6. SAD TO THINK ABOUT THE GOOD TIMES
MARCEL
„Du hast Lukasz getroffen, huh?", meinte ich und warf immer wieder Seitenblicke von der Straße zu Mats herüber, der ungewöhnlich wortkarg auf dem Beifahrersitz saß und aus dem Fenster schaute, Manchesters Straßenrand äußert interessiert beobachtete oder vielleicht auch einfach nur gedankenversunken.
Wir waren gerade auf dem Weg zurück zum Hotel, Kuba war noch mit Nuri verblieben, da dieser zu aufgebracht war, um ihn alleine zu lassen. Vielleicht würden wir uns später noch treffen, hatten wir gesagt, Mats war völlig erpicht darauf gewesen. Er hatte gesagt, dass er Lukasz nicht hatte finden können, aber diese Wahrheit hatte ich kein einziges Mal akzeptiert, dafür war er einen Ticken zu lange weg gewesen und jetzt einen Ticken zu leise, als, dass diese Theorie stimmen könnte.
„Mats?", ich stupste ihn an, berührte ihn an der Hand auf seinem Schoß, was sofort, wie es üblich war, kleine Stromschläge durch meinen Körper schießen ließ, den Arm hoch direkt ins Herz.
So viel zum Thema Freunde bleiben. Manchmal war ich stolz auf die Art und Weise, wie Mats und ich es meisterten jeden Tag aufs Neue Freunde zu sein in einem Leben in dem wir durchaus mehr gewesen waren und das für mehr als zehn Jahre, was einen wesentlichen Teil unseres Lebens ausmachte. Menschen unterschätzten den Weg, den wir zurückgelegt hatte, um gemeinsam die Medienabteilung des BVBs leiten zu können. Das war ein schwitziger Weg, mit vielen komischen Momenten, vielen Berührungen, die Gefühle weckten, die wir eigentlich verabschiedet hatten und vor allen Dingen auch so manch einem Streit, denn wir nicht hätten aus dem Weg gehen können.
Ich erinnerte mich an so viele hitzige Diskussionen, die wir über die albernsten Themen geführt hatten. Manchmal hatten wir gestritten, wenn es darum ging um wie viel Uhr wir den nächsten Podcast aufnehmen würden, nicht, weil jemand noch was zu tun hatte, sondern einfach, weil wir immer unterschiedlichen Meinungen sein mussten. Wir wollten streiten, wir mussten streiten, vielleicht hätten wir es ohne Streit niemals bis hierhin geschafft. Dann wiederum. Streit war nicht immer schlecht. Manchmal war es der einzige Weg um auszusprechen, was einem auf dem Herzen lag.
Manchmal wünschte ich mir, wir hätten uns auch vor zehn Jahren gestritten.
Manchmal war Momenten fast immer.
„Er hat uns geliebt, Marcel", flüsterte Mats. Ich nahm seine Worte nur nebensächlich war, da die Verkehrssituation auf der Kreuzung relativ heikel war und fragte dann: „Huh?"
Ich sah zur Seite zu Mats, der seinen Kopf auf seine Fast gelehnt hatte und zu mir blickte. Sein Blick war erschöpft. Aber es war keine Erschöpfung, die man mit Schlaf auskurieren könnte. Es war die Art Erschöpfung, die ihm viele unruhige Wochen bescheren würde.
„Er war verliebt, in uns, damals, vor zehn Jahren", flüsterte er Brocken der Wahrheit und teilte mir damit auch mit, dass er Lukasz wohl wirklich abgefangen hatte.
„Lukasz?", fragte ich leise. Mein Griff um das Leder des Lenkrad, dass es leise quietschte. Mats schluckte so schwer, dass sein Adamsapfel heraustrat. Er seufzte, flüsterte dann: „Ja"
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und deswegen sagte ich nichts. Dieser eine spezielle Tag vor zehn Jahren war in mein Gedächtnis gemeißelt, ich erinnerte mich an jede einzelne Sekunde.
„Ich... er hat damals, er hat damals nichts gesagt in der Nacht, hast du das bemerkt?"
Ich ließ die Nacht vor meinem inneren Auge Revue passieren, scannte die Minuten und Sekunden auf der Suche nach Lukaszs Stimme. Ich fand sie nicht. Dafür fand ich aber ganz viel Schmerz in meinem Herzen bei den Erinnerungen.
Ich lehnte mich zurück und schwieg weiter.
„Ich hab's auch nicht gemerkt, aber er hat's mir heute gesagt. Keine Ahnung, vielleicht verkacke ich es jetzt komplett, aber... ach keine Ahnung, jetzt hab ich's eh schon gesagt", murmelte er. Ich wollte Mats Hand greifen, die drücken und ihm zeigen, dass er nicht der einzige war, der von einem schlechten Gewissen geplagt wurde, aber ich hielt mich zurück.
Mats und ich, das war immer ein Tänzeln auf der Linie zwischen Freundschaft und mehr und es immer riskant, denn wir schwenkten mal da mal dorthin. Ich hasste es. Ich hasste es so sehr, man konnte es sich nur schwer vorstellen.
„Sag's dem Rest trotzdem nicht. Wir müssen jetzt nicht noch alte Wunden aufreißen", bat mich Mats. Ich sah zu ihm und meinte: „Denkst du echt, dass die alten Wunden noch nicht aufgerissen sind?"
Für mich waren die vergangenen Tage ein einziges Massacker einer aufgerissenen Wunde. Mats und mein Blick kreuzte sich, als ich bei rot hielt.
„Ich will's irgendwie nicht glauben, aber du hast vermutlich recht", murmelte er. Er rieb sich durchs Gesicht, während ich auf dem Lenkrad tippelte.
„Es war doch absehbar gewesen, dass es irgendwann noch einmal eskaliert. Ein sauberer Schnitt war es doch nie gewesen, kann sein, dass wir uns das immer eingeredet haben, aber ganz ehrlich, sauber oder gerade war's doch eh nicht", grunzte Mats, seine Stimme triefte nur so vor Pessimismus, dem ich ihn aber auch nicht verübeln konnte.
Wir waren wohl der Innbegriff von unsauberer Schnitt.
Zwei Männer, die mit drei anderen Männern über mehr als ein Jahrzehnt eine unverbindliche Beziehung geführt hatten und jetzt beim alten Club, der uns fünf damals zusammengeführt hatte, arbeiteten als Teamkollegen und versuchten nicht mehr als Freunde zu sein, klang nach allem, aber nach keinem sauberen Schnitt.
Und so wie Kuba sich heute verhalten hatte, hatte er mit uns auch niemals abgeschlossen, von Nuris und Lukaszs Verhalten ganz zu schweigen.
Hier war alles ein verdrecktes Massacker, anstelle eines sauberen Schnitts.
>> so mein Tag ist doch noch etwas voller gewesen, warum das Kapitel erst jetzt kommt. Ist etwas kürzer, ich hoffe es gefällt euch trotzdem. Lasst mir gerne Feedback da
Könntet ihr mit eurem Ex später zusammenarbeiten?
Tbh I don't think so, ich glaub ich könnte meine (wenn es auch vergangenen) Gefühle niemals zurückstellen, zumindest nie komplett
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