Kapitel 8
„Du bist ein verfluchter Verräter." knurrte David knapp eine Stunde später, als er in ihr gemeinsames Schlafzimmer stapfte. Megan schaute von den Roman auf, den sie las, und starrte ihn an.
„An wen?" fragte sie unschuldig, und knickte eine Ecke im Buch ab, um die Seite zu markieren auf der sie war.
„Am ganzen verfluchten Land." murmelte er, fuhr sich mit seinen Fingern durch seine zerzausten Haare und ignorierte Rufus, der um seine Füße tanzte.
„Ich war mir nicht bewusst, dass wir in England sind." erwiderte sie fröhlich. „Können wir Big Ben und den Piccadilly Square besuchen?" David drehte sich zu ihr um und hob seine Augenbrauen.
„Was zum Teufel redest du da für ein Blödsinn?" Er hob Rufus vom Boden hoch und warf den Hund die kurze Entfernung auf das Bett. Rufus landete und drehte sich um, um David einen bösen Blick zu zuwerfen, der so sehr nach einen von Megans wütenden Blicken aussah. David hätte gelacht, wenn er nicht so schlechte Laune gehabt hätte.
„Du hast gesagt, wir sind in England." sagte sie schmollend.
„Das habe ich nicht gesagt."
„Nun, die Art wie du 'verflucht' benutzt hast, hat mich die Tatsache ernsthaft in Betracht ziehen lassen."
„Du verfluchtes Weib." sagte er mit Betonung auf das Schimpfwort.
„Wir sind in England!" sagte sie, sprang vom Bett und klatschte ihre Hände zusammen.
„Können wir zum West End gehen. Oh bitte David!" Sie klammerte sich an seinen Ärmel, als sie ihn anflehte.
„Wir sind in den Vereinigten Staaten von Amerika." schrie er fast und Megan entfernte sich einen Schritt von ihm.
„Also macht mich das zu einem Teil der Konföderation?"
„Huh?" David rieb sich den Kopf, als ob der Versuch, Megans Logik zu folgen, ihn Kopfschmerzen bereitete.
„Wenn ich ein Verräter an den USA bin, muss ich Teil der Konföderierten Staaten der USA sein, die Gegenseite während des Bürgerkriegs." er starrte sie einen Augenblick lang an.
„Ich meine, dass du mir gegenüber ein Verräter bist, Megan."
„Nun, du hast Land gesagt."
„Lieber Gott." stöhnte er.
„Ich glaube, der lacht gerade über dich. Er mag mich sehr."
„Warum in alles in der Welt sagst du das?" fragte David, ließ sich auf das Bett fallen und starrte an die Decke.
„Du lügst deine Mutter an, ich glaube, ich habe heute weniger gesündigt."
„Du lügst meine Mutter ebenfalls an." erinnerte er sie. Sie schniefte vornehm, eine genaue Nachahmung von Darlene und wechselte das Thema.
„Warum spricht deine Familie vor dem Frühstück kein Tischgebet, wie beim Abendessen?"
„Weil das Tischgebet beim Abendessen uns an unsere religiöse Erziehung erinnern soll, und wir sollen das Essen im stillen Gedanken an unseren Tag verbringen. Oder in meinen Fall, die vielen Verstöße die mir am diesen Tag vergeben werden müssen."
„Ich habe fast Angst, nach dem Mittagessen zu fragen." flüsterte sie und setzte sich neben ihn.
„Oh, wir essen nicht zusammen zu Mittag. Jeder isst allein, wann immer er will."
„Also, dass ist eine Erleichterung. Nun, was hat deine Mutter mit dir gemacht?"
„Nichts wirklich." sagte er, und drückte sein Kissen über sein Gesicht.
„Was sollte dann das ganze Getue?" Sie öffnete ihr Buch wieder und begann erneut zu lesen. David zog ihr das Buch aus den Händen und schaute auf das Cover. Es zeigte eine spärlich gekleidete Frau in den Armen eines halb nackten Mannes. Das Paar stand an einem Strand und ein Schiff war im Hintergrund zu sehen.
