
21. Dezember
Alle warten gespannt.
Entspricht auch dieses Märchen der Realität?
Wenn es Seherinnen gibt, werden sie uns die Wahrheit sagen. Denn dazu sind sie da. Nur hat noch nie jemand eine gesehen.
Plötzlich bewegt sich etwas am Waldrand.
Ein kleines Mädchen, mit langen, braunen Haaren taucht aus dem Schatten auf. Ihre Haut hat die Farbe von Marmor.
Langsam kommt sie auf uns zu.
Schliesslich bleibt sie vor uns stehen.
Niemand wagt es zu atmen. Sie ist so jung. So rein. Ihre Lippen sind ganz rot und spitz. Die Augen mandelförmig.
"Ihr erfragt den Rat einer Seherin. Warum?" Fragt das Mädchen mit sanfter, ruhiger Stimme. Ein Schauer durchläuft mich.
"Wir müssen die Wahrheit wissen."
"Die Wahrheit über diese Beiden?" Sie deutet mit dem Kopf auf Cassaian und Anon.
"Genau." Sagt Luca.
"Dann lasset mich sehen." Sie tritt vor und sieht von einem zum Anderen. Ich habe mir Seherinnen immer völlig anders vorgestellt. Als alte, weise Frauen oder rein nur als Stimme. Ein so junges Mädchen hätte ich nie erwartet.
"Ihr beide führt ein interessantes Leben. Ihr habt beide Geheimnisse. Was wollt ihr von mir wissen?"
"Wer hat den Spiegel gestohlen?" Knurrt Anlis. Ich verspanne mich. Mein Atem geht schneller.
"Ihre beider Herzen sind nicht mehr rein. Sie haben sich beide schuldig gemacht.
Cassaian hat den Spiegel gestohlen. Doch unter dem Befehl Anon's."
Mein Herz stolpert. Das darf nicht wahr sein!
"Anon versteckte den Spiegel bei den Hexen der schwarzen Magie. Er wollte die anderen Magician erpressen. Würden sie den Spiegel zurück haben wollen, müssten sie ihn als den einzigen Herrscher über Skylewest, unser Reich, anerkennen."
Ich höre entsetzte Rufe. "Doch beide verschweigen euch noch mehr."
Ich fange an zu schlottern. Was kann noch schlimmer sein, als das? Die Worte der Seherin treffen mich tief.
Meine Welt bricht und bricht. Immer wie mehr. Es ist beinahe, wie als ich dachte Cassaian sei tod. Doch nun überflutet mich nicht nur Trauer sondern auch Wut.
"Anon erpresste Cassaian damit, das ganze Reich in einen grossen Krieg zu stürzen, würde er ihm nicht helfen. Ein Krieg wie es ihn nich nie zuvor gab. Ein Reich gegen das Andere. Ein Magician gegen den Anderen.
So zwang er den jungen Magier, zu tun, was immer der Herrscher über das Eis vom Tod verlangte. Den Spiegel zu stehlen. Verurteilt und von immer von dem magischen Reich fern zu bleiben. Verdammt und verstossen, damit er er sich ja nicht wagen würde, doch plötzlich noch das Geheimnis auszuplaudern." Berichtet die Seherin. Stille kehrt ein. Der Wind heult uns um die Ohren. Verschlingt die Worte des kleinen Mädchens in seinen Wirbeln.
"Wer ist dieses Mädchen schon! Alles Lügen!" Schreit Anon plötzlich in die Totenstille hinein. Cass dagegen blickt nur stumm zu Boden.
"Hebe nicht deine wütende Stimme gegen mich Herrscher. Es wird dir nur Unglück bringen." Antwortet das Mädchen gelassen. "Und ich habe noch nicht fertig gesprochen." Wir sehen sie alle an. Cassaian hebt sein Blick und in seinen Augen liegt Angst. Blanke Angst und hoffnungslosigkeit. Diese Angst habe ich zum letzten Mal auf der Amadeus in seinen Augen gesehen. Als er kurz davor war zu sterben.
"Cassaian Clane trägt eine schwere Last auf den Schultern." Fährt die Seherin fort. Doch Cass unterbricht sie:
"Nein. Warte."
"Unterbrich mich nicht."
"Es ist wichtig. Ich will es ihnen erzählen. Bitte."
"Wenn du meinst." Die Seherin wird sichtlich ungeduldig.
Clane blickt mich an. In seinen eisigen Augen liegt ein dunkler Schatten und eine Vorahnung lässt mich erschauern. In wenigen Sekunden wird Cassaian Clane einen Mord gestehen, für welchen man ihn hinrichten wird. Den Mord an einem kleinen Magier. Einem zukünftigen Herrscher und Magician. Dem Sohn von Fanisa, der Herrscherin über die Hexen der schwarzen Magie. Ich kenne die Geschichte bereits und will sie nie wieder hören. Nie wieder.
Und das muss ich auch nicht. Denn plötzlich reisst sich Anon los. Die zwei Magician, die ihn gehalten haben zucken erschrocken zusammen. Niemand kann in dieser Sekunde handeln. Alles geht zu schnell und kommt zu überraschend. Anon stürzt auf mich zu und packt mich gewalltsam. Ich will ihn aufhalten, doch schon spüre ich die Klinge an meinem Hals. Nicht schon wieder!
Er flüstert mir wütend ins Ohr.
"Sei still und wehe du rührst einen Finger!"
Das Messer drückt stechend in meine Kehle und Erinnerungen kommen auf.
"Keiner rührt sich! Keiner tut etwas, oder die Lady Lune ist tot. Die Herrscherin über die sieben Monde." Ruft er.
Alle schnappen angespannt Luft. Sogar die Seherin schweigt bedrückt. Dieses kleine Miststück!
"Was willst du?" Fragt Cassaian schliesslich.
"Was ich immer schon wollte." Fauch Anon zurück.
"Und das wäre?" Meine Stimme ist bloss noch ein Keuchen.
"Scht, ich habe dir doch gesagt, sei still!"
Die Klinge drückt sich tiefer an meine Kehle. Ich bin immer die Geisel.
"Ich will, dass ihr, alle fünf Magician vor mir niederkniet. Skylewest soll mir gehören, dem einzig wahren Herrscher. Es soll dem Eis alleine sein. Und dieser Verräter", er deutet auf Clane, "soll seine Strafe erhalten."
Das ist doch nicht sein Ernst? Das kann er nicht tun!
"Tut was ich sage, oder sie ist tot."
Luca ist der Erste, der Iniative ergreift. Er fällt auf die Knie. Er kniet vor Anon Wittle nieder. Nieder zu knien ist ein Zeichen von Unterwerfung und Unterstützung. Den Kopf hält er dabei gesenkt. Es muss seine Ehre brechen, denn Magician knien vor niemandem nieder.
"Ich tue es für dich Marina. Weil du es auch für mich getan hättest." Haucht Luca und sieht zu mir auf. Meine Augen werden glasig. Ich darf nicht zulassen, dass meine Freunde so etwas tun. Nur für mich.
Elenor beugt auch das Knie.
Sie legen all ihre Ehre ab, nur um mich zu retten und das Reich in die eiskalten Fänge eines Verräters zu legen.
Ich suche Cassaians Blick. Er ist verzweifelt.
Alle seine Muskeln sind angespannt. Er sieht aus, als würde er jeden Augenblick über Anon herfallen. Vielleicht hätte er das auch getan, wäre ich ihm nicht zuvorgekommen.
Ich hole aus und verpasse Anon einen harten Tritt ins Bein. Dieser jault auf und lässt das Messer in seiner Hand für einen Augenblick unkontrolliert. Diesen kleinen Moment nutze ich und stürze mich auf ihn.
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