Kapitel 19
,,Lili! Lili! Bitte wach auf! Schnell!" Milan rüttelt an meiner Schulter. Ich kann es einfach nicht glauben. Er ist hier und ich lebe noch. Und er weint. Das ist soooo süß.
Als ich plötzlich einen stechenden Schmerz in meinem Bein spüre, weiß ich aber wieder in welcher Lage ich bin.
Milan merkt das und sagt:,,Wir müssen hier weg, dann helfe ich dir. Kannst du selber laufen?" Ich kann immer noch nichts sagen und schüttele deshalb nur den Kopf.
Er zögert nicht und hebt mich einfach hoch. Es scheint fast schon, als ob er das schon einmal gemacht hat. Irgendwie komisch, wann denn auch? Er rennt mit mir zusammen durch die Gänge und versucht, dass wir nicht gesehen werden. Die Krankenschwester war zum Glück schon gar nicht mehr in dem Zimmer, wo ich lag. Sonst wäre das hier bestimmt schwerer gewesen.
Aber ich höre auf, meine Gedanken an so etwas zu verschwenden. Jetzt konzentriere ich mich nur noch auf Milan. Auch erst jetzt merke ich, dass er noch Reitklamotten an hat. Er riecht noch total nach Pferden. Auf seiner Stirn bilden sich Schweißperlen. Sein momentanes Aussehen kann man mit dem eines Leistungssportlers nach stundenlangem Training vergleichen.
Er huscht mit mir zusammen in eine Tür. Es ist die Putzkammer. Hier kommt bestimmt niemand rein. Erst jetzt komme ich dazu, mich zu fragen, warum wir eigentlich ungestört sein wollen.
Er beantwortet meine Frage, ohne dass ich sie stellen muss:,,Ich bin nicht nur Anführer der Einhörner, Lili. Ich bin auch Heiler. Ich habe dich schon drei mal geheilt." Er macht eine Pause, atmet tief durch und schaut mich an.
Dann spricht er weiter:,,Ich kann auch böse Magie, also solche von der du jetzt gerade betroffen bist, heilen. Das ist sehr anstrengend, musst du wissen. Ich muss dich jetzt dafür bewusstlos machen, damit du nichts spürst. Aber keine Sorge, das geht ganz schnell und du wirst auch wirklich gar nichts spüren."
Ich weiß, es ist falsch, aber ich will nicht, dass Milan mich heilt. Ich habe Angst davor. Weil ich immer noch nichts sagen kann, fange ich an zu weinen, damit er es versteht.
,,Es wird alles gut. Vertrau mir", sagt er. Dann streicht er mir die Tränen weg. Als seine Hand direkt über meinen Augen liegt, spüre ich wie ich das Bewusstsein verliere. Ich höre noch, wie er nochmal das gleiche sagt, dann wird mir schwarz vor den Augen.
Ich mache meine Augen auf. Gleich spüre ich, dass er mich geheilt hat. Die gesamte böse Magie ist nun verschwunden und ich fühle mich so gesund, wie schon lange nicht.
Milan aber, liegt keuchend auf dem Boden neben mir. Aus seiner Nase fließt Blut und er schaut furchtbar erschöpft aus. Als er sieht, dass ich wach bin, lächelt er leicht.
Stönend hieft er sich hoch und setzt sich hin. Ich kann in der Putzkammer Papiertücher finden, die ich schnell hole und ihm gebe. Er bedankt sich und wischt sich damit das Blut von seiner Nase weg.
Ich merke, dass eigentlich ich mich bedanken müsste und nicht er. Schnell mache ich das auch.
Gespräch zwischen Lili(L) und Milan(M):
M:Siehst du jetzt, dass du dir vorher umsonst Sorgen gemacht hast.
L:Ja, sorry. Bei soetwas kriegt man halt Angst.
M:Ich hatte ja auch Angst. Aber egal, kommen wir zur Sache. Du kannst nicht nach Hause. Du kannst nicht zu Lina. Hast du einen Plan, wo du sonst hin könntest?
L:Nicht so wirklich, aber Lina ist jetzt auf Klassenfahrt.
M:Wie lange?
L:Zwei Wochen.
M:Ok. Ich und Sweetcuteflufflyglitterhappyrainbowdancer schaffen es bis dahin zurrück.
Als er diesen Namen nennt, muss ich lachen. Er hat ernsthaft ein Pferd, ok also eigentlich ein Einhorn, so genannt. ,,Was? Wie würdest du sonst ein Einhornhengstfohlen nennen?", lacht Milan. Oh nein, es ist auch noch ein Junge. Ich sage ihm lieber nicht, was ich über diesen Namen denke, sonst ist er noch traurig oder so und das ist ganz sicher nicht mein Vorhaben.
Ich lächele ihn an. Ok, eigentlich schaue ich ihn an und versuche ein Lachen zu unterdrücken. Doch dann schaffe ich das nicht und auch er lacht mit. Irgendwie ist es schon seltsam mit einem Jungen in einer Putzkammer des Krankenhauses zu stehen und zu lachen, aber genau das ist ja auch irgendwie das lustige daran.
Als wir uns wieder beruhigt haben, wird er wieder ernst und sagt:,,Wir müssen zu dir nach Hause. Deine Mutter macht sich bestimmt schon voll Sorgen." Oh nein, ich habe ganz vergessen, dass es meiner Mutter wegen mir auch schlecht geht. Sofort kriege ich Schuldgefühle.
Weil ich es einfach nicht aushalten kann, rufe ich sie an. Am Anfang klingt sie total besorgt, doch dann, als ich ihr erkläre, dass es mir wieder gut geht, wirkt sie ganz beruhigt.
Leider muss ich sie aber trotzdem anlügen. Schließlich kann ich ja nicht einfach erzählen, dass Milan extra aus Spanien gekommen ist, um mich zu heilen...
Meine Mutter verspricht mir, so schnell wie möglich herzukommen und mich abzuholen. Dabei muss ich aber an Milan denken. Wie soll ich ihr nur erklären, dass er mit uns nach Hause kommen muss? Und was soll ich nur sagen, wenn sie fragt, wie er plötzlich aufgetaucht ist?
,,Die Erklärung für deine Mutter übernehme ich, keine Sorge.", beruhigt mich Milan gleich. Aber stopp, da stimmt doch was nicht. Woher weiß er jetzt schon wieder, was ich denke? Neugierig frage ich:,,Kannst du auch Gedankenlesen?"
Es würde mich jetzt ernsthaft nicht wundern, wenn er ja sagt, aber ich hoffe, dass er es nicht kann. Weil wenn er Gedanken lesen könnte, dann wüsste er ja immer, was ich denke. Dann wüsste er einfach alles, vor allem, dass ich in ihn verliebt bin. Das wäre so peinlich.
Aber zur meiner Erleichterung sagt er lachend:,,Äh nein. Wieso?" Ich antworte volkommen beruhigt:,,Alles gut." und das Thema ist vergessen.
Wir beschließen, mich schon einmal vom Krankenhaus abzumelden. Ich bin mir nicht so sicher, ob man das überhaupt machen muss, aber einfach verschwinden kann man doch auch nicht. Dann würden noch alle nach mir suchen oder so. Das verhindere ich lieber.
Milan und ich gehen in das Erdgeschoss, wo sich der Empfang befindet. Der Mann, der hinter einer Glasscheibe hockt, sieht gleich, dass ich gesund bin und ist auch sofort damit einverstanden, dass wir nach draußen gehen und dort auf meine Mutter warten.
Nach einer Weile flitzt der kleine Peugeot meiner Mutter um die Ecke. Sie steigt aus und umarmt mich sofort. Danach mustert sie Milan. Wie schon erwartet fragt sie:,,Und wer bist du?" Milan lächelt leicht und antwortet vollkommen locker:,,Milan, ein Klassenkamerad von Lili. Ich war meine Großtante im Krankenhaus besuchen. Sie hatte einen Kniebruch, keine schöne Sache. Und dann bin ich auf Lili getroffen."
Hätte ich nicht gewusst, dass es eine Lüge ist, hätte ich ihm jedes Wort geglaubt. Er hat die Geschichte mit seiner Großtante einfach erzählt, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Meine Mutter scheint auch nichts zu merken. Er ist einfach der perfekte Lügner.
Zum Glück müssen ich und Milan gar nicht erklären, dass er kurz mit zu uns nach Hause will, um sich zu erholen. Meine Mutter bietet ihm an:,,Komm doch kurz zu Tee und Kuchen mit uns nach Hause." Milan bedankt sich und steigt hinten in unser Auto ein.
Während der Autofahrt herrscht aber eine furchtbare Stille. Ich bin irgendwie mega aufgeregt und überglücklich zugleich. Meine Mutter unterbricht zum Glück die Stille, die schon fast unerträglich geworden ist und fragt Milan über seine Großtante aus. Wie auch vorher weiß er immer gleich was er sagen soll und lügt einfach nur perfekt.
Zuhause haben wir einen Zitronenkuchen und Früchtetee. Meine Mutter lässt Milan, mich und das Essen alleine im Wohnzimmer. Wir reden, aber nicht über Magie. Er erzählt mir über seine anstrengende Reise von Spanien nach Deutschland und von dem kleinen Einhorn, dessen Spitzname einfach Sweety ist. Kann ich mir auf jeden Fall besser merken, als Sweetcuteflufflyglitterhappyrainbowdancer.
Nach einer halben Stunde muss er sich aber leider schon verabschieden. Er hat vor, sofort in einen Zug zu steigen und sich auf den Weg zurrück nach Spanien zu machen. Ich finde es furchtbar schade, dass er schon wieder gehen muss und hätte ihn am liebsten einfach da behalten, aber man kann da nichts machen.
Milan bedankt sich bei meiner Mutter für den Kuchen, verabschiedet sich von ihr und dann gehe ich noch mit ihm zur Tür.
,,Na dann tschüss", sage ich. Ich weiß jetzt schon, dass ich ihn total vermissen werde. Er sagt nichts und schaut mich einfach nur an. Seine schönen blauen Augen glänzen. Er lächelt leicht sein wunderbares Milan Lächeln und schaut dann einfach weiter zu mir.
Wann sagt er denn endlich was? Und hat er überhaupt noch vor, zu gehen? Am liebsten würde ich ihn ja hier behalten. Ob es ihm wohl genauso geht? Was hat er vor? Mir schießen tausend Fragen in den Kopf und langsam werde ich ungeduldig.
Doch dann legt er seine Hand auf meine Schulter, zieht mich näher zu ihm heran und küsst mich. Es fühlt sich einfach wunderbar an.
Nach dem Kuss, lächelt er einfach nur, dreht sich um und geht. Ich stehe noch lange im Türramen und blicke ihm hinterher.
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