Chapter 22
(Wieder aus Manus Sicht)
„Bereit, Kleiner?"
„Immer!"
Aufgeregt kletterte ich aus dem viel zu hohen Krankenhausbett, kramte all die Dinge zusammen, die Pat mir in den letzten Wochen mitgebracht hatte, und verstaute diese vorsichtig in einer großen Tasche. Sofort langten Paddys Arme nach dem Griff und wuchteten die Ledertasche über seinen breiten Rücken. Ein leichtes Schuldgefühl kroch augenblicklich in mir hoch, da er nun meine Lasten schleppen musste, während ich hier stand und nichts trug.
Die letzten Wochen waren die schlimmsten, aber gleichzeitig auch die schönsten in meinem gesamten Leben gewesen. Zwar hoffte ich, dass in der Zukunft noch bessere Momente auf mich warteten, doch ich durfte mich nicht beschweren.
Ein Arzt berichtete mir, nachdem ich aus einem zweiwöchigen Koma erwacht war, dass ich aufgrund einer Mangelernährung einen schweren Zusammenbruch erlitten hatte und meine geschwächten Organe es nicht mehr verarbeiten konnten.
Was danach kam, wird immer in meinen Erinnerungen gespeichert bleiben. Denn kaum war der Doktor aus der Tür geschritten, quetschte sich ein verheulter Braunäugiger durch diese und stolperte schluchzend auf mich zu.
Seine kräftigen Arme hatte er augenblicklich um mich geschlungen, als er in Reichweite war. Gefühlte Stunden kuschelte er sich an mich, drückte sein Gesicht in meine Halsbeuge und heulte sich an mir aus. In dem Moment wusste ich nicht wirklich, wie ich reagieren sollte. Immerhin war ich gerade erst aufgewacht, fühlte mich so schlapp und ausgelaugt wie noch nie zuvor und plötzlich lag mein Paddy in meinen Armen.
Irgendwann standen auch mir die Tränen in den Augen, doch ich wollte nicht vor Patrick weinen. Ich wollte nicht, dass er mich so sieht und noch mehr Trauer verspüren musste.
Deshalb platzierte sich bloß ein erleichtertes, jedoch ziemlich schwaches Lächeln auf meine Lippen und meine dürren Arme kraulten sanft seine Kopfhaut und manchmal auch seinen Rücken. Pat regte sich, bis auf die bebenden Schultern aufgrund seines Schluchzens, kein Stück, drückte nur weiterhin seinen Körper auf meinen und schien mich nie wieder loslassen zu wollen.
Der Gedanke erschien mir zwar surreal, doch ich empfand beinahe das gleiche. Es fühlte sich einfach so unglaublich gut an, seine Wärme und Zuneigung so spüren zu dürfen. Seine Umarmungen waren schon immer ein Geschenk für mich, doch diese herzerwärmende ließ mich all die Schmerzen und Erinnerungen an diesen einen Tag vergessen.
Viel zu gut konnte ich noch den Moment vor mir sehen, wie sich die schrecklichen Schmerzen in mir ausbreiteten und mich schließlich in die Knie gezwungen hatten.
Jedes Mal, wenn ich mich wieder daran zurückerinnerte, schüttelte ich mich und eine unangenehme Kälte breitete sich in mir aus. Doch sofort war dann immer mein Paddy zur Stelle und verscheuchte die Kälte mit seiner angenehmen Körperwärme.
Unser erster gemeinsamer Moment nach meinem Zusammenbruch wurde schließlich von einer unachtsamen Krankenschwester unterbrochen, welche ohne Rücksicht die Tür aufstieß und einen kleinen Wagen mit Essen ins Zimmer schob. Leider löste sich Patrick daraufhin von mir, griff jedoch vorsichtig nach meiner eiskalten Hand, was mir ein noch breiteres Lächeln auf die Lippen trieb.
Jeder wusste, wie merkwürdig Krankenhausessen manchmal schmecken konnte, doch ich war dankbar für jede Speise, die sie mir auftischten. Gierig schlang ich es jedes Mal hinunter, erntete dafür ein belustigtes Kichern von Patrick, was mich außer einem Grinsen auf meinen dünnen Lippen nicht weiter juckte.
Am dankbarsten war ich jedoch für die unglaubliche Unterstützung eines gewissen Braunäugigen, der jeden Tag zu mir kam und mir alle Lasten von den Schultern nahm. Nur durch ihn wurden die anstrengenden Wochen im Krankenhaus einigermaßen erträglich. Aufgrund meines Untergewichts behielten mich die Ärzte noch länger dort, stellten mir einen Essensplan auf und einmal in der Woche kam sogar ein Psychiater, der aber nach kurzer Zeit seine Besuche einstellte, da ich keineswegs irgendwelche psychischen Probleme hatte, was mir die Ärzte anfangs nicht abgekauft hatten.
„Kann ich nicht wenigstens etwas tragen. Ich fühl mich sonst so schlecht, wenn du alles nimmst", nuschelte ich, knetete meine kalten Finger und blickte zu Boden.
Es war endlich der Tag gekommen, an dem die Ärzte mir das Okay dafür gaben, das Krankenhaus zu verlassen. In den Wochen hatte ich einige Kilos zugenommen und dadurch beinahe wieder zurück ins Normalgewicht gerutscht. Zwar schwankte ich noch am unteren Rand, doch es war schon fast gesund und da Patrick darauf beharrt hatte, mich mit nährhaften Speisen zu verwöhnen, durfte ich endlich nach Hause.
Nach Hause zu Paddy.
Vor wenigen Tagen kam das Thema hoch und er hatte mich beinahe angebettelt, zu ihm zu ziehen. Eines seiner Argumente, welches mich schlussendlich dazu brachte, mit roten Wangen seinem Angebot einzuwilligen, war, dass er sein Herz an mir verloren hatte und mich deshalb in seiner Nähe brauchte, da er ohne sein Herz nicht überleben konnte.
Es war zwar komisch, solche Sachen von ihm gesagt zu bekommen, da wir momentan einfach nur Freunde waren, doch irgendwie mochte ich es. In den Wochen wurde mir klar, dass Patrick ein bedeutsamer Teil in meinem Leben geworden war und ich nicht ohne ihn leben wollte. Als er mir irgendwann auch noch von dem Tag erzählt hatte, schmerzte mein Herz und sehnte sich danach nur noch mehr nach dem charmanten Verkäufer.
Denn er hatte mir seine Gefühle nähergebracht, mit Tränen in den Augen den Moment aus seiner Sicht beschrieben, wie sehr es ihm schmerzte, mich leblos auf dem Boden zu sehen. Immer wieder dankte er grinsend seinem Haushuhn Dieter, welcher wohl mein Retter in letzter Sekunde gewesen war. Der Braunhaarige beichtete schniefend seine herzerwärmenden Gedanken, dass er ohne mich nicht mehr leben konnte und mich niemals aufgeben würde. Er wollte von diesem Moment an nie mehr meine Seite verlassen und immer für mich da sein.
Dies hatte meine lange angestauten Tränen dazu veranlasst, aus meinen Augen zu stürzen und meine roten Wangen zu überqueren. Schnell war Pat zur Stelle gewesen und wischte sie mir lächelnd aus dem Gesicht, drückte seine leicht rauen Lippen auf meine heiße Stirn und strich mit sanften Fingern einige Haarsträhnen hinter mein Ohr.
„Du weißt doch, was der Arzt gesagt hat. Keine zu schwere Belastung für die nächsten Tage und ich kann dir versichern, dass ich dich eine Zeit lang nur noch verwöhnen werde. Dieser eine Schock damals hat mir gereicht, ich will dich in einem solchen Zustand nie wieder sehen", redete Patrick mit einer warmen Miene auf mich ein und langte grinsend nach meiner Hand, die ich ihm sofort entgegenstreckte, woraufhin seine Finger sich mit meinen verschränkten.
Augenblicklich war ich zurück in der Gegenwart, ließ die vergangenen Wochen jedoch ein letztes Mal vor meinen Augen vorbeifliegen, bevor mich ein fröhlicher Patrick auf dem Krankenhaus zog.
Kichernd stolperte ich hinter ihm her, scheiterte kläglich daran, seinem schnellen Tempo schrittzuhalten und zog schließlich stur an seinem Arm, woraufhin er lachend abbremste, wodurch ich gegen seinen Rücken lief.
„Man Palette, du bist so fies!", kicherte ich und spürte, wie die unaufhaltsame Hitze in meine Wangen kroch. Der Ältere vor mir schmunzelte bloß und ich glaubte kurzzeitig einen kleinen Funken Liebe in seinen Augen gesehen zu haben.
Als Außenstehender würde man wahrscheinlich vermuten, dass wir beide ein Paar waren, doch dies erschien mir im Moment leider als ziemlich unwahrscheinlich.
Wir empfanden zwar eine tiefe Verbinden zueinander, weshalb ich uns vor wenigen Wochen zu Kott-Brüdern ernannt hatte, wohl noch leicht benommen von bestimmten Medikamenten, doch mehr würde zwischen uns in nächster Zeit bestimmt nicht passieren.
Leider schoss mir bei dem Gedanken ein Bild durch den Kopf, welches ich sofort wieder daraus verbannen wollte, doch es hatte sich dort eingebrannt und ließ mein Herz schmerzvoll langsam schlagen.
Während mich Patrick weiterhin aus dem Krankenhaus lotste, diesmal etwas rücksichtsvoller, lag meine Aufmerksamkeit nur auf diesem einen Bild.
Niemals könnte er mehr für mich empfinden und ohne es mir wirklich eingestehen zu wollen, schmerzte diese Erkenntnis.
Denn Pat war bereits in jemand anderes verliebt und ein kalter Schauer rutschte mir bei der Tatsache über den Rücken, sendete einen stechenden Schmerz zu meinem Herzen. Es tat weh und ich wollte, dass es aufhörte. Denn dieser Schmerz war anders, als der von damals. Dieses Stechen entstand aus reiner Eifersucht und womöglich auch aus Liebeskummer. Denn ohne es bemerkt zu haben, hatte ich mich Hals über Kopf in den liebeswerten Kassierer verliebt und musste nun damit klarkommen, dass dieser jemand anderen mehr mochte als mich.
Die ganze Zeit über, in der wir mit Pats Auto zu seiner Wohnung fuhren, versperrte das Bild von ihm und dieser Frau einen Großteil meiner Sicht, sodass ich kaum etwas wahrnehmen konnte.
Mein Paddy hatte diese hübsche Frau geküsst und das vor meinen Augen. Das schlimmste war, es schien ihm auch noch gefallen zu haben.
Ich musste es mir eingestehen. Wir waren nur Kott-Brüder und nicht mehr, aber auch nicht weniger.
---
Da hab ich es doch noch geschafft. Ist hoffentlich noch akzeptabel geworden, ich hoffe, jeder kennt sich einigermaßen aus. Ich hab ein wenig mit der Zeit herumgespielt, könnte also ein wenig verwirrend gewesen sein.
Feedback bitte in die Kommentare, würde mir sehr helfen.
[1490 Wörter]
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro