41. Alice
Ich frage nicht nach vielem,
Ich erwarte auch nicht viel,
Es ist bloß,
Ich habe Angst, dass es enden wird
Ich habe Angst, dich zu verlieren
~
Sistar
Mit extrem wackligen Beinen trittst du zurück auf den Boden, welcher sich nach dem Flug komisch unter deinen Füßen anfühlt. Du verlässt den Flughafen fluchtartig und schnappst einem, danach verärgertem, mittelatem Mann das Taxi vor der Nase weg. Deine Cap war bis eben so weit runter gezogen, dass sie einen großen Schatten auf dein Gesicht geworfen hat. Jetzt setzt du sie ab und fährst dir schnell durch die Haare.
"Wohin soll's gehn?", fragt der Mann. Du lächelst. Typisch Berlin. Die Leute hier, so hast du das Gefühl, sind super locker und freundlich, nicht wie in dem Rest von Deutschland. Da du keine Ahnung hast, wo du ansetzen solltest, hast du dir ein Hotel genommen, von welchem du dem Fahrer jetzt die Adresse gibst.
"Das ist aber ein teures Vergnügen...", sagt er verwundert. "Sie sehen gar nicht nach einem dieser Promis aus, die jetzt überall rumlaufen.", sagt er. Du lächelst. "Danke.", sagst du, wobei du vergisst, dass hier in Deutschland dich wahrscheinlich niemand kennt. "Heute bekommt man schon einen Oscar wenn man 'ne Kekswerbung dreht und die, die hart arbeiten und sich den Hintern aufreißen, bekommen vielleicht 'ne Caprisonne um sonst.", sagt der Mann. Du musst lachen. "Wie hieß dieser Schauspieler aus Titanic nochmal? Leonard... Leonard..." "Leonardo DiCaprio.", sagst du. "Ah genau! Der Kerl hat so viel geleistet und hat jetzt erst einen Oscar bekommen. Ist das zu glauben...", sagt der Mann. Tatsächlich musst du dich erst wieder an diese sehr offene Sprechart gewöhnen, dich aber wohl zurück in Korea wieder daran erinnern, nicht eines dieser Wörter in den Mund zu nehmen, die heute so viele Leute so schnell sagen. 'Zumindest vor der Kamera... Ich bleib ja nicht lang hier. Vielleicht gewöhn ich es mir gar nicht erst an.'
"So, wir sind da.", sagt der Mann. "So schnell?", fragst du überrascht. Der Taxifahrer steigt mit dir aus und reicht dir deinen großen Koffer. Dann sagt er dir den Preis und fährt mit einem Winken weg. Du drehst dich um und starrst dein Hotel an. GRAND HYATT steht in Druckbuchstaben über dem Eingang. Du atmest einmal tief durch und betrittst das Luxus-Hotel. 'Wenn ich Zeit hab, muss ich Jimin davon erzählen.'
Du gehst zu der Rezeption und lässt dir deinen Zimmerschlüssel geben. Auf dem Weg dorthin siehst du eine Wellnes-Lounge, in der du nur zu gern deine Zeit verbracht hättest, doch leider hält der Grund der Reise dich davon ab. Dann betrittst du endlich dein Zimmer. Es ist riesig. Locker hätte Jimin hier auch noch Platz gehabt. Jetzt, wo du so an ihn denkst und daran, dass er nicht dabei ist, wirst du traurig. Die Sehnsucht nach ihm wird immer größer, aber du versuchst sie zu verdrängen. Um nicht so viel an ihn zu denken, ziehst du dich erst um und machst dann deinen Laptop an, um nach der Nummer des Heims zu suchen, in welchem du gewohnt hast. Du hast früher so sehr darauf bestanden, dass andere wissen, dass du dort nicht gelebt, sondern nur gewohnt hast.
Die erste Nummer, die unter dem Heim auftaucht, ist die einer Frau, an welche du dich nicht erinnerst. Das könnte zwei Gründe haben; entweder du erinnerst dich einfach nicht an sie, oder sie ist neu. Du tippst die Nummer in dein Handy ein und presst es dir ans Ohr. Von dem kalten Display fährt die ein Schauer durch den ganzen Körper. Nervös kaust du auf deinem Daumennagel und hoffst, dass jemand abnimmt. Oder auch nicht, denn das wäre dir auch recht. Deine Neugier ist zwar geweckt, jedoch hast du extreme Angst vor der Wahrheit und ob es sie überhaupt gibt. "Anne Schneider, guten Tag. Wie kann ich ihnen helfen?", fragt eine junge Dame, welche diesen Satz wohl mehr als einmal am Tag ausspricht. Du antwortest ihr mit deinem Namen und zögerst dann kurz. "Ich... war in ihrem Heim und hätte gerne Auskunft darüber, wer meine Eltern sind.", sagst du. "Ja einen Augenblick. Wie war ihr Name noch gleich?", fragt Anne. Du wiederholst ihn unsicher. 'Wenn das so einfach geht, hätte ich nicht hierher gemusst...'
"Tut mir Leid... Ich kann ihnen bloß sagen in welchem Krankenhaus sie auf die Welt gekommen sind und ihr Station mitsamt ihrer Hebamme.", sagt die Sekretärin, Beraterin, was auch immer. "Ja...", sagst du und wühlst nach einem Stift und einem Zettel.
Du suchst noch immer einen Zettel, als die Frau anfängt zu sprechen, also nimmst du deinen Arm. "Geboren wurden sie im KMG Klinikum in Wittstock. Ihr Hebamme war Alice Weinhardt.", sagt die Frau. "Wittstock?", wiederholst du verblüfft. 'Verdammt von diesem Ort hab ich noch nie gehört.' "Ja. Brandenburg.", sagt die Frau. Du schüttelst ein wenig den Kopf und schließt die Augen. "Ja, vielen Dank für ihre Hilfe.", sagst du und legst auf.
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