Chapter 2
Ein starker Windstoß wehte mir wenige glanzlose Strähnen meiner langen Haare ins Gesicht, worauf ich jedoch nicht reagierte. Meine gesamte Aufmerksamkeit hatte sich auf einen Punkt versammelt, der sich keine zehn Meter vor mir befand und der mich mit seinen kräftigen Lichtern beinahe magisch anzog.
Mithilfe einiger stolperhaften Schritte kam ich meinem Verlangen immer näher, spürte bereits, wie mein Magen gierig danach rief. Leider kam somit auch der Schmerz, der sich wie ein Lauffeuer über meinen geschwächten Körper ausbreitete. Scheinbar wirkten sich allein der Anblick und die Erwartung von etwas Nahrung so stark aus, dass sich alles in mir krampfhaft danach sehnte.
Meine knochigen Arme um mich geschlungen, schleifte ich mich mit gequältem Gesichtsausdruck über die leergefegte Straße, trat unbemerkt auf eine noch leicht glühende Zigarette, die von jemanden achtlos auf den dreckigen Asphalt geworfen wurde. Sehr wahrscheinlich ein weiterer dieser ungesunden Raucher, wie es auch Claus war. Früher hatte ich immer wieder auf ein neues versucht, meinen damals noch besten Freund aus dieser Sache rauszureden, ihm klarzumachen, wie schädlich es für ihn war, doch er hatte nie zugehört, mich nur aggressiv zur Seite geschoben und mich daraufhin tagelang ignoriert. Heutzutage hatte ich kaum noch Kraft, mich überhaupt in irgendeiner Weise gegen den Älteren aufzulehnen.
Das leise Klingeln, welches die Tür von sich gab, verscheuchte meine Gedanken, die meine Mundwinkel nur tiefer nach unten gezogen hatten. Dabei schrieb ich mir sofort hinters Ohr, dass ich nicht mehr so viel nachdenken sollte. Hier draußen sowieso, denn hier war ich frei. Frei von meinem Freund und seinen erdrückenden Regeln. Hier musste ich mein Leben aufs Ganze leben, konnte ich es doch bei ihm nicht mehr.
Kopfschüttelnd drückte ich große Glastür weiter auf, um mich schließlich durch den kleinen Spalt zu quetschen, den ich mir dadurch geschaffen hatte. Danach musste ich mich erstmal auf meine dürren Knie abstützen, um schwer atmend wieder ein wenig Kraft zu sammeln, die ich bei diesem riesen Labyrinth an Regalen auch brauchen würde.
,,Alles gut bei Ihnen?", kam es von einer warmen Stimme, die einen leisen Schimmer an Besorgnis mitschwingen ließ. Erschrocken warf ich meinen Kopf auf die Seite, wo meine müden Augen auf einen gut gebauten Mann trafen, der mich mit einem fragenden Blick musterte.
Anhand seiner Kleidung stellte ich schnell fest, dass es sich dabei wohl um einen Angestellten dieses Ladens handeln musste. Das orange Hemd und die etwas dunkleren Details darauf sahen dem Logo des Geschäftes farblich zum Verwechseln ähnlich. Obwohl ich zugeben musste, dass die Farbtöne den jungen Herr unglaublich gut aussehen ließen.
Bevor er sehen konnte, wie bei der gedanklichen Anmerkung meine Wangen schnell in ein helles Rot wechselten, senkte ich meinen Blick und warf mir dabei vereinzelte Strähnen meiner dunklen Haare ins Gesicht.
,,A-Alles b-b-bestens", stotterte ich unbeholfen und ignorierte den stechenden Blick seiner rehbraunen Augen, als ich auf wackeligen Knien davonstolperte.
Doch die Tatsache, dass ich bei diesem Fremden mehr Zuneigung verspürt hatte als bei meinem Freund, bereitete mir ein wahres Kopfzerbrechen.
Ich tat all das doch nur für ihn, damit er mich wieder lieben konnte, wobei ich mich ganz so fühlte, als würde ich meinen Freund gerade betrügen und das hatte nichts mit dem fremden Mann zu tun. Ich hinterging ihn, meinen einzigen Anhaltspunkt, nachdem sich jegliche Freunde und Familienmitglieder von mir abgewendet hatten, als ich meine wahre Sexualität preisgegeben hatte.