„Was liest du?" Er blätterte durch die Seiten, bis zu der Seite, die sie als letztes markiert hatte. Er hob eine Augenbraue und las dann laut: „'Sie schrie auf, als seine Hände nach unten strichen und sich auf ihre Pobacken legten. Er drückte sie fest gegen seine Erregung.' Was zum Teufel ist das?" Er drehte das Buch um, um den Titel zu lesen.
„Das ist eine Romanze, du Idiot." Sie riss ihn das Buch aus den Händen und schlug ihn damit auf dem Kopf.
„Au!" schrie er und rieb sich die Wunde stelle. „Warum in alles in der Welt würdest du so was lesen wollen? Das ist überhaupt nicht realistisch." Sie starrte ihn einen Augenblick an, bevor sie vorsichtig ihre Hände faltete und mit den Augen rollte.
„Darum geht es ja, du Genie. Beim lesen geht es nicht darum, sich in der Realität zu verfangen, es geht darum, ein Leben zu leben, da man nie haben wird. Auf Abenteuer zu gehen, von denen du nicht mal zu Träumen gewagt hättest." Sie lächelte ihn an. „Liest du nicht gerne, Davie?"
„Doch, ich lese gerne, aber nicht dieses schmutzige Zeug." Er schnappte sich erneut ihr Buch und warf es durchs Zimmer. Sie schaute ihn mit einem finsteren Blick an.
„Mach meine Bücher nicht kaputt."
„Also wirklich, was ist mit diesen Büchern? Warum mögen Mädchen es über Pferde und Piraten zu lesen?"
„Also das sind zwei unterschiedliche Genre hier, David."
„Kannst du mir das bitte erklären, Liebes." fragte er und schloss seine Augen.
„Nun, Piraten befassen sich mit den offenen Meer und die Frau wird für gewöhnlich auf das Schiff gezwungen, oder reist als blinder Passagier. Bei Regentschafts-Perioden Geschichte, von dem ich ausgehe, dass du das mit 'Pferde' Geschichten meinst, ist die Frau normalerweise eine Debütantin die von einem Lebemann verfolgt wird."
„Debütantin? Lebemann? Was sind das?" er öffnete seine Augen wieder.
„Nun," sie seufzte und schaute in seine Augen. „Ich glaube nicht, dass dich das wirklich interessiert, David. Warum reden wir nicht über etwas anderes?"
„Nein, ich will wirklich wissen, was für einen Anreiz diese Bücher haben." Er rollte sich auf die Seite und schaute zu ihr hinunter.
„Sie sind das Leben, das wir nicht erleben können." Sie seufzte und schloss ihre Augen.
„Warum kannst du dieses Leben nicht haben?"
„Also, zunächst einmal, lebe ich nicht im neunzehnten Jahrhundert und zweitens kann ich nicht wirklich auf einem echten Piratenschiff davon laufen."
„Das hab ich nicht gemeint, Megs. Ich meinte, warum kannst du kein aufregendes Leben, voller Abenteuer haben?"
„Ich denke, dass dieses Abenteuer ungefähr so viel ist, wie ich ertragen kann." knurrte sie.
„Ach komm schon. So schrecklich ist das Leben hier nicht." er stieß sie in den Bauch, nur um sie zusammenzucken zu sehen.
„Du bist hier rauf gekommen, um mich umzubringen, weil ich dich nicht abgeschirmt habe." beschuldigte sie ihn. „Du solltest mein Schild sein." sie schlug ihn gegen die Brust.
„Nein, ich glaube, ich habe dich hier her gebracht, um mein Schutz zu sein. Das war Teil der Abmachung, nicht wahr? Du bist mein Puffer."
„Ich glaube, dass ist nie in die Verhandlungen eingegangen. Du hast mich gebeten mitzukommen und ich habe zugestimmt, solange du mir einen Gefallen als Gegenleistung erweist."
„Welchen du nicht angegeben hast." kommentierte er.
„Noch nicht." erwiderte sie. „Ich versuche, an etwas wirklich gutes zudenken."
„In Ordnung, du warst dazu gedacht die Spannung zu entlasten, nicht gerade als Puffer." er lächelte und sprang dann aus dem Bett.
„Wie konntest du von mir überhaupt erwarten, ein Puffer zu sein? Ich bin nicht annähernd die Frau, die deine Mutter für dich haben möchte."
„Das ist der Punkt, Liebling."
Sie verdrehte die Augen. „Ich kann nicht ständig dein Puffer sein, Dave."
„Sicher kannst du. Ich werde dich einfach auf meinem Rücken herumtragen und wenn meine Mutter auf mich zukommt, werde ich dich herausholen und du kannst deine Kräfte benutzen, um sie abzulenken."
„Kräfte? Und wo genau wolltest du mich herausholen?
„Deine Kräfte der totalen Normalität, meine Liebe. Und ich würde dich natürlich an einer Schlinge auf meinen Rücken tragen." Er lief zu ihrem Buch hinüber und hob es auf, nur um es Sekunden später vor ihren Kopf zu werfen. Megan fing es und funkelte ihn böse an.
„Du nennst mich normal?"
„Ja, natürlich. Du gehörst zur Mittelklasse. Du bist bodenständig und definitiv nicht zimperlich. Das ist normal. Die Mädchen hier sind alles andere als das."
„Geh weg, ich will lesen." Sie blätterte durch die Seiten und erstarrte, siebenunddreißig Seiten weiter als ihre Markierung. „Oh nein!"
„Was ist los?" fragte er und fiel wieder auf das Bett.
„Elisabeth denkt, dass James sie angelogen hat, oh je. Das wird ein Problem." sie blätterte wieder zurück auf ihre Seite und vergrub ihre Nase in dem Buch. David ließ sie für ein paar Augenblicke in Ruhe lesen und pikste ihr dann erneut in den Bauch. Sie ignorierte ihn. Er beugte sich nah zu ihr, so dass er über ihre Schulter hinweg mitlesen konnte.
„Sie verrenkte ihren Kopf, um ihn ins Gesicht zu sehen. Ihre Augen, die genau die gleiche Farbe hatten wie Veilchen, waren feucht und glänzten." zitierte er aus einem Absatz. Sie schlug das Buch gegen seine Brust.
„Halt die Klappe, soweit bin ich noch nicht." Er lachte und zog das Buch aus ihrem Griff.
„Willst du wissen, was das letzte Wort ist?"
„Nein. Verdammt. Gib mir das Buch zurück, David."
„Das letzte Wort ist 'das'." er lachte vergnügt und gab ihr das Buch zurück. Bevor sie sich jedoch ihrer Seite zuwenden konnte, sprang er auf und zog sie mit sich.
„Was willst du jetzt?"
„Ich will dich auf Entdeckungsreise mitnehmen."
„Nein." brummte sie, lief zum Sessel am Fenster und ließ sich hinein fallen.
„Du bist ein Plumpser," kommentierte er. Sie schaute über den Rand des Buches zu ihm.
„Wie bitte?"
„Du bist ein Plumpser." wiederholte er, als hätte sie es nicht gehört.
„Und was bitte, ist ein Plumpser?"
„Du hast dich einfach in den Sessel plumpsen lassen, du weißt das er dadurch kaputt geht, nicht wahr?" Sie starrte ihn an, Ungläubigkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Was hättest du gemacht, um dich zu unterhalten, wenn ich nicht hier gewesen wäre?"
„Kann ich dir nicht sagen." Er Lächelte auf eine äußerst süße, schiefe Art und sie spürte, wie ihre Lippen zu zucken begannen.
„Du bist unmöglich."
„Das wurde mir schon öfters gesagt."
David sorgte dafür, dass Megan das Schlafzimmer später am Morgen verließ. Er führte sie durch den mit waldgrünen Teppich ausgelegten Flur und hielt vor einem Gemälde, dass zwischen zwei Türen an der wand hing. Eine vierköpfige Familie starrte sie an. Die Frau war jung, vermutlich Anfang dreißig, mit langen braunen Haaren und einem offenen Gesicht. Megan starrte lange auf die Darstellung von Darlene. Irgendwann hatte etwas die Unschuld und das Glück aus den Augen dieser Frau genommen. Das Bild zeigte deutlich Liebe und Freundlichkeit in Darlenes Gesicht.
Megan schaute dir Frau einen Moment länger an, bevor sie ihren Blick auf Sam richtete. Er sah jünger aus, aber immer noch gleich. Sein fröhliches Lächeln, war genau wiedergegeben. Die Jungs waren anders, jetzt älter als im Porträt. Allerdings konnte Megan den Unterschied zwischen den beiden erkennen, obwohl sie wie Zwillinge aussahen.
„Eric sah immer genau wie ich aus, Nachahmer."
„Ich glaube kaum, dass es seine Schuld war, Dave."
„Sicher war es das." erwiderte er mit einem leisen Knurren. „Du hast keinen jüngeren Bruder, also weißt du nicht, wie sie dich vergöttern. Es war nervig."
„Oh wie schrecklich, Geschwister zu haben mit denen du spielen konntest, als du klein warst." gab sie ernst von sich. David lächelte und zog sie den Flur weiter hinunter.
„Du verstehst das nicht, weil du ganz alleine warst."
„Genau darauf wollte ich hinaus." Er zog sie die Treppe hinunter und wandte sich vom Speisesaal und vorderen Salon ab.
„Das ist die Bibliothek. Es ist ebenfalls das Büro meines Vaters, wenn er Geschäfte von zu Hause aus führt." Er stieß einen Satz Doppeltüren aus Eichenholz auf und Megans Kinnlade klappte auf.
Vorsichtig trat sie ganz ins Zimmer und seufzte vor reiner Glückseligkeit. Die Wände waren mit Büchern bedeckt. Alle sechs Meter jeder Wand, waren mit Bücherregalen bedeckt, mit Ausnahme der beiden Fenster-Sitze und der zwei Türen im Zimmer. Megan streckte ihre Hand aus und berührte den Buchrücken eines Buches in der nähe der Tür. Es war eine Biographie über Helen Keller.
Megan lief an der Wand entlang und las die Titel, als sie vorbei ging. Alles war hier, die Klassiker, Sachbücher, Abenteuer, Romantik, Thriller, alles. Sie drehte sich um und stellte fest, dass David sie mit einem amüsierten Lächeln beobachtete. Er ging zum großen Schreibtisch in der Mitte des Raums und lehnte sich dagegen, um sie zu beobachten. Megan wandte sich wieder ihrer Durchsicht zu und fühlte etwas das der Liebe gleichkam. Eins ihrer Lieblings-Hobbies war das lesen, und sie hatte noch nie eine private Sammlung von Büchern gesehen, die so groß war.
„Oh David." hauchte sie. Er lachte leise und erhob sich, um zu einem Regel hinüber zu schlendern. Er zog ein Buch dort heraus und warf es ihr zu.
„To Catch an Heiress?" las sie den Titel vor.
„Mum liebt romantische Geschichten und ich glaube, dass ist von der selben Autorin wie dein anderes."
„Darlene liebt romantische Bücher?"
„Liest sie, wie ich Nahrung zu mir nehme." antwortete er mit einem Lächeln. Megan hatte das Gefühl, dass er nicht wusste, wie sehr er ihr gerade geholfen hatte. Sie drückte das Buch an ihre Brust und drehte sich wieder um, um die prächtige Sammlung von Büchern zu betrachten.
*****
Megan erwachte am Freitagmorgen mit einen Plan. Die vergangenen zwei Tage waren mit Darlene recht ereignislos vergangen. Davids Mutter hatte am Mittwoch, nachdem sie David dazu gebracht hatte, Megan umbringen zu wollen, eine DAR Sitzung besucht. Dann gab es am Donnerstag, den ganzen Tag lag eine Veranstaltung für den DAR. Darlene hatte sowohl David, als auch Eric eingeladen, nur um zurückgewiesen zu werden. Megan wurde erneut ignoriert.
