16. Tür
"Hast du das Popcorn?", fragt mein Freund. Wortlos halte ich den riesigen Eimer hoch, den wir mal heimlich aus dem Kino haben mitgehen lassen. Zufrieden lässt Magnus sich neben mich fallen. Unsere Schultern berühren sich und immer wieder fassen wir gleichzeitig in den Eimer.
"Was haben die sich da nur bei den Frisuren gedacht?", murmelt Magnus fassungslos, während er sich das süße Popcorn in den Mund schiebt. Ich gebe ein zustimmendes Grunzen von mir und betrachte die zotteligen Haare von Harry. "Ich glaube, er hat sich geweigert, auch nur in die Nähe einer Schere zu kommen.".
"Fast so schlimm wie deine Haaren in der Mittelstufe.", brummt Magnus. Mein Mund klappt auf und ich werfe meinem Freund einen finsteren Blick zu. "Sehr lustig, Mr. - Ich - Bringe - Vokuhilas - Wieder - In - Mode.".
Ein durch die Luft segelndes Geschoss trifft meine Wange und landet auf meinem Bauch. Grinsend stecke ich es mir in den Mund. "Ich sah gut aus.", antwortet mir Magnus verschnupft. Zweifelnd gucke ich ihn an, "Baby, niemand sieht mit einem Vokuhila gut aus.".
Schniefend zieht er seine Nase hoch, "Jedenfalls hat mich meine Mutter in der Grundschule nicht gezwungen einen Topfschnitt zu tragen.". Ein Schaudern überkommt mich bei dem Gedanken. "Ich kann mich immer noch an das hämische Lachen von Lydia Branwell erinnern.".
Magnus legt seinen Kopf auf meiner Schulter ab, "Wollte die nicht später etwas von dir?". Ich spüre das leichte Kitzeln seiner schwarzen Haare an meiner Wange. "Jup. Wer weiß, hätte sie mich damals nicht wegen meiner Frisur aufgezogen, wäre es vielleicht sogar etwas aus uns geworden.".
Magnus stupst mir laut schnaubend seinem Ellenbogen in die Rippen. "Ich glaube, dass du da eine Kleinigkeit vergessen hast, Alexander". Nachdenklich lege ich meinen Kopf schief, "Ich weiß nicht, was du meinst.".
"Du meinst also nicht, dass ihr eine Kleinigkeit fehlt?".
Ich schiebe meine Unterlippe vor und versuche mir die Blondine vorzustellen. Doch mir fällt nicht ein, was Magnus meinen könnte. "Sie ist doch ein Mensch oder nicht?", frage ich zögerlich.
"Natürlich ist sie ein Mensch und zu dem ist sie ein wirklich attraktives weibliches Exemplar.", antwortet mir Magnus und guckt mich abwartend an. Doch der Groschen ist bei mir immer noch nicht gefallen. "Schon vergessen, dass du schwul bist, Alexander?", mit einer hoch gezogenen Augenbraue starrt mein Freund mich an.
Nachdenklich schiebe ich mir Popcorn in den Mund. "Stimmt, da war etwas.". Magnus kneift seine Augen zusammen. "Möchtest du mir etwa mitteilen, dass wenn sie dich in der Grundschule nicht geärgert hätte, du mit ihr zusammen gekommen wärst und das obwohl du eigentlich auf Männer stehst?".
Ich streiche mir grinsend eine schwarze Strähne aus der Stirn, "Natürlich nicht, denn ihr fehlt ein signifikantes Etwas.".
"Aha.", brummt Magnus und lehnt sich mit verschränkten Armen an die Rückenlehne unserer Couch und widmet sich wieder dem Film, "Und was?". Er versucht den Unbeteiligten zu spielen. Ich lehne mich zu ihm herüber, bis meine Lippen nur noch wenige Millimeter von seinem Ohr entfernt sind. "Der Schwanz.".
Ein gurgelndes Geräusch entkommt ihm, bevor ein lautes Lachen ertönt. Fasziniert starre ich ihn an, während er sich regelrecht auf der Couch neben mir kugelt. Sein Gelächter ist so ansteckend, dass auch mir ein Kichern entkommt. Zusammen wälzen wir uns lachend auf der Couch.
Schniefend wischt Magnus sich eine Träne aus dem Augenwinkel und guckt mich warnend an. "Hör gefälligst auf zu Lachen, Alexander Gideon Lightwood. Mir tut jetzt schon der Bauch weh.". Leise kichernd stellt er den Eimer Popcorn auf den Tisch, der überraschenderweise unseren Lachanfall überlebt hat. "Seit wann sagst du bitte solche versauten Dinge? Und dann ist dein Gesicht noch nicht einmal in Flammen aufgegangen.".
Ich lege meinen Arm auf die Rückenlehne und wende ich mich mit meinem Körper meinen Freund zu. "Ich habe von dem Besten gelernt.".
Magnus Gesichtsausdruck wird liebevoller und er streicht mir eine vorwitzige Strähne aus der Stirn. "Du bist einfach perfekt.", seine Stimme ist nur ein Hauch und ich bin mir nicht ganz sicher, ob seine Worte wirklich für meine Ohren bestimmt sind.
Stumm sitzen wir noch eine ganze Weile auf der Couch. Versunken in dem Anblick des Gegenüber. "Wollen wir schlafen gehen?", fragt Magnus leise. Es ist vollkommen unwichtig, dass der Film noch nicht zu Ende ist. In diesem Moment möchte ich ihn nur noch ganz nah an mir spüren.
Ohne große Worte stehe ich auf und ziehe ihn an seinen Händen nach oben. Beim Zähne putzen stehen wir wie ein altes Ehepaar nebeneinander. Unsere Schultern berühren sich immer wieder und unsere Blicke können sich im Spiegel einfach nicht voneinander lösen.
Bis auf unsere Schlafanzughosen tragen wir nichts, als wir im Bett nebeneinander liegen. Mein Kopf ist auf seine warme Brust gebettet und ich höre seinen Herzschlag. "Danke, dass du mich abgelenkt hast.", höre ich Magnus leise sagen.
Er durchbricht damit die Stille, die sich in meinem Schlafzimmer ausgebreitet hat. "Nicht dafür.", antworte ich ihm. Am liebsten würde ich ihn angucken, doch es ist stockdunkel und ich möchte nicht das Licht anmachen. "Vermisst du sie sehr?", frage ich meinen Freund und streiche beruhigend mit meiner Hand über seine Haut.
"Immer. Doch langsam wird es besser.". Ich kann die Trauer in seiner Stimme hören und drücke ihn noch ein bisschen näher an mich. "Dad und ich haben heute ihr Grab besucht. Ich bräuchte das nicht, doch ihm scheint es zu helfen.".
Im Dunkeln tastet er nach meiner Hand, die auf seiner Brust liegt. Er umfasst sie und presst sie enger an seine Haut. "Sie wäre bestimmt stolz auf dich.", sage ich und drücke ihm einen Kuss auf den Handrücken.
Sein Zögern ist spürbar. "Wahrscheinlich. Aber noch erfreuter wäre sie, dass wir beide endlich zusammen sind.". Er lenkt das Thema wieder auf ein etwas angenehmerer Thema. "Haben unsere Mütter nicht damals schon gewettet, dass wir irgendwann heiraten werden?", frage ich ihn.
Ihm entkommt ein heiseres Lachen. "Ja, das haben sie wirklich gemacht.". Er lässt seine Hand durch meine Haare gleiten. Nachdenklich spielt er mit den schwarzen Strähnen. "Wollen wir es eigentlich bald unseren Familien und Freunden sagen?".
Ich stütze mein Kinn auf seiner Brust ab und versuche in der Dunkelheit sein Gesicht zu erkennen. "Von mir aus kann jeder wissen, dass wir zusammen sind, Magnus Bane.". Er legt seine Hand auf meine Wange und zieht meinen Kopf ein Stück nach oben. Liebevoll reibt er unsere Lippen aneinander.
"Ich freue mich schon auf die Gesichter deiner Geschwister, wenn sie hören, dass du endlich vom Markt bist und nicht mehr verkuppelt werden musst.".
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