Kapitel 21
Logan Quinn
"Dein Bein ist geheilt, Logan", sprach Professor Metis mit sanfter Stimme. Ich fühlte mich immer noch ziemlich benommen und erschöpft, aber ich probierte mich dennoch langsam hinzusetzen. Erst jetzt merkte ich, dass Blake immer noch meine Hand umklammert hielt.
"Blake", sagte ich, um sie darauf aufmerksam zu machen und lächelte sie zaghaft an, als sie verlegen meine Hand losließ. "Danke", ergänzte ich, bevor sie den Blick abwandte und schaute ihr in die Augen.
Wie immer, wenn sie ihre Kräfte anwandte, wiesen ihre Augen einen leichten roten Schimmer auf. Mittlerweile wusste ich jedoch, dass es sich nicht um das Rot der Schnitter handelte.
"Jetzt werd nicht sentimental, Spartaner", kommentierte Blake amüsiert, bevor sie plötzlich anfing zu husten. Ich verzog das Gesicht aufgrund des unangenehmen, kratzigen Geräuschs. Da ich jetzt darüber nachdenken konnte, fiel mir auf, dass Blake die ganze Zeit schon sehr viel gehustet hatte, besonders als wir noch im Gebäude gewesen waren.
"Logan, hast du Kopfschmerzen?", fragte Metis und riss mich aus meinen Überlegungen bezüglich Blake. Als ich verneinte, fuhr sie fort: "Ist dir schwindelig, übel, oder hast du Probleme beim Atmen?"
"Nein, mir geht es soweit ganz gut", antwortete ich ehrlich, wobei mir bewusst wurde, wie viel Glück ich eigentlich hatte. Denn Blake schien bezüglich dieser Beschwerden ganz anders zu Empfinden - nicht, dass sie das offen sagen würde.
"Mir geht's gut!", blockte Blake direkt alle ab, die ihre Blicke fragend auf sie gerichtet hatten. "Ich musste nur mal husten, okay? Davon geht nicht die Welt unter."
"Sie hat eine leichte Rauchgasvergiftung", erklärte Professor Metis mit nüchternem Tonfall, was ihr so gar nicht ähnlich sah, wenn es einem ihrer Schüler schlecht ging. "Wir sollten sie schnellstmöglich nach Mythos bringen, damit sie behandelt werden kann."
"Mir geht es gut!", blockte der Champion von Ares erneut ab und schüttelte den Kopf. "Nur ein bisschen Husten."
"Bringt Sie nach Mythos", wies Professor Metis meine Freunde an. "Auf der Krankenstation solltet ihr jemanden finden, der ihr hilft. Ich werde hier noch gebraucht. Und nehmt Logan am besten auch gleich mit. Achtet darauf, dass er sich noch nicht überanstrengt." Nach der Mitteilung dieser Befehle, erhob sich die Lehrerin und marschierte über die Wiese zu Trainer Ajax.
"Ich begleite euch", sagte Nickamedes und streckte mir sogleich seine Hand hin, um mir beim Aufstehen zu helfen. Dankend nahm ich seine Hilfe an und schaffte es langsam mich hinzustellen. Ich verspürte keine Schmerzen mehr, aber ich fühlte mich ziemlich wackelig auf den Beinen.
Oliver half Blake auf die Beine und stützte sie auf dem Weg zum Wagen, da sie wohl doch nicht so fit war, wie sie angab. Zusammen machten wir uns auf den Weg zum Auto - bis Linus in unseren Weg trat. "Was glaubt ihr eigentlich, was ihr da tut? Und wieso ist sie nicht gefesselt?", herrschte er uns an und zeigte auf Blake.
"Hör auf, Linus. Du kannst doch nicht immer noch davon überzeugt sein, dass Blake hier die Böse ist. Und selbst wenn; in ihrem jetzigen Zustand kann sie niemandem etwas antun. Sie muss versorgt werden, also geh uns aus dem Weg. Ich übernehme die volle Verantwortung für Blake."
Ich schaute Nickamedes erstaunt an, als er sich Linus so stark widersetzte und zudem Blake in Schutz nahm. Mir war bewusst gewesen, dass er Gwens und meinen Erzählungen zu Blake geglaubt hatte, aber im Angesicht des Protektorats für sie zu bürgen, war nochmal etwas anderes.
