~ 6 ~
Ich starrte einem grauen Wolf direkt in seine goldbraunen Augen. Auch in unserer Wolfsgestalt würde er größer sein. Besser gebaut, muskulöser. Seine Ohren waren gerade auf mich gerichtet. „Rede mit ihm Nai. Bitte." Karon wagte es nicht mir näher als einen Meter zu kommen. „Was willst du?" fragte ich stumpf, die Augen nicht von ihm lösend. „komm. Gehen wir laufen bevor der Schnee schmilzt." seine Stimme war sanft. „Der Schnee wird noch einige Wochen liegen mein lieber". Verdutzt schaute Leon mich an. Er setzte sich und legte den Kopf schief. „Nai" Karon legte die Hand auf meinen Rücken.
Sofort erklang ein tiefes bedrohliches Knurren. Der Mund meines Mates öffnete sich einen Spalt weit und er fletschte ein wenig die Zähne.
Instinktiv stellte ich mich vor meinen Bruder mit ausgebreiteten Armen. „Du wagst es ernsthaft, einfach zu mir nach Hause zu kommen, mit mir durch den Wald laufen zu wollen und dann meinen Bruder zu bedrohen weil er mich berührt hat? Was bildest du dir ein?" meine Stimme wurde erstaunlich laut. „dein Temperament solltest du ganz schnell zügeln junge Dame!" auch Leon schaute mich jetzt nicht mehr ganz so liebevoll an. „Ich tue nicht was du sagst! Du bist nicht mein Vater!" schrie ich.
Bei diesen Worten wurden seine Augen blass. Die goldenen Sprenkel waren nicht mehr zu sehen und ein wenig Hass und Trauer bildete sich in ihnen. Er knurrte noch einmal und mir wurde mulmig.
Es wird dich nicht umbringen.
Da hatte Runa wohl oder übel recht. „Also gut" sagte ich langsam und lief in den Flur. Ich schloss die Tür hinter mir und zog mir alles bis auf die Unterwäsche aus. Ich hörte die gedämpfte Stimme meines Bruders: „warte hier. Sie wird uns beide töten also wag es nicht." ich wusste dass Leon mir zuschauen wollte, was ich wohl seinem inneren Wolf verdanken dürfte.
Schnell stellte ich mich auf alle viere, schloss die Augen und konzentrierte mich ganz auf meine Wolfsgestalt. Ich sah sie vor mir, die schlanke Wölfin, mit schneeweißem Fell und himmelblauen Augen. So hatte es mir Großvater beigebracht. Meine Knochen brachen, mein Gesicht wurde schmal. Aus meiner Haut sprieß Fell, meine Hände und Füße wurden zu Pfoten und der bekannte Wolfsschwanz wedelte. Runa in meinem Kopf spielte verrückt.
Wie kannst du ihm nur widerstehen??
Karon öffnete die Tür und Leon stand mir direkt gegenüber. „du bist so wunderschön" ein kleines Lächeln konnte ich mir nicht verkneifen. Es war ironisch dass mein Fell als Wolf schneeweiß war, meine Haare als mensch aber pechschwarz.
Leon blickte mir in die Augen. Die goldenen Sprenkel kamen wieder und sie waren wie ein kleines Feuerwerk.
Mein Mate lief an mir vorbei nach draußen in den Schnee. Er war so kraftvoll als Wolf. Es sah harmonisch aus wie seine Pfoten sich im Gleichtakt bewegten und sein Kopf dazu leicht nickte. Ich wusste dass das bei meiner zierlichen Gestalt deutlich feiner und kraftvoller aussah aber ich kann mich ja schlecht selbst anschauen.
Am Waldrand blieb er stehen und nickte mir zu. Zögernd lief ich zu ihm und wir liefen gemeinsam in die Tiefen des Walds.
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Hier ist das 6. Kapitel. Ich kann nicht glauben dass es einfach schon 6 sind! Ich hoffe es gefällt euch! Ich versuche es immer möglichst interessant und spannend zu schreiben aber das klappt leider nicht immer :)
- paradise <3
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