Kapitel 13
Logan Quinn
Ich sah erstaunt mit an, wie Blake sich blitzschnell gedreht und Gwens Arm gepackt hatte, bevor diese sie berührte. Vermutlich hatte die Braunhaarige damit gerechnet, dass ich sie aufhalten wollte, was ihr aggressives Verhalten erklären würde.
Ich wollte schon zwischen die beiden gehen, als ich realisierte, dass Gwen Blake berührte. Diese schien das auch zu merken und zog ihre Hand augenblicklich zurück. Alle Blicke richteten sich gespannt auf Gwen, welche sich immer noch nicht gerührt hatte.
"Gwen?", fragte ich vorsichtig und ging näher zu ihr hin.
Ich sah, dass ihre Lippen sich bewegten, konnte aber nicht hören, was sie sagte. Als sie sich jedoch minimal lauter wiederholte, erklang das Wort klar und deutlich. "Schnitter."
Mein Blick glitt von Gwen zu Blake, welche auch gehört hatte, was meine Freundin gesagt hatte. "Lasst mich das erklären, okay?", sie hob abwehrend die Hände und setzte einen ziemlich verzweifelten Gesichtsausdruck auf, welcher mich jedoch nicht täuschen würde.
"Ich wüsste nicht, was es zu erklären gibt, Gwens Aussage war ziemlich deutlich, oder?" Meine Hand umfasste den Schwertgriff an der Seite meiner Hüfte.
Daphne packte derweil Gwen am Arm und zog sie etwas von der Braunhaarigen weg, da sie immer noch recht benommen war. Was hatte sie bloß alles gesehen? Sie hatte Blake vielleicht drei Sekunden berührt, aber das hatte scheinbar gereicht, um zu beweisen, dass die Gypsy in Wirklichkeit ein Schnitter war.
"Ich bin kein Schnitter", sagte Blake ernst und schaute mich eindringlich an. Scheinbar ging sie davon aus, dass die größte Gefahr von mir ausging, was vermutlich auch stimmte.
"Komisch, denn genau das sagt Gwen. Und irgendwie vertraue ich ihr mehr als dir", ich behielt sie genau im Blick, während ich mein Schwert zog und bedächtig auf die Schwarzhaarige zuging.
"Ich will euch nichts böses", sprach die Gypsy, im Versuch uns von ihrer gleichzeitig ablaufenden Handlung abzulenken. Aber das gelang ihr nicht. Ich nahm direkt wahr, wie ihre rechte Hand zur Seite ihrer Hüfte wanderte.
Ich wunderte mich einen Moment darüber, was die Gypsy tat, da sie unbewaffnet war. Aber was, wenn genau das nicht stimmte? Wenn sie uns die ganze Zeit mit ihrer Magie getäuscht hatte?
Bevor die Gypsy ihre Kräfte zu Ende wirken lassen konnte, griff ich an. Und das war die richtige Entscheidung, denn sie hielt plötzlich ein Schwert in der Hand.
Sie hob das Schwert zur Abwehr, um meinen ersten Angriff abzuwehren. Unsere Klingen prallten gegeneinander und ich blickte direkt ins Gesicht von Blake. In diesem Moment nahm ich wahr, dass ihre Augen einen leichten roten, blutroten, Schimmer aufwiesen.
Bestärkt in der Gewissheit, dass Blake ein Schnitter war, beendete ich meinen Angriff. Blake war eine ausgezeichnete Kämpferin, dessen war ich mir nur zu gut bewusst. Deswegen würde dieser Kampf auch nicht lange oder fair werden. Stattdessen würde ich schamlos ihre scheinbar einzige Schwäche ausnutzen. Und das sofort.
Ohne zu zögern trat ich ihr gegen den Oberschenkel. Der Tritt war weder fest, noch gut ausgeführt, aber dafür platziert.
Die Gypsy keuchte erstickt auf, als ich ihre Wunde traf und stolperte nach hinten. Die Schmerzen waren sogar groß genug, um sie von den Beinen zu werfen.
"Leg dein Schwert weg", befahl ich mit fester Stimme und hielt meine Klinge unter ihr Kinn.
Blake befolgte meinen Befehl ohne zu zögern und ließ ihr Schwert auf den Boden sinken. Direkt kickte ich es mit dem Fuß aus ihrer Reichweite und atmete dann einmal tief durch.
"Was sollen wir jetzt machen?", fragte ich an Daphne und Gwen gerichtet, ohne meinen Blick von dem Schnitter zu lösen.
"Das Protektorat kontaktieren, was sonst?", ertönte Daphnes Stimme, welche überraschend gefasst war. "Sie ist ein Schnitter, das hat Gwen mehr als deutlich gesehen. Oder nicht?"
Diese Frage galt meiner Freundin. Ich wünschte, ich könnte sie ansehen, aber es war wichtiger Blake im Blick zu behalten. Ich würde nicht zulassen, dass sie meinen Freunden wehtut.
"Lasst mich das bitte erklären, bevor ihr einen Fehler macht, okay?" Das sie sich überhaupt traute so etwas zu behaupten. Bei der Frage der Gyspy konnte ich nur den Kopf schütteln.
"Gebt mir doch wenigstens die Chance", probierte sie es weiter. "Ich kann alles erklären, was Gwen gesehen hat. Aber verständigt bitte nicht das Protektorat, in Ordnung? Ich mache keinen Ärger, ich will mich nur erklären."
"Nie im Le-", wies ich sie deutlich ab, wurde jedoch unterbrochen.
"Ich will ihre Erklärung hören." Das war Gwen. Wer auch sonst.