Am Freitag entschied sie, dass es an der Zeit war, den Krieg mit Darlene zu beginnen. Jemand musste dieser Frau zeigen, dass sie die Menschen nicht so behandeln konnte, wie sie es tat. Es war nicht richtig, wie Darlene sich verhielt. Irgendwo im Laufe ihres Lebens, hatte ihr jemand erlaubt diese Grausamkeit zu lernen, und das war einfach nur falsch.
Sie betrat die Küche fast eine Stunde vor dem Frühstück und plünderte den Kühlschrank. Die rostfreie Stahl Kühl-Kombination war makellos und bis kurz vorm platzen, vollgestopft. Megan wählte genug Zutaten aus, um ein Omelette zu machen und kochte schon bald darauf. Niemand hielt sie auf und niemand betrat die Küche.
Sobald das perfekte Omelette auf einen Teller lag und das Geschirr gewaschen war, setzte sie sich an die Küchentheke und schlug ihr Buch auf. Ihre Augen überflogen die Seiten, aber ihr Verstand war bei Darlene. Sie wusste nicht genau, wie sie es der Frau begreiflich machen sollte, aber sie würde es versuchen.
Die Tür zur Küche schwang auf und eine Frau trat ein. Megan erkannte sie als Rosa, die Köchin.
„Oh." quietschte Rosa, legte ein Hand auf ihr Herz und atmete aus. „Sie haben mich erschreckt."
„Tut mir leid." Megan stand auf und brachte ihren Teller rüber zur Spüle, um ihn abzuwaschen. „Guten morgen, Rosa."
„Morgen, Fräulein."
„Ich heiße Megan." sagte sie, drehte sich um und hielt ihr eine Seifenschaum bedeckte Hand entgegen. Rosa lächelte und reichte ihr stattdessen ein Handtuch.
„Es ist schön sie kennenzulernen Megan. Waren sie so früh hungrig?"
„Ich hänge immer noch ein bisschen in meinen üblichen Zeitplan." erwiderte sie, da sie nicht zugeben wollte, dass sie früh gegessen hatte, um Darlene zu ärgern.
„Sollten sie dann nicht noch im Bett sein?" fragte Rosa mit einem Lächeln.
„Ich versuche mich daran zu gewöhnen, es funktioniert ein wenig." Rosa war Mitte dreißig. Ihr langes schwarzes Haar war eng geflochten und ihre Uniform war sauber. Der erste Blick auf die Frau ließ den Betrachter glauben, dass sie streng war. Jedoch waren Lachfalten um ihren Mund und ihren Augen zu sehen. Ihr Lächeln war breit und offen. Megan konnte nicht anders, als sie zu mögen. „Brauchst du Hilfe?" fragte sie. Ein Überraschte Blick huschte kurz über das Gesicht der Köchin, bevor sie ihn verdecken konnte.
„Wenn sie helfen möchten, ich kann immer welche gebrauchen."
David wachte neben einer leeren Bettseite auf. Rufus war auf den Boden und kratzte an der Tür. David stöhnte und wünschte er könnte sich einfach umdrehen und weiter schlafen, aber er hatte die Zeit auf der Uhr gesehen. Das Frühstück war in zwanzig Minuten. Er wankte aus dem Bett und ließ Rufus ins Badezimmer, wo die Hundematten lagen. Megan hatte darauf bestanden, sie zu benutzen, da Rufus sich seinen kleinen Schwanz draußen abfrieren würde.
Nach einer super rekordbrechenden kurzen Dusche, rasierte er sich, zog sich an, und rannte die Treppe hinunter. Megan war nirgends zu sehen. Seine Mutter, sein Vater und sein Bruder saßen bereits alle am Tisch. David gesellte sich zu ihnen und fragte sich, wo seine 'Freundin' hin verschwunden war.
