4.
Der Schlüssel drehte sich im Schloss um und ich versuchte so schnell es ging wegzurücken, aber die Tür wurde schwungvoll aufgerissen und ich nach hinten befördert.
Ein schmerzhaftes Stöhnen verließ meinen Mund.
"Tststs, da hat die Kleine tatsächlich gelauscht....", grinsend beugte Jack sich zu mir herunter und riss mich unsanft auf die Beine.
"Wenn du dich immer so daneben benimmst, muss ich mir wirklich mal Gedanken über meine Erziehungsmethoden machen....", murmelte er mehr zu sich selbst, als zu mir.
Ich versuchte durch die offene Tür zu schauen, konnte aber Deadshot nirgendwo entdecken.
"Lawton ist gerade gegangen.", beantwortete er meine unausgesprochene Frage.
Mein Blick galt wieder dem Narbengesicht und ich konnte die aufkommende Wut in seinen Augen erkennen.
Ängstlich befreite ich mich aus seinem Griff und wich an die Wand zurück.
Jack legte den Kopf schief, schmatzte provozierend und kam auf mich zu.
Er drückte etwas spitzes in meinen Oberschenkel und ich zischte auf.
"Bitte.", keuchte ich. "Bitte, hör auf!"
Gegen meine Erwartungen, zog er das scharfe Eisen zurück und wischte das Blut an seiner Hose ab.
Lange schaute er mir in die Augen und ich hielt den Blick solange ich konnte.
Plötzlich zog Jack etwas aus seiner Jackentasche.
Ein Tuch.
Sofort wusste ich was das war.
"Nein. Nein, bitte nicht!", kreischte ich erschöpft und versuchte mich verzweifelt zu wehren.
Doch gegen seine starken Arme konnte ich nichts machen. Das feuchte Tuch drückte er vor meine Nase.
"Schschsch....", flüsterte er und Erinnerungen an die Entführung kamen hoch.
Hatte er mich entführt? Oder war es Lawton, der mich entführt hatte?
Ich hielt die Luft an, doch irgendwann würde auch ich atmen müssen.
Mir wurde ganz schwindelig und ich holte gezwungener Maßen Luft.
Sofort wurde ich ganz ruhig und fiel in die starken Arme des Narbengesichts. Seine Hand streichte mir über die Haare. Dann wurde alles schwarz.
Ein Schmerz durchzuckte meinen Körper und ich riss panisch die Augen auf.
Alles war dunkel und der Boden, auf welchem ich lag, bewegte sich.
Dazu kamen Motorgeräusche und trotzt meines noch nicht ganz klarem Kopf, wusste ich wo ich war. Ich war in einem Auto.
Ich wollte schreien, um Hilfe rufen, aber es kam kein Ton aus meinem Mund. Stattdessen nur leises Schluchzen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hielt der Wagen an und jemand stieg aus.
Die Kofferraumklappe wurde geöffnet und ich sah sein verunstaltetes Gesicht.
"So Kleine, du spielst jetzt schön mit, sonst werde ich sowohl dich als auch deine Familie und deine kleine Freundin töten. Hast du mich verstanden?", knurrte er und ich nickte müde.
Er half mir aus dem Kofferraum heraus, wofür ich ihm sehr dankbar war, denn meine Beine zitterten noch etwas von der Betäubung.
Jack legte seinen Arm um meine Taille und in der anderen hatte er eine Knarre, welche er an meine Hüfte drückte. Diese sah man allerdings nicht, da er einen relativ großen Mantel anhatte.
Wir liefen über einen großen Hof, auf ein Hochhaus zu.
Mein Blick fiel auf spielende Kinder und Jugendliche, welche lachend vor ihren Handys hingen.
Ich fragte mich, wie wir wohl auf Außenstehende wirkten. Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel, welche ich sofort wegwischte.
Ich hatte mein Tempo verlangsamt, was Jack überhaupt nicht passen zu schien, denn er drückte den Lauf der Pistole tiefer in meine Haut.
"Schlaf nicht ein und beweg deinen Arsch!", zischte er mir ins Ohr. Ich gehorchte und beschleunigte meine Schritte.
