Phallisch
Gestern Abend: Mein Mann hat mit den Kindern erfolgreich den ersten maskierten Einkauf hinter sich gebracht.
„Wenn die Gesichter bedeckt sind, achtet man plötzlich wieder vermehrt auf andere Attribute“, erklärt M. im Plauderton und schildert mir sehr plastisch, wie sich direkt vor ihm am Mehlregal eine junge Dame komplett nach unten gebeugt und ihm ungeniert den Hintern entgegengereckt hat.
„Du weißt schon – so, wie du das auch immer machst!“ Vergeblich versucht er im Stehen mit seinen Fingerspitzen die Zehen zu berühren, ohne die Beine zu beugen.
Tja, eine meiner leichtesten Übungen. Dreizehn Jahre Ballett lassen grüßen. Und ich bin generell zu faul, für sowas in die Hocke zu gehen. Sei es beim Schuhebinden oder beim „Gitarre-aus-der-Tasche-holen“. Allerdings mache ich mir dabei ebenso wenig Gedanken wie meine Geschlechtsgenossin im Supermarkt.
„Worauf du immer achtest.“ Ich schüttele lachend den Kopf und überlege, ob ich einem Typen auch sofort auf den Hintern glotzen würde, wenn er sich vor mir runterbeugt. Aber da Männer eher in die Hocke gehen als besagte Pose einzunehmen, wurde mir solch ein netter Anblick wahrscheinlich bisher verwehrt.
„Außerdem laufe ich ja eh grundsätzlich mit Scheuklappen durch die Gegend“, ergänze ich.
„Das stimmt“, brummt mein Mann. „Aber wenn sich dir jetzt im Supermarktgang ein Kerl breitbeinig in den Weg stellen und dir stolz sein Gemächt präsentieren würde, müsstest du hinschauen.“
„Oder schreiend wegrennen“, erwidere ich glucksend.
Dann schiebt sich plötzlich eine Szene aus längst vergangenen Tagen vor mein Auge.
„Wobei, weißt du noch? Mein Metro-Erlebnis?“
Er nickt.
Damals war ich siebzehn und mit meiner besten Freundin auf einer Interrail-Tour durch Frankreich.
In der Pariser Metro saß uns ein großgewachsener, maximalpigmentierter Mitbürger gegenüber. Und das „großgewachsen“ bezog sich dabei nicht nur auf seine Kopf- bis Fuß-Länge. Er trug Shorts und thronte in typischer Cowboyhaltung auf dem Sitz. Nicht genug damit, dass der Herr ganz eindeutig Rechtsträger war. Nein, was da unter dem Hosenbund neben dem Oberschenkel hervorquoll, hatte tatsächlich verstörende Ähnlichkeit mit einem dritten Bein.
Man möge es mir verzeihen, dass ich da draufgestarrt habe wie ein hypnotisiertes Kaninchen. Ich war unschuldige 17, verdammt! Und ja, dieser Anblick hat tatsächlich einen sehr bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Mit Verlaub: Das wäre mir persönlich viel zu viel gewesen.
„Und dann muss man sich ja noch fragen, ob das ein Blut- oder ein Fleischpenis war“, sage ich gestern zu meinem Mann, als ich das Erlebnis Revue passieren lassen.
„Wäre das ein Blutpenis gewesen, wäre der Typ längst tot“, erwidert mein Mann trocken. Er deutet an, wie sein gesamtes Blut in seine unteren Gefilde schießt. Dann verdreht er die Augen und rutscht wie ohnmächtig von der Couch.
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