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P.O.V. Mica
Ich weiß, die Zeit heilt alle Wunden.
Doch Zeit ist etwas, das man nicht begreifen kann. Man weiß nicht, wann besagte Zeit der Heilung eintritt.
Und jetzt gerade scheint diese Heilung unendlich weit entfernt zu sein. Aber ich werde nicht aufgeben.
Ich kann nicht aufgeben.
Nicht, wenn so ein atemberaubend schöner Mann neben mir liegt.
Es wäre unheimlich romantisch, wenn jetzt Mondlicht auf sein entspanntes Gesicht fallen würde. Aber es ist nur die gelbliche Straßenlampe vor meinem Fenster, die ihr künstliches Licht über das Bett wirft.
Im August sind die Nächte manchmal unerträglich heiß, sodass ich es hinnehme, bei offenem Fenster wach zu liegen, weil der Lärm von der Straße hereindringt, als mich schlaflos in der stickigen Hitze zu wälzen.
Bradyns Mutter hat um Zeit gebeten. Zeit, in der ihre Wunden heilen sollen und in der sie sich mit dem Verhalten ihres Sohnes abfinden kann.
Wir haben telefoniert. Sie hat gesagt, dass es okay ist. Das sie versucht zu verstehen. Sie versucht.
Ich weiß nicht, ob meine Mutter es versucht. Ich habe sie seit unserem letzten Telefonat nicht wieder gesprochen.
Und nachdem ich Ben zum fünften Mal weggedrückt habe, hat sich seine Seite der Familie nicht mehr bei mir gemeldet.
Die gewöhnliche Stille ist eingetreten.
Aber sie ist weniger unerträglich. Denn ich bin nicht mehr allein.
Die Stille meiner Familie umhüllt mich nicht mehr und hält mich gefangen. Bradyn ist jetzt hier und vertreibt sie. Er durchbricht sie.
Erst jetzt habe ich bemerkt, wie einsam ich doch war, wie leise.
Und das ich Schenectady auch hier nie wirklich hinter mir gelassen habe, weil ich die Leere, die die Bewohner dieser Stadt bei mir hinterlassen haben, nie wirklich gefüllt habe.
Es war schlicht und ergreifend nichts vorhanden, was mich hätte erfüllen können.
Bis Bradyn an diesem einen Wintermorgen im Flur meiner Eltern auftauchte und mich mit all dem konfrontierte, vor dem ich weggelaufen bin.
Er hat mich verändert. In nicht mal einem Jahr hat er mein Leben verändert. Er hat mir gezeigt, was es heißt Schmerz und Verlust zu empfinden.
Und er hat mir gezeigt, was es heißt Verlangen zu empfinden und das Verzeihen möglich ist, obwohl man es für das Gegenteil von möglich hält.
Ich blicke auf seine angestrahlte Gesichtshälfte.
Ich sollte öfter das Fenster offen lassen, damit ich nicht schlafen kann; an diesen Anblick könnte ich mich gewöhnen.
Bradyn und ich überlegen uns eine Wohnung zu mieten.
Was bedeutet, dass ich meine Schränke ausräumen und abbauen müsste - was ich mehr als alles andere auf der Welt hasse -, aber es würde bedeuten, dass ich jede Nacht so dasitzen könnte; neben Bradyn.
Mit seinem Arm unter dem Kopfkissen, den anderen an die Brust gezogen.
Seine Lippen sind geschlossen und liegen entspannt aufeinander. Sie sehen so unglaublich weich aus.
Aber ich widerstehe dem Drang, über sie zu streichen.
Auch, wenn ich seine grünen Augen nicht sehen kann, weiß ich genau, wie sie jetzt aussehen würden, wenn er zu mir aufblicken würde.
Sie würden aufblitzen und die Universen würden Galaxien vor mir eröffnen und ich würde versinken. Tiefer und tiefer. Bis ich mich endgültig und zum abertausendsten Mal in Bradyn Harris' Augen verloren habe.
Es ist nicht leicht für ihn ohne seine Mutter.
Sie fehlt ihm. Aber noch mehr, als das sie ihm fehlt, schmerzt ihn das Wissen, dass er sie verletzt hat.
Und das hat er. Er hat uns alle verletzt. Und jeder von diesen Menschen wird eine unterschiedlich lange Zeit brauchen, um ihm zu verzeihen.
Einige vielleicht für immer.
Ich fahre mit der Hand über seine weichen Haare, streife seine Wange und die kurzen Bartstoppeln kratzen über meine Handfläche.
Wir reden nicht oft darüber. Doch es gab einen Abend, da taten wir es.
Wir saßen Stunden am Küchentisch und Bradyn schaute mir unverwandt ins Gesicht und ließ mich in seine Seele mit all ihren Abgründen blicken.
Er sagte, er habe sich noch nie so verloren gefühlt, obwohl er doch jetzt wüsste, wo er hingehört.
Dieser wunderschöne Junge hat Angst mich zu verlieren, er hat immer noch Angst, nicht gut genug zu sein.
Und er hat Albträume. Von seinem Vater.
Er hat mir anvertraut, dass er als kleiner Junge wieder mit ihm vor dem Fernseher sitzt und sein Vater über die Männer auf dem Bildschirm herzieht.
Nur das die Männer im Fernsehen er selbst ist.
