kicherten.
„Auf jeden Fall wundere ich mich, dass wir ihn uns nicht gemerkt haben...", murmelte Jade nachdenklich.
„Absolut. Bin gespannt, was er uns heute Abend bietet", fügte Kelly hinzu und schon ging das Licht aus. „War das abgesprochen?", murmelte sie und drehte sich nach vorne.
Jade tat es ihr nach. Ihr Herz schlug wieder schneller und sie nahm Kellys Hand, die in ihr Ohr flüsterte: „Doch nicht der schlimmste Geburtstag, hm?"
Jade schüttelte den Kopf. Dann ging der Vorhang auf.
Mann und Frau, Tom war nicht zu sehen. Natürlich nicht, er spielte Robert, der erst später in der nächsten Szene auftreten würde. Kelly spürte Müdigkeit aufkommen, zu aufregend waren die letzten Stunden gewesen und da die Schauspieler- wohl mit Absicht- lange Pausen zwischen den Sätzen ließen, nickte sie weg. Jade merkte es nicht, sie war in Gedanken bei den Geschehnissen vom Nachmittag. Wie sie in Toms Arme gefallen war und nur noch im Boden hätte versinken mögen, die Wut, die sie gespürt hatte und doch, hatte sich alles zum Guten entwickelt. Er hatte sie frei geküsst, weil er, wie er den Frauen auf dem Rundgang erzählt hatte, es nicht mehr ausgehalten hätte, sie beim Putzen beobachten zu müssten und hatte angefangen, im Netz nach Möglichkeiten zu suchen. Er konnte ein bisschen deutsch und es hatte dafür ausgereicht. Kelly meinte, er hätte sie einfach fragen müssen, aber sie hatte diese Möglichkeit absichtlich nicht erwähnt, weil dann sogar mehrere der Anwesenden Jade hätten befreien können- sie sagte, sie wollte noch eine Klinke abwarten, dann hätte sie es beiläufig erwähnt. Aber darum geht es gar nicht, dachte Jade, der Kuss, um den geht es. Auf die Lippen! Er küsst eine Unbekannte, die noch dazu total häßlich geschminkt ist! Welcher Mann tut so etwas?, dachte sie und nun kam dieser Mann in die Szene. Fließender Übergang, es fiel kaum auf, dass Robert sich an einem anderen Ort befand. Jade mahnte sich, aufzupassen und als sie Toms Stimme die Worte sagen hörte, die sie gerade gelesen hatte, erschauderte sie.
Ich kenne ihn nicht, und doch hat er diesen Wahnsinnseffekt auf mich, dachte Jade. Sie hing an jeder seiner Bewegungen, an jedem Wort, das er sprach, und dann blickte er kurz zu ihr. Sie zuckte zusammen und Kelly erschrak.
„Was ist los?", rief sie in eine stille Pause hinein und einige Zuschauer lachten.
„Entschuldigung", murmelte Kelly und sank in ihren Sitz.
Jade schaute sie an und flüsterte: „Bist du weg genickt?"
Ja, sie kannte Kelly gut! Die nickte beschämt. Robert war leider wieder verschwunden und die anderen beiden Schauspieler waren zwar gut, aber konnten mit Toms Charisma nicht mithalten. Sodass Jade sich von Kellys Gähnen anstecken ließ. Auch der Alkohol zeigte Wirkung, und Jade rutschte nervös im Sitz herum, um nicht auch noch einzuschlafen. Dann tauchte endlich Tom wieder auf und Jade war ziemlich ergriffen, dieser Mann hatte wahnsinnig geniale Gesichtsausdrücke drauf! Eine Träne rollte an ihrer Wange hinunter, sie wischte sie weg. Kelly legte ihren Kopf an ihren Oberarm und seufzte.
„Zähl mich zu seinen neuesten Stalkern", flüsterte sie.
Jade kicherte.
„Dito!", hauchte sie.
In der Pause holte ein Ordner die beiden Frauen hinter die Bühne in eine Art Lounge für die Schauspieler. Rob stellte nun auch die anderen Schauspieler vor und dann stießen sie nochmal auf Jade an, die nur Augen für Tom hatte, der sich bescheiden im Hintergrund gehalten hatte. Doch natürlich stieß er mit an und fragte dann Kelly, ob Streiche spielen so viel Energie kosten würde, dass man bei so einem spannenden Stück einschlafen könne. Kelly wurde knallrot, er lachte und legte den Arm um die kleine Frau.
„Nichts für ungut!", tröstete er. „Das ist mir auch schon mal passiert. Als ich auf meinen Einsatz gewartet habe, aber deiner war fantastisch!"
Kelly guckte ihn skeptisch an, so nach dem Motto: Echt, jetzt? Du versuchst, es zurück zu nehmen und setzt noch einen drauf? Doch Jade kringelte sich vor Lachen. Nun musste auch Kelly los prusten und Tom drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Ich mag die Mädchen, danke für's Herbringen, Rob!", sagte Tom und ließ Kelly los. „Und nun zu dir, Jade, wie fandest du das Stück bisher?"
Jade verschluckte sich fast am Sekt. Robert klopfte auf ihren Rücken und sie hustete. Die Schauspielerin lachte.
„Okay, ich verstehe. Ich mag Emma auch nicht, by the way."
„Ich mag Robert nicht", erklärte Jade. „Also, besser gesagt, hab ich seine Reaktionen beim Lesen des Stückes fragwürdig gefunden und steige durch ihn nicht hindurch."
„Außer seinen Squash- Tick", sagte Kelly.
Tom nickte.
„Hm, das ist seine heile Welt."
„Die gerade ins Wanken geraten ist...nein, schon länger wankt", erklärte die Schauspielerin.
Jade guckte Tom an und bevor sie sich stoppen konnte, hauchte sie: „Aber du gibst ihm mehr Menschlichkeit."
Tom starrte sie an. Wieder verharrten beide in einem tiefen Blick, er trat einen Schritt auf sie zu und Jade hörte Rob etwas zu Kelly sagen, doch sie konzentrierte sich auf Tom, der ihr sanft eine Hand an die Wange legte und erklärte: „Das war die allerschönste Kritik, die ich bisher gehört habe."
„Nicht dein Ernst?", flüsterte Jade, ihr Herz schlug bis zum Hals und sie bekam kaum Luft.
„Mein voller Ernst", erwiderte der große Kerl und fragte dann, fast scheu: „Vielleicht...hättest du später noch Zeit, um...ach nein, ihr feiert sicher, oder?", endete er leise.
Mary blieb nur diese Nacht und so würde es nach dem Theaterstück tatsächlich eine kleine Feier bei Agrippa geben. Roberts Wohnung war zu klein für eine Feier, dennoch hatten sich einige Cousins bei ihm einquartiert. Patrick hatte ein Hotelzimmer gebucht und Aidan schlief bei Agrippa. Nur der Onkel war nach Irland zurück geflogen.
„Tom, wir müssen!", rief jemand und Jade sagte schnell: „Du bist eingeladen!", bevor Tom die Hand wegzog.
„Wo?", fragte Tom und nun sprang Rob ein: „Ich nehme dich nachher mit. Nun hopp, hopp!"
Kelly nahm Jade an die Hand und zog sie mit.
„Wow, der hat es echt drauf, nicht? Und bei dir besonders. Anscheinend hat er sich nicht durch deinen Aufzug abschrecken lassen?"
Jade nickte und seufzte: „Ist es...okay?"
„Was?"
„Na, dass ich Tom eingeladen habe."
„Es ist deine Party, natürlich ist es das!", erwiderte Kelly und nachdem sie sich gesetzt hatten, tippte ihr jemand auf die Schulter.
Sie drehte sich um, eine der beiden Frauen, mit denen sie sich unterhalten hatten, guckte sie mit großen Augen an.
„Wart ihr eben tatsächlich im Backstage- Bereich?"
„Ja, da gibt's die besten Drinks", antwortete Jade und blinzelte.
„Habt ihr ihn gesehen?", hakte die andere Frau nach.
Wir haben sogar Küsse und Umarmungen von ihm gekriegt, dachte Kelly.
„Wen?", fragte Jade beiläufig.
„Tom Hiddleston!", zischte die Jüngere nun ungeduldig.
„Den Mann mit dem Helm, weißt du", erklärte Kelly ernsthaft und Jade prustete los.
„Seid ihr betrunken, oder was?", knurrte die Ältere der Frauen.
„Shhht", erwiderte Kelly, „Es geht weiter. Wir wollen doch Loki nicht verpassen."
Jade wischte sich die Lachtränen weg, sie stellte sich gerade Tom mit gehörntem Helm vor, wie er die Bühne stürmte, sich Emma schnappte und sie entführte.
„N bisschen Action könnte das ganze etwas spannender machen", überlegte Kelly ruhig und Jade warf sich auf den Boden. „Steh auf, Schatz!", zischte Kelly nun.
