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Wie kann man einen Menschen vergessen, der einmal so präsent im eigenen Leben war?
Ich weiß es nicht. Wenn ich die Antwort kennen würde, wäre mein Dasein einfacher.
Ich quäle mich jede Nacht mit dem Gedanken an Bradyn und das er wegen mir - wegen uns - die Hochzeit abgesagt hat und nicht nur, weil er seinen Fehler eingesehen hat.
Die Was-Wäre-Wenn-Fragen lassen mich kaum ein Auge zu machen.
Es wird immer schlimmer.
Amanda droht schon, mich zu einem Therapeuten zu bringen, wenn ich nicht langsam lernen würde, wenigstens meine Augenringe zu kaschieren.
Sie weiß zwar als Einzige von der ganzen Geschichte, dennoch reden wir nicht mehr darüber.
Was aber nicht an ihr liegt. Ich bin eher derjenige, der jeden Versuch von ihrer Seite abblockt, wenn es um einen jungen Mann mit grünen Augen und braunen Haaren geht.
Bei unserem letzten Treffen im Café hätte ich ihr beinahe vom Anruf meiner Mutter erzählt. Doch als ich vor ihr gesessen habe und in ihre von blauem Eyeliner verzierten Augen blickte, sind mir die Worte im Hals stecken geblieben. Wie so oft.
Ich kann nicht mal Bradyns Namen aussprechen.
Außerdem weiß ich ganz genau, dass Amanda mich dazu überreden würde, wieder Kontakt aufzunehmen.
Und das will ich nicht. Ich kann es nicht.
Und ich bin fest der Überzeugung, dass ich nur einen harten Entzug von Bradyn durchmachen muss. Dann würde es in meinem Leben wieder bergauf gehen.
Die ersten Wochen sind schließlich immer die Schlimmsten.
Dieses Mantra sage ich mir jeden Morgen, während ich schleppend aus dem Bett aufstehe und versuche die Bilder von Bradyn in meiner Wohnung zu verdrängen.
Es ist mittlerweile zwei Wochen her, dass ich mit meiner Mutter gesprochen habe. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit.
Eine Ewigkeit, in der ich mit dem Fakt leben muss, dass ich die Beziehungsfortschritte zwischen ihr und mir zerstört habe.
Eine Ewigkeit, in der ich mich mehr und mehr mit dem Wissen quälen muss, Bradyn nicht die Chance gegeben zu haben, sich zu erklären.
Ich habe ihm genauso den Mund verboten, wie es mir ständig angetan wurde.
Die Menschen lassen dich nicht ausreden, wenn du wirklich etwas zu sagen hast.
Doch da muss ich jetzt durch. Und es ist besser so. Er und ich ... wir haben uns nicht gutgetan.
Hin- und hergerissen und zwischen den Stühlen. So hat Amanda die Situation einmal ziemlich gut auf den Punkt gebracht.
Wenn ich nur in meinem Kopf aufräumen könnte.
Verdrängen ist momentan das Einzige, indem ich gut bin.
Und so versuche ich heute einen unkomplizierten Nachmittag mit meiner Freundin zu verbringen.
Raus aus meiner Wohnung, raus aus den lebendig gewordenen Erinnerungen von einem Menschen, den ich einst liebte.
Die Sonne spiegelt sich im großen Schaufenster und blendet mich.
Ich drehe den Kopf zur Seite und hebe schützend die Hand.
Amanda gibt mir in letzter Zeit Rätsel auf. Abgesehen von ihren kritischen Blicken, die sie mir von Zeit zu Zeit zuwirft, hat sie sich in den letzten Tagen wirklich komisch verhalten.
Sie klebte ständig an ihrem Handy, wenn ich versuchen wollte, mich von ihr ablenken zu lassen. Und außerdem hat sie mich viermal daran erinnert, dass wir uns heute im Laden treffen. Sonst ist sie nie die Person, die an Termine erinnert. Sie weiß, wie zuverlässig ich bin.
Am Telefon hat sie so seltsam geklungen.
Vielleicht stimmt etwas mit ihrem Mechaniker-Romeo nicht.
Ich nehme mir vor, sie gleich danach zu fragen und endlich wieder damit anzufangen, ein guter Freund zu sein, als ich die Ladentür aufstoße.
Doch mir bleibt selbst meine Begrüßung im Hals stecken. Ich entdecke ihn.
Hinten im Verkaufsraum. Zwischen einem alten Sekretär und einem hohen Schrank voller Bücher, Schallplatten und kleinen Statuen.
Ich schaffe es nicht, meine Hand von Türgriff zu nehmen. Meine Füße scheinen sich mit den hellen Fliesen des Antiquitätengeschäfts verbunden zu haben.
Bradyn hat gerade die Hand nach einem Buch ausgestreckt und verharrt in seiner Bewegung. Seine Augen liegen auf mir, keiner von uns blinzelt.
Was zu Hölle?
Ich reiße meinen Blick los und suche nach Amanda.
Die steht breit grinsend hinter der Ladentheke und hat die Arme auf dem zerschrammten Holz abgeschützt. Sie sieht aus, als würde sie gerade ihren Liebesfilm-Lebenstraum erfüllen.
Ich beiße die Zähne zusammen und knurre ihren Namen. Bis heute wusste ich nicht, dass ich dazu in der Lage bin.
Sie kichert und kommt mit hüpfenden Schritten auf mich zu.
Endlich lasse ich den goldenen Türknauf los.
"Ich musste es tun, Mica. Außerdem ..."
Sie legt mir eine Hand auf die Schulter und ihre Armbänder klimpern, als sie sich zu mir vorlehnt.
" ... wollte ich schon immer mal die Verkupplerin spielen."
Mit diesen Worten drück sie mir einen Kuss auf die Wange und schiebt sich neben mir durch die Tür.
Fast will ich ihr folgen - egal wohin, Hauptsache raus hier - doch sie kommt mir zuvor und schließt das Portal zur Freiheit hinter sich.
Ich schaue sie durch das Glas an. Amanda wirft mir einen letzten Blick über die Schulter zu, zieht dann ihre Jeansjacke fester um ihre schmalen Schultern und geht ihrer Wege.
Sie hat mich wirklich reingelegt! Von wegen: Machen wir uns mal wieder einen gemütlichen Nachmittag im Laden.
Ich ziehe die Schultern hoch und drehe mich zurück, blicke mich im Laden um.
Aus dem Augenwinkel kann ich ausmachen, dass Bradyn sich nicht vom Fleck gerührt hat.
Er verharrt in seiner Position. Ich will nicht zu ihm rüber sehen, aber ich glaube, er hält immer noch die Hand ausgestreckt, bereit sich das begehrte Buch zu greifen.
Ich betrachte das gigantische Bild von den adligen Damen auf der Blumenwiese, vor dem ich letztens noch gesessen habe.
Jetzt hängt es hinter der Theke.
Außerdem steht ein neuer Tisch vor dem großen Schaufenster.
Gerade will ich einen Fuß in seine Richtung setzten, da gibt Bradyn ein Geräusch von sich.
Mein Kopf schnellt in seine Richtung.
Unsere Augen treffen sich. Sofort will ich den Kopf senken, doch ich kann nicht.
Das leuchtende Grün hält mich fest. Und das, was in ihnen steht.
Bradyns Brust hebt sich. Er wirkt beinahe erleichtert.
Er atmet immer noch ein, als ich ihm meinen Körper zuwende, da mein Nacken beginnt weh zu tun.
"Hallo."
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Song: Odd Ones Out - Pale Waves
Gemeiner Cut, ich weiß. Aber 1. liebe ich es gemein zu sein & 2. habe ich heute wirklich keine Zeit gehabt, weiter zu schreiben. Der Tag muss wirklich mehr Stunden haben xD
Ich hoffe, ihr seid schon gespannt auf Morgen ;P <3
i mean ... he's fucking back!
all my love,
Lisa xoxo
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