Seufzend stützte ich mich haltsuchend an einem der vielen Regale ab, die über und über mit fettmachenden Lebensmitteln gefüllt waren. Die Kraft in meinen Beinen schwand um einen viel zu hohen Anteil, sodass ich stark zitternd an dem kalten Eisen abrutschte und mit zusammengekniffenen Augen am fliesenbedeckten Boden aufprallte.
Ihnen geht es nicht gut, geben Sie es doch zu. Es ist mehr als offensichtlich", sprach der Angestellte mich erneut an. Ohne aufzuschauen wurde mir sofort klar, dass er mir den ganzen Weg bis nach hinten gefolgt war.
H-Haben Sie n-n-nichts besseres z-zu t-tun?", gab ich mit heiserer Stimme, deutlich geschwächt, von mir. Kurz dachte ich schon, der Mann hätte mich nicht gehört, da ich viel zu leise gesprochen hatte.
Doch plötzlich schlangen sich zwei starke Arme um meinen Brustkorb, hoben mich sanft hoch und boten mir Halt. Als meine Beine ein weiteres Mal unter mir weg zu knicken drohten, legte der Mann hilfsbereit und mit äußerster Vorsicht, als würde ich bei zu festem Umgang augenblicklich zerbrechen, meinen Arm um seine breite Schulter.
Da wir beinahe gleich groß waren, wobei ich wohl zweimal in seinen Schatten passen könnte, stellte es keine weiteren Probleme dar.
Als Dank versuchte ich, ein dankbares Lächeln auf meine Lippen zu zwingen, doch es gelang mir nur halb. Jeder würde sofort erkennen, dass es nicht echt war, doch was sollte ich tun. Ich fühlte mich wie der letzte Kott und nun musste mir schon ein fremder Mensch dabei helfen, überhaupt auf den Beinen zu stehen. Wie armselig ich doch geworden war.
Keine Sorge, ich mach das öfter. Weißt du, wenn ich mal nicht hier arbeiten muss, bin ich Sanitäter, freiwillig. Das heißt zwar, ich bekomme kein Geld dafür, aber es macht mir echt Spaß. Ich helfe anderen Leuten einfach gerne. Den Job hier mach ich nur, damit ich mich über Wasser halten kann", erzählte er mir, ein dauerhaftes Grinsen begleitete seine Worte. Er schien wirklich Feuer und Flamme für sein Hobby zu sein, so wie seine Augen bei diesem Thema strahlten.
,,S-Schön zu h-hören", hauchte ich, um nicht ganz unfreundlich zu wirken. Immerhin gab der Fremde gerade ziemlich viel von sich selbst preis und ich hing nur wie ein nasser Lappen an seiner Schulter.
Kurz glitt mein leerer Blick durch den Laden, der sich langsam zu drehen begann. Schwerfällig lehnte ich mein gesamtes Gewicht gegen den Angestellten, da meine Beine erneut nachgaben. Kurz darauf fielen meine schweren Augenlider zu, warfen mich somit in die Dunkelheit.
,,Hey, Kleiner. Wach bleiben, hörst du mich? Nicht einschlafen! Hey!"
Plötzlich wurde ich auf einen harten Untergrund abgesetzt, wobei mich die kräftigen Arme nicht verließen. Keine Sekunde später drückte eine runde Öffnung gegen meine geschlossenen Lippen, die ich widerstandlos einen kleinen Spalt weit öffnete.
Eine lauwarme Flüssigkeit floss in meinen Mund, betäubte meine Geschmacksnerven mit einer widerlichen Süße.
Kaum war das dickflüssige Getränk in meinem Rachen, legte sich eine große Hand auf meine Lippen und hinderte mich daran, die ekelhafte Flüssigkeit, bei dessen Geschmack sich alles in mir zusammenzog, wieder auszuspucken.
Widerwillig schluckte ich es also, mit dem quälenden Hintergedanken, dass sich dieses zuckerhaltige Getränk morgen ganz sicher auf der Waage zeigen würde.
Und Claus würde sich darüber so gar nicht freuen.
---
Ui, es geht weiter. Na, seid ihr zufrieden? Ich irgendwie schon. Zu Beginn hatte ich zwar keinen Plan, was ich schreiben soll, aber ich denke das Endergebnis ist nicht allzu komisch geworden.
Feedback bitte in die Kommentare, würde mir wirklich sehr helfen.
[1122 Wörter]
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro