Kapitel 9
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„Nathan - er ist eine Mischung aus
aufdringlich und süß?
„Süß"? -Wie konnte ich so etwas nur jemals denken?"
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Nathan und ich.
Das zwischen uns ist ein Kampf, den ich wohl oder übel verliere, denn ich bin gefangen. Ich versinke in seinen braunen Tiefen, so sehr, dass ich den Schmerz an meinen Handgelenken nicht mehr spüren kann. Nate hält sie fest umklammert und mein Instinkt erklärt mir, dass er besser alle Stellen meines Körpers fest umklammern sollte. Ich bin wie paralysiert von diesem Mund, der so viel mehr als eine gerade Linie ist. Dieser Hals, der so schmal ist und doch voller Venen. Nate ist die etwas hagere Person seines Bruders, aber dafür umso definierter. Diese sehnigen Arme, die den geringsten Kraftaufwand brauchen, um mich zu dominieren. Alleine der Fakt, dass er gerade nackt vor mir steht, haut mich um. Ihn jetzt gerade nicht berühren zu wollen ist blanker Wahnsinn.
Ich möchte, dass er mich berührt.
Ich möchte es Liam heimzahlen.
Ich möchte mich wie eine Göttin fühlen.
Nate bewegt sich nach vorn. Meine Lippen sehnen sich nach einem Kuss. Doch er fährt vorbei und ich kann ihn nahe meines Ohrs spüren. Seine Haare sind noch leicht feucht von der Dusche, jetzt streicheln sie meine Wange. Ich spüre seinen Dreitagebart. Noch dazu riecht er herrlich nach Duschgel. „Zitrone gepaart mit ledrigem Aftershave" - so würde ich es beschreiben. Ich warte auf eine Berührung, einen Kuss, ich warte auf das Feuer, dass meine Haut verzehrt. Doch es bleibt aus. Stattdessen fährt sein Kopf zurück.
Ein Hauch seines Atems liegt auf meinen Lippen. »Keine Angst. Ich sagte doch bereits, dass ich dich nicht anfassen werde - es sei denn, du möchtest es.«
Es reißt mich aus der Hitze, überschüttet mich mit Kälte: »Was?«
»Dir ist bewusst, dass du gerade so aussiehst, als würde es dich nicht sonderlich stören, oder?« er lockert seinen Griff sofort.
Der Film ist zu Ende.
»Verdammt. Was sollte das?« mit flachen Händen schlage ich gegen seine Brust.
Er verzieht nicht einmal das Gesicht: damit bewirke ich genau 0,0% Schmerzen.
»Hör' auf, du tust dir doch nur selbst weh,« er packt meine Hände und führt sie wieder nach unten. »Das war doch nur ein kleines Spiel.«
»Ein Spiel?!«
»Ach' sagen wir's einfach so,« er ist heiser, »Kyle soll denken, dass wir beide unseren Spaß haben,« und legt mir einen Finger auf die Lippen.
Ich verschränke die Arme, bin beleidigt, weil ich es - was auch immer beinahe mit Nate und mir geschehen ist - so sehr wollte.
Und er... Er hat es nicht einmal ernst gemeint!
Jetzt würde ich am liebsten in diesen Finger beißen, ihn damit ärgern. Vielleicht um auch...
Nate reißt mich erneut aus einem Film: »Hey, Grübelbär. Da wäre noch etwas,« er hält etwas in die Höhe, etwas, dass ich viel zu gut kenne.
»Du hast mein Handy?« Ich muss es auf dem Couchtisch liegen gelassen haben.
»Komisch, dass du es gar nicht vermisst hast.«
Warum auch? Es gibt niemanden mehr, von dem ich irgendeine Nachricht erwarte.
»Gib' es mir.«
»Vielleicht solltest du wissen, dass es tatsächlich Leute gibt, die sich daran stören, dass du ihre Nummern gelöscht hast.«
»Was? Wer?«
»Eventuell Liam.«
Moment. Ich habe nie seinen Namen erwähnt. Woher sollte Nate wissen...
»Gib' mir sofort das Handy!« ich greife danach, stoße gegen einen Berg aus Muskeln.
Genauso gut hätte ich auch gegen Stein schlagen können: »Oh oh. Bei Liam hört der Spaß wohl auf, hm?«
»Gib' es mir. Sofort,« meine Stimme ist jetzt gefährlich ruhig, meine Miene eisern.
»Okay, klar. Du kannst es haben. Aber wie wäre es mit einem Deal?« er wirft das Gerät kurz in die Höhe. Mein Herz stoppt in diesem Moment.
»Wie wär's, wenn du dir erstmal einmal etwas anziehst?« denn ich kann - ihn - ganz und in voller Größe - vor mir her baumeln sehen.
Verdammt, ich kann's mir nicht leisten, dass mein Geist davon einen Schlag kriegt.
Es beruhigt mich, dass er tatsächlich nach dem nächstbesten Handtuch greift. Nate bindet es sich um die Hüften.
»Besser,« sage ich, obwohl ich es doch irgendwie Schade finde. »Was für einen Deal?«
»Zieh' hier ein.«
»Was?«
»Wohn' bei uns. Zieh' in diese Wohnung und werde Kyle's und meine Mitbewohnerin.«
»Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Es ist nicht wirklich so, als könnten wir deinen weiblichen Charme hier gebrauchen. Sieh' es als Vorteil für uns alle an. Kyle und ich könnten das Geld gut für die Miete gebrauchen und du... Für dich gibt es doch sowieso keinen Ort, an den kannst.«
»Doch gibt es.«
»Ich glaube nicht, dass du bei deiner Ersatzfamilie immer noch willkommen bist.«
»Du weißt gar nichts über mich!" herrsche ich ihn an, weil er direkt ins Schwarze getroffen hat. »Es gibt für mich noch tausend Möglichkeiten.«
»Deine Mom? Die dich rausgeschmissen hat? Dein Bruder, der dich nicht mehr will?«
»Woher weißt du-«
»Ich kann lesen, Lina und dafür muss ich nicht mal deinen Handycode eingeben. Deine ganzen Whatsapp Nachrichten sind für jeden auf dem Display sichtbar.« Scheisse.
Mein Herz fühlt sich an als hätte man es in eine Gefriertruhe gesperrt. Es aus dem Mund eines Anderen zu hören ist viel härter als ich dachte. Um ehrlich zu sein, kämpfe ich gerade mit meiner Fassung. Nate soll bloß nicht mein verheultes Gesicht zu sehen bekommen, da es wirklich das Letzte ist, was ich will. Ich bin nicht schwach. Doch er hat Recht. Ich bin auf mich selbst gestellt und es wird Zeit mich von allem endlich loszureißen, was mich runterzieht.
»Ich machs'.«
»Perfekt.«
»Doch da gibt es ein Problem. Ich glaube Kyle kann mich nicht besonders gut ausstehen.«
»Uh, ein weiterer Pluspunkt. Das macht die Sache noch viel attraktiver.«
»Ich weiß nicht was daran positiv sein soll.«
»Schon in Ordnung, überlass' das ruhig mir... Da gibt es allerdings noch eine kleine, weitere Bedingung.«
»Ich höre?«
»Wenn du es schaffst Kyle davon zu überzeugen, dass wir beide etwas am Laufen haben, steht der Deal so gut wie fest.«
»Und wenn ich es nicht schaffe?«
»Oh nein, du wirst nicht versagen. Dafür sorge ich schon,« er reicht mir die Hand.
Und ich schlage ein. »Bekomme ich jetzt endlich das Handy?«
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