An der Eingangstür blieben wir stehen, das Narbengesicht warf mir einen warnenden Blick zu, nahm die Pistole von meiner Hüfte und suchte den Schlüssel. Seine andere Hand hatte er aber immer noch um meine Taille geschlungen.
Ich versuchte erst gar nicht mich zu befreien, denn ich wusste, dass er mich einfach erschießen würde, wenn ich es tatsächlich schaffen würde.
Er schloss die Tür auf und stoß mich unvorsichtig hinein.
"Wie nehmen den Aufzug.", sagte er und zog mich in besagte Richtung.
Wir warteten und als sich die Tür öffnete, sahen wir einen jungen Mann, welcher keine Anstalten machte auszusteigen.
Jack schob mich, diesmal vorsichtiger, in den Aufzug und drückte auf den Knopf, welcher ins elfte Stockwerk fuhr.
Der Mann guckte uns mit gerunzelter Stirn an.
"Hey, alles in Ordnung?", fragte er mich besorgt.
Ich zuckte zusammen, nickte letztendlich aber, denn ich spürte den warnenden Blick von Jack erneut auf mir.
"Sicher?!", hakte der Mann nach und schaute zwischen mir und Jack hin und her.
Ich merkte, wie Jacks Muskeln sich anspannten und wie er sich verkrampfte.
"Ja, alles gut.", erwiderte das Narbengesicht ruhig.
Und bevor der Unbekannte nocheinmal nachfragen konnte, öffnete sich die Aufzug Tür und wir stiegen rasch aus.
Ich spürte den Blick des Mannes auf meinem Rücken und hoffte für ihn, dass er sich da heraus halten würde. Die Tür schloss sich quietschend.
"Was für ein Idiot!", durchbrach Jack das Schweigen.
"Hätte der noch ein Wort gesagt, hätte ich ihn erschossen."
Ich hatte keine Sekunde daran gezweifelt.
Er lief mit mir im Arm zu der Treppe.
"Warum...?", wollte ich wissen, als wir die Treppen hinunter gingen.
"Na wenn dich dieser Sparten erkannt hat oder erkennen wird, wird er zuerst im elften Stock suchen.", antwortete er mir schulterzuckend.
"Und wenn ich heraus bekomme, dass im elften Stockwerk Leute befragt werden, haben wir noch genug Zeit unsere Sachen zu packen, um hier zu verschwinden.", führte er gleichgültig fort.
Hätte ich mir denken können...
"Warum machst du das?!", fragte ich ihn schluchzend.
"Ich bin hier derjenige, der die Fragen stellt.", erklärte er mit einem gefährlichem Knurren in der Stimme, machte aber keine Anstalten mir Fragen zu stellen.
Wir liefen noch zwei weitere Stockwerke runter und blieben dann vor einer Tür stehen.
Jack schloss die Wohnungstür auf und hielt sie mir, ganz der Gentelman, auf.
"Herein spaziert in mein bescheidenes Reich!", rief er mit ausgebreiteten Armen und einer Stimme, die nur so vor Sarkasmus triefte.
Langsam trat ich in die Wohnung ein, warf einen letzten Blick auf den Flur, in die Freiheit.
Dann sah ich mich in seiner Wohnung um.
"Nett hast du's hier.", kommentierte ich ironisch.
Ein altes Sofa, gelbe Vorhänge, ein Holzboden, der anfing zu schimmeln, ein kleiner Tisch mit verschiedenen, alten Stühlen und ein staubiger Teppich.
Sofort fing ich an zu niesen und zu husten.
Irritiert schaute Jack mich an.
"Ich habe eine Hausstauballergie...", meinte ich zwischen dem niesen.
Mein Kidnapper haute sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelte fassungslos den Kopf.
"Verdammt! Hab ich das doch glatt vergessen!", fluchte er wütend.
"Wie? Du wusstest es?", verwirrt starrte ich ihn an.
"Gibt es irgendetwas was ich nicht über dich weiß, Harleen?", entgegnete er.
"Was esse ich am liebsten?"
"Schokolade."
"Lieblings Tier? "
"Hund."
"Farbe?"
"Rot oder schwarz.... Vielleicht auch blau."
"Lieblings Tee?"
"Chai Tee."
"Beste Freundin?"
"Pamela Isley, oder wie du sie nennst Ivy."
Fassungslos starrte ich ihn an.
Das niesen war wie verschwunden.
"Du bist ein Stalker!"
"Nein. Nein, bin ich nicht.", erwiderte er hartnäckig.
"Nein? Nein!? Du weißt alles über mich!", schrie ich hysterisch und vergaß für einen Moment, dass er mich jederzeit hätte verletzten können, wenn er wütend geworden wäre.
"Harleen....", knurrte er warnend, doch ich ignorierte es.
"Du Arschloch! Ich will gar nicht wissen, seit wann du mich stalkst!", rief ich außer mir.
"Harleen....", wiederholte er leise.
"Wollt ihr mich letztendlich gar nicht zurückgeben? Ist das der Plan?!", schrie ich und holte Luft, um ihn weiter zu beschimpfen, doch ich spürte plötzlich einen brennenden Schmerz auf meiner Wange.
Er hatte mich geschlagen.
"Sei still!", rief er und seine Mundwinkel zuckten. Aber dies nicht weil er lachte, sondern weil er kurz davor war die Kontrolle zu verlieren.
Unsanft packte er mich an meinem Arm und riss mich mit sich.
Er warf eine Tür auf und schubste mich in den Raum.
"Und ich warne dich, höre ich dich auch nur atmen, bring ich dich um!", zischte er und schmiss die Tür hinter sich zu.
Das Zimmer war relativ klein, aber hatte alles nötige. Ein Bett, einen Kleiderschrank und eine Lampe.
Es gab auch noch ein Bücherregal, einen Teppich und einen kleinen Nachttisch. Alles in allem war das Zimmer recht schön, wenn auch etwas heruntergekommen.
Besser als bei Deadshot...
Tränen tropften auf den Boden und ich ließ mich fallen.
Er hatte mich doch tatsächlich geschlagen...
Komischerweise tat mir diese Tatsache noch mehr weh, als all die Schnittwunden.
Ich kroch zum Bett und legte mich darauf.
Gerade schloss ich meine Augen, als ich wieder angefangen musste zu niesen.
Mit meinen Augen suchte ich das Zimmer nach Taschentücher ab, konnte aber keine finden.
Ich öffnete die Nachttisch Schublade und sah ein Messer.
Plötzlich kam mir eine Idee.
Ich nahm das Messer mit zitternden Händen und führte es zu meinem Hals.
Soll ich wirklich...?
Ohne weiter darüber nachzudenken, schnitt ich in meine Haut. Der Schmerz war stechend, doch ich zog das Messer nicht zurück.
Wo ist denn die verdammte Halsschlagader?
Ich schnitt tiefer und tiefer und schwarze Punkte tanzten schon vor meinen Augen.
Das Blut lief meinen Hals entlang und tropfte in großen Tropfen auf den Teppich.
Nein!
Ich zog das scharfe Eisen schnell aus meinem Fleisch und warf es auf den Boden. Klirrend prallte es dort auf und hinterließ eine rote Blutspur.
"Jack!", versuchte ich mit schwacher Stimme zu rufen.
Mit letzter Kraft robbte ich zu der Tür und schlug dagegen.
"Jack! Bitte!", flüsterte ich kraftlos.
Unerwartet flog die Tür auf und ich wurde zur Seite geschleudert.
Ein Stöhnen entwich meiner Kehle.
Er beugte sich zu mir herunter und handelte sofort.
Jack zerriss seine Jacke in Streifen und drückte sie auf die blutende Wunde.
Und ich dachte, nur in Filmen oder Büchern geht das....
"Scheiße!", hörte ich seine Stimme von weit weg, obwohl er direkt neben mit saß.
"Bleib hier, Harleen!", befahl er mir, doch ich wurde immer müder.
Er verpasste mir eine ordentliche Ohrfeige und ich öffnete die Augen einen Spalt weit.
"Nicht bewusstlos werden! Hörst du?!"
In seiner Stimme schwang Besorgnis und Panik mit.
Und so sehr ich mich auch bemühte die Augen offen zu halten, es wurde alles um mich herum schwarz.
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