KAPITEL 8
Irgendwann spüre ich mein Handy, das in meinem Jutebeutel vibriert und sehe eine Nachricht von Allie. Sie fragt, wo wir bleiben und ob wir noch knutschend in einer Ecke liegen.
Normalerweise hätte ich ihr jetzt irgendeine flachsige Antwort zurückgeschrieben, doch ich fühle mich einfach nur total ausgelaugt und möchte mich nur noch in mein warmes Bett kuscheln.
Am besten mit einer warmen Tasse Tee und einem guten Buch.
Ich fühle mich schlecht, weil ich Jonah angelogen habe und schäme mich auch ziemlich, dass er mich so verletzlich in solch einer intimen Situation gesehen hat.
Irgendwie fühlt es sich so an, als hätte uns die letzte Stunde sehr viel näher zusammengeschweißt. Doch genau das wollte ich nicht erreichen. Ich wollte ihn auf Abstand halten.
Ganz tief in mir weiß ich jedoch auch, dass ich ihm näher sein möchte. Ich möchte ihn näher kennenlernen. Doch gleichzeitig muss ich meine Sicherheitswände aufrechterhalten.
Diese Situation ist so kontrovers, dass ich am liebsten Schreien möchte.
Doch ich schreibe nur Allie schnell eine kurze Nachricht, dass wir gleich wieder beim Teestand sind und räuspere mich. Ich vertraue meiner Stimme immer noch nicht richtig.
"Jonah wir sollten mal wieder los", setzte ich vorsichtig an. "Oh okay klar. Gehts dir denn wieder etwas besser?", fragt er mich mit ruhiger Stimme.
Wie er mich dabei anschaut lässt meine Wangen warm werden. "Ja es geht schon wieder. Danke." Er streckt mir seine Hand entgegen und ich nehme sie. Seine Haut ist angenehm warm und etwas rauer.
Doch ich lasse sie sofort wieder los, als wir losgehen.
"Könnte das was eben passiert ist vielleicht unter uns bleiben?, frage ich, "Ich möchte nicht so gerne, dass andere davon wissen."
"Natürlich. Da kannst du dich drauf verlassen. Ich sage nichts."
Er lächelt mich an und ich kann nicht anders als auf seine Lippen zu starren, die sich so wunderschön zu einem Lächeln verzogen haben.
Der Weg zum Herbstmarkt ist so kurz, dass wir schnell wieder am Teestand sind, wo Allie und Taylor schon auf uns warten.
"Was habt ihr denn so lange gemacht?", begrüßt uns Taylor, "Wir dachten schon ihr seid einfach abgehauen, weil ihr kein Bock mehr auf uns habt.", er schlägt Jonah auf die Schulter.
"Nee man, ich habe nur meine Liebe zum Herbst entdeckt.", antwortet dieser mit einem Lachen, das ich mir am liebsten immer und immer wieder anhören würde.
Es ist ein raues, tiefes Lachen, das direkt aus seinem Bauch zu kommen scheint.
Sein Blick bleibt an mir hängen, doch ich kann seinen Ausdruck nicht einordnen.
"Alles in Ordnung bei dir?" Ich höre Allie's Stimme ganz leise an meinem Ohr. "Ja klar, alles gut. Wir haben nur die Zeit vergessen", versuche ich es mit einem Lachen. Doch ich erkenne an ihrem prüfenden Blick, der auf mir liegt, dass Allie mir nicht glaubt.
Die Jungs sind mittlerweile in Richtung eines Crêpestands gegangen. "Komm lass uns auch was zu essen kaufe. Ich sterbe vor Hunger.", schlage ich Allie vor, um einem Verhör zu entkommen.
Seufzend stimmt sie zu. Doch ich weiß, dass ich dieses Gespräch nur auf später verschoben habe.
Im Laufe der nächsten Stunde spüre ich hin und wieder den prüfenden Blick von Allie auf mir und auch Jonah's Augen begegnen meinen ziemlich häufig.
Doch in seinem Blick liegt ein völlig anderer Ausdruck als in dem von Allie.
In seinem erkenne ich keine Unsicherheit mir gegenüber, er betrachtet mich nicht wie ein zerbrechliches Wesen, sondern schaut mich mit einer Intensität an, die mich innerlich umhaut.
Der Fakt, dass er mich nach meiner Panikattacke nicht anders betrachtet, lässt mein Herz noch etwas höher in seiner Nähe schlagen.
Ich möchte nicht mit anderen Augen gesehen werden. Von niemandem.
Deshalb habe ich auch keinem Menschen, nicht einmal Allie, von den Geschehnissen während meiner ersten und letzten Beziehung erzählt.
Einerseits denke ich, dass es zu stark schmerzen wird, laut darüber zu sprechen. Andererseits möchte ich das Geschehen verdrängen und nicht mit dem mitleidigen Blick angeschaut werden.
Insgesamt verbringen wir noch zwei Stunden auf dem Herbstmarkt. Es ist doch noch ziemlich lustig.
Wir essen Crêpes, machen bei einem Kürbisschnitz-Contest mit und kaufen einige der selbstgemachten Produkte an den Ständen.
Zum Ende hin kommen wir noch an einem Karaoke Stand vorbei und sehen Georgia und Lilly, zwei Mädchen, die ich aus meinem Mathekurs kenne. Die beiden sind gerade dabei, voller Inbrunst "All the single ladies" von Beyoncé zu singen. Leider klingt das ganze so schief, dass sogar die Lautsprecher leiser gedreht werden. 5 Minuten später können wir uns vor Lachen immer noch nicht einkriegen.
Wir stehen etwas abseits der Bühne aus Strohballen und halten uns, die vom Lachen schmerzenden Bäuche.
Als wir kurze Zeit später aufbrechen und uns auf den Weg zum Bus machen, bin ich so gut gelaunt, wie ich es vor zwei Stunden niemals erwartet hätte.
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