Sein Vater zieht über ihn her. Wie er aussieht, wie er sich bewegt. Wen er küsst.
Mein Finger wandert über seine Schläfe. Ich wünschte, ich könnte diese dunklen Gedanken aus seinem Kopf saugen und durch schöne ersetzten.
Manchmal habe auch ich Angst vor dem, was da zwischen uns ist. Manchmal sehe ich Bradyn an und fürchte mich vor der Macht und dem Einfluss, den er auf mich hat.
Es ist kompliziert. Aber was im Leben ist das nicht.
Ich weiß nicht, wie es weitergeht. Ich bin ratlos, was ich wegen der Hochzeit von meinem kleinen Bruder machen soll.
Ich weiß nicht, ob ich meine Mutter anrufen kann. Manchmal fühlt es sich so an, als würde ich gar nichts wissen.
Das kühle Laken hüllt meine Beine ein und eine Brise von der Straße streicht über meine Haut.
Bradyn räkelt sich. Ein Zucken huscht über sein Gesicht und er öffnet langsam die Augen.
"Habe ich dich geweckt?", flüstere ich leise.
"Nein. Was machst du?"
Der Arm, der eben noch an seine Brust geschmiegt war, hebt sich und er reibt sich über die Stirn.
"Nachdenken", antworte ich.
Andächtig betrachte ich die Schatten auf seinem Gesicht.
"Worüber?"
Seine tiefe, raue Stimme lässt die Härchen an meinen Unterarmen zu Berge stehen.
"Darüber, dass wir nicht wissen, was uns erwartet, wenn wir morgen die Augen aufmachen. Und dass es in meinem Leben vor dir immer unendlich still war."
Etwas taucht in Bradyns Blick auf. Seine Unterlippe schiebt sich kaum merklich vor.
"Meine Familie hat da drin irgendwie eine Lücke hinterlassen."
Ich deute auf mein Herz.
"Und du bist der Einzige, der in der Lage war diese zu füllen. Mit dir ist es nicht mehr leise."
Ich räuspere mich.
Bradyn rutscht näher zu mir und stützt sich auf den Ellenbogen.
"Willst du damit sagen, dass ich deine Familie bin?", fragt er leise, nicht den geringsten Hinweis darauf gebend, was er denkt.
"Ich weiß nicht."
Ich überlege.
"Vielleicht ... aber anders. Besser."
Er nickt im Halbdunkel.
"Es tut mir leid mit deiner Mom", füge ich nach einer Weile leise hinzu.
Er sagt nichts, bis er den Kopf senkt.
"Mir auch", kommt es wie ein schwacher Windstoß über seine vollen Lippen. "Aber ich kann es nicht ändern. Ich muss ihr Zeit geben. Und irgendwann ... wird es vielleicht weniger weh tun."
Ich suche nach den richtigen Worten und starre einen Augenblick aus dem Fenster in die helle Nacht der Stadt.
"Willst du .... nicht mal mit Tiffany reden?"
Zögernd richtige ich meinen Blick wieder auf Bradyns verschlafenes Gesicht.
Er schüttelt ganz langsam den Kopf. Seine Augen sind dabei auf mich fixiert und ihr Grün blitzt jedes Mal auf, wenn das Licht der Straßenlaterne in sie fällt.
"Wir haben alles gesagt. Und einige Dinge lässt man lieber auf sich beruhen ... Wer weiß ... irgendwann laufen wir uns vielleicht wieder über den Weg. Dann hat sie hoffentlich den richtigen Mann gefunden und zwei Kinder neben sich herlaufen."
Er schließt die Augen. Seine Züge spannen sich kaum merklich an.
"Ich habe ihr nie etwas Böses gewollt. Ich liebe sie, auf eine andere Art und Weise, als sie mich liebte. Das wird sie mir sicherlich nie ganz verzeihen können, aber zwischen uns gibt es wirklich nichts mehr, was es zu sagen gäbe. Ich habe ihr alles gesagt und sie hat einen Schlussstrich gezogen. Das war's."
Aus seinem Mund klingt das plötzlich so einfach, aber das ist es nicht. Das wird es nie sein.
Aber ich verstehe, was er meint.
Es würde nichts an der Situation ändern, wenn die beiden erneut das Gespräch suchen würden. Bradyn hat sich zurückgezogen und Tiffany wird sich ein neues Leben aufbauen müssen.
Genau wie wir.
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Song: Opaline - Novo Amor
Hallo meine lieben Madynies!♡
Ich muss heute leider zum Arzt :/
Ist nichts schlimmes, nur zum Einrenken. Mal wieder die Knochen richten lassen xD
Spaß bei Seite, damit struggele ich leider schon mein ganzes Leben lang, aber seitdem ich ausgewachsen bin (haha), habe ich so gut wie keine Beschwerden mehr :)
Nur 2 - 3 mal im Jahr schaue ich bei meinem Arzt vorbei - sonst wäre ja gar keiner mehr da, der ihn ärgern würde ... xD
Was ist eigentlich euer Hobby, dass ihr am häufigsten ausübt?
Für mich ist es neben dem Schreiben, dass Musik machen & schreiben. Und das Designen (Paper-stuff). :)
Ich umarme euch, meinen wunderbaren Leser!
All my endless Love!
Lisa xoxo
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