Prolog
5 Jahre zuvor
Grinsend schob ich die Zuckerpackung beiseite und griff nach dem Salz. Larry McRyan aus der neunten würde sein blaues Wunder erleben! Wie kam er aber auch auf die Idee, mir einen Liebesbrief zu schreiben? Der hatte doch eine Schraube locker! Wir waren schließlich nicht mehr in der Elementary school. Er verhielt sich genauso lächerlich, wie meine beiden besten Freundinnen Mindy und Steph. Vor kurzem hatten sie damit angefangen, sich zu schminken, um ihrem Schwarm zu imponieren. Es gab kein anderes Gesprächsthema mehr, es drehte sich alles nur noch um Jungs. Zugegeben, ich war nun in der achten Klasse und mit vierzehn Jahren begann man sich allmählich für das andere Geschlecht zu interessieren. Mich aber ließ das Ganze kalt.
Im Gegenteil.
Bisher hatte ich jeden Jungen, der es bei mir versucht hatte, abblitzen lassen.
Und ich war bereit, zum Gegenschlag auszuholen.
Letzten Freitag hatte ich mich bereit erklärt, für die Weihnachtsfeier in der Schule Cupcakes zu backen und für Larry McRyan hatte ich mir etwas ganz besonderes ausgedacht. Er bekam nämlich einen speziellen Cupcake - es sollte meine Antwort auf seine Frage sein, die er in seinem Brief an mich gestellt hatte.
Liebe Tony,
Deine Augen leuchten wie zwei Smaragde,
Und dein Lachen verbreitet so viel Wärme.
Ich liebe dich,
Und du hoffentlich auch mich.
Willst du mit mir gehen?
Noch immer überkam mich Brechreiz, wenn ich an das schlechte Gedicht dachte, das Larry mir geschrieben hatte und genau das sollte auch er verspüren - Brechreiz.
Mit einem hämischen Lächeln auf den Lippen, gab ich großzügig Salz anstatt Zucker in die Schüssel mit dem Teig. Mom würde sicherlich einen Tobsuchtsanfall bekommen, wenn sie sah, dass ich mir die Hände schmutzig machte und nicht unser Dienstmädchen darum bat, die Cupcakes zuzubereiten. Doch dann hätte ich meinen teuflischen Plan nicht in die Tat umsetzen können. Und auch wenn ich wohl die Einzige in unsere Familie war, die das Dienstmädchen - Amanda - beim Vornamen kannte, wäre sie wohl niemals auf meine Bitte eingegangen. Denn Amanda war auf ihren Job hier bei uns angewiesen und sie war bereits Dienstmädchen Nummer neun.
Was sollte ich dazu sagen? Meiner Mom eilte ihr Ruf voraus.
Zudem war ich ohnehin schon das schwarze Schaf der Familie. Während mein Bruder Aiden mit guten Noten glänzte und mittlerweile sogar aufs College ging, rieselte es bei mir Schulverweise und etliche Telefonate mit dem Direktor. Tja, ich bereitete meinen Eltern wohl ihre ersten grauen Haare.
»Du weißt schon, dass man dafür Zucker benutzt und kein Salz, oder?«
Erschrocken zuckte ich zusammen und um ein Haar wäre mir die Salzpackung aus den Händen gerutscht. Ertappt drehte ich mich um und blickte geradewegs in Jonathan Romeros bernsteinfarbene Augen. Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte er am Türrahmen zur Küche und sah mich mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen an.
Mein Blick glitt über ihn hinweg. Ich nahm seine breiten Schultern in Augenschein, seine durchtrainierten Oberarme, bis hin zu den markanten Gesichtszügen und der perfekt geschwungenen Nase.
Jonathan Romero, der beste Freund meines großen Bruders, war der einzige Junge, auf den das Wort schön in meinen Augen tatsächlich zutraf - und er war sieben Jahre älter als ich.
»Hey Jona«, stammelte ich und wandte mich mit erröteten Wangen sogleich wieder von ihm ab. Er hatte schon immer diese Wirkung auf mich gehabt.
»Bist du etwa verliebt oder warum benutzt du so viel Salz?«, zog er mich auf.
»Verliebt?«, wiederholte ich seine Aussage. Empört sah ich ihn über meine Schulter hinweg an. »Ganz bestimmt nicht!«, vehement schüttelte ich den Kopf und widmete mich wieder dem Backen.
Ein kehliges Lachen erklang.
Oh und was ein schönes Lachen es doch war!
»Na gut, welcher Junge hat dich denn diesmal wieder verärgert? Muss ich mir jemanden vorknöpfen?«
Seine Worte ließen mein Herz höher schlagen.
»Das ist ein besonderer Cupcake-Teig, da kommt eben viel Salz rein«, versuchte ich mich rauszureden.
Wieder war ein Lachen hinter mir zu hören.
Ich versuchte Jonas Anwesenheit auszublenden und rührte unbeirrt den Teig weiter. Dann öffnete ich die Tür des Küchenschrankes über mir und stellte mich auf die Zehen, um die Backform herauszuholen. Sie war ganz oben.
»Mist«, fluchte ich und streckte meine Hände noch etwas weiter aus. Doch ich kam nicht ran, lediglich meine Fingerspitzen berührten das Blech.
»Brauchst du Hilfe, mi pequeña?«, hörte ich Jona hinter mir fragen.