"Einer meiner Männer wird euch begleiten und sie im Blick behalten", erklärte Linus grimmig und marschierte von dannen.
"Ihr könnt jetzt zu ihr", sagte die Krankenpflegerin und winkte uns in den Raum hinein. Direkt standen meine Freunde und ich auf und betraten das Krankenzimmer.
In einem der Betten lag Blake, neben ihr der Wachmann, den Linus beordert hatte. "Wie geht es dir?", fragte Gwen, als wir an ihr Krankenbett getreten waren und musterte die Gypsy besorgt.
"Ganz gut", Blake zuckte mit den Schultern und schien nicht ganz zu wissen, was sie mit der ganzen Aufmerksamkeit anfangen sollte, die ihr zuteil wurde. "Aber das hier nervt."
Blake hob ihre Hand und wackelte ein bisschen damit, sodass ein metallisches Klirren entstand. Das konnte doch nicht der Ernst meines Vaters sein. Was erlaubte er sich eigentlich Blake jetzt noch zu fesseln, nach dem ganzen Mist der heute passiert war. Beziehungsweise schon gestern, da wir mittlerweile 2 Uhr nachts hatten.
"Öffnen Sie die Handschellen", befahl ich dem Wachmann und blickte direkt in seine Augen. "Nickamedes bürgt für sie, haben Sie das nicht mitbekommen? Und das hier ist Nickamedes Schule, also schließen Sie die Fesseln auf."
"Ich habe meine Befehle", war die einzige Antwort, die ich bekam.
"Machen Sie, was Logan gesagt hat." Ich drehte mich erstaunt um, als ich die Stimme von Professor Metis hörte. Sie hatte gerade den Raum betreten und ging auf uns zu. "Blake muss nicht gefesselt sein, sie tut niemandem etwas. Und Sie müssen auch nicht weiter Wache stehen."
Nach einem kurzen Zögern befolgte der Wachmann ihre Befehle und verließ schlussendlich den Raum.
"Vielen Dank", sagte Blake, ihre Stimme klang etwas verunsichert, was mich verwirrte.
"Geht es euch allen gut?", fragte Professor Metis, ohne auf Blake zu reagieren. Das merkwürdige Verhalten der beiden irritierte mich immer mehr. Je mehr die beiden miteinander zu tun hatten, desto neugieriger wurde ich darauf, was zwischen den beiden passiert war.
Nach einer Bestätigung von jedem fuhr Metis fort. "Ihr seid morgen vom Unterricht befreit. Blake sollte die Nacht hier verbringen und auf keinen Fall den Raum verlassen. Linus Quinn wird morgen Mittag vorbeischauen, um ein Gespräch mit dir zu führen. Der Rest von euch sollte jetzt ins Bett gehen."
Danach ging Metis und ließ Daphne, Oliver, Alexei, Gwen, Blake und mich zurück auf der Krankenstation. "Ich denke, wir verschieben das Reden dann auf Morgen, oder?", fragte Oliver.
"Scheint so", bestätigte ich und musterte die Gypsy, die vor uns im Bett lag. "Ist es okay für dich, die Nacht hier zu verbringen, Blake? Oder soll vielleicht jemand hierbleiben?"
Einen Moment musterte Blake mich schweigend und Verwirrung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. "Ich komm' klar, Spartaner", schon grinste sie mich wie so oft überheblich an. "Haut euch auf's Ohr und bringt mir später nen gutes Frühstück vorbei."
"Ich bring dir Speck mit", versprach Gwen grinsend, welche scheinbar jetzt schon dem Frühstück entgegenfieberte. "Mach keinen Scheiß, solange wir weg sind."
"Ich geb mir Mühe."
An diesem Abend kam Gwen mit zu mir in das Hephaistos-Wohnheim. Die Wohnheime auf Mythos waren nach den Geschlechtern getrennt, sodass es eigentlich verboten war, aber heute Abend war uns das egal. Nach dem war heute passiert war, durften wir ruhig mal ein paar Regeln brechen.
Wir machten uns schnell im Bad fertig, zogen uns um und legten uns in mein Bett. Mir fielen schnell die Augen zu und es dauerte auch nicht lange, bis ich schlussendlich einschlief. Dabei hatte Gwen wohl eine entscheidende Bedeutung, da ich diese in meinen Armen hielt.
Wir wachten gerade so rechtzeitig auf, um noch zum Frühstück zu kommen. Der Speisesaal würde gleich geschlossen werden, da eigentlich jeder zum Unterricht müsste. Daher nahmen wir uns etwas mit und machten uns mit einem extra Frühstück für Blake auf den Weg zur Krankenstation.
Glücklicherweise war das Protektorat noch nicht da und die Lehrer im Unterricht, sodass wir alleine mit Blake frühstücken konnten. Die Gypsy erzählte, dass es ihr schon viel besser ging als gestern und so sah sie auch aus. Der Schmutz und Ruß vom vergangenen Tag waren weg und sie trug neue Klamotten, welche nicht von Blut durchweicht oder vom Feuer zerfressen waren.
"Gwen?", sprach Blake meine Freundin an, welche die meiste Zeit über recht still gewesen war. "Stell einfach die Fragen, die du hast. Entweder antworte ich, oder eben nicht, aber hör' auf mich so anzustarren."
"Ich starre doch nicht", stammelte Gwen und richtete ihren Blick schleunigst auf das Frühstück vor ihr.
"Wenn du nicht fragen willst, tu ich es", verkündigte ich amüsiert und schaute Blake an. "Was ist los zwischen dir und Metis?"
Angesprochene zog wortlos die Augenbrauen hoch, Unverständnis und Verwirrung lagen in ihrem Blick. "Ihr wisst doch, dass Professor Metis der Champion von Athene ist. Ist das nicht Erklärung genug?"
Für mich nicht, Alexei wusste hingegen schon längst bescheid. "Es ist wie bei Gwen und Vivian Holler. Die Götter Nike und Loki sind Erzfeinde, daher trifft das auch auf ihre Champions zu. Sie sind Gegenspieler. Athene kann als Erzfeind von Ares betrachtet werden. Kennt ihr nicht die Erzählungen vom Kampf um Troja?"
Doch, selbstverständlich kannte ich sie. Aber ich hatte nicht geahnt, dass das Verhältnis von Metis und Blake so unter der Götterbeziehung lastete.
"Mein Vater ist Schuld", mischte sich Blake ein und stoppte einen Moment, bevor sie fortfuhr. "Ihr wisst vermutlich nicht viel über Professor Metis' Privatleben, aber... ihre Eltern sind verstorben. Aufgrund meines Vaters. Und das weiß sie."
"Aber es ist doch nicht deine Schuld", erwiderte Gwen verständnislos und sprach uns allen so ziemlich aus der Seele.
"Ich bin Ares' Champion", sagte Blake. "Ich verstehe, wieso Professor Metis mich hasst. Es wird dauern bis sie mich so sieht, wie ihr es nun mal könnt."
Ich zuckte mit den Achseln und wechselte das Thema, da Blake die ganze Geschichte nicht sonderlich zu belasten schien. "Was ist mit deiner Narbe? Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich gestern noch eine Narbe an deinem Hals befunden hat."
Jetzt war es an Blake mit den Schultern zu zucken. "Ich habe sie verschwinden lassen. Sie sieht nicht sonderlich schön aus und zieht ungewollte Aufmerksamkeit auf sich. Daher benutze ich meine Kräfte, um sie unsichtbar werden zu lassen."
"Wo wir gerade dabei sind", klinkte sich Oliver interessiert ein. "Was kannst du nun wirklich alles anstellen?"
"Vieles", lautete ihre ungenaue Antwort, bevor sie sich eine definiertere überlegte. "Ich kann eure Wahrnehmungen beeinflussen. Vom Sehen, über's Riechen und Fühlen, bis hin zu Schmerzempfinden."
"Unsere Wahrnehmungen? Also geht es bei dir selber nicht?", hakte ich nach. "Du hast meine Schmerzen gestern gelindert, aber kannst das bei dir selber nicht?"
"Ich kann es auch bei mir selber machen, aber es ist sehr schwer. Schmerzen zu beeinflussen war schon immer kompliziert für mich und da man es nicht so leicht üben kann, bin ich nicht sonderlich gut darin."
"Wenn du Schmerzen lindern kannst", fragte Alexei, "kannst du das ganze auch anders herum und jemandem Schmerzen hinzufügen?"
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