Kapitel 23
Ich schaute durch die Windschutzscheibe und beobachtete den prasselnden Regen, der den Asphalt mit Wasser tränkte. Autolichter spiegelten sich auf der Straße und sorgten dafür, dass ich mich mit zusammengekniffenen Augen auf die Fahrbahnmarkierungen konzentrieren musste. Februar war mit seinem regnerischen Wetter und dem kalten Klima einer der schlechtesten Monate Chicagos.
»Was ein Sauwetter«, murmelte Roxy neben mir vom Beifahrersitz aus. Ich stimmte ihr grummelnd zu und lenkte den Wagen in eine Parknische, direkt vor dem Gebäudekomplex, in dem sich mein neues Zuhause befand.
Warum musste es auch ausgerechnet an dem Tag, an dem ich umzog, in Strömen regnen? Hastig stiegen wir aus meinem kirschroten Lexus aus, schnappten uns einige Kisten von der Rückbank und eilten auf die Haustür zu.
Roxy war mit mir nach Hinsdale zu meinen Eltern gefahren, wo ich noch einige meiner Zeichensachen geholt hatte. Glücklicherweise war Mom nicht Zuhause gewesen. Eine Begegnung mit der Eiskönigin hatte ich Roxy um jeden Preis ersparen wollen. Ich konnte mir schon bildlich vorstellen, wie sie Roxy mit ihren vielen Tattoos, dem Undercut im Nacken und dem casual Look verurteilt hätte. Jeder der nicht den Eindruck erweckte, als hätte er mindestens zehn Millionen auf dem Bankkonto, scheiterte bei ihrer Bestandsaufnahme kläglich. Die einzige Ausnahme bildete Milo. Er war der Einzige, den meine Mutter mochte, was allerdings mehr der Tatsache geschuldet war, dass er genau wusste, wie er Nadja Dorothy Carpell Honig ums Maul schmieren musste.
Als wir die Stufen nach oben liefen und die Wohnung betraten, begann sich mein Herzschlag sogleich zu beschleunigen. Nicht weil ich ab heute ein neues Zuhause hatte oder weil ich aufgeregt war wegen des Umzugs, sondern wegen des Mannes, der nun in meinem zukünftigen Zimmer stand und meinem Bruder dabei half, die Möbel aufzubauen. Die Melodien Machine Gun Kellys dröhnten aus einer Musikbox meines neuen Zimmers und erfüllten die Wohnung mit Leben.
Bei seinem Anblick reagierte mein gesamter Körper wie von selbst. Jona trug eine graue Sweatpants, die ihm locker auf den Hüften saß und ein weißes oversized T-Shirt, das mir freien Blick auf die Tattoos an seinem Arm gewährte. Mit einem nachdenklichen Ausdruck im Gesicht strich er sich durch seine wilde Lockenmähne und begutachtete das Bett, das er gerade mit Aiden aufbaute.
»Wir haben euch eine kleine Stärkung mitgebracht«, begrüßte Roxy die Jungs bei unserem Eintreten und hielt eine Tüte mit Tacos in die Höhe. Aiden und Jona hoben sofort die Köpfe und blickten in unsere Richtung.
Jonas Blick kreuzte sich mit dem meinen und obwohl wir uns schon den ganzen Tag sahen, stand für einen kurzen Augenblick lang die Welt still. Meine Haut begann zu kribbeln und nur mit Mühe konnte ich meine Gefühle für ihn verbergen.
Hastig schlug ich die Augen nieder und kämpfte gegen mein rasendes Herz an.
»Genau das, was ich jetzt brauche«, Aiden ließ den Schraubenzieher sinken und kam mit einem hungrigen Gesichtsausdruck auf uns zu. Er nahm Roxy die Tüte ab und langte wie ein ausgehungerte Bär hinein.
»Gern geschehen«, gluckste Roxy und warf mir einen belustigten Blick zu.
»Er ist immer so gierig«, erklärte ich und machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand.
Roxy kicherte, während Aiden sich über das Essen hermachte. Auch Jona schlenderte langsam auf uns zu und kam neben mir zum Stehen. Sein Gesicht schwebte nur ein paar Zentimeter neben meinem und ich spürte die Wärme, die sein Körper ausstrahlte mehr als deutlich.