Das Licht ging aus. Tom stand auf der der Bühne und nun prustete auch Kelly los. Er zog die Augenbrauen zusammen, sagte ein Wort und lachte dann selbst los. Die Frauen hinter Kelly und Jade lachten ebenfalls mit, obwohl sie keine Ahnung hatten, was los war. Was in Jades Fantasie abging und in Kellys Kopf. Jade hatte sich mittlerweile wieder gesetzt, Tom spielte, als sei nie etwas gewesen und die Frauen bemühten sich, ernst zu bleiben. So machte die zweite Hälfte mehr Spaß als die erste, bis auf den Fakt, dass die Frauen nun bei den Damen hinter ihnen verschissen hatten. Nachdem sie Tom Standing Ovations gegeben hatten, saßen Jade und Kelly im Taxi und amüsierten sich noch immer. Einzig und allein Tante Agrippas strenger Blick brachte sie zur Raison.
Jade hatte vor Aufregung keinen Hunger gespürt, doch jetzt stürzte sie sich auf die Finger Food, die Agrippa hatte zaubern lassen. Nachdem sie ihre Mutter eine Weile umarmt hatte. Sie sah, dass Kelly wieder raus gegangen war- vielleicht wollte sie mit Ryu telefonieren. Jade konnte genau in diesem Moment nachvollziehen, dass Kelly ihn unheimlich vermissen musste. Denn sie konnte es kaum erwarten, dass Tom aufkreuzte.
Kelly erreichte Ryu nicht, denn es war ja erst mittag in New York und er war wohl schon zur Pause gewesen. Sie seufzte und ging wieder hinein. Mary erzählte gerade Anekdoten aus Jades Kindertagen, die Kelly natürlich fast alle kannte. Aidan fing wieder an, dass sich Jade doch einen irischen, oder wenn nicht das, wenigstens einen britischen Mann suchen solle. Kelly blinzelte ihr zu und schnappte sich ein Hühnerbeinchen. Doch nach dem Essen wurde sie wieder müde und setzte sich in einen Sessel, Bas kam zu ihr und hockte sich auf die Lehne.
„Ich vermisse Dad", murmelte er und legte den Kopf an ihre Schulter.
„Wie bitte?", schnappte Kelly. „Wieso? Nach zwölf Jahren?"
Bas lachte leise.
„Ich meine nicht meinen Scheiß- Erzeuger", gab er zurück.
„Du nennst Ryu Dad? Seit wann?", fragte Kelly verwundert.
„Anfangs hab ich's gemacht, um ihn zu ärgern, aber dann war's irgendwie normal. Ich meine, er hat mir abends immer Gesellschaft geleistet, wenn du arbeiten warst."
„Wieso hab ich das nie mitgekriegt?", erwiderte Kelly. „Ein paar Male waren wir doch schon alle zusammen unterwegs."
„Keine Ahnung. Vielleicht hast du es auch für einen Scherz gehalten?"
„Mag sein. Oh, da ist er ja. Der große Tom Hiddleston!", tönte Kelly.
„Der Typ, der unsere Show zu früh beendet hat", knurrte Bas. „Sie sollte doch noch meine Klinke putzen, hab mir so viel Mühe mit dem Wasabi gegeben."
„Nun komm, fandest du es nicht auch hart? Und deine Nummer mit der Betreuerin war n bisschen dick aufgetragen."
Bas schlug die Augen nieder.
„Sorry, Mom. Aber... irgendwie...mag ich ältere Frauen lieber."
„Bas! Die hätte in den Knast kommen können!", schnappte Kelly entsetzt.
„Das ist alles?", fragte Bas.
„Hm. Ihr Kids macht es doch sowieso irgendwann, und wenn es nicht gegen deinen oder ihren Willen geschehen ist...", überlegte Kelly.
Bas erklärte: „Überhaupt nicht. Sie war...total schüchtern und süß, als sie mir gesagt hat, dass sie mich sehr mag. Und sie wüßte, dass ich zu jung sei und blablabla...ich hab sie einfach geküsst. Und ich glaube...naja, sie hat geweint, als ich gefahren bin, ich hatte ihr versprochen, zu schreiben, aber kaum war ich wieder im Schulstress, hab ich nicht mehr dran gedacht."
„Du Schuft hast sie in Gefahr gebracht UND ihr Herz gebrochen?", knurrte Kelly. „Hab ich dich so erzogen?"
„Nein. Das...weißt du, manchmal hab ich Schiss, dass ich so wie Dad ticke."
„Das habe ich auch oft. Aber wenn man nochmal über die Situation nachdenkt- vom nüchternen Standpunkt aus- war es vielleicht doch eine gute Entscheidung, sie wieder zu vergessen. Vielleicht hättest du einfach von Anfang an mit offenen Karten spielen sollen."
„Da wußte ich ja noch nicht, was meine Gefühle zu bedeuten haben. Aber eins wußte ich- dass ich die Frau, die ich will, nie kriegen kann", schloss er und schaute zu Jade, die mit Tom zusammen stand und lachte.
Kelly kniff die Augen zusammen und starrte ihren Sohn prüfend an. Der prustete los und Kelly boxte ihn, sodass er von der Lehne kippte. Fionn fing ihn auf und fragte, was so lustig wäre. Die Jungs verzogen sich und Kelly lehnte sich zurück. Danke, lieber Gott, für diesen tollen Jungen. Und den Mann an meiner Seite, dachte sie.
Kelly hielt es noch zwei Stunden aus und fuhr dann alleine ins Hotel. Nachdem sie geduscht hatte, kuschelte sie sich in das Doppelbett, das sie sich mit Jade teilte, und versuchte es noch einmal bei ihrem Schatz.
„Hallo, kleiner Spatz", hörte sie Ryus Stimme raunen. „Hast du ein Glück, dass ich eher gehen konnte. Ich bin aber noch in der Tube...soll ich dich später anrufen?"
„Hm. Unbedingt", hauchte Kelly. „Ich vermisse dich."
„Sind doch erst drei Tage! Nein, vier. Nicht mal die Hälfte haben wir rum!"
„Ich weiß. Bis gleich."
Nur ein bisschen die Augen zumachen, dachte sie. Und verpasste seinen Anruf. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, rieb sie sich ungläubig die Augen. Das Bett neben ihr war immer noch leer! Sie schnappte ihr Handy und las:
4 verpasste Anrufe von Jade
2 verpasste Anrufe von Ryu
2 Whatsapp von Jade
Kelly stöhnte.
Jade schrieb um 0:32: „Hey Püppi, wieso hast du dich so schnell verkrümelt? Hast du mir Tschüß gesagt? Ja, ich bin ziemlich betrunken und hab's vielleicht nicht mitgekriegt..."
2. Message von 1:28: „Hey Püppi, Tom möchte gerne tanzen gehen und kennt einen guten Club. Falls du noch nachkommen möchtest- Rob und die verrückten Cousins kommen auch mit- hier die Adresse: ...."
Alle Anrufe waren davor getätigt worden, also war Jade seit halb zwei verschwunden! Kelly drückte die Rückruf- Taste, doch es ging nur Jades Mailbox ran. Sollte Kelly Alarm schlagen? Es war kurz nach acht, wahrscheinlich war Jade erst spät ins Bett gekommen und...Moment, in welches Bett? Sie wählte Robs Nummer, auch er ging nicht ran. Dann fiel ihr ein, dass Mary um halb zehn am Flughafen sein würde, um zurück in die Staaten zu fliegen. Spätestens bis dahin musste Jade ja wohl wieder auftauchen, dachte Kelly und versuchte, Ryu zu erreichen, obwohl sie wußte, dass es spät war. Doch er ging ran.
„Hast du schön geschlafen, Liebling?", raunte er.
„Ich hab dich verschlafen!", quakte Kelly.
„Macht nichts. Ich bin von Lynn zum Essen eingeladen worden, so hatte ich Beschäftigung und musste deshalb nicht weinen", gab Ryu amüsiert zurück.
„Du bist blöd."
„Hm. Mag sein. Manchmal, also, du weißt ja, diese eine Entscheidung war blöd, eine andere dafür überhaupt nicht. Lynn hat wieder genervt, wann wir endlich heiraten, sie hat gesagt, sie würde Himiko vor den Zug werfen, wenn sie nicht bald unterschreibt."
Kelly lachte.
„Das ist Mom! Hast du ihr gesagt, dass man sich auch ohne Trauschein sehr lange lieb haben kann?"
„Versucht. Sie meint, in unserem Alter sollte man die Dinge besser gleich dingfest machen. Sie spekuliert wohl schon auf mein Erbe."
„Och, armer Schatz! So schnell ändert es sich, hab dich als arme Sau bekommen und nun..."
„Ne arme Sau war ich wohl kaum, wenn ich ne Frau wie dich beeindrucken konnte. Oder war es nur Mitleid?"
„Fühlte es sich so an, als ich auf deinem Schoß gesessen habe und dir schmutzige Worte ins Ohr geraunt habe?"
„Da dachtest du doch, ich sei ein pickliger Student."
Kelly lachte.
„Aber danach...über deinen Knien..."
„Hm. Erinnere mich nicht daran...er tut schon weh vor Sehnsucht nach dir. jeden Abend rieche ich dich in diesem Bett und sehne mich nach deinem weichen Körper. Deinem süßen Po, der sich mir entgegen reckt...oh, je, nun ist es zu spät."
„Faß dich an...", hauchte Kelly und griff in ihre Unterhose.
„Nein, ich will dich spüren."
Sie jaulte leise.
„Ich will dich auch spüren, aber..."
„Nun gut, ich auch die Gefahr hin, dass es langweilig wird... wieder die Mall Santa Geschichte?"
„Unbedingt!"
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