Kapitel 10
David trug Megan leise die Treppen hinauf. Sie schlief in seinen Armen, murmelte etwas und kuschelte sich näher an ihm. David konnte nicht aufhören zu lächeln. Megan war die lustigste Person überhaupt, wenn sie betrunken war, und sie war so betrunken. Er öffnete ihre Schlafzimmertür und schaltete das Licht ein. Rufus saß wartend auf dem Bett. Seine Augen blinzelten schnell, um sich an das Licht zu gewöhnen.
„Hey, Junge." sagte David und setzte Megan neben ihrem Hund auf dem Bett ab.
„David?" flüsterte Megan. Er schaute sie an und sah, das ihre Augen immer noch geschlossen waren.
„Was?" sie drehte sich auf ihre Seite und seufzte.
„Hast du jemals Angst, dass du alleine Enden wirst?" fragte sie. Er setzte sich neben sie auf das Bett.
„Du solltest betrunken und ohnmächtig sein."
„Betrunken, ja. Ohnmächtig ist op-op-oper...wie sagt man das?" Sie öffnete ihre Augen und schaute ihn mit einem überraschend wachsamen Blick an.
„Operative?" bot er an.
„Ja das ist es. In der mache halt. Jetzt beantworte meine Frage," forderte sie.
„Deine Frage?" neckte er. Als sie im Begriff war, sie zu wiederholen, legte er einen Finger auf ihre Lippen. „Ich erinnere mich an deine Frage. Ich weiß nur nicht, wie ich dir antworten soll."
„Du hast nie darüber nachgedacht? Ich denke ständig darüber nach." sie sah ihn mit traurigen Augen an.
„Warum?" fragte er und streichelte mit einer Hand über ihr Gesicht.
„Weil ich alleine bin." flüsterte sie und Tränen glitzerten in ihren Augen.
„Nein, bist du nicht. Ich bin genau hier." flüsterte er und beugte sich vor, um ihre Stirn zu küssen. Sie wandte ihren Kopf von ihm ab.
„Das ist nicht das gleiche, David."
„Das gleiche?" fragte er und rieb langsam ihre Arme.
„Du hast eine Familie. Ich meine, deine Mutter ist ein Schrecken, aber sie liebt dich. Du hast einen Bruder, einen Vater und ein zuhause. Ich hab einen Hund in einen einsamen Apartment. Ich habe niemanden." Sie drehte ihren Kopf weg und ließ ihre Tränen fallen. David griff hinüber und wischte die Tränen weg.
„Du wirst mich immer haben, Schatz."
„Für jetzt," flüsterte sie und schloss ihre Augen. Wenige Augenblicke später wurde ihre Atmung gleichmäßig und sie glitt in den Schlaf. David saß eine lange Zeit da und starrte sie an.
****
Megan erwachte zu einem überraschend sonnigen Morgen. Sie presste ihre Augen fest zusammen, um sie vor dem Licht zu schützen. Schreckliche Kopfschmerzen waren kurz davor ihren Verstand anzugreifen. Sie zuckte zusammen und realisierte dann, dass die Sonne draußen war. Sie hatte sich an den bewölkten Himmel in diesen Teil des Landes gewöhnt. Lächelnd glitt sie aus dem Bett und ging zum Fenster.
Es war keine einzige Wolke am Himmel. Dennoch bedeckte eine dicke Schneedecke den Boden. Megan lief hinüber zu Davids Kleidung und lieh sich Schuhe, einen Hut und eine Schneejacke, und achtete darauf, den schlafenden Mann nicht zu wecken. Sie fügte dem noch ihre Jogginghose und ihr Tank-Top hinzu und schlich sich aus dem Schlafzimmer und die Treppe hinunter.
Die Küchentür führte zu einer Terrasse und einem großen Garten. Megan kämpfte um die Schiebetür zu öffnen und stampfte hinaus in den Schnee. Mit einem leisen Lachen, tanzte sie in den Hinterhof. Schnee war so wunderbar. Sie kniete sich hin und begann Schnee in einen Schneeball zu formen. Die Schneebälle gegen einen entfernten Baum zu werfen, hielt ihre Aufmerksamkeit nur für eine kurze Weile.
Sie rannte dann zum Esszimmerfenster und grinste ziemlich böse. Ihre Hände schaufelten erneut den Schnee zusammen, aber dieses mal formte sie eine riesige Kugel im Schnee. Sobald die erste fertig war, begann sie eine weitere, auf die erste zu setzen und dann eine dritte. Megan trat zurück und starrte auf den ersten Schneemann, den sie je gemacht hatte. Sie war ziemlich stolz auf sich.
Sie zog Davids Jacke aus und hängte sie um den Schneemann und setzte ihm dann den Hut auf dem Kopf. Anschließend lief sie zu den Bäumen am Rande des Hofes und brach zwei Stöcke ab. Sie steckte die Stöcke durch die Ärmel von Davids Jacke und kippte den Hut nach vorne, um das nicht existierende Gesicht des Schneemanns zu bedecken. Mit einem Lächeln floh sie zur Küchentür und glitt ins Innere.
„Ahhhh!" ein Schrei schreckte Megan und David aus dem Schlaf. Megan drehte sich wieder, mit einem Lächeln auf dem Gesicht, zu ihrem Kissen. David stieg müde aus dem Bett und stolperte zur Tür.
„Willst du nicht wissen, warum meine Mutter schreit?" fragte David sie und fürchtete die Antwort bereits zu kennen.
„Du kannst es mir erzählen, wenn du zurück kommst." murmelte sie und schlief wieder ein. David schüttelte den Kopf und stapfte hinunter, um seine Mutter zu treffen. Sie stand im Esszimmer und starrte aus dem Fenster. Sam und Eric flankierten ihre Seiten. Eric drehte sich um und David sah, dass er versuchte sein Lachen zu verbergen.
„Was ist passiert?" fragte er, trat vor und sah es dann. Ein Schneemann stand im Fenster. Er trug Davids Jacke. David spürte wie sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich.
„Ein Kind hat sich in unseren Garten geschlichen und hat dieses abscheuliche Ding gebaut." erklärte Darlene.
„Ja," flüstere David seinem Bruder zu. „Der abscheuliche Schneemann-bauer schlägt wieder zu." Eric brach in Gelächter aus. Darlene warf ihren beiden Söhnen einen finsteren Blick zu, und ernüchterte sie sofort wieder.
„Es war erschreckend." knurrte sie praktisch. David nickte ernst und hielt sein Lachen zurück.
„Natürlich, Mum. Ich werde einfach da raus gehen und ihn zerstören. Die Jacke sieht ziemlich nett aus, wenn sie passt, denke ich, werde ich sie behalten." Er packte Erics Arm und zog ihn in die Küche. Als sie hinaus zum Schneemann gingen, ließ Eric sein Lachen heraus.
„Ich glaube ich liebe Megan." sagte er zwischen seinen leisen Lachsalven.
„Tatsächlich?" fragte David, hielt inne und hob eine Augenbraue.
„Ich habe zuvor zu Hause noch nie so einen Spaß gehabt, sie macht es aufregend."
„Das macht sie, sollte ich sie wissen lassen, wie sehr sie Mum mit diesem Ding erschreckt hat?"
„Sicher, warum nicht?" Eric schnappte sich den Hut vom Kopf des Schneemanns und setzte ihn auf Davids Kopf.
„Es wird nur ihr bereits großes Ego füttern."
„Megan hat ein großes Ego?" fragte Eric.
„Warte, bist du es siehst." warnte David. Er zog seine Jacke vom Schneemann und warf sie ein paar Meter weiter weg auf dem Boden. Ohne Vorwarnung traf ihn ein Schneeball an seiner Brust. Er schaute hinüber und sah das Eric sich erneut beugte, um einen weiteren Schneeball zu formen. David sprang hinter den Schneemann und begann sein eigenes Arsenal von Schneebällen zu machen. Ein Schnee auf Schnee Geräusch erklang von der Hüfte des Schneemanns.
„Komm schon, großer Bruder." spottete Eric.
„Wirf kein Schnee auf den armen Freddie!" schrie David, als er sich vom Freddie dem Schneemann entfernte und einen Schneeball an Erics Kopf warf. Er streifte Erics Ohr und ließ ihn zu Boden fallen. Er schnappte sich mehr Schnee, als David Schneebälle auf ihn regnen ließ. „Gibst du auf?" fragte David und warf einen Schneeball auf Erics Fuß.
„Gib niemals auf! Ergebe dich nie!" rief Eric und warf einen Ball in Davids Gesicht.
Als David in sein Schlafzimmer zurückkehrte, stand Megan unter der Dusche. David zog seine Schuhe aus und tapste in seinen nassen Socken ins Badezimmer. Die Glastür zeigte die unscharfe Kontur von Megans Körper, aber nicht mehr. David setzte sich auf den geschlossenen Toilettensitz und zog seine Socken aus.
„Also, ein Schneemann, huh?" fragte er, erfreut über das Quietschen, das aus der Dusche kam.
„Oh mein Gott,David!" kreischte sie. „Musst du dich so anschleichen?" Sie steckte ihren Kopf an der Seite aus der Dusche und schaute ihn sauer an.
„Ich dachte ich hätte genug Lärm gemacht, als ich rein kam. Ich hab sogar die Tür zu geschlagen." Sein Lächeln war zu unschuldig.
„Was willst du?" fragte sie, schloß die Tür wieder und trat erneut unter dem Wasserstrahl.
„Das war ein schöner Schneemann, Megs." er hörte ihr leises Lachen. „Du wusstest, dass es meine Mutter erschrecken wird?" fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Ich habe es gehofft." sagte sie leise.
„Du hast Erics Respekt gewonnen." teilte ihr David mit.
„Gut."
„Hast du sonst noch was gemacht, von dem ich wissen sollte?" fragte er. Auf ihr Schweigen hin, wusste er, dass sie noch etwas getan hatte. „Was ist es?"
„Wirst du schon noch sehen."
Er fand es den ganzen Tag lang nicht heraus. Sonntag morgen, nach dem Frühstück, saß Megan in der Bibliothek und las eines ihrer Bücher. David platze herein und fiel neben ihr auf die Couch. Er lag auf dem Rücken und nötigte seinen Kopf auf ihren Schoß. Megan schaute von ihrem Buch zu ihm hinunter und hob ihre Augenbrauen.
„Was willst du?"
„Was hast du sonst noch gemacht?" fragte er. „Ich hab schon die ganze Zeit darauf gewartet, es herauszufinden." Megan seufzte und richtete ihren Blick wieder auf ihr Buch.
„Wirst du schon noch sehen." antwortete sie erneut. Er war eine Weile lang still und riss ihr dann plötzlich ihr Buch aus den Händen.
„Hey Megan, neulich Nacht, als du darüber gesprochen hast, allein zu sein, was war der Auslöser dafür?" sie starrte ihn verständnislos an.
„Wovon redest du da?" fragte sie und griff nach ihren Buch.
„Du musst am Freitag wirklich betrunken gewesen sein." kommentierte er mit einem Lächeln.
„Du hast mir die Getränke untergeschoben." verteidigte sie sich.
„Du hast mir Nasenbluten verpasst. Ich dachte, es wäre nur fair dich betrunken zu sehen."
„Ich war bereits betrunken, Dave."
„Nun, nicht soviel, wie du sein musstest. Es war schön dich ein wenig entspannen zu sehen. Du warst ziemlich gereizt."
„Ich war gereizt?"wiederholte sie langsam. „Ich bin in diesem Haus mit deiner verrückten Mutter eingesperrt. Wie sonst sollte ich mich verhalten?" fragte sie leise, aber inbrünstig. David zuckte hilflos mit den Schultern. Gerade als er seinen Mund öffnete, um etwas zu sagen, kam seine verrückte Mutter in die Bibliothek.
