Chapter 27
Völlig ausgelaugt hockte ich ein weiteres Mal an diesem Tag auf der kleinen Kücheninsel und ließ gelangweilt meine Füße baumeln. Besonders nach dem vorherigen Ereignis wollte Patrick nicht, dass ich ihm in irgendeiner Weise unter die Arme griff. Er meinte, es auch alleine zu schaffen.
Da meine inspizierenden Augen jedoch ununterbrochen auf dem Körper des Älteren lagen, stellte ich recht schnell fest, dass dem nicht so war. Immer wieder stolperte der Mann mit den braunen Augen vollkommen überfordert über die verschiedensten Dinge, die er im Laufe der Zeit auf den Boden geschmissen hatte. Bevor ich aber auch nur einen Muskel regen konnte, schnellte sein Blick zu mir und durchbohrte mich mit ermahnender Miene.
Widerwillig hütete ich also weiterhin meinen Platz auf der steinernen Oberfläche und schwelgte in den Erinnerungen der letzten Stunden, während Paddy irgendein geheimes Rezept zu kochen versuchte.
Unser kindisches Verhalten, welches wir besonders am heutigen Tag ans Tageslicht gelegt hatten, zauberte ein belustigtes Schmunzeln auf meine Lippen und ohne es verhindern zu wollen, begann es in mir zu kribbeln. Wenn ich daran dachte, wie nahe wir uns heute schon waren, könnte ich beinahe ausflippen. Die Erkenntnis, dass Pat jemand anderes liebte, trübte meine Freude recht schnell und scheuchte ebenso das verliebte Lächeln aus meinem Gesicht.
„Voila, Pasta alla Patrick, serviert mit einer Schüssel gemischten Salat und frischem Quellwasser", präsentierte Paddy voller Stolz und ich musste mir ein Kichern unterdrücken, während ich zum Esstisch huschte. Kaum war ich dort angekommen, platzierte der Verkäufer einen großen Teller Nudeln vor mir und alleinig der Duft dessen startete wildes Rumoren in meiner Magengegend.
Egal wie tollpatschig und verpeilt Pat sich beim Kochen angestellt hatte, das Endergebnis konnte sich wirklich sehen lassen. Die Soße strahlte in einem satten Rot und bildete einen schönen Kontrast zu den dunklen Vollkornnudeln, die der Ältere auf meine Anweisung hin verwendet hatte. Auch wenn ich sowieso schon viel zu wenig aß, ich achtete immer darauf, dass es zumindest einigermaßen gesund war. Was jedoch nicht hieß, dass ich absolut keine Ausnahmen dabei machte.
„Das riecht ja echt geilomatiko!", lobte ich meinen Kottbruder, der mir ein erleichtertes Lächeln schenkte und sich auf den Platz auf der gegenüberliegenden Seite setzte. So konnten wir uns direkt in die Augen schauen und das gedimmte Licht verlieh dem Ganzen eine ziemlich romantische Atmosphäre, die der Braunschopf ein weiteres Mal nicht realisierte.
„Dann hoffe ich doch, dass es schmeckt", seufzte dieser bloß erschöpft und griff rasch nach seiner Gabel, die er augenblicklich in die ordentliche Portion Nudeln versenkte. Ohne auch nur ein einziges Mal mein Besteck angerührt zu haben, musterte ich mein Gegenüber und schnappte erschrocken nach Luft, als dieser eine riesige Ladung herunterschlang.
„Schmeeeeeckt!", schmatzte Patrick mit vollem Mund und entlockte mir somit ein belustigtes Lachen. Wenig später langte ich ebenfalls nach meiner Gabel und stocherte ein paar Spagetti auf, ehe ich sie ebenfalls hinter meinen Lippen verschwinden ließ.
Kritisch kaute ich darauf herum und spürte einen unsicheren Blick auf mir. Extra um den Größeren zu necken, verzog ich gespielt angewidert mein Gesicht und würgte übertrieben. Anscheinend doch zu theatralisch, denn augenblicklich prallte eine Faust gegen meine Schulter und schubste mich sachte nach hinten.
Nun konnte ich mein Kichern nicht mehr unterdrücken und legte die Gabel beiseite, um mir den langsam schmerzenden Bauch zu halten. Vor Lachen krümmte ich mich zusammen, krallte meine Finger in den weichen Stoff meines Pullovers.
Was wohl das allerbeste dabei gewesen ist, war Patricks entsetzter Gesichtsausdruck. Seine Augenbrauen zogen sich eng zusammen und bildeten niedliche Falten auf seiner Stirn, ebenso hing sein Mund weit offen, sodass man dessen Inhalt nur zu gut erkennen konnte.
Alles in allem sah es einfach nur total witzig aus. So gut es ging unterdrückte ich die Schmetterlinge in mir, fesselte sie schon fast auf ihre Stühle, damit sie auch ja nicht tanzen konnten. Die kribbeligen Wellen erreichten mich kaum mehr, da ich bereits eine schützende Mauer um mich errichtet hatte.
Mit jeder meiner Taten tat sich ein weiterer Sprung in meinem Herzen auf. Viel zu oft musste ich es bereits zusammenflickten, wodurch es mir nicht mehr gelang, es vollständig zu reparieren. All die vergangenen Ereignisse hatten mich in irgendeiner Weise geprägt, gut wie auch schlecht. Doch besonders Claus hatte sein Spuren hinterlassen. Denn durch ihn war ich nicht mehr dazu fähig, ohne einem Haufen Unsicherheit bedingungslos zu lieben.
Durch ihn hatte ich leider gelernt, auf jegliche Gefahren zu achten und diese unter keinen Umständen zu riskieren. Wäre meine Beziehung mit Claus nicht gewesen, hätte ich mich vermutlich unüberlegt auf Patrick gestürzt und ihn meine Liebe gestanden. Ich hätte nicht daran gedacht, was passieren könnte. Ich hätte ohne großes Kopfzerbrechen gehandelt und meine Gefühle niemals unterdrückt.
Doch nun war es anders. Nun hatte ich panische Angst davor, auch nur irgendwelche Anzeichen an liebenden Gefühlen von mir zu geben. Ich hatte Angst davor, mich Patrick frei zu präsentieren, mit all meinen Gefühlen. Ich musste mich verstellen, um mich in seiner Nähe einigermaßen wohlfühlen zu können.
Denn wer konnte schon ahnen, wie ein Liebesgeständnis sich auf unsere jetzige Beziehung zueinander auswirken würde.
„Schmeckt es dir nicht?", riss mich Paddy verunsichert zurück ins Geschehen. Seine kristallklaren Augen ruhten auf meinen Händen, in denen ich mittlerweile wieder das Besteck hielt. Meine eiskalten Finger umschlossen das harte Eisen. Doch ich bewegte mich nicht.
„D-Doch", stammelte ich, ehe ich zitternd eine größere Portion an Nudeln auf die Gabel lud und damit zu meinem Mund fuhr.
Dabei erschien mein ehemaliger Freund vor meinem inneren Auge, seine spottenden Worte prasselten stumm auf mich ein und ängstlich ließ ich meinen Kopf hängen. Die Beschimpfungen und enttäuschten Schreie regneten jedoch weiter auf mich hinab.
„Manu?", drang Patrick nur schwach zu mir hindurch, die lauten Schreie übertönten ansonsten so gut wie alles. Bei dem Klang seiner Stimme blickte ich jedoch hoffnungsvoll auf und erkannte hinter dem dunklen Schatten von Claus eine winzige Person. Sie schien viel zu weit entfernt, als würden endlose Kilometer uns trennen.
Mit stockendem Atem schloss ich für einen Moment meine Augen und fokussierte mich bloß auf warme braune Augen, markante Wangenknochen und einem strahlend hellen Lächeln. Kaum öffnete ich blinzelnd meine Augenlider, blendete mich ein stechend heller Lichtstrahl.
Sobald dieser verblasste, sah ich einen besorgt dreinblickenden Kassierer, dessen ausdrucksstarke Augen schon fast schimmerten.
„War er schon wieder da?", hinterfragte Patrick sorgenvoll, ergriff über den Tisch hinweg meine zitternde Hand und strich mit seinem Daumen beruhigend über meine Haut.
Schwach brachte ich bloß ein Nicken zustande, seufzte dabei laut auf und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die dampfende Speise vor uns, die mich beinahe dazu anflehte, sie endlich zu essen. Selbst im Krankenhaus war es das ein oder andere Mal passiert, dass Claus mich in Gedanken davon abgehalten hatte, etwas zu essen. Doch immer war mein Paddy zur Stelle und verjagte die bösen Erinnerungen.
Er war wie ein strahlend heller Lichtblick, der mich immer und immer wieder aus der Dunkelheit befreite.
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Manu scheint immer noch damit zu kämpfen zu haben, was Claus ihm angetan hat. Ob Patrick ihn endgültig aus den schrecklichen Erinnerungen holen kann?
Wenn ihr euer Feedback in die Kommentare schreibt, wäre mein Zukunfts-Ich euch sehr dankbar.
[1180 Wörter]
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