„Rosa, bring die Teller raus." Darlene schaute hinüber zur Küchentür. Sie war leicht angelehnt, aber von innen kam keine Antwort. „Rosa!" rief sie. Wieder war keine Antwort zu hören. Darlene zog ihre Serviette vom Schoß und legte sie auf dem Tisch, bevor sie aufstand und zur Küchentür lief. „Rosa, ich habe dich geruf-" sie blieb stehen und schaute in die Küche. „Was genau ist hier los?" Ihre Stimme hatte einen kühlen Ton angenommen.
David lehnte sich in seinen Stuhl zurück, um um seine Mutter herum zuschauen. Er konnte nicht ganz sehen, was Darlene verärgert hatte, also kippte er seinen Stuhl weiter nach hinten, um ein wenig mehr Einblick zu bekommen. David konnte nur ein paar Mehl bedeckte Hände sehen, die sorgsam vor einer Schürze mit Blumen gefaltet waren. Er lehnte sich noch weiter zurück, nur um zu sehen, ob die Hände zu Rosa gehörten und dann fiel er plötzlich in Richtung Teppichboden.
Verzweifelt tastete er nach dem Rand des Tisches. Seine Finger streiften Luft, als er zu Boden fiel und sich dort ausstreckte. Er stieß einen ausgesprochen unmännlichen Schrei aus, als der Stuhl neben ihn niederstürzte und fast seine Finger zerquetschte.
Darlenes Kopf schnellte herum, um ihren ältesten Sohn anzusehen. Ihr stechender Blick konzentrierte sich einen Augenblick lang auf ihn und ein Verärgerter Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht.
„Warum liegst du auf den Boden, David?" fragte sie, als ob sie nicht sehen konnte, dass er umgefallen war. Er lächelte unbekümmert und legte dann seinen Kopf auf seine Hand.
„Ach, du kennst mich doch. Der Boden sah bequem aus, ich musste ihn einfach ausprobieren."
„Steh sofort auf." befahl Darlene. David gehorchte und lächelte dabei dumm. Er tat so, als würde er Staub von seiner Kleidung klopfen und legte dann eine Hand in einem Pseudo-Salute an die Stirn.
„Melde mich zum Dienst, Drill Sergeant."
„Setz dich, David, und fang endlich an dich altersgemäß zu verhalten." schnauzte sie.
„Jawohl, Sir. Sofort, Sir." Er begann sich zu setzen, nur um erneut zu Boden zu fallen, da er ganz vergessen hatte, seinen Stuhl wieder aufzurichten.
„David." seufzte seine Mutter und rieb sich die Schläfen. Er lächelte und sprang auf seine Füße.
„Siehst du, ich bin okay. Bist du okay, Megan?" Er hatte ihr Gesicht hinter seiner Mutter entdeckt. Sie konnte ihr Lachen kaum zurück halten. Das paar Mehl bedeckter Hände gehörte zu ihr.
„Sie kocht," sagte Darlene und drehte sich zurück zu Megan, um sie finster anzuschauen.
Megan hob ihre Augenbrauen, seit wann war Kochen ein Grund zum hängen? Sie staubte ihre Hände an der Schürze ab und warf Darlene ihr bestes Lächeln entgegen.
„Guten Morgen, Darlene."
„Was machst du in der Küche?"
„Ich hab nur Rosa geholfen, euer Frühstück zu machen." Megan deutete auf den Stapel Waffeln auf einen Teller neben ihr.
„Rosa braucht keine Hilfe beim Kochen. Sie ist seit sechs Jahren meine Köchin und hat niemals um Hilfe gebeten."
„Oh nein. Ihr habt mich missverstanden. Sie hat meine Hilfe nicht gebraucht. Ich bot ihr an zu helfen. Kochst du nicht gerne?"
„Wenn man jemand bezahlt, der für einen Kocht, gibt es keinen Grund zu kochen."
Nun, jemand wie ich, hat niemand der für einen kocht. Außerdem hat es mir Spaß gemacht, Rosa zu helfen."
„Wir helfen der angestellten Hilfe nicht, Megan. Hat dir niemand die richtige Anstandsregeln beigebracht?" Megan richtete sich gerade auf, sie hob ihren Kopf und starrte Darlene geradewegs an.
„Natürlich wurden mir richtige Anstandsregeln beigebracht. Mir wurde beigebracht den Menschen Liebe und Anerkennung zu geben, nicht Gleichgültigkeit und Ärger." Megans Augen funkelten vor Wut, aber es war nichts im Vergleich zu der Empörung, die sich auf Darlenes Gesicht ausbreitete.
„Wie bitte?" fragte Darlene steif.
„Du hast mich schon verstanden." erwiderte Megan leise und verschränkte ihre Hände Nervös hinter dem Rücken. Sich gegen Darlene aufzulehnen schien in den frühen Morgenstunden noch wie eine prächtige Idee, jetzt schien sie eher beängstigend. Darlenes Wut war viel größer als Megan je gedacht hätte. Als Megan jetzt in das Gesicht von Darlene schaute, schwand all ihr Mut.
„So wurde noch nie mit mir gesprochen." sagte Darlene leise. Ihre Stimme war eine Warnung, die Megan nicht nehmen konnte. Es war zu spät, um jetzt aufzuhören.
„Vielleicht hätte jemand zuvor so mit dir reden sollen." erwiderte Megan, ihre Stimme war ohne Schärfe oder Boshaftigkeit, sie war einfach sachlich.
„Du bist eine Schande, Megan Murray." Darlene spuckte ihren Namen aus, als wäre er ein Fluch. „Du bist nicht einmal Amerikanerin."
„Es gibt kein Grund rassistisch zu werden, Mrs. Preston. Ich versichere dir, dass ich Amerikanerin bin. Du kannst meine Geburtsurkunde überprüfen, wenn du irgendwelche Zweifel hast." Megan konnte nicht leugnen, dass Darlenes Worte weh taten. Sie hatte keine hundert Jahre lange Abstammung in Amerika, aber sie war Amerikanerin.
„Du hast nichts Amerikanisches in dir, Miss Murray." Megan fühlte sich angespannt und wütend. Dieses Gespräch hatte sich von einer Kritik an Darlene zu einem Angriff auf Megan verwandelt. Allerdings war Megan sich sicher, dass Darlene es von Anfang an als einen Angriff auf sich gesehen hatte.
„Mein Blut ist genauso rot wie deins." konterte Megan leise.
„Wie kannst du es wagen, dich mit mir zu vergleichen? Du bist nicht annähernd so wie ich." Darlene legte eine Hand auf ihr Herz, als hätten Megans Worte sie fürchterlich erschüttert.
„Ich habe Anspruch auf meinen Rang als amerikanische Staatsbürgerin, welchen du so abgewiesen hast."
„Du hast kein Recht auf diesen Rang, Miss Murray."
„Kein Recht? Ich bin hier geboren, so wie du. Dass ist, warum jeder von uns behauptet, das wir Amerikaner sind."
„Ich bin anderer Ansicht. Meine Familie kämpfte in Unabhängigkeitskrieg. Wir haben geholfen, dieses Land zu schaffen."
„Wo hat deine Familie 1860 gelebt?" fragte Megan, und spürte wie ihr Körper zu zittern begann. Warum benahm sich Darlene so grausam?
„South Carolina, warum stellst du mir so eine Frage?" Megan lächelte auf Darlenes Worte hin.
„Einer meiner Leidenschaften im College war der Bürgerkrieg. Ich studierte alles darüber, was ich konnte. Ich könnte mich auf dem Gebiet als eine Art Expertin bezeichnen, wenn ich so eingebildet wäre. Sie stammen aus einem konföderierten Staat, Mrs. Preston."
„Und das bedeutet genau was für mich?" fragte Darlene steif.
„Das bedeutet, das deine Familie versucht hat, die Union auseinander zu brechen, einfach nur um ihre Sklaven zu behalten."