„Guten Morgen." sagte Darlene knapp und drehte sich um, um ein Buch im Regal zu suchen. Und da erkannte David, was Megans nächste Rache war. Darlene starrte auf drei leere Regale. Zuvor hatten dort mindestens fünfzig romantische Romane gestanden.
Darlene stand für einen Moment wie erstarrt da, dann drehte sie sich um, und schaute direkt zu Megan. „Wo sind sie?" Megan senkte das Buch das sie las und hob ihre Augenbrauen.
„Haben sie etwas gesagt, Mrs. Preston?" fragte sie zuckersüß. Megan konnte wegen Darlenes Ausdruck, kaum ihr Lachen zurück halten.
„Wo sind meine Bücher, Megan?" fragte Darlene so, dass sich Megan wie ein ungezogenes Kind fühlte. Sie festigte ihre Entschlossenheit und hob ihre Schultern in einer Neutralen Geste.
„Ich weiß es nicht, Mrs. Preston. Vielleicht haben sie sie verlegt." Sie richtete ihr Blick wieder auf ihr Buch und las ein paar Zeilen.
„Siehst du, David." schrie Darlene. „Sie ist ein Dieb." Megan schloss ihr Buch und stand seelenruhig auf, um sich der Frau gegenüber zustellen.
„Nicht mehr, als sie es sind, Mrs. Preston." Darlene keuchte auf, trat einen Schritt zurück und legte ihre Hand auf ihr Herz.
„Wie bitte?"
„Meine Kleider sind nicht ihr Eigentum, Mrs. Preston. Ich glaube, das ich hart für das Geld, um sie zu kaufen, gearbeitet habe. Das würde bedeuten, dass sie sie mir gestohlen haben." sie beendete ihre Rede mit einem zufriedenen Lächeln.
„Mach dich nicht lächerlich, Liebes. Ich hab sie in die Chemische Reinigung geschickt." Diese Erklärung ließ Megan erstarren und Darlene anstarren.
„Wie bitte?"
„Deine Kleider werden gewaschen, sie waren schmutzig."
„Das waren sie nicht." verteidigte sich Megan.
„Wo sind meine Bücher?"
„Wo sind meine Klamotten?"
„In der Chemischen Reinigung."
„Beim Aufpolierer."
„Ist das ein Wort?" fragte David hinter Megan. Sie drehte sich zu ihm um und funkelte ihn finster an.
„Ihre Bücher werden neu eingebunden, Mrs. Preston."
„Das ist nicht wahr."
„Und ihre Geschichte ist wahr?" fragte Megan. Adrenalin raste wie Hitze durch sie hindurch.
„Wie kannst du es wagen zu behaupten das ich lüge?"
„Ihr habt zuerst behauptet das ich lüge, ich erwidere bloß den Gefallen."
„Ich will meine Bücher zurück." befahl Darlene. „Jetzt sofort!"
„Wenn ich meine Kleider zurück bekomme, bekommen sie ihre Bücher zurück." Megan lächelte die Frau boshaft an und setzte sich dann wieder neben David. Als sie sich umdrehte, hatte Darlene das Zimmer verlassen.
„Das war beeindruckend." sagte David, ein breites Lächeln zierte sein Gesicht.
„Ich zittere." flüsterte Megan. Sie schaute auf ihre Hände und sah, dass sie tatsächlich zitterten. David schlang seinen Arm um sie und zog sie an sich. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und lauschte seinem gleichmäßigen Herzschlag.
„Das hast du gut gemacht, süße." Megan nickte und schloss ihre Augen. Sie lauschte seinem Herzen danach noch eine lange Zeit.
Als Megan nach dem Mittagessen in ihr Schlafzimmer zurückkehrte, fand sie den Kleiderschrank voller Kleider vor. Jedes Kleidungsstück das sie mitgebracht hatte, war wieder da. Sie lächelte und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust. Sie hatte einige Fortschritte gemacht.
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