Pequeña... So nannte er mich immer. Übersetzt hieß es Kleine.
»Geht schon«, presste ich angestrengt hervor.
Schritte hallten über den Boden und eine Sekunde später spürte ich auch schon, dass Jona dicht hinter mir stand. Er griff über meinen Kopf hinweg nach dem Blech. Meine Augen blieben an seinem Unterarm hängen und ich nahm das kleine Tattoo in Augenschein, das sein Handgelenk zierte. Es waren die Umrisse seines Geburtslandes - Spanien.
»Hier, bitteschön«, sagte er und hielt mir das Backblech hin.
Ich drehte mich um und sah zu ihm hoch.
Noch immer stand Jona dicht vor mir, sogar so dicht, dass ich die grauen Sprenkel in seinem linken Auge erkennen konnte. Trotz seiner südländischen Herkunft und seinem gebräunten Teint, umrahmten helle, honigblonde Locken, die er von seiner Mom geerbt hatte, sein hübsches Gesicht.
Und in diesem Moment, als mir Jona so nahe war, verstand ich zum allerersten Mal, wovon Mindy und Steph die ganze Zeit sprachen, ich verstand, weshalb sie jedes Mal so aufgeregt waren, wenn sie ihrem Schwarm in der Schule begegneten.
Denn mein Puls begann plötzlich wie verrückt zu rasen und ich blendete alles um mich herum aus. Ich wurde von einer so heftigen Nervosität erfasst, dass ich kein Wort hervorbrachte.
Und dann war da dieses Kribbeln im Magen.
Es waren die schönsten Bauchschmerzen der Welt.
Was war das für ein Gefühl?
Nun ja, ich hatte schon immer etwas für Jona übrig gehabt. Ich mochte jeden von Aidens Freunde, doch Jona war mir am liebsten. Vielleicht lag es daran, dass unsere Familien miteinander befreundet waren und er Aidens bester Freund war. Oder aber an der Tatsache, dass er immer für mich da gewesen war. Während Aiden es sich über die Jahre hin zur Aufgabe gemacht hatte, seine kleine Schwester zu ärgern und zu triezen, wo er nur konnte, hatte Jona mich stets in Schutz genommen. Er war derjenige, der mir auf unserem ersten Flug in den Urlaub nach Hawaii die Hand gehalten hatte, weil ich noch nie zuvor in einem Flugzeug geflogen bin. Er war derjenige, der sich mit fünfzehn Jahren stundenlang für eine achtjährige Zeit genommen hatte und sich ihre Bilder ansah, als sie ihre Liebe zum Malen entdeckte. Und er war derjenige, der mir meine erste Staffelei zu meinem zwölften Geburtstag geschenkt hatte - sehr zum Missfallen meiner Mom. Ihr wäre es lieber gewesen, ich hätte mir ein kultivierteres Hobby ausgesucht. Stattdessen rümpfte sie jedes Mal die Nase, wenn ich ihr, übersät mit Farbklecksen auf der Kleidung, entgegentrat, um ihr mein neustes Werk zu präsentieren.
»Erde an Tony?«, Jonas auffordernde Stimme brachte mich zurück ins Hier und Jetzt. In diesem Moment realisierte ich, dass ich ihn die ganze Zeit angestarrt hatte. Peinlich berührt senkte ich den Blick und ergriff hastig das Backblech, das er mir hinhielt.
»Danke«, murmelte ich.
Jona griff an mir vorbei nach der Wasserflasche, die hinter mir auf dem Küchentresen stand. Seine Hand streifte dabei meinen Arm und ich erschauderte unter der Berührung.
»Hab ich doch gern gemacht, mi pequeña«, er ging einige Schritte rückwärts und zwinkerte mir zum Abschied zu. Dann verschwand er durch die Küchentür und ließ mich mit wild klopfendem Herzen verwirrt zurück. In meinem Innern herrschte ein absolutes Chaos.
Es war schön, es verwirrte und manchmal tat es sogar weh: Die erste Liebe. In meinem Fall traf wohl eher letzteres zu, denn mir war klar, dass diese Gefühle, die ich für Jona hegte, für immer unerwidert bleiben würden. Er sah in mir wohl immer nur die kleine Schwester seines besten Freundes, die sich verzweifelt nach seiner Aufmerksamkeit sehnte.
Und somit wurde mir mit meinen gerade mal vierzehn Jahren eine Sache schlagartig bewusst - ich würde erst an dem Tag aufhören, Jonathan Romero zu lieben, an dem die Erde sich nicht mehr um die Sonne drehte.
Hey ihr Lieben :)
Es freut mich, dass ihr den Weg zu meiner Geschichte gefunden habt!
Ich hoffe, dass euch dieser kleine Vorgeschmack gefällt, ehe es im Januar dann richtig losgeht! ;)
An alle Please-Fans unter euch: Es freut mich wirklich wahnsinnig, dass ihr mir treu geblieben seid und weiterhin meine Bücher verfolgt... Das bedeutet mir unglaublich viel.
An alle die neu sind unter euch: Herzlichen Wilkommen bei „Love me tomorrow"! Ich hoffe, dass wir jede Menge Spaß beim Lesen dieses Buches haben werden ❤️
Ganz liebe Grüße,
eure Lora ❤️
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