"Danke, Gwen", sagte Blake erleichtert.
Ich schnaufte, wusste aber, dass ich nicht viel gegen Gwen ausrichten konnte. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzte hatte, würde sie es auch machen. Und irgendwie war es auch richtig auf Gwen zu hören, da sie die Einzige ist, die die Vision gesehen hatte.
"Steh auf und setz' dich da hin", wies ich Blake an, nahm mein Schwert etwas zurück und deutete auf einen Stuhl. "Und mach keinen Schwachsinn. Das nächste Mal werde ich sonst nicht zögern dich zu töten."
"Ich will keinen Ärger, wie gesagt", erwiderte die Braunhaarige und stand auf. An ihrem Gesichtsausdruck konnte man deutlich sehen, dass die Wunde immer noch stark schmerzte.
"Was du eben gesehen hast, Gwen, ist schon länger her", fing Blake an, nachdem sie sich gesetzt hatte. "Ich weiß, dass es falsch war, aber ich hatte keine andere Wahl."
"Woher willst du wissen, was ich eben gesehen habe?", fragte Gwen verwundert.
"Ich konnte es mir denken bei deiner Reaktion."
"Was hast du gesehen, Gwen?", fragte ich ernst, da ich wissen wollte, worüber die beiden sprachen.
"Ich", Gwen zögerte und suchte nach Worten für das, was sie gesehen hatte. "Ich habe gesehen, wie Blake andere Menschen getötet hat. Sie hat Schnittern geholfen, Menschen zu töten."
Ich musste schlucken und wollte gar nicht wissen, wie blutig das ganze abgelaufen war und wie viel Gwen davon gesehen haben musste. Bevor ich etwas dazu sagen konnte, schaltete sich Blake ein.
"Ich habe früher mit den Schnittern gearbeitet, das gebe ich zu. Aber sobald ich konnte, hab ich aufgehört."
"Aufhören konntest? Du hättest jeder Zeit damit aufhören können", stellte ich klar und schaute sie wütend an. "Du warst nur zu feige, schließlich hätten dich die Schnitter nicht einfach gehen gelassen. Aber anscheinend ist dir dein eigenes Leben wichtiger, als das anderer."
"Ich hatte keine Wahl, Logan. Ich musste warten, bis ich mir sicher war, dass die Schnitter mich nicht einfach töten könnten. Ich habe es gehasst, glaub mir. Aber es war die richtige Entscheidung!"
"Wie lange?", fragte ich mit kalter Stimme. "Wie lange hast du mit den Schnittern zusammengearbeitet und Unschuldige ermordet?"
Schuld und Trauer spiegelten sich in Blakes Miene wieder. Ich konnte mich jedoch nicht entscheiden, ob ihre Emotionen echt waren oder nur eine Täuschung. Schließlich war sie gut darin die Wahrnehmungen anderer zu beeinflussen.
"Bis ich 15 Jahre alt war, ab dann bin ich mit einem neuen Nachnamen in London auf die Mythos Academy gegangen. Das war der einzige Ort, an dem mich die Schnitter nicht direkt erreichen konnten."
"Ich verstehe aber immer noch nicht, wieso es so wichtig ist, dass die Schnitter dich nicht töten könnten. Wenn du doch angeblich auf unserer Seite stehst, wie konntest du es zulassen, dass Unschuldige sterben?" In meiner Stimme klang Wut und Unverständnis mit. Ich konnte nicht fassen, wie egoistisch Blake war.
"Wag es nicht darüber zu urteilen, was ich tun musste, Spartaner!", fauchte die Braunhaarige und funkelte mich wütend an. Scheinbar hatte ich einen wunden Punkt getroffen.
"Können wir nicht normal miteinander reden?", warf Gwen ein, was mich noch fassungsloser machte, wenn das überhaupt noch ging. Wie konnte sie gegenüber Blake immer noch so nett sein, bei dem was sie getan hatte?
"Hört mal", setzte Blake an, "ich weiß, dass ihr das nicht verstehen werdet. Deswegen lasst mich einfach gehen und ihr seht mich nie wieder. Ich verlasse Mythos und ihr habt euren Frieden. In Ordnung?"
"Den Champion von Artemis abhauen lassen, der jahrelang mit Schnittern zusammengearbeitet hat? Klar, wieso nicht? Das klingt nach nem grandiosen Plan", sagte ich sarkastisch.
"Logan, lass den Mist", bekam ich daraufhin von meiner Freundin vorgehalten.
Bevor das ganze jedoch ausarten konnte, schaltete sich Daphne ein. Diese hatte die ganze Zeit kein Wort gesagt und sich die Frage wahrscheinlich bis jetzt aufgehoben.
"Wie kommt es eigentlich, dass Artemis Champion für die Schnitter arbeitet? Ich dachte immer, Artemis gehöre zum Pantheon." Das ließ mich neugierig werden, da ich daran noch gar nicht gedacht hatte.
"Weil ich nicht der Champion von Artemis bin", gab Blake zu. Man merkte, dass sie uns das nicht erzählen wollte, aber sie wusste scheinbar, dass sie keine Wahl hatte.
"Wessen Champion bist du dann?", erkundigte sich Gwen direkt. "Du bist eine Gypsy, also bist du auch ein Champion, oder nicht?"
"Ich bin ein Champion, ja."
"Wessen Champion?", fragte Gwen nach.
"Ares."
Mehr sagte sie nicht. Nur den Namen des griechischen Gottes des schrecklichen Krieges, des Blutbades und des Massakers.
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