Kapitel 15
Die nächsten zwei Tage vergingen ziemlich schnell und ereignislos. Wie bisher trafen Jonah und ich uns jeden Tag. Wir machten gemeinsame Spaziergänge mit den Pferden, er sah mir zu, wie ich auf Manolito ritt und einige Male saß sogar er im Sattel. Außerdem waren wir im Skatepark, was mir sehr viel Spaß gemacht hat. Das ein oder andere Mal Verwandeln war auch in unserem Programm. Schließlich fahren wir heute schon nach Hause. Das macht mich sehr traurig. Die Woche hier ist einfach viel zu schnell vergangen. Es ist so viel passiert, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich kann gar nicht glauben, dass ich Jonah erst vor wenigen Tagen getroffen habe. Es kommt mir vor, als würden wir uns schon ewig kennen. Wenigstens fahren wir gleich nächstes Wochenende wieder zu Alan und so, wie es aussieht kann das zur wöchentlichen Routine werden.
Mit Romina haben wir uns gestern auch noch einmal getroffen. In ihrer Vision hat sie wieder nur gesehen, dass Jonah und ich uns streiten werden, was ja hoffentlich nicht passiert. Sie hat uns außerdem erzählt, dass sie in ihren Visionen, wenn wir nicht dabei sind, immer irgendein Schloss hinter einem Fluss sieht. Sie meint, dass es nichts mit uns und der Magie zu tun hat. Ich bin mir da aber nicht so sicher. Sie aber wahrscheinlich auch nicht, denn wieso hätte sie es uns sonst erzählt? Wir haben schon alles mögliche gegoogelt, das bloße Bild reicht einfach nicht, um darauf zu kommen, wo sich das Schloss befindet. Aber naja, vielleicht existiert es ja sogar gar nicht und Romina hat Rech damit, dass ihre Visionen nichts mit uns zu tun haben.
,,Komm Emi, pack endlich deine Tasche. Wir wollen pünktlich nach dem Mittagessen fahren.", ruft mir Mama zu und holt mich so aus meinen Tagträumen. ,,Ich will noch nicht fahren.", beschwere ich mich traurig. ,,Tja, da kann ich nichts machen. Du must morgen in die Schule. Und jetzt Tasche packen. Du triffst dich erst mit Jonah, wenn alles zur Abfahrt bereit steht." Das lasse ich mir nicht zweimal sagen! Schon in zwanzig Minuten treffe ich mich mit Jonah. Schnell stopfe ich also meine Sachen in meine Tasche, setzt mich drauf, damit ich sie zukriege und ziehe mit Kraft am Reisverschluss. Als meine Sachen alle eingepackt sind, hole ich Manolitos aus dem Stall. Sattel, Zaumzeug und Putzkasten räume ich schon einmal ins Auto.
Als ich gerade dabei bin, kommt auch Jonah schon um die Ecke. Er hat ein Päckchen, welches in buntes Geschenkpapier eingepackt ist in der Hand. ,,Hallo!", grüße ich ihn. Was das wohl ist? Für mich? Aber ich hab ja gar nicht Geburtstag oder so. Komisch, wundere ich mich. ,,Hi, ich habe ein Geschenk für dich." Also doch? Warum? ,,Das ist doch gar nicht nötig. Wie kommst du darauf mir etwas zu schenken? Ich hab leider nichts für dich?", stammele ich. Sollte ich etwas haben? Schenkt man sich was, wenn man sich erst seit einer Woche kennt? ,,Macht nichts, mach auf!"
Er übergibt mir das Packet. Es fühlt sich relativ leicht an. Was wohl drin ist? Vorsichtig, aber neugierig zugleich reiße ich das Geschenkpapier auf. Es kommt ein brauner Karton zum Vorschein. Ich stelle das Geschenk auf den Boden und öffne ihn. Es ist ein Skateboard. Ich hole es heraus. Es glänzt noch, weil es neu ist. Als ich es umdrehe, lächele ich. Auf der Unterseite sind nämlich zwei galoppierende Pferde abgebildet.
,,Oh mein Gott, danke. Es ist so cool.", freue ich mich. ,,Bitte, du musst ja auch üben können, wenn du zuhause bist.", sagt Jonah stolz. Man sieht ihm an, wie glücklich er ist, dass es mir gefällt und umso glücklicher bin ich. Er ist ein toller Freund, ich freue mich schon so sehr auf nächste Woche, wenn wir wieder hierher, nach Licorne fahren.
,,Lass es uns gleich ausprobieren.", schlägt Jonah vor und fröhlich fahren wir auf den Skatepark. Glücklich fahren wir einige Rampen herunter und wiederholen ein paar Tricks, als plötzlich mein Handy klingelt. Meine Mutter. Ich hebe ab. ,,Hallo Emi, komm jetzt bitte nach zurück. Wir wollen noch kurz zu Mittag essen und dann fahren wir nach Hause." ,,Okay.", sage ich traurig und wir legen auf.
,,Ich muss schon nach Hause, sorry.", gebe ich Jonah Bescheid. Nach Hause. Wie ironisch, dass ich jetzt das richtige Zuhause meine. Eigentlich habe ich mich hier bei Alan ja wohler gefühlt. ,,Okay, dann wohl bis nächste Woche, oder?", fragt Jonah. ,,Ja, bis nächste Woche.", verabschiede ich mich. Ich hab irgendwie ein mulmiges Gefühl. Ich möchte noch hier bleiben. Keine Lust auf Schule. Aber dagegen kann man nichts machen. Ich fahre also mit meinem neuen Skateboard zu Alans Haus. Jonah, der noch vor hat ein bisschen im Skatepark zu bleiben, winkt mir traurig zu.
Wir essen schnell. Dann verladen wir die Pferde. Beim Abschied möchte ich Alan umarmen, der schlängelt sich aber aus meinen Armen heraus, nimmt einen Koffer und tut so, als hätte er es nicht gemerkt. Ich verdrehe meine Augen. Warum ist er denn so? Während der Rückfahrt schaue ich traurig aus dem Fenster. Ausgerechnet jetzt muss es auch noch so stark regnen, dass ich mir vorkomme, wie die Mädchen in Filmen, die gerade umziehen und in eine neue Stadt fahren. Dabei fahre ich ja eigentlich nach Hause. Schon jetzt sehne ich mich nach dem nächsten Wochenende. Wie es morgen wohl in der Schule wird? Ich kann ja schließlich niemandem von den absurden Dingen erzählen, die in Licorne passiert sind. Auch wenn ich könnte, mir würde sicher niemand glauben und alle würden mich für verrückt erklären.
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