„Das ist nicht wahr. Meine Familie hat für dieses Land gekämpft."
„South Carolina war der erste Staat, der sich abgespalten hat." Darlene starrte Megan ohne ein Wort zu sagen, für eine volle Minute an.
„Was du sagst, spielt keine rolle." schnauzte Darlene schließlich.
„Es spielt eine Rolle für die Geschichte der Vereinigten Staaten." gab Megan leise von sich.
„Du bist ein unhöfliches Mädchen." Darlene warf einen weiteren finsteren Blick in Megans Richtung und kehrte dann zum Tisch zurück.
Megan versteckte sich in der Küche, als Rosa die Waffeln raus zum Tisch brachte. Nach wenigen Augenblicken kehrte Rosa mit den Waffeln zurück. Sie warf einen Blick in Megans Richtung und holte stattdessen die Eier raus.
David kam in die Küche und schaute die Waffeln sehnsüchtig an. Anstatt sich welche zu nehmen, stellte er seinen Teller ab und ging auf Megan zu. Er öffnete seine Arme und ließ sie in seine Umarmung gleiten. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust, aber weinte nicht. Sie wollte weinen, aber würde es nicht. Das würde Darlene nur mehr Macht über Megan erteilen.
„Sie ist schrecklich, ich weiß." flüsterte er, besorgt darüber das seine Mutter es hören könnte.
„Ich hab sie provoziert, wirklich. Aber sie ist schrecklich." Sie vergrub ihr Gesicht in seiner warmen Halsbeuge und bemerkte zum ersten Mal, wie warm er war. Er roch auch gut. Es war kein Aftershave, es war irgendwas tieferes, ein pikanter Duft, der sie umgab und ihre Sinne zu überschwemmen schien. Sie atmete tief ein und seufzte.
„Ich finde es wunderbar, dass du Waffeln machen kannst. Machst du mir welche, wenn wir nach Hause kommen?" Er streichelte sanft ihren Kopf und flüsterte leise in ihr Ohr. Megan schloss ihre Augen.
„Wenn du willst." murmelte sie. Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Ignoriere Mum. Es schadet nichts, dass ihr mal jemand die Stirn bietet. Also krieg jetzt keine Angst. Du hast bereits angefangen." Megan schaute in seine blauen Augen.
„Ich weiß nicht ob ich weiter machen will." Es schien, als ob ein Mädchen sich in diesen Augen verlieren konnte. Ob sie lachten, mitfühlten oder wütend waren, seine Augen schienen sie in ihren Bann zu ziehen.
„Nun," sagte er, entfernte sich von ihr und brach somit effektiv den Bann, den er versehentlich über sie geworfen hatte. „Du musst weiter machen. Wie sagt man? Halte den Kurs."
„Du beziehst dich auf den Krieg?" fragte Megan, als sie ihre Stimme wieder gefunden hatte.
„Bist du nicht mit meine Mutter im Krieg?" fragte er mit einem kleinen, unschuldigen Lächeln. Megan seufzte erneut, dieses mal in Verzweiflung.
„Technisch gesehen, denke ich schon."
„Okay, das musst du beibehalten." Er packte sich vier große Waffeln auf seinen Teller und beträufelte sie mit Sirup.
„Keine Butter." fragte sie. Er rümpfte die Nase.
„Mum hasst normale Butter, also benutzen wir nur Margarine und ich hab eine große Abneigung gegen das Zeug."
„Es schmeckt genauso wie Butter." meinte Megan.
„Hat nichts mit den Geschmack zu tun, sondern mehr mit meinen Bruder." David nahm seinen Teller auf und ging zur Tür die zurück in den Speisesaal führte
„Was hat Eric dir angetan?" fragte sie, als er die Tür erreichte. Er drehte sich um und lächelte sie an.
„Frag ihn nach der Katze und der Margarine und er wird es dir erzählen. Er ist ziemlich stolz darauf." Damit ging er wieder zurück an den Tisch. Megan schaute ihn hinterher und folgte ihn dann.
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