Kapitel 2
Wieder im Anwesen angekommen, machte ich mich daran die zahlreichen Einkäufe einzuräumen. Als ich gerade aus dem modrigen und kalten Keller, welcher mir eine Gänsehaut über die Arme jagte, die schmale Holztreppe hinaufstieg wurde ich von der Madame gerufen. Ich raffte das Kleid auf und beeilte mich wieder hochzukommen. Oben angekommen stand Madame Evi bereits ungeduldig vor mir. Sie tippte mit den spitz zulaufenden Schuhen auf den alten Holzboden. Ihre rubinroten Haare hatte sie von Keitha in eine aufwendige Hochsteckfrisur stecken lassen. Die grünen Augen taxierten mich mit einem kalten Ausdruck und passten farbig zu dem smaragdgrünen Kleid aus glänzendem Stoff, welches ihre üppige Figur umspielte. So wie sie aussah würde sie wahrscheinlich ins Teehaus gehen, in dem sich die noblen Damen der Stadt regelmäßig über den neusten Klatsch und Tratsch austauschten. „Da bist du ja Kind. Ich werde für die nächsten Stunden weg sein. Das Abendessen fällt für mich heute aus, Keitha und du könnt die Reste des Mittagsessen haben. Mein Sohn hat mich gebeten dir mitzuteilen, dass er neue Bücher aus der Bibliothek bestellt hat, hole diese ab." ihre vollen Lippen verzogen sich zu einem grimassenhaften Lächeln, es hatte etwas schauriges da ihre Lippen purpurrot angemalt worden waren. Sie wendete sich zum Gehen ab, drehte sich dann jedoch nochmal zu mir um. Durch diese Bewegung hüpfte ihr die üppige Brust beinahe aus dem eng geschnürten Kleid. Der goldene Schmuck welcher ebenfalls passende grüne Steine erfasste glänzte im seichten Sonnenlicht. „Ach ja und wenn du meinen rumstreichenden Sohn siehst, richte ihm aus, dass wenn ich noch einmal mit diesem zwielichtigen Bäckersohn sehe, er mit gewaltigen Konsequenzen rechnen kann." Ich ließ den Kopf sinken. „Wird erledigt Madame." Nachdem sie mir zunickte, ging sie aus dem Haus. Das Klacken ihrer Schuhe, auf dem Steinboden der Straße, war noch zu hören, bis die Madame in die kleine Kutsche stieg und die Pferde wiehernd los trabten.
Ich hatte bereits den Wald erreicht, da hörte ich schon von weitem die Schwerter von Sorin und Caiden aufeinderschlagen. Ich beschleunigte meine Schritte, um schneller bei den beiden anzukommen. Mein Kleid hatte ich gegen eine Leinenhose und ein altes Hemd von Caiden getauscht, welches er mir extra für die Freizeit gegeben hatte. Der Herbstwind war stärker geworden und in der Ferne konnte man bereits dunkle Wolken aufziehen sehen. Als ich durch das Dickicht des Waldes trat fand ich Ciaden und Sorin auf der kleinen Lichtung vor. Die Jacken neben ihnen auf dem moosbedeckten Boden. Ihre Bewegungen waren präzise und sauber. Sorin trainierte im Militär und hatte uns bereits vieles beigebracht. Es machte Spaß sich auch außerhalb des Haushaltes abzulenken und die überschüssige Energie loszuwerden. Als Caiden einen Schritt nach hinten auswich und dann mit einer schnellen Umdrehung Sorin das Schwert aus der Hand schlug, trat ich aus dem Wald und applaudierte ihm mit einem Grinsen im Gesicht. Die Augenpaare der beiden Jungs fiel auf mich und Ciaden machte eine übertriebene Verbeugung. „Wir dachten schon du tauschst garnicht mehr auf." sagte Sorin und hob sein Schwert auf. Seine goldenen, unzähmbaren Locken fielen ihm dabei ins Gesicht. Mit einem schiefen Grinsen kam er auf mich zu, blieb etwa einen Meter vor mir stehen und warf mir das Schwert zu. „Ich hatte noch etwas zu erledigen." gab ich mit einem Schulterzucken zurück und wog das Gewicht des Schwerts in meiner Hand ab. Ich ging auf Caiden zu und öffnete meinen Zopf, sodass mir die Haare in leichten Wellen über die Schultern fielen. Ich liebte es einfach, diese Freiheit. „Dann wollen wir mal." sagte ich und ging in Kampfstellung. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Sorin sich auf einem der umgefallenen Bäume niedergelassen hatte und uns beobachtete. „Mal gucken ob du dazugelernt hast, seit dem letzten mal sind immerhin einige Monate vergangen." sagte Ciaden und stellte sich ebenfalls kampfbereit hin. Seine Augen glitzerten verräterisch und seine Muskeln zeichneten sich unter dem braunen Hemd das er trug ab. Caiden war in den letzten Jahren in denen ich hier schon lebte immer mehr zum Mann geworden und ließ mit seinem, nicht gerade schlechtem Aussehen, zahlreiche Damenherzen höher schlagen. Ich atmete die frische Waldluft ein, den Geruch von feuchtem Laub und dem aufkommenden Regen. Dann ging Ciaden auf mich los das Schwert gehoben für den ersten Schlag. In Sachen stärke war er mir aufjedenfall überlegen, doch ich hatte gelernt meine fehlende Stärke durch Schnelligkeit auszugleichen. Ich wich zur Seite aus und drehte mich im Schritt um. Caiden schlug ins leere, hatte sich aber bereits umgedreht als ich mit dem Körper wieder zu ihm stand. Mit dem zweiten Schlag hatte er schon weniger Schwung und ich durch meine Drehung mehr. Also hob ich das Schwert und konterte seinen Schlag mit Leichtigkeit. Erneut