Er griff an mir vorbei und schnappte sich einen Taco aus der Tüte. Dabei berührten sich scheinbar zufällig unsere Arme. Fast glaubte ich, dass diese zufällige Berührung pure Absicht war. Bereitete es Jona etwa Spaß, mich zu reizen?
»Danke«, hörte ich ihn sagen und seine Worte waren wie Musik in meinen Ohren. »Echt nett von euch.«
Ich hatte die Hoffnung, dass Jonas Mithilfe bei meinem Umzug und seine Zusammenarbeit mit meinen neuen Freundinnen seine Meinung über sie womöglich ändern würde. Wenn er die Mädchen erst einmal besser kannte, würde er feststellen, dass es sich bei ihnen um drei ganz tolle Menschen handelte. Und bisher verstanden sie sich tatsächlich ziemlich gut.
Luna und Nova stießen zu uns. Sie hatten ebenfalls mit ihrem Auto ein paar meiner Habseligkeiten aus Aidens und Jonas Wohnung eingesammelt.
»Tacos?«, bot ich den beiden an und Roxy hielt ihnen demonstrativ die Tüte hin. Luna griff zu, während Nova verneinend den Kopf schüttelte.
»Nein danke, ich esse gleich mein gedünstetes Gemüse. Ich muss auf meine Linie achten«, erklärte Nova und klopfte vielsagend auf ihren Bauch, was Luna ein Augenrollen entlockte.
»Dein Bauch ist flacher, als eine Flunder«, kommentierte sie und biss genüsslich in ihren Taco.
»Du kennst mich doch«, Nova grinste breit und rammte Luna den Ellbogen in die Seite.
»Ja«, konterte Luna. »Leider.«
»He!«, Nova stemmte entrüstet die Hände in die Hüfte. Aiden und Jona schmunzelten über das Wortgefecht der beiden.
»Machen wir eine Pause? Ich muss mal kurz telefonieren, die Geschäfte rufen«, Aiden richtete das Wort an Jona, der zustimmend nickte. Kurz darauf war mein Bruder auch schon zur Tür hinaus verschwunden. Typisch Aiden. Selbst heute an seinem freien Tag blieb er nicht verschont und musste ackern, wie ein Pferd.
»Ich gehe mir auch mal mein Mittagessen zubereiten«, warf Nova in die Runde und verließ das Zimmer. Nun waren nur noch Jona, Roxy und Luna übrig. Wobei die letzten beiden sich ebenfalls mit einem vielsagenden Blick in Jonas Richtung aus dem Staub machten.
Und so blieben nur noch Jona und ich übrig.
Angespannt drehte ich mich zu ihm um.
In diesem Moment begann mein Lieblingslied zu spielen.
Twin Flame von Machine Gun Kelly.
Jona ging ein paar Schritte durch den Raum und schaute sich in meinem neuen Zimmer um. Es gefiel mir ziemlich gut. Es war recht spärlich, aber mit ein paar kleinen Details würde es sehr gemütlich sein. Wie auch der Rest der Wohnung hatte ich es im Boho Stil eingerichtet. Ein paar Pflanzen hier und da rundeten den ganzen Look ab.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Jona und mein Magen begann Purzelbäume zu schlagen.
»Deine Freundinnen scheinen einen netten Eindruck zu machen«, sagte er schließlich und kam vor einer der Kisten zum Stehen, aus der mehrere Blätter heraus spitzelten. Es waren meine Zeichensachen aus Hinsdale. Zeichnungen von mehreren Stilleben, Sternenhimmeln und... von Jona selbst.
Oh und es waren viele Zeichnungen von ihm... Ich hatte ihn so oft gemalt, dass ich es schon nicht mehr zählen konnte.
»Ja«, entgegnete ich nervös. »Ich habe dir doch gesagt, dass sie wirklich toll sind.«
Jona machte Anstalten, eine Zeichnung aus dem Karton zu ziehen.
»Warte!«, stieß ich beunruhigt aus. »Die solltest du dir lieber nicht... ansehen.«
Unsicher machte ich einen Schritt auf ihn zu, als er innehielt, das Gesicht hob und mich erneut aus seinen bernsteinfarbenen Augen ansah.
Es war ein Blick, der mich sofort verstummen ließ und gleichzeitig alles in mir zum Singen brachte. Natürlich war es nicht weiter tragisch, wenn Jona die Bilder fand. Mittlerweile waren wir an einem Punkt, an dem er über meine Gefühle Bescheid wusste. Doch die Portraits, die ich von ihm gemalt hatte, waren viel mehr, als ein paar Kritzeleien eines verliebten Mädchens.
Nein, sie waren so viel mehr.
Jona kam meiner Bitte nicht nach und zog die Zeichnung aus dem Umzugskarton heraus.
Mit einer flüssigen Bewegung rollte er sie auseinander und starrte sich selbst entgegen, starrte auf den Mann, den ich schon hunderte Male zu Papier gebracht hatte.
Jedes Detail stimmte überein. Seine Gesichtszüge, die Augen, die leichten Grübchen in seinen Wangen... Ich hatte mir alles an ihm präzise eingeprägt und es realitätsgetreu abgebildet. Jeder einzelne angesetzte Strich, jedes Farbenspiel und jede Kontur waren eine Metapher meiner Gefühle zu ihm. Erzählten eine Geschichte. Flüsterten ein Gedicht von Liebe und Sehnsucht.
Genau aus diesem Grund waren die Zeichnungen so viel mehr, als nur Kritzeleien.
Jona betrachtete das Bild stumm. Er sagte keinen Ton. Doch er warf mir einen kurzen Blick zu, als wollte er um meine Erlaubnis bitten, sich mehr meiner Werke ansehen zu dürfen. Ich unterbrach ihn nicht. Schließlich legte er die Zeichnung beiseite und zog die nächste hervor. Und noch eine. Und noch eine. Sie waren fast alle von ihm.
Unruhig trat ich von einem Fuß auf den anderen. Unsicherheit flammte in mir auf, da ich nicht den Hauch einer Ahnung hatte, was Jona in diesem Moment dachte. Was in ihm vorging. Statt etwas zu sagen, hüllte er sich einfach nur in Schweigen und schaute sich eine Zeichnung nach der anderen an.
Fühlte er sich unwohl, weil ich ihn so oft gemalt hatte?
War es ihm peinlich?
Hielt er mich für kindisch?
Angespannt wartete ich auf eine Reaktion von ihm.
»Ich...«, verlegen rang ich um Worte und ging ich ein paar Schritte auf ihn zu. In mir herrschte absolute Leere. »Es tut mit leid, das hättest du nicht sehen sollen...«
»Ich hatte keine Ahnung...«, flüsterte er plötzlich. Seine Stimme wurde ganz leise.
»Keine Ahnung wovon?«, fragte ich verwirrt und sah über seine Schulter zur Zeichnung, die er gerade in den Händen hielt. Sie zeigte Jona bei seinem liebsten Hobby. Ich erinnerte mich an dieses Werk. Ich hatte ihn damals heimlich beobachtet, als er an seinem Motorrad herumschraubte. Da ich nicht widerstehen konnte, hatte ich ihn gezeichnet. Seine Kleidung, seine Hände, ja selbst sein Gesicht waren voller Dreck gewesen. Doch der entschlossene Gesichtsausdruck, der sich immer auf seinem Gesicht abzeichnete, wenn er seiner Leidenschaft nachging, hatte ich perfekt eingefangen...
»Ich meine, ich wusste, dass du schon immer ein bisschen in mich verknallt warst, aber nicht, dass du wirklich so für mich empfindest«, hörte ich ihn plötzlich sagen. Kopfschüttelnd starrte er noch eine ganze Weile auf die Zeichnung. Dann ließ er die Hände sinken und drehte sich zu mir herum.
Der Blick aus seinen Augen schnürte mir die Kehle zu.
Nicht, weil ich mich schämte, dass Jona die Bilder gesehen hatte oder weil er endlich verstand, was ich wirklich für ihn empfand. Sondern weil ich zum allerersten Mal die Gefühle, die ich für ihn empfand, auch auf seinem Gesicht sah.
Mein Puls begann zu rasen und mein ganzer Körper stand mit einem Mal unter Strom.
Jona ließ mich alles um mich herum vergessen. Ich vergaß, dass Luna, Roxy und Nova im Untergeschoss in der Küche waren. Ich ließ sogar völlig außer Acht, dass Aiden jeden Moment hätte reinplatzen können. Nichts war mehr wichtig. Nichts, außer Jona.
Er kam noch einen Schritt näher.
Noch einen.
Und dann stand er direkt vor mir und starrte auf mich herab.
Im nächsten Augenblick griff er nach meinem Gesicht und lehnte seine Stirn an meine.
Die Wärme seines Körpers übertrug sich auf mich, woraufhin ich wohlig die Augen schloss. Ich schmiegte mich tiefer in seine Berührung, legte meine Hände über seine und genoss seine Nähe.
Wie oft hatte ich davon geträumt, dass Jona mich auf diese Weise hielt? Dass er mich genau so berührte, wie er es jetzt tat?
Ich öffnete die Augen und sah ihn an. Auch Jona hob die Lider und erwiderte meinen Blick.
Alles in mir reagierte auf ihn und in diesem Moment wusste ich, dass ich niemals für jemanden so tief empfinden würde, wie ich für ihn empfand.
Seine Augen wanderten hinab und er betrachtete meine Lippen, als würde er mich jeden Moment küssen wollen. In freudiger Erwartung reckte ich mich ihm entgegen.
Er war im Begriff, sich mir zu nähern, als wir abrupt unterbrochen wurden.
»Wieso zum Teufel hast du nicht gesagt, dass du nächstes Wochenende Geburtstag hast, du treulose Tomate...?«, Nova platzte mitten ins Zimmer und verstummte schlagartig.
Jona und ich sprangen wie von der Tarantel gestochen auseinander.
»Oh ähm... Sorry. Ich wollte nicht...«, Nova geriet ins Stocken und blinzelte ein paar Mal überrascht. Dann glitten ihre Augen zwischen Jona und mir hin und her. »Mann, das ist jetzt peinlich! Ich verschwinde einfach wieder und tue so, als hätte ich das nicht gesehen. Macht da weiter, wo ihr aufgehört habt«, wies sie uns mit einem strengen Blick und erhobenem Zeigefinger an. Nova war drauf und dran die Flucht zu ergreifen, als Aiden hinter ihr erschien.
Sofort entfernten Jona und ich uns sicherheitshalber weiter voneinander, wenngleich das wohl noch auffälliger wirkte. Ich gab mir alle Mühe, nicht allzu ertappt dreinzublicken und mir das Schuldbewusstsein nicht anmerken zu lassen. Jona neben mir räusperte sich lautstark.
Aidens Blick schweifte über uns hinweg und Argwohn huschte über sein Gesicht. Offensichtlich waren unsere Schauspielkünste alles andere als oscarreif.
Mist.
Unter Aidens Argusaugen begann ich Blut und Wasser zu schwitzen. Gleichzeitig schickte ich stumme Gebete gen Himmel, dass er nichts bemerkt hatte.
»Was ist hier los?«
»Oh Aiden!«, rief Nova laut aus und versuchte geistesgegenwärtig, diese merkwürdige Stimmung zu kaschieren. »Gut, dass du da bist. Die beiden haben sich mal wieder gezofft.«
Sie schnalzte verächtlich mit der Zunge und deutete kopfschüttelnd in unsere Richtung. Ich war absolut beeindruckt von Novas Geschick im Lügen. Sie hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt, während sie versuchte Aiden hinters Licht zu führen.
Aiden folgte Novas Hinweis und bedachte erst Jona, dann mich mit einem skeptischen Blick.
Er wandte er sich wieder an Nova.
»Das ist nichts neues. Die beiden sind schlimmer, als jedes Geschwisterpaar.«
Sofort fiel mir ein Stein vom Herzen und auch Jona wirkte erleichtert. Unter keinen Umständen wollte ich, dass Aiden auf diese Weise von uns erfuhr. Es wäre mehr als schäbig. Dennoch war ich froh darüber, dass Nova für uns in die Presche sprang. Wenn die Zeit reif war, meinem Bruder von Jona und mir zu erzählen, dann würden wir es gemeinsam tun. Auf anständige Art und Weise.
Ich machte mir nichts vor, mir war klar, dass Aiden ausrasten würde. Jona war sein bester Freund. Schon seit Jahren. Die beiden waren durch dick und dünn gegangen. Wenn er erfuhr, dass sich der Mensch, dem er sein Leben anvertraut hätte, an seine kleine Schwester ranmachte, würde dies ihrer Freundschaft einen gewaltigen Dämpfer verpassen. Es würde definitiv böses Blut geben.
Davon abgesehen hatte auch ich Aidens Misstrauen gewaltig missbraucht. Denn ich hatte schon einmal eine seiner Freundschaften zerstört, nachdem ich einen seiner Freunde gedatet hatte, was gewaltig in die Hose ging. Tja, und natürlich hatte er mir danach das Versprechen abgerungen, niemals mehr etwas mit einem seiner Freunde anzufangen. Und schon gar nicht mit Jona. Jona war absolutes Sperrgebiet, das hatte er mir mehr als einmal deutlich gemacht. Und trotzdem hatte ich mich nicht daran gehalten.
Ich verspürte Gewissensbisse.
Aber was hätte ich auch tun sollen? Gegen Gefühle kam man nun einmal nicht an. Sie waren die stärkste Macht der Welt.
Den restlichen Mittag verbrachten wir damit, Möbel aufzubauen und mein Zimmer einzurichten. Wir wurden erst gegen Abend fertig und beschlossen, meine Einweihung gemeinsam mit einer Runde Sushi zu feiern. Auch Amber und ihr Polizistenfreund Mason, die ich auf der Party kennengelernt hatte, waren vorbeigekommen. Sogar Lunas Freund Dean stieß irgendwann dazu. Ich freute mich darüber, ihn endlich kennenzulernen. Dean machte einen äußerst zuvorkommenden und freundlichen ersten Eindruck. Obwohl er das krasse Gegenteil von Luna darstellte, waren die beiden ein super süßes Pärchen. Luna war, genau wie Roxy, etwas alternativ angehaucht, während Dean mit seiner Anzugshose und dem förmlichen Hemd eher etwas vornehm wirkte. Ich schmunzelte, als mir der Gedanke kam, dass meine Mom Dean sicherlich vergöttern würde. Ein Mann mit einem ordentlichen Beruf, einem anständigen Kleidergeschmack und guten Manieren. Ganz der Schwiegersohn, den Mom sich einst für mich gewünscht hätte.
Nachdem Roxy und Nova unsere Sushibestellung entgegengenommen hatten, ließen wir uns gemeinsam im Wohnzimmer nieder.
Aiden ließ sich auf einen der beiden Sessel fallen. Luna auf den anderen. Dean, Amber und Mason hatten sich einen Stuhl aus der Küche herangezogen, da sich die Plätze allmählich lichteten. Roxy und Nova mussten daher mit dem Boden vorliebnehmen.
Jona und ich hatten glücklicherweise die begehrtesten Plätze ergattert und es uns auf dem Sofa bequem gemacht. Jona war sofort zu mir gekommen und hatte sich den Platz neben mir gesichert. Innerlich platzte ich vor Freude darüber. Äußerlich versuchte ich mir jedoch nichts anmerken zu lassen.
Die Jungs verstanden sich untereinander erstaunlich gut. Luna, Amber und ich grinsten uns vielsagend an, als sich die Männer während des Essens in eine hitzige Diskussion über die besten Automarken verstrickten. BMW schien die führende Spitze zu sein. Unterdessen vertraute Nova uns an, dass ihr Freund Scott, von dem sie uns letztens erzählt hatte, in ein paar Tagen aus dem Gefängnis entlassen werden würde. Die beiden wollten es noch einmal miteinander versuchen. Laut ihren Erzählungen schien Scott sich wirklich verändert zu haben. Natürlich rieten wir ihr, vorsichtig zu sein, da er ihre Gefühle schon einmal sehr verletzt hatte. Doch Nova fragte uns, ob nicht jeder Mensch eine zweite Chance verdient hatte und regte uns hiermit stark zum Nachdenken an. Auf gewisse Weise hatte sie recht. Doch nur die Zeit konnte zeigen, was das Schicksal für Nova und Scott bereithielt. Und am Ende des Tages war es schließlich Novas Entscheidung. Trotz aller Besorgnis freuten wir uns dennoch für Nova.
Irgendwann beschloss Nova zudem, die langweiligen Männergespräche zu unterbrechen, indem sie allen verriet, dass nächstes Wochenende mein Geburtstag anstand.
»Ich finde, dass wir eine Party schmeißen sollten!«, überlegte sie und schob sich genüsslich eine Sushirolle in den Mund.
»Wir könnten auch irgendwohin fahren?«, schlug Luna nachdenklich vor. »Ein kleiner Wochenendtrip?«
»Oh, das klingt noch besser! Das gefällt mir!«, stieß Nova begeistert aus und ihr Gesicht erhellte sich. Roxy äußerte sich gar nicht dazu, da sie zu sehr damit beschäftigt war, auf ihrem Handy herum zu tippen. Vermutlich textete sie wieder einmal mit ihrer Exfreundin Sage.
»Leute«, warf ich mit erhobenen Händen ein. »Lasst uns da kein so großes Ding draus machen.«
»Du wirst zwanzig!«, warf Amber empört ein. »So etwas muss anständig gefeiert werden.«
»Seh ich auch so!«, Nova reckte zustimmend ihre Sushistäbchen in die Höhe.
»Ja, lasst uns eine schöne Zeit haben und etwas Tolles erleben«, bestätigte Luna lächelnd und wandte sich an ihren Freund. »Dean ist super im Urlaub planen! Er kann uns bestimmt ein gutes Angebot raussuchen.«
»Wie sieht es bei euch aus? Habt ihr nächste Woche schon etwas vor?«, Nova richtete ihre Frage an Aiden und Jona.
»Ich habe ein paar Termine, aber die kann ich verschieben, schließlich hat meine kleine, nervige Schwester Geburtstag«, Aiden grinste. »Da bin ich definitiv am Start.«
Aus Rache warf ich eine Edamame Bohne nach ihm. Aiden lachte laut und holte zum Gegenschlag aus.
»He! Luna ich haben gerade erst geputzt!«, schimpfte Nova mit uns. Aiden und ich zogen sofort die Köpfe ein.
»Stellt euch nicht so an. Ihr putzt jeden Tag! In dieser Wohnung könnte man sogar vom Boden essen«, murrte Roxy trocken, als sie kurz von ihrem Smartphone aufblickte. Sie handelte sich einen bösen Blick von Nova und Luna ein. Ja, das Leben in der WG würde spannend werden mit so viel unterschiedlichen Charakteren. Doch ich freute mich schon wahnsinnig darauf.
Während die anderen noch über ihre Putzangewohnheiten diskutierten, wandte ich mich leise an Jona, der sich bislang noch nicht zu Novas Idee geäußert hatte.
»Würdest du auch mitkommen, wenn wir übers Wochenende wegfahren?«, flüsterte ich leise, sodass nur er es hören konnte.
»Glaubst du, ich würde mir deinen Geburtstag entgehen lassen?«
Mein Herz hüpfte begeistert.
Ich lächelte.
Jona lächelte zurück und in diesem Moment hätte ich nichts lieber getan, als ihn zu berühren. Ich wollte ihn spüren, ihn küssen... Unauffällig bewegte ich mein Bein und lehnte es gegen seines. Jonas Blick wanderte zu der Stelle, wo wir uns berührten und wieder zurück zu meinen Augen.
Plötzlich flammte ein Ausdruck auf seinem Gesicht auf, den ich schon ein paar Mal gesehen hatte. Ich kannte diesen Ausdruck.
Es war Verlangen.
Es war ein Verlangen, das sich nun auch auf mich übertrug und meinen gesamten Körper zum Kribbeln brachte. Gott, ich wollte nicht mehr länger warten. Ich wollte Jona. Wollte ihn ganz und gar. Diese Ungewissheit zwischen uns brachte mich schier um den Verstand und ich konnte nur hoffen, dass Jona sich für mich entschied. Dass er sich für uns entschied. Für eine gemeinsame Zukunft. Auch wenn bisher alles darauf hindeutete, dass wir es miteinander versuchen würden, war da immer noch diese Angst, dass er es sich anders überlegen könnte...
»Also? Was ist jetzt? Machen wir einen Wochenendtrip oder nicht?«, fragte Nova in die Runde.
Nach und nach sahen wir uns alle an. Dann lächelten wir.
Die Entscheidung war gefallen.
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