Das Mädchen mit den blauen Haaren
Mein Wecker klingelt. Ich schalte ihn aus. Drehe mich wieder um um weiterzuschlafen. Dann fahre ich wieder hoch. Es ist fünf Uhr morgens. Ich muss los. Schon jetzt zittern meine Hände. Leise schlüpfe ich in meinen gestreiften Strickpullover, Jeans und Schuhe. Dann schnappe ich mir meinen Koffer und will mein Zimmer verlassen, als es miaut. Ach ja, Stella! Die Katze springt auf meinen Schreibtisch, wo sie direkt auf dem Brief an meine Eltern landet. "Danke, dass du mich daran erinnert hast!", flüstere ich, nehme den Zettel und gehe zusammen mit Stella auf den Gang. Ein letztes mal drehe ich mich um und betrachte den Raum, den ich jetzt wohl für eine lange Zeit nicht wiedersehen werde. Mein rotes Bett, der Sessel den ich von meinem Opa geerbt habe, meine dunkelblauen Gardinen. Was ich am meisten vermissen werde ist meine überdimensionale orange Leselampe unter der ich schon viele gemütliche Stunden lang gelesen habe. "Miau", reißt mich Stella aus meinen Gedanken. Ich schleiche über den Parkettboden und schiebe den Brief unter der Schlafzimmertür meiner Eltern durch. Dann schleppe ich meinen Koffer die Treppe hinunter und verlasse das Haus. Stella folgt mir auf ihren samtweichen Pfoten. Wieder einmal drehe ich mich um und betrachte es zum letzten mal. Mein Herz wird schwer, als ich daran denke, wie lange ich mich nun auf fremden Terrain befinden werde. Aber gleich darauf muss ich lächeln, weil Stella sich tröstend an meine Beine drückt.
Zehn Minuten später sitze ich im Bus und lasse London still an mir vorbeiziehen. nach einer Stunde fahrt sehe ich das Bahnhofsgebäude vor mir. Als ich den Bus verlasse bemerke ich, dass es schon relativ hell ist. Trotzdem kann ich außer mir und Stella niemanden entdecken. Ich schaue auf die große eiserne Uhr, die am der Wand des Ziegelsteingebäudes angebracht ist. Halb sieben. Meine Eltern müssten noch schlafen. Das ist gut. Aber andererseits bedeutet das, dass ich noch zwei Stunden warten muss.
Meine Schritte hallen laut auf dem Fliesenboden und ich habe das Gefühl von den restlichen Wartenden angestarrt zu werden. Ich denke, ich würde ein Mädchen, dass in aller Frühe mit einer Katze auf dem Arm und einm klobigen orangenen Koffer im Bahnhof auftaucht auch anstarren. Ich lege meine Hand auf die Mauer zwischen den Bahnsteigen. Sie ist natürlich steinhart. Ein etwas mulmiges Gefühl habe ich schon. Gibt es für Bahnsteig 9 3/4 Öffnungszeiten? Was, wenn ich nicht durchgelassen werde und mir die Nase breche? Die Entscheidung wird mir im letzten Moment abgenommen. Eine schrille Stimme kreischt: "Juhuuu! Hogwarts, ich komme!" und ich werde zusammen mit einer anderen Person durch die Wand geschleudert. Als ich mich aufrapple ist das erste, was ich sehe ein kleiner grüner Koffer, der mich an eine Hutschachtel erinnert. Bevor ich ihn aber näher inspizieren oder mich nach Stella umsehen kann, werde ich ungefragt hochgerissen. Ein dickliches Mädchen mit knallblauen Haaren redet aufgeregt auf mich ein:" Hab ich dir wehgetan? Tut mir echt Leid. ich bin ja schon so aufgeregt. Wann kommt der Zug nochmal? Warum sagst du denn nichts?" "Weil du mich nicht zu Wort kommen lässt.", antworte ich lachend und leicht entgeistert.
"Ich bin Romy und wer bist du?", stellt sie sich vor. Um mir ihre Hand zu geben muss sie erst eine Reisetasche, einen Regenschirm (ebenfalls knallblau), einen Koffer und einen Eulenkäfig auf dem Boden abstellen. "Ich bin Esmeralda. Du kannst mich aber auch Esme..." weiter komme ich nicht. Romy quasselt erneut los.
"Oh, ist die süß, die Katze. Darf ich sie mal streicheln? Wie heißt sie denn?" "Stella.", antworte ich belustigt. Während Romy Stella abküsst öffne ich den grünen Koffer. Alles, was man als Hogwartsschüler braucht ist darin enthalten. So viel Stauraum hätte ich gar nicht erwartet. Von Bertie Botts Beans bis Schuluniform ist alles zu sehen. Romy hockt sich neben mich. Anstatt sich zu wundern, woher ich weiß, dass der Koffer für mich bestimmt ist, schnappt sie sich eine Packung Schokofrösche und beginnt ungefragt zu essen. Ich bin sicher, die restliche Wartezeit wird schnell vergehen.
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