Kapitel 18
"Oh Gott sei dank!", stieß Zander erleichtert aus. Überglücklich griff er nach meinen Händen in meinem Schoß und drückte auf beide Küsse der Erleichterung.
"Du solltest aber wissen, dass ich mich für dich von jedem Menschen getrennt hätte", fügte ich kleinlaut hinzu. Ich konnte ihm weiterhin nicht in die Augen sehen. Das Thema war mir einfach unangenehm und vor ihm war ich sehr viel schüchterner, als vor jeder anderen Person.
Zander hob mit seiner rechten Hand mein Gesicht an, so dass ich ihm in die Augen sehen musste.
"Ich will, das du weißt, dass ich das niemals von dir verlangt hätte. Du bist meine Seelengefährtin und mein größter Wunsch ist, dass du glücklich bist. Und wenn du mit einem anderen Mann glücklicher wärst, dann würde mich das zwar schmerzen, aber ich würde es verkraften, weil es dir damit gut geht", erklärte Zander mir liebevoll.
Ich konnte nicht anders und starrte einfach in diese wunderschönen dunkelblauen Augen. Dabei überkam es mich. Meine rechte Hand legte sich um seinen Nacken und zog seinen Kopf dicht zu mir herunter. Unsere Lippen waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Ich konnte die Wärme seiner Lippen schon fast auf meinen spüren. Langsam schlossen sich meine Augenlieder, wie von selbst, um den Moment noch intensiver zu spüren.
"Hey Erbse!", rief da plötzlich Connor, der ohne Rücksicht auf Verluste in mein Zimmer stürmte. Wie vom Blitz getroffen zuckten Zander und ich auseinander. Erschrocken und gleichzeitig wütend starrte ich meinen Bruder an.
"Evie braucht dich. Sie hat sich weinend in ihrem Zimmer eingeschlossen und lässt niemanden rein. Nicht mal Summer", grinste Connor mich an. Ich konnte in seinem Gesicht ablesen, dass er genau wusste, was für einen Moment er gerade zerstört hatte und er bereute es kein bisschen.
Entschuldigend sah ich Zander an und verließ dann schnell den Raum. Meine Wangen glühten feuerrot und spiegelten meine Scham perfekt wieder.
"Na, Erbse, was ist denn mit dir passiert?", stichelte Connor lachend, der mir gefolgt war.
"Wenn dir dein Leben lieb ist, verschwinde!", zischte ich meinem Bruder wütend zu. Meine Scham wandelte sich innerhalb von Sekunden in Wut um. Ich hätte meinen ersten Kuss mit meinem Gefährten haben können und einen wundervollen Moment teilen können, aber nein! Ein Grund mehr diese Familie so wenig wie möglich zu besuchen.
Vor Evies Zimmer hatte sich eine Traube an Werwölfen gebildet, die alle versuchten meine Schwester dazu zubewegen die Tür zu öffnen. Wütend stürmte ich an allen vorbei. Anstatt wie die anderen mit Evie zu reden, trat ich mit voller Wucht dagegen, so dass das Schloss brach und die Tür aufflog. Entsetzt sahen alle mich an. Vor allen Dingen meine Familie wusste, dass ich ungerne meine volle Kraft benutze und schon gar nicht, um Dinge kaputt zu machen. Auch Evie sah mich hinter ihrem Tränenschleier schockiert an.
Sie wollte gerade ansetzen mich anzumeckern, da unterbrach ich sie auch schon.
"Du hörst jetzt sofort auf dich wie eine fünf jährige aufzuführen, der ihr Eis runtergefallen ist und redest mit deiner Gefährtin. Dieser Scheiß geht schon viel zu lange!", brüllte ich meine Schwester an und wand mich dann an Summer, "Und wenn ich einen von euch beiden schreien höre oder nur eine Beleidigung, dann komme ich wieder hier runter und eure Köpfe werden das selbe Schicksal, wie das Schloss erleiden! Habt ihr mich verstanden!"
Wütend sah ich zwischen den beiden hin und her. Betretenes Schweigen legte sich über alle Anwesenden.
"Ob ihr mich verstanden habt?!", zischte ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen.
Sofort nickten beide hecktisch.
"Dann rein da!", forderte ich Summer wütend auf. Dabei zeigte ich auf Evies Zimmer. Schnell verschwand Summer im angezeigten Zimmer. Sofort schloss ich die demolierte Tür hinter ihr. Immer noch wütend stürmte ich jetzt auf Connor zu.
"Wenn du sowas noch mal machst, tacker ich dir deine Eier im Schlaf an dein Bett!", bedrohte ich meinen älteren Bruder. Verstört sah Connor mich an.
Ein wenig entspannter machte ich mich wieder auf den Weg nach oben in mein Zimmer.
"Und ich dachte immer sie wäre die einzige deiner Kinder, die keinen an der Klatsche hat", hörte ich Harvey hinter mir in seiner tiefen Baritonstimme brummen.
"Das habe ich gehört!", rief ich ohne mich noch einmal nach ihnen umzudrehen.
"Das war gewollt!", brummte Harvey mir hinterher.
*
In meinem Zimmer saß Zander immer noch an der selben Stelle auf meinem Bett und grinste mich an.
"Dein Wolf kann es wohl auch nicht leiden, wenn sie durch irgendetwas von mir getrennt wird", meinte er lachend.
"Scheint so", antwortete ich. Meine Wut war wie weggeblasen, aber auch die Stimmung von vorher war verschwunden.
"Dein Vater hat mir erzählt, dass du Kunst studierst. Nachdem ich deine Bilder gesehen habe, kann ich es verstehen", versuchte Zander ein Gespräch zustande zu bringen.
"Es ist manchmal so als würde meine Hand von selbst arbeiten. Das Studium mache ich eigentlich nur, weil Ruben möchte, dass wir als seine Kinder etwas vorweisen können, ob es nun eine Ausbildung oder ein Studium ist. Wenn es nach mir ginge, würde ich nur hier oben sitzen und malen, bis ich sterbe. Davon kann ich nur leider nicht leben. Also mache ich das Studium und versuche jetzt schon ein paar meiner Bilder zu verkaufen. Kayden und ich hatten früher mal den Plan, dass ich nach dem Studium zu ihm in die Schreinerei komme und seine Möbel durch meine Kunst noch einzigartiger mache."
"Und was ist jetzt der Plan?", fragte Zander neugierig.
"Ehrlich gesagt weiß ich das noch nicht. Mal sehen wo mein Weg mich hinführt", antwortete ich verunsichert durch mich selbst. Ich hatte noch nie einfach darauf gewartete, was das Leben mir bringt. Ich hatte immer einen Plan. Mein Leben bestand nur aus Plänen! Und jetzt, nachdem Zander mein Leben betreten hatte, waren alle Pläne einfach unwichtig geworden.
"Was machst du? Studierst du oder arbeitest du schon?", fragte ich, um von meiner Verunsicherung abzulenken.
"Ich studiere auch. Psychologie. Mich hat die Psyche schon immer interessiert. Außerdem ist es ganz hilfreich, um mit meinem recht dominanten Wolf umzugehen. Den Wolf zu kontrollieren, hat viel mit unserem Geist zu tun. Selbstreflexion ist auch sehr hilfreich dabei", antwortete der junge Werwolf selbstsicher. Er war um einiges bestimmter, was sein Verhalten anging. Ich schätzte ihn so ein, dass er einen Raum nur durchs betreten zum Schweigen bringen konnte. Während ich im Flur schon überrannt wurde, würde ihm jeder Platz machen. Er würde schnell Freunde finden an der Uni.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro