Kapitel 40
Kapitel 40
Sie erreichten die nächste Stadt viel früher, als Nanami angenommen hatte. Daher war sie auch nicht sonderlich müde, als sie ihre Gemächer bezogen. „Gehst du mit mir etwas durch die Stadt?", fragte sie und kämmte ihr Haar zu ende, bevor sie zu Victor blickte.
„Ja. Vielleicht finden wir einen Postboten oder ähnliches, damit du deinen Brief abschicken kannst", schlug er vor.
„Das wäre gut", stimmte sie zu, denn sie hatte in der Kutsche die Zeit genutzt, um ihn zu schreiben. Hoffentlich hatte Eric wirklich Ahnung.
„Er kennt die Reiseroute und wird sicherlich einen persönlichen Boten schicken, um die Antwort zu dir zu bringen", versicherte Victor, während er sich umzog.
„Das ist gut", sagte sie und nahm sich einen Poncho, den sie sich extra hatte machen lassen. Diese waren bei Heilmagiern beliebt und er würde sie warmhalten, da es draußen nicht mehr so kühl war.
„Fertig?", fragte Victor, der leger gekleidet war. Scheinbar nutzte er die Zeit, einfach anders zu sein.
„Ich bin soweit", stimmte Nanami zu, die ihre Haare noch zu einem Knoten drehte, damit der Wind sie nicht zu sehr hin und her wedeln ließ.
Er hielt ihr die Tür auf, damit sie vorgehen konnte. Da sie alle Zeit der Welt hatten, mussten sie sich nicht beeilen. „Willst du einen Boten schicken? Oder ihn auf normalen Weg verschicken?"
Nanami überlegte. „Ich denke ein Bote ist sinnvoller. So dauert es nicht so lange", meinte sie, da sie nicht wusste, wo sie suchen musste. Vielleicht hatten sie das Gebiet, wo das Grab lag, schon verlassen.
„Es wird sich sicherlich einen finden lassen", versuchte Victor sie zu beruhigen.
Das zauberte Nanami ein Lächeln auf die Lippen, auch wenn es trotzdem noch etwas erschöpft wirken musste. Die Nacht hatte sie zwar in Victors Armen verbracht und auch soweit gut geschlafen, doch erholsam war es nicht gewesen.
Sobald sie die Unterkunft, die ebenfalls sehr komfortabel eingerichtet war verließen, sah sich Victor nach einem möglichen Boten um.
Nanami folgte ihm langsam. „Ich vermisse das Schlittschuhfahren", bemerkte sie, weil ihr das für einen Moment durch den Kopf ging.
„Bald kommt der Winter", meinte Victor. „Du bist bereits seit einem Jahr hier", fuhr er nachdenklich fort.
„So lang kam es mir gar nicht vor", gestand sie. „Obwohl sehr viel passiert ist." Ihr Blick glitt umher und sie genoss die frische Luft.
Gemeinsam gingen sie durch die noch recht belebten Straßen. Auch hier wurden sie gegrüßt und verehrt. „Ja", antwortete der König.
„Ich würde gern mit dir einmal Rollschuhfahren", gestand sie und wurde etwas rot um die Nase. „Einfach, weil mir das Schlittschuhfahren so gut gefallen hat."
„Du weißt doch, dass ich keine Zeit habe", seufzte Victor, sah sich aber weiterhin um.
„Auf der Reise hättest du Zeit", sagte sie und blickte ihn mit funkelnden Augen an.
Abschätzend warf er ihr einen Blick zu. „Wer sagt, dass ich Zeit habe? In der Nacht pflege ich zu schlafen", bemerkte er leicht spöttisch.
Nanami hob eine Augenbraue. „Können wir denn nicht am Tag irgendwo Rollschuhfahren? Es gibt doch sicherlich Stellen an denen das geht", sagte sie und hoffte sehr darauf.
„Nanami", seufzte Victor lang gezogen. „Was soll das Ganze?"
„Wir machen unsere Hochzeitsreise. Ich möchte so viel Zeit mit dir verbringen, wie es mir möglich ist. Ich weiß, dass wir kaum mehr Zeit haben werden, sobald wir wieder zuhause sind", sagte sie. Dabei klang sie niedergeschlagen und ließ sogar etwas die Schultern hängen. Sie wollte nicht, dass diese schöne Zeit endete.
Sichtlich frustriert fuhr sich Victor über sein Haar. „Ich habe keine Ahnung wie du es anstellst, dass du dich die ganze Zeit entspannst und solche Dinge tun willst", murmelte er.
„Ich weiß, dass du da bist, um auf uns aufzupassen und ich vertraue den Leuten, die uns begleiten. Zumindest den meisten davon", sagte sie ernst. „Und wenn ich mich nicht entspannend würde, würde ich mein Leben gar nicht genießen können. Ich lebe immerhin nur einmal und möchte noch so viel machen."
„Also", sagte Victor zufrieden. „Da ich auf dich aufpasse, bleibt mir keine Zeit zum Entspannen", sagte er und tippte auf ihre Nase.
Sie ließ ihre Schultern noch mehr hängen. „Ich möchte aber, dass du auch etwas vom Leben hast."
„Mach dir keine Gedanken darum", flüsterte Victor und küsste ihre Stirn.
„Es macht mir aber Sorgen", sagte sie ernst und legte eine Hand an seine Brust. „Ich möchte doch, dass du mir so lange wie möglich erhalten bleibst."
Daraufhin winkte er ab. „So schnell krepiere ich nicht", erwiderte er.
Nanami verzog etwas den Mund. „Wenn du auf mich aufpasst, musst du aber mit mir mitfahren", bemerkte sie. „Damit du in meiner Nähe bleibst."
„Von mir aus", gab er seufzend nach.
Nanami versuchte, nicht zu siegessicher zu lächeln. Sie hatte, was sie wollte und hoffte, dass Victor zumindest ein bisschen Spaß dabei hatte.
Allerdings machte er ihren Sieg unverhofft zunichte. „Du weißt, dass ich neben dir herschweben oder meine Fäden nutzen kann, nicht wahr?", fragte er lächelnd, als hätte er ihren Plan durchschaut.
„Ja, das kannst du, aber ich bin mir sicher, dass das zu auffällig wäre", antwortete sie mit einem Lächeln auf den Lippen.
„Ist mir egal, ob es auffällig ist oder nicht", bemerkte er trocken. „Ich mache das, was ich will, egal ob den Leuten es gefällt oder nicht."
Nanami lachte leise. „Ja. So bist du", stimmte sie gut gelaunt zu.
„Also. Und ich werde nicht Rollschuhfahren, wenn ich es nicht möchte. Ich werde bei dir sein, aber nicht fahren", sagte er mit warnendem Ton.
„Aus Prinzip oder weil du wirklich nicht möchtest?", wollte Nanami wissen, während sie nach einem Boten suchte.
„Aus Prinzip. Ich möchte es irgendwann tun. Aber nicht jetzt", erklärte er ernst.
Nanami legte den Kopf schief und blickte ihn nachdenklich an. „Dann zurück im Schloss in der Halle? Wenn wir allein sind?", fragte sie, denn sie wollte ihn gern sehen.
„Ja, von mir aus", sagte er und klang ehrlich.
„Gut, dann fahren wir, wenn wir wieder zurück sind", entschied sie. Dann würde sie sich eine andere Beschäftigung suchen.
„Du kannst ruhig auch jetzt fahren", sagte Victor schnell. Es schien ihm egal zu sein, ob sie es jetzt tat oder nicht. „Mach einfach das, zu was du Lust hast."
Nanami nahm seine Hand und drückte sie kurz. „Das werde ich", versicherte sie. „Aber mit dir sind die meisten Dinge schöner."
„Lass den Unsinn", murmelte Victor. „Das ist nicht wahr."
„Woher willst du das wissen?", fragte sie und hob eine Augenbraue. „Es sind meine Gefühle und ich finde, die Dinge sind mit dir schöner."
Victor winkte ab. „Schon gut. Wenn du meinst", sagte er und schien nicht darüber reden zu wollen. Stattdessen sah er sich um und fand schließlich einen Hinweis, wo sie einen Postboten finden konnten.
Gemeinsam liefen sie weiter, um zur entsprechenden Station zu gehen. Dort konnten sie den Brief abgeben und per Eilboten zurück zum Schloss bringen lassen.
Dort fanden sie jemanden, der vom Inhaber des Geschäfts als angesehen gepriesen wurde. Zudem hatte der Eilbote bisher seine Arbeit sehr gut verrichtet. Auch Victor schien mit der Wahl zufrieden zu sein.
Also gab Nanami ihm den Brief mit, damit er schnell ankam.
Jetzt konnte sie sich ganz der Stadt widmen.
Gemeinsam verließen sie den Laden und Victor wollte wissen, wohin sie gehen wollte. Sie hatten nichts geplant, weshalb sie frei entscheiden konnte.
„Ich möchte etwas durch die Stadt wandern", sagte sie und schenkte ihm ein Lächeln. Sie wollte die Sonnenstrahlen genießen. „Und zum Friedhof."
„Der ist ein wenig außerhalb der Stadt auf einem Hügel angelegt", informierte Victor sie.
„Dann können wir durch die Stadt laufen und dann am Ende dorthin?", fragte sie neugierig und aufgeregt.
„Ja", antwortete Victor und schob sie einen halben Schritt vor sich. So, als würde er sie vorschicken und er würde ihr folgen.
Nanami blickte überrascht zurück. „Was ist?", fragte sie.
„Du gehst vor, ich folge dir. Heute will ich nichts entscheiden", murmelte er, aber sie spürte ihn dicht hinter sich.
„In Ordnung", stimmte sie zu und lächelte, bevor sie langsam durch die Stadt schlenderte.
Dort entdeckte sie sogar einen Markt, der scheinbar nur zur Unterhaltung gedacht war. Es roch nach Süßigkeiten und die Stimmung schien locker und frei zu sein.
„So etwas habe ich noch nie gesehen", sagte sie, denn sowas kannte sie nicht. Zuhause war sie nie so viel rausgekommen.
„Es gibt immer wieder Märkte zur Unterhaltung", erklärte Victor. „Menschen aus umliegenden Dörfern kommen, um hier Zeit zu verbringen. Oft gibt es auch Händler aus anderen Städten, die hier ihre Ware anpreisen", meinte er und rümpfte die Nase.
„Das gefällt dir nicht?", fragte Nanami überrascht. Sie beobachtete dabei das rege Treiben und bemerkte sogar, dass es einige Spiele gab. Kinder versuchten aus Wasserbehältern Äpfel mit ihren Mündern zu fischen.
„Doch schon. Ich war als Kind einmal auf einem", sagte er lang gezogen.
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