trat dieses Funkeln in das satte grün seiner Augen. So tanzten wir immer weiter über den Boden des Waldes. Nach und nach begann ich jedoch zu schwächeln, ich musste mir etwas einfallen lassen. Unter seinem nächsten Hieb rutschte ich auf dem feuchten Gras unter seinem Arm hinweg. Bei dieser Bewegung zog ich mit mit meinem Fuß seinen mit. Da er noch mitten in der Bewegung war verlor das Gleichgewicht. Er rutsche mit einem Fluchen auf dem nassen Gras und Moos aus. Bevor der aufstehen konnte war ich schon auf ihm und drückte mit meinen Beinen seine Arme auf den Boden. Noch bevor er die Chance hatte uns umzudrehen zog ich einen Dolch aus meinem Stiefel und hielt diesen an seinen Hals. Erst jetzt merkte ich, dass es angefangen hatte zu regnen. Das Wasser tropfte von meinem nassen Haare auf ihn herunter. Siegessicher sah ich ihm in die Augen, die dem Grün des Waldes in sich trugen. Erst das anerkennende Pfeifen von Sorin im Hintergrund holte mich zurück in die Wirklichkeit und raus aus dem Wald in dem ich mich beinahe verloren hätte. Ich räusperte mich etwas verlegen und ließ schließlich Ciaden wieder frei. Als ich aufstand setzte dieser sich ebenfalls auf. Ich beugte mich zu ihm hinunter und reichte ihm meine Hand. Als sich seine Hand in meine legte, durchfuhr mich ein heißer Schauer. Er stand so dicht vor mir, das Hemd voller Dreck und Gras. Wieder schaute er mich von oben an mit diesem Blick der die Wärme die meinen Körper erfasst hatte nochmals verstärkte. „Damit hatte ich nicht gerechnet." gab er ehrlich zu. In seine Augen schimmerte Anerkennung und ich musste abermals Lächeln. Als nun Sorin neben uns trat sah ich das auch dieser durchnässt war. Die Muskeln die sich unter dem nun durchsichtigen Hemd abzeichneten, zeigten das er ein durchaus intensives Training im Militär genoss. Auch in seinen Augen lag Anerkennung. „Das muss ich mir merken, dass war echt bemerkenswert." sagte dieser. Dann legte er mir seine Jacke über und nahm das Schwert, welches ich ihm hinhielt. Erst als ich mich unter einen der zahlreichen Bäume stand, merkte ich, dass er mir die Jacke nicht nur gegeben hatte damit ich mich wärmen konnte. Mein weißes Hemd war ebenfalls durchnässt. Die Wärme von der ich dachte, dass ich sie losgeworden wäre trat wieder auf meine Haut und versenkte meine Haare, als ich meinen Freunden weiter beim Kämpfen zusah und Ciadens Blick immer wieder auf mich fiel.
Wir waren auf dem Weg zurück ins Anwesen, von Sorin hatten wir uns am Waldrand verabschiedet. Doch auf dem ganzen Weg vom Wald aus bis zur Straße hatte er mich immer wieder mit diesem komischen argwöhnischen Blick angeschaut und war auch sonst sehr viel stiller als sonst gewesen. Ich musste ihn nächstes mal wenn ich in die Bäckerei ging fragen was los war, bevor er wieder in den Norden zog um sein Training fortzusetzen. Alle paar Monate konnte er in die Heimat und in dieser Zeit verbrachten wir drei immer so viel Zeit wie möglich. Ob wir im Sommer in dem kleinen See im Wald schwimmen gingen, Hasen im Wald fingen, trainierten oder einfach nur stundenlang auf der Lichtung saßen um uns zu unterhalten. Ich zog die Jacke enger, die Kälte fing an sich unter meine Haut zu fressen. Obwohl die Regenwolken vorbeigezogen waren, tropften meine Haare immernoch und meine Hose war nass und dreckig vom Waldboden. Schweigend gingen Caiden und ich nebeneinanderher. Die Hände hatte er, wahrscheinlich aufgrund der Kälte, in seine Hosentasche gesteckt. „Deine Mutter ist im Teehaus, aber wir sollten uns trotzdem beeilen sonst macht sie uns beide einen Kopf kürzer und steckt mich wieder in diesen modrigen Keller." sagte ich. Ich hasste enge Räume und noch dazu ging einem im Keller irgendwann die Luft aus. Zu oft hatte ich aus Panik schon dort unten beinahe alles klein geschlagen. Bei dem Gedanken an diesen dunklen, engen Raum und der verschlossenen Tür überkam mich eine Gänsehaut und ich beschleunigte meine Schritte. Ich spürte das Ciaden mich musterte als er ebenfalls schneller wurde. Er holte seine Hand aus der Tasche, streckte sie nach meinem Arm aus, ließ sie dann aber wieder fallen. Stattdessen sagte er: „Es tut mir leid. Ich habe es das letzte mal versucht zu verhindern das weißt du." „Ja ich weiß." sagte ich mehr zu mir selbst und dachte daran, wie ich in der Nacht darauf seine Wunden auf dem Rücken versorgt hatte. Die Hände immernoch zitternd aus Angst die Wände könnten mich einholen und zerdrücken.
Am Anwesen angekommen setzen wir beide uns noch in das Esszimmer um eine Kleinigkeit zu essen, der Tag war lang gewesen. Die Sonne war bereits hinter der Mauer verschwunden und als Ciaden und ich den Lärm der Kutsche auf der Straße hörten, waren wir sofort aufgesprungen und in unsere Zimmer verschwunden. Als ich die Augen schloss, sah ich den tiefen, grünen Wald vor mir und die verräterische Hitze machte sich wieder auf meiner Haut breit.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro