1. Kapitel/ Fireflies
Aktuell überarbeite ich diese Geschichte und habe mich aus bequemlichkeit dazu entschieden die Kapitel nicht mehr halbiert, sondern komplett in ganzer Länge hochzuladen.
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Es ist heiß. Verdammt heiß. Schweiß rinnt in Strömen meinen Körper hinab. Schnell wische ich mir mit meinem Ärmel über die Stirn und laufe dann weiter. Panisch schaue ich mich um. Ich bin umzingelt. Große, knisternde, rot- orangene Flammen umzingeln mich. Aber warum laufe ich eigentlich weg? Ich habe ich gegen diese Flammen keine Chance. Warum laufe ich überhaupt? Warum liege ich nicht zu Hause in meinem Bett und schlafe?
Ich drehe mich ein Mal im Kreis und stelle fest, dass es keinen Ausweg mehr gibt. Ist das das Ende? Muss ich jetzt sterben? Ich schaue nach rechts, die Richtung aus der ich gekommen bin. Oder war es doch links? Ich weiß es nicht mehr. Um mich herum wird es immer heißer. Der beißende Qualm lässt meine Augen tränen und sorgt dafür, dass jeder Atemzug brennt. Mein ganzer Körper tut weh, dennoch laufe ich weiter.
Schwach lächele ich. Dabei wollte ich nach meinem Tod doch verbrannt und im Meer verteilt werden. Ich wollte frei sein. Welch eine Ironie. Der Feuerkreis wird immer kleiner und das Atmen wird mit jedem Zug schwerer. Bald ist das hier alles vorbei. Ich kann bereits spüren wie das Feuer auf meiner Haut prickelt und mit seiner heißen Zunge darüber leckt. Egal, was passiert, es soll einfach schnell gehen.
Ich gehe einen Schritt zurück, um den Flammen auszuweichen. Doch es gibt kein Entkommen. Dennoch ich mache ich einen weitere Schritt. Und noch einen. Plötzlich fehlt mir der Boden unter den Füßen. Ich verliere das Gleichgewicht und falle. Steine und andere spitze Gegenstände schneiden in mein Fleisch und an irgendetwas schlage ich mir den Kopf. Lächelnd schließe ich meine Augen. Zum Glück, ist mein letzter Gedanke, bevor mir schwarz vor Augen wird. Zum Glück ist es vorbei.
„Lass ihn liegen", höre ich eine Stimme wie aus weiter Ferne sagen.
Bin ich im Himmel? Nein, wohl eher in der Hölle, so heiß wie es hier ist und wie sehr das Feuer meine Haut verbrennt.
„Bist du bescheuert?! Wir können ihn doch nicht hier am Straßenrand liegen lassen! Hast du ihn dir mal angeguckt?!"
Ich versuche mich zu bewegen, doch mein Körper gehorcht nicht. Alles, was ich machen kann ist, den beiden Stimmen zu lauschen.
„Seinen Klamotten zufolge ist er irgendein Grufti, der mal wieder zu viel getrunken hat. Nichts Besonderes also."
„Und warum riecht er dann nach Rauch und hat total rote Arme?! Mir egal, was du sagst, ich bringe ihn jetzt ins Krankenhaus! Das ist mein Auto und ohne mich kommst du auch nicht nach Hause, also hast du keine andere Wahl, als mitzukommen. Außer du willst laufen?"
Unzufriedenes Murren. Stille. „Manchmal hasse ich dich echt und frage mich, warum ich überhaupt mit dir befreundet bin!"
„Weil du ein Arsch bist und keiner was mit dir zu tun haben will und ich deswegen der einzige bin, den du hast."
„Ach, halt die Klappe!" Eine Autotür knallt zu. Und mit diesem Knall verliere ich erneut das Bewusstsein.
Warum ist es so hell? Bin ich doch in der Hölle? Nein, das Licht ist angenehm. Der Himmel vielleicht? Ich strecke meine Hand danach aus und plötzlich ist es wieder dunkel. Langsam öffne ich die Faust und sehe darin ein kleines Licht. Ein Glühwürmchen sitzt auf meiner Hand und schaut mich an. Zumindest kommt es mir so vor. Es wackelt kurz mit seinem Hinterteil und fliegt dann los. Viele andere Glühwürmchen schließen sich ihm an und ich beobachte fasziniert, wie sie in den Himmel emporsteigen. Ein großes Licht erhellt meine dunkle Welt.
Und dann öffne ich die Augen. Ich blinzele eine ganze Weile, um mich an das Licht zu gewöhnen. Piepsen. Irgendwas piepst in regelmäßigen Abständen. Es scheint als wäre ich in einem Krankenhaus, aber wie komme ich hier hin? Ich drehe meinem Kopf zur Seite und merke schnell, dass das ein riesiger Fehler war. Ein brennendes Gefühl rast meine Wirbelsäule empor und ist so schnell weg, wie es gekommen ist. Doch nur den Bruchteil einer Sekunde später breitet sich ein furchtbarer Schmerz explosionsartig in meinem Kopf aus, lässt mich vor Schmerzen aufstöhnen. Tatsächlich fühlt sich mein Kopf an, als würde er jeden Moment weggesprengt werden. In der Hoffnung, dass der Schmerz wieder nachlässt, schließe ich erneut die Augen. Doch das macht alles nur noch schlimmer. Mir ist schwindelig. Und schlecht. Verdammt ist mir schlecht. Im nächsten Augenblick hänge ich mit dem Oberkörper halb aus dem Bett und übergebe mich.
„Ich habe doch gesagt, zu viel getrunken", ertönt eine Stimme, die ich glaube bereits gehört zu haben.
„Kannst du jetzt mal deine Klappe halten?!", sagt jemand anderes, woraufhin etwas über den Boden gezogen wird.
Kurz darauf spüre ich zwei starke Hände an meinen Schultern, die mir sanft zurück ins Bett helfen.
„War wohl eine gute Idee, ihm direkt einen Eimer hinzustellen."
Diesmal vorsichtig und langsam drehe ich meinen Kopf nach links, von wo die beiden Stimmen ursprünglich kamen. Erneut öffne ich die Augen einen Spalt und sehe die beiden Männer an. Der eine ist groß, muskulös, mit breiten Schultern und blasser Haut. Die kurzen blau gefärbten Haare stehen wild in alle Richtungen ab. Er macht einen Schritt vom Bett weg und setzt sich auf einen Stuhl, der neben dem anderen Mann steht. Dieser steht mit verschränkten Armen und einem Fuß an der Wand gelehnt. Seine nackenlangen grauen Haare passen nicht zum restlichen Erscheinungsbild. Ich denke er ist etwas größer als ich und etwa in meinem Alter, wohingegen der Blauhaarige den Eindruck macht einige Jahre älter zu sein. Abwertend und genervt guckt er mich an. „Er ist wach, können wir jetzt endlich gehen?"
„Gott, Hidan! Wenn du unbedingt weg willst, dann geh zu Fuß oder ruf dir ein Taxi! Du hast echt kein Mitgefühl!"
„Ich habe einfach keinen Bock bei jemandem zu sein, den ich nicht kenne und der offensichtlich nicht gerade im Sterben liegt!"
„Du hättest ihn aber auch am Straßenrand liegen gelassen!"
Während die beiden weiter diskutieren sehe ich an mir herunter. Meine Arme sind in Verbände eingehüllt und die Finger lassen sich nur schwer bewegen. Langsam hebe ich eine Hand und führe sie zu meiner Stirn, wo ich ebenfalls einen dicken Verband spüren kann. Dann berührt etwas meine Schulter und ich drehe den Kopf, sodass ich eine Frau erblicke, die mich anlächelt.
„Wie geht es Ihnen? Können Sie sprechen?", fragt sie freundlich und streicht mit dem Daumen leicht über den Stoff des Hemdes.
Mein Hals ist staubtrocken, was ihn unangenehm kratzen und schmerzen lässt. Ich öffne den Mund um etwas zu sagen, bringe aber keinen Ton hervor. Stattdessen schüttele ich nur schwach den Kopf, der daraufhin wieder zu pochen beginnt.
„Das ist kein Problem. Können Sie sich denn an irgendetwas erinnern? Zum Beispiel wie Ihnen das zugestoßen ist? Wissen Sie, wer Sie sind? Und haben Sie irgendwelche Verwandte die wir gegebenenfalls kontaktieren können, wenn Sie uns Namen nennen können? Immerhin haben Sie keinen Ausweis bei sich getragen, als die beiden Herren hier Sie gefunden haben."
Zweimal schüttle ich den Kopf und einmal nicke ich als Antwort und verziehe daraufhin schmerzverzerrt das Gesicht.
„Gut." Sie fummelt an etwas neben mir herum und schaut mich dann wieder an. „Ich habe Ihnen jetzt noch etwas gegen die Schmerzen gegeben. Wenn noch etwas sein sollte, einfach diesen Knopf hier drücken", sagt sie und zeigt auf eine kleine Fernbedienung an meinem Bett.
Ein letztes Mal nicke ich noch, bevor ich die Augen wieder schließe. Sie offen zu halten ist gerade eindeutig zu anstrengend.
„Boa, ist das langweilig hier."
„Warum bist du dann mit gekommen? Du hättest doch auch einfach zu Hause bleiben können."
„Aber was soll ich denn da? Das ist alleine ja noch langweiliger als hier."
„Hättest dir ja weibliche Gesellschaft suchen können. Dann hättest du eine Beschäftigung gehabt."
„Ne, keinen Bock."
„Dann kann ich dir auch nicht weiterhelfen."
„Aber mir ist langweilig!"
„Das ist aber kein Grund mir die Ohren voll zu jammern. Du nervst echt hart, weißt du das eigentlich?"
Ich öffne die Augen und schaue die beiden an. Wie lange habe ich geschlafen? Welcher Tag ist heute?
„Deine Prinzessin ist wach", sagt der Mann, der mir jetzt als Hidan bekannt ist.
Der andere verdreht nur genervt die Augen und steht dann auf. Mit schweren Schritten kommt er auf mich zu und bleibt neben dem Bett stehen.
„Wie geht's dir?", fragt er mich und ich brauche einen Augenblick, um zu verstehen was er gesagt hat.
„Scheiße", bringe ich leise krächzend hervor und muss daraufhin husten.
„Das war eine dumme Frage. Tut mir leid."
Ich schüttle nur schwach den Kopf.
„Möchtest du was trinken?"
Die Lippen bilden ein Wort, doch es kommt kein Ton aus meinem Hals..
Er greift nach einer Flasch, und hält sie mir hin. Aus dem Flaschenhals guckt ein Strohhalm, den ich mit meinen Lippen einfange und gierig anfange das Wasser zu trinken. Angestrengt achte ich darauf mich nicht zu verschlucken. Warum muss das Trinken im Liegen auch so verdammt schwer sein?
Als die Flasche halb leer ist, stupse ich den Strohhalm mit der Zunge aus meinem Mund. Der Mann stellt sie wieder weg und schaut mich weiter an.
„Besser?"
Wieder nicke ich und frage leise: „Wie heißt du?" MeineStimme klingt nicht mehr ganz so schlimm wie vorher.
„Kisame. Und der Idiot da ist Hidan." Mit dem Kopf deutet er hinter sich.
„Ey!", kommt es protestierend von der Wand.
Erneut wendet er sich mir zu. „Und du?"
„Hashirama... Senju", nenne ich ihm langsam meinen Namen.
„Hashirama Senju", wiederholt Kisame meine Worte. „Wohnst du hier irgendwo in der Nähe?"
Zustimmend nicke ich. „Ich glaube schon."
„Du glaubst?", fragt er und zieht irritiert eine Augenbraue nach oben.
„Ich bin weggelaufen... Es war so unglaublich heiß... Ich weiß nicht, wo ich bin..."
Langsam nickt Kisame. „Verstehe."
„Wie komme ich hier her?", will ich nun wissen.
„Ich habe dich am Straßenrand liegen gesehen und hier hin gebracht. Das war vor fünf Tagen."
Ungläubig gucke ich ihn an. „Fünf Tage? Ich war fünf Tage lang weg?"
Er schüttelt den Kopf. „Du warst zwischendurch immer mal wieder wach, aber nur ein Mal wirklich ansprechbar."
Für einen Augenblick schließe ich die Augen, sehe ihn dann aber wieder an, als ich sie erneut öffne. „Danke, dass du mich nicht hast liegen lassen..."
„Das ist doch selbstverständlich! Wenn auch nicht für jeden", erwidert er und wirft Hidan, der sich schnauben weg dreht, einen Blick zu
Die Tür öffnet sich und drei Leute betreten das Zimmer. Ein Mann, der seiner Kleidung nach zu urteilen Arzt ist, und zwei Schwestern. Der Mann hat lange schwarze Haare, die im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden sind, während ihm einige kurze Strähnen ins Gesicht fallen. Sein Kinn ist spitz und lässt ihn ernst aussehen, doch er lächelt mich trotzdem freundlich an. Auf seinem Kittel ist ein kleines Schild, auf dem sein Name steht.
„Guten Tag, ich bin der für Sie zuständige Arzt, Izuna Uchiha", stellt er sich mir vor und schüttelt vorsichtig meine Hand.
„Hallo", antworte ich nur und mustere ihn weiterhin, während er anfängt zu reden.
„Sie müssen wirklich haufenweise Schutzengel haben", sagt er und guckt dabei auf das Klemmbrett in seiner Hand. „Es gibt keine wirklich ernsten Verletzungen. Kein einziger Knochen ist gebrochen, nur geprellt. Und wie mir berichtet wurde, hat man Sie an einem ziemlich steilen Abhang gefunden, den Sie demnach zu urteilen wohl hinuntergefallen sind. Das einzig kritische sind die Verbrennungen, die Sie an Armen und Beinen haben und eine mittelschwere Gehirnerschütterung. Glücklicherweise sind Sie ohne Rauchgasvergiftung davongekommen", erzählt er weiter und holt einmal tief Luft. „Die Verbrennungen heilen in etwa zwei Wochen wieder ab, manchmal kann es aber auch etwas länger dauern. Narben werden höchsten von den vielen kleinen Schnittverletzungen bleiben. Ihrem Kopf sollte es auch langsam etwas besser gehen. Die Ruhe, die Sie die letzten Tage hatten, hat Ihnen sehr gut getan. Ich bin froh, dass Sie sich langsam auf dem Weg der Besserung befinden."
Er hat recht. Mein Kopf tut nicht mehr so weh wie das erste Mal, als ich aufgewacht bin. Es pocht zwar noch immer schmerzhaft, aber das ist zu ertragen. Muss ich noch etwas sagen? Ich weiß es nicht.
„Wissen Sie denn, wie es zu alldem gekommen ist? Ich meine, solche Verletzungen wie Prellungen und Gehirnerschütterungen gibt es häufiger, nur diese Verbrennungen lassen mich grübeln. Und es muss einen Grund geben, dass Sie den Hang hinabgestürzt sind."
„War an der Fundstelle kein Feuer?", stelle ich eine Gegenfrage und schlucke.
Der Arzt schaut zu Kisame, welcher den Kopf schüttelt. „Nein, der ganze Wald ist noch immer wie er vorher auch war. Nirgends auch nur eine Spur von irgendeinem Brand. Und von Häuserbränden in der Umgebung wurde nichts berichtet."
Doktor Uchiha nickt. „Verstehe." Er tritt etwas näher an mich und legt vorsichtig eine Hand auf meinen Arm. „Diese Frage stelle ich Ihnen nur äußerst ungerne, aber kann es sein, dass Sie irgendwo festgehalten und misshandelt wurden?"
Perplex gucke ich ihn aus großen Augen an. Hat er mir wirklich diese Frage gestellt? „Ganz sicher nicht", gebe ich prompt zurück. Was denkt der sich eigentlich dabei? Warum sollte das jemand machen?
„Was ist das denn bitte für eine Frage?", meldet sich Hidan zu Wort. „Warum sollte ihn jemand festhalten und misshandeln?"
„Es gibt immer-"
„Den will doch sowieso keiner habe."
Ich zucke zusammen. Das tat weh. Das tat richtig weh. Der Kerl ist wirklich ein Arschloch. Warum ist der überhaupt hier, wenn er so von mir denkt?
Kisame scheint das genauso zu sehen, denn er geht zu Hidan und schlägt ihm fest auf den Hinterkopf.
„Zeig mal ein bisschen mehr Taktgefühl!", fordert er und sieht ihn warnend an.
„Ich bin leider nicht so musikalisch!", erwidert Hidan.
„Kannst du nicht einfach mal deine Klappe halten?!", versucht Kisame es weiter.
„Sorry, ist angewachsen. Außerdem habe ich nur die Wahrheit gesagt!" Er scheint nicht einmal daran zu denken aufzuhören.
„Ich glaube du solltest lieber mal gehen", sagt Kisame nun und schiebt ihn zur Tür.
„Hä? Warum denn das jetzt plötzlich?" Irritiert guckt er seinen Freund an.
„Weil du ein Idiot bist und mal darüber nachdenken solltest, dass du die Menschen in deiner Umgebung mit deinem Worten verletzen kannst", antwortet dieser und hält ihm die Tür auf.
„Verletzen? Was war denn daran jetzt so schlimm? Da ist doch nichts bei."
Kisame schüttelt nur den Kopf und sagt: „Wir reden später", woraufhin er die Tür vor Hidans Nase schließt. Er kommt auf mich zu und bleibt neben mir stehen. „Tut mir leid, er ist einfach so und leider kann man daran nichts ändern. Wie es den Menschen um ihn herum geht interessiert ihn nicht wirklich."
„Ist schon gut. Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass er sowas sagen würde", lüge ich. Natürlich habe ich damit nicht gerechnet, aber er soll sich für nichts schuldig fühlen, nachdem er mir das Leben gerettet hat.
„Nein, es ist nicht gut. Er sollte dringend etwas an dieser Einstellung ändern. Immerhin macht er es sich damit unnötig schwer im Leben."
Bevor ich dazu noch etwas sagen kann, räuspert sich der Arzt. „Wir werden Sie jetzt noch mindestens eine Woche hier behalten und gucken, wie die einzelnen Verletzungen heilen. Außerdem würde ich Ihnen gerne noch einige Fragen stellen, da die Schwester meinte, dass Sie sich an nicht viel erinnern können. Denn es ist mir wirklich ein Rätsel, wie Sie zu diesen Verletzungen kommen. Fühlen Sie sich jetzt schon in der Lage mit mir zu sprechen oder möchten Sie sich noch etwas ausruhen?"
„Jetzt sofort", antworte ich. Er nickt und zieht sich einen Stuhl heran. Einmal dreht er sich noch zu den Schwestern und sagt ihnen, dass sie gehen können. Dann wendet er sich wieder mir zu. „Können Sie mir Ihren Namen nennen?", stellt er nun die erste Frage und dreht einen Stift zwischen seinen Fingern.
„Hashirama Senju", gebe ich ihm die Antwort, die er sofort mitschreibt.
„Senju...", murmelt er dabei. „Wie wird das geschrieben?"
„S- E- N- J- U", kommt es mir langsam über die Lippen. Seit wann fällt mir das Buchstabieren so schwer?
„Ihr Geburtsdatum?"
„Dreiundzwanzigster Oktober-" Da stockt es. Ich weiß nicht, in welchem Jahr. Ich weiß nicht, wie alt ich bin. Welches Jahr ist es überhaupt? „An das Jahr erinnere ich mich nicht mehr...", sage ich leise und schlucke erneut. Mein Hals ist wieder so trocken und kratzt unangenehm.
„Das ist nicht so schlimm", erwidert er und lächelt mich aufmunternd an. „So etwas kann schon mal vorkommen. Kennen Sie Ihre Adresse und können sie mir die Namen Ihrer Eltern oder generell von Familienmitgliedern nennen?"
Ich denke angestrengt nach, was mir erneut Kopfschmerzen bereitet. Meine Familie? Habe ich überhaupt eine Familie? Und wo wohne ich? Was heißt es geliebt zu werden? Warum weiß ich das alles nicht? Einige Minuten lang stöbere ich in meinen Gedanken herum und schüttle dann den Kopf. „Ich weiß es nicht. Gar nichts."
Erneut notiert er sich meine Antwort. „Und Sie haben noch immer keine Idee, wie es zu alldem gekommen ist?"
Ein weiteres Mal schüttle ich den Kopf. „Alles ,was ich weiß ist, dass dort Feuer war und ich durch einen Wald gelaufen bin."
„Ein Waldbrand?", fragt er nun verwundert,
„Ja. Die Bäume um mich herum standen in Flammen und es herrschte eine unerträgliche Hitze. Dann bin ich gefallen und erst hier wieder aufgewacht."
Nachdenklich zieht der Arzt die Stirn in Falten und steht dann auf. „Ich vermute die Gehirnerschütterung hat bei Ihnen zu einer Amnesie geführt. Es passiert häufig, dass sich die Opfer nicht mehr daran erinnern, wie es zu dem Unfall gekommen ist. Möglicherweise erlange Sie ihre Erinnerungen wieder, vielleicht aber auch nicht. Diesbezüglich müssen wir uns einfach überraschen lassen. Außerdem werde ich Ihren Namen an die Polizei weitergeben und gucken, was sich herausfinden lässt. Vielleicht taucht ja auch eine Vermisstenanzeige auf. Das alles könnte nur eine Weile dauern, also haben Sie bitte etwas Geduld."
Amnesie? Vielleicht werde ich mich nie daran erinnern, was genau passiert ist. Vielleicht erkenne ich nicht einmal meine eigenen Eltern, wenn ich ihnen gegenüber stehe. Mein Hals zieht sich zusammen und auch meine Augen fangen unangenehm an zu brennen.
„Ich komme dann später noch einmal vorbei und gucke, wie es Ihnen bis dahin geht. Wenn Sie etwas benötigen, können Sie einfach ihren Freund fragen oder klingeln." Ein letztes Mal lächelt er mich an und verlässt dann das Zimmer.
Mein Freund? Ich drehe den Kopf zu Kisame und schaue ihn an. „Warum bist du eigentlich hier?"
„Ist es dir lieber, wenn ich gehe?", will er wissen und ist schon dabei aufzustehen.
„Nein", sage ich und wende den Blick an die Decke. „Aber du kennst mich nicht einmal. Du hättest mich hier hinbringen und dann wieder gehen können. Warum sitzt du den ganzen Tag hier rum?"
„Weil ich nicht wie Hidan bin. Mir ist es nicht egal, wie es meinen Mitmenschen geht. Außerdem ist so ein Krankenhausaufenthalt mit Besuch doch direkt etwas erträglicher. Dann bist du nicht so alleine und hast jemand, mit dem du reden kannst."
„Da hast du recht. Aber du musst nicht hier sein. Es gibt bestimmt etwas Besseres, das du machen kannst."
„Momentan sind Semesterferien, da sitze ich sowieso nur den ganzen Tag herum."
„Du studierst?", frage ich überrascht, da ich damit nicht gerechnet habe.
„Ja. Sport und Biologie auf Lehramt."
„Du siehst aber nicht gerade aus, wie jemand der Lehrer werden will. Und erst recht nicht Biologie", gebe ich zurück. „Das soll jetzt aber nicht böse gemeint sein", füge ich noch schnell hinzu.
Ein schwaches Grinsen schleicht sich auf seine Lippen. „Das bekomme ich ziemlich oft zu hören. Ich habe auch mit was anderem angefangen, was es aber nicht sein konnte. Und dadurch bin ich dann auf Lehramt gekommen."
„Jeder soll das machen, was ihm am besten gefällt. Und wenn du gerne Lehrer sein willst, dann wirst du das auch bestimmt meistern. Im wievielten Semester bist du denn?"
„Im Letzten."
Wie alt ist man, wenn man erst etwas anderes gemacht hat und dann aufhört auf Lehramt zu studieren? Die Referendare an Schulen sind doch immer um die siebenundzwanzig. Dann noch ein paar Jahre dazu würde bedeuten, dass er Anfang dreißig ist. „Musst du dann nicht auch etwas anderes mit deinen Haaren machen?", frage ich nun neugierig. Denn ich glaube kaum, dass man jemanden mit blauen Haaren als Lehrer einstellt.
Er nickt. „Ja, da kommt dann schwarz drüber, wenn es soweit ist. Sonst nehmen die Kinder einen wahrscheinlich nicht ernst."
„Wie soll man dich denn bitte nicht ernst nehmen? Hast du dich mal im Spiegel betrachtet?", frage ich amüsiert. „Du siehst aus, als würdest du denen eine klatschen, wenn sie nicht brav sind. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass du aussiehst wie ein Schläger, aber deine Statur ist schon-." Mit dem letzten Satz versuche ich mich noch irgendwie aus dem Fettnäpfchen zu befreien, in das ich geraten bin.
Kisame lacht leise. „Ich weiß, was du meinst. Und vielleicht mache ich das dann ja sogar wirklich. Aber weißt du, es gibt immer ein paar freche Gören, die keinen Respekt haben."
Für einen Augenblick herrscht Stille. Aber sie ist nicht unangenehm. „Ich glaube, ich studiere auch...", sage ich dann nachdenklich.
„Wie kommst du da jetzt drauf?", fragt Kisame und ich sehe aus dem Augenwinkel, wie er sich nach vorne lehnt und die Arme auf den Oberschenkeln abstützt.
Ich drehe den Kopf zu ihm und schaue in seine hellblauen, fast weiß wirkenden, Augen. „Keine Ahnung. Ist nur so ein Gedanke. Das hört sich alles so vertraut an, dass ich einfach dieses Gefühl habe selbst zu studieren."
Er steht auf und geht zur Tür. „Ich gehe Bescheid sagen, dass du diese Vermutung hast. Vielleicht hilft uns das ja irgendetwas über dich herauszufinden, wenn man auch bei den Universitäten anruft."
Bevor ich ihm noch eine Antwort geben kann, ist er schon weg und hat die Tür wieder hinter sich geschlossen.
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„Wie geht es Ihnen?", beginnt Doktor Uchiha unser bereits tägliches Ritual. Jeden Tag kommt er zu mir und das schon seit acht Tagen.
„Recht gut", antworte ich wahrheitsgemäß.
„Irgendwelche speziellen Beschwerden, die es vorher nicht gab?
Ich schüttle den Kopf. „Nein, alles wie sonst auch immer." Dieser Satz bedeutet leichte Kopfschmerzen, brennende Schmerzen an
„Bisher hat die Polizei auch noch nichts herausgefunden, wobei mir gesagt wurde, dass es momentan viele andere Fälle gibt und es deswegen noch etwas dauern kann, bis Ihr Fall aufgenommen wird", erklärt er kurz.
Sowas habe ich mir schon gedacht. Ein junger Mann, der knapp dem Tode entkommen und nicht mehr wirklich weiß wer er ist, wird natürlich hinter irgendwelche Verbrecher gestellt. Das ist ja nur ein einfacher Zivilist, der anderen Menschen nichts Böses will. Also muss ich noch warten, bis ich endlich etwas mehr weiß.
„Es tut mir leid", sagt der Arzt, da ihm mein trauriger Blick nicht entgangen ist.
Wieder schüttele ich den Kopf. „Sie können ja nichts dafür..."
„Ich habe noch eine gute Nachricht für Sie. Der Verlauf Ihrer vorangehenden Genesung gibt mir inzwischen keinen Grund mehr Sie noch länger hier zu behalten. Die Kopfschmerzen sollten, wenn Sie sich noch etwas ausruhen, bald ganz weg sein. Und gegen die Verbrennungen können wir auch nichts mehr machen. Bei diesem Grad der Verbrennung werden die Verbände nur selten gewechselt und die beschädigte Haut einfach in Ruhe gelassen."
„Ich kann wirklich gehen?", frage ich noch etwas ungläubig, ob er das jetzt gerade wirklich ernst meint und bekomme ein Nicken als Antwort.
„Ja. Ich würde Sie nur bitten sofort einen Arzt aufzusuchen, sobald neue Beschwerden dazu kommen oder sich die jetzigen verschlimmern. Ansonsten würde ich Sie spätestens gerne in einem Monat noch einmal wiedersehen, damit ich mir anschauen kann ob auch alles weiterhin gut abgeheilt ist."
Langsam nickend setze ich mich auf. Doch wo soll ich denn hin? Ich habe ja niemanden.
Als hätte er meine Gedanken gelesen sagt er: „Nur leider wüsste ich keinen Ort, an dem wir Sie unterbringen können. Das ist jetzt soweit der einzige Haken."
„Ich wüsste etwas", meldet sich nun Kisame zu Wort, der die ganze Zeit schweigend am Tisch gesessen hat. Sofort richten sich alle Blicke auf ihn.
„Dann wäre das ja auch geklärt", sagt der Arzt und guckt mich wieder an. Er streckt mir eine Hand entgegen, die ich schließlich ergreife. „Dann hoffentlich bis erst in einem Monat", sagt er lächelnd. „Gute Besserung."
„Danke", antworte ich und lächle selbst schwach.
Er nickt noch ein letztes Mal und geht dann.
Kisame steht auf und klatscht einmal in die Hände. „Dann gehen wir mal, würde ich sagen. Wirklich viele Sachen, die du mitnehmen könntest, hast du ja nicht."
Ich stelle die Füße auf den Boden und schaue sie an. Jetzt geht es also irgendwo hin, wo ich vorerst bleiben werde. Was wird das wohl für ein Ort sein? Vielleicht so ein Haus für Obdachlose? Hoffentlich nicht. Aber was gäbe es sonst noch? Ich stehe auf und gehe in das kleine Badezimmer, wo ich mir eine Hose und ein T- Shirt anziehe. Die Sachen wurden mir vom Krankenhaus gestellt. Bevor ich wieder rausgehe sehe ich mich noch einmal im Spiegel an. Habe ich schon immer so bedröppelt geguckt oder liegt das einfach nur an der momentanen Situation? Seufzend zucke ich mit den Schultern, gehe zurück ins Zimmer und verlasse dann zusammen mit Kisame und Hidan das Krankenhaus. Hidan wurde irgendwann, wie bei jedem Besuch, vor die Tür verbannt.
Der Spätsommerwind weht mir meine langen braunen Haare ins Gesicht, doch ich mache mir nicht die Mühe sie hinters Ohr zu streichen. Es ist ein wenig frisch, doch nicht so, dass ich es als unangenehm empfinden würde. Die Sonne scheint mir ins Gesicht und wärmt die Haut etwas auf. Für einen Augenblick schließe ich die Augen und genieße die frische Luft. Es ist schön und tut unglaublich gut endlich wieder frei atmen zu können und nicht immer den sterilen Geruch von Desinfektionsmittel und Krankenhaus in der Nase zu haben. Schnell wird mir klar, dass ich nicht ewig hier stehen bleiben kann und öffne wieder die Augen. Verwirrt schaue ich mich um, sehe die beiden dann aber doch und laufe ihnen nach, da sie schon ein Stück vorgegangen sind. Während ich einige Meter hinter ihnen laufe genieße ich weiterhin die Sonne.
Kisame und Hidan. Jeden Tag haben sie mich im Krankenhaus besucht, auch wenn es bei Hidan mehr oder weniger freiwillig war. Doch nachdem Kisame ihn an dem einen Tag weggeschickt hatte, kam er am Tag darauf wieder mit, was mich wirklich gewundert hat. Zwei Männer besuchen einen ihnen völlig Fremden jeden Tag im Krankenhaus und das über eine Woche lang. Kisame war bereits da, wenn ich aufwachte und ging erst, als ich wieder eingeschlafen war. Und wenn ich zwischendurch mal geschlafen habe, ist er auch immer dageblieben. So hat es mir zumindest eine Schwester einmal beschrieben. Hidan kam immer gegen Mittag und ging abends wieder. Kisame sagte, dass er arbeiten müsse. Übermäßig viel haben wir nicht geredet, aber es hat gereicht, dass es nicht langweilig wurde. Und trotzdem kann ich noch immer nicht verstehen, warum sie das getan haben. Kisames Beweggründe kann ich noch nachvollziehen, aber Hidan? Warum ist er ebenfalls jeden Tag mitgekommen? Ist es nur, weil er, wie Kisame gesagt hat, nicht wirklich viele Freunde hat? War es also pure Langeweile oder steckt da noch was anderes hinter?
Ich hefte den Blick auf den Rücken des Grauhaarigen. Hat er sich die Haare eigentlich so gefärbt oder gehört er einfach zu den Menschen, die schon in jungem Alter grau werden? Langsam lasse ich meinen Blick über seinen Körper gleiten. Bisher habe ich mich nicht wirklich getraut ihn für länger als einen Wimpernschlag anzuschauen, da ich das Gefühl hatte, er würde mich mit seinem Blick durchbohren. Wie ich schon anfangs vermutet habe, ist er etwa einen Kopf größer als ich. Auch nicht schlecht gebaut, nur nicht so extrem wie Kisame. Trotzdem gut genug, um seine Freundin zu beschützen, wenn er eine hat. Ich schüttle den Kopf. Mit dem hält es wahrscheinlich keine Frau der Welt länger als eine Woche aus. Und ein Mann- Nein, so weit muss ich gar nicht denken. Das muss ich mir sofort wieder aus dem Kopf schlagen!
Den will doch sowieso keiner, schwirren mir seine Worte durch den Kopf. Mich will keiner... Vielleicht hat er ja recht... Mit hängendem Kopf gehe ich weiter und laufe dann in Kisame rein.
„Alles in Ordnung?", fragt dieser und ich nicke schwach.
Was soll ich denn auch sagen? ‚Nein, ich denke grade über ein paar Worte nach, die mich ziemlich verletzt haben'? Nein, danke! Ich muss ihn nicht auch noch mit meinen Gedanken oder Gefühlen belasten, nach all dem, was er die letzten zwei Wochen für mich getan hat. Schweigend gehen wir weiter und laufen dann die Treppen zur U-Bahn-Station hinunter. Als wir in dem vollen Zug stehen und dieser losfährt, spricht Hidan die Frage aus, die ich mir schon die ganze Zeit über stelle.
„Wo willst du ihn jetzt eigentlich hinbringen? Nicht, dass mich das sonderlich interessieren würde. Eigentlich ist es mir ziemlich egal."
Kisame schaut ihn aus geweiteten Augen an. „Was ist denn mit dir los?", fragt er gespielt geschockt.
„Nichts. Was sollte auch sein?", gibt dieser etwas verwirrt zurück.
„Du redest ja!"
Genervt rollt Hidan mit den Augen und rempelt Kisame mit der Schulter an. „Halt die Klappe und beantworte meine Frage!"
„Was soll ich denn jetzt machen? Ruhig sein oder reden?"
Leise knurrt er den anderen Mann an und verengt dabei die Augen. „Kisame! Ich finde das nicht lustig!"
„Ich auch nicht. Aber bevor du versuchst mir den Hals umzudrehen: Er kommt mit zu dir."
Jetzt bin ich es, der die Augen weitet und Kisame perplex anschaut. „Was?", frage ich gleichzeitig mit Hidan und werfe diesem einen Blick zu.
„Du hast schon richtig gehört. Ich habe nirgends Platz, wo er schlafen könnte und du hast noch ein kleines Zimmer frei. Außerdem kannst du dich so bei ihm entschuldigen."
Immer noch ungläubig schaut Hidan ihn an. „Du hast das von Anfang an geplant, seit dieser Arzt gefragt hat?! Und nur weil du keinen Platz mehr für den hast, muss ich das jetzt ausbaden?! Und wofür sollte ich mich entschuldigen? Immerhin habe ich nichts getan."
„Du hättest ja mal mitdenken können. Denn ich wohne, wie du weißt, nicht alleine. Und du solltest dich dafür entschuldigen, dass du ihn verletzt hast."
Hidan runzelt die Stirn. „Verletzt? Womit?"
„Mit Worten?"
Schnaubend erwidert er: „Was soll daran denn bitte so schlimm gewesen sein?"
„Nicht jeder ist so abgehärtet wie du, Hidan. Manchmal können Worte einen Menschen mehr zerstören als äußere Wunden. Denn die Seele heilt langsamer und schwerer als der Körper."
Da ich mich langsam ziemlich unwohl fühle, melde ich mich zu Wort. „Ehm... Ich kann mir auch was anderes suchen. Es ist ja nicht so, als wäre ich auf einen von euch angewiesen."
„Ja" - „Nein", kommt von den beiden gleichzeitig. Kisame schaut Hidan weiter an. „Komm schon, Hidan. Es ist ja nicht so, als würde er für ewig bei dir bleiben."
Unzufrieden grummelt der andere. „Und was bekomme ich dafür? Immerhin will ich eine Entschädigung für diese zusätzliche Belastung haben."
„Vielleicht ein paar neue Freunde und einen netten Mitbewohner?"
„Nein danke", knurrt er. „Darauf kann ich sehr gut verzichten! Und nett ist ein anderes Wort für scheiße."
„Hidan", seufzt Kisame. „Komm schon", versucht er es weiter.
„Nur, wenn du dann aufhörst mir auf den Sack zu gehen!"
Kisame nickt. „Natürlich. Ich will nur, dass du ihn bei dir wohnen und nicht verhungern lässt."
„Das sollte ich grade noch so hinbekommen", antwortet er missmutig.
„Danke." Nun wendet Kisame sich wieder an mich. „Du bleibst jetzt einfach so lange bei ihm, bis die Polizei etwas zu deiner Familie herausgefunden hat oder du dich an etwas erinnern solltest, was in der momentanen Situation weiterhilft."
Langsam nicke ich und gucke zu Hidan, der scheinbar versucht die Luft mit seinen Blicken zu töten. Er wirft mir einen genauso mörderischen Blick zu und ich schaue schnell weg. Mit dem Kerl soll ich von fortan unter einem Dach leben? Das kann ja heiter werden. Ich hoffe einfach, dass es schnell Informationen gibt, damit ich wieder von ihm weg komme.
„Wir müssen raus", merkt Kisame nach einer Weile an und steigt aus, als die Bahn zum Stehen gekommen ist.
Schweigend folge ich ihm und sehe mich um, als wir die Treppe wieder hoch gehen. Es stehen viele Hochhäuser in dieser Gegend. Doch bevor ich mich weiter umsehen kann, schlägt Hidan eine neue Richtung ein und ich eile ihm hinterher.
Einige Minuten später fragt er: „Warum läufst du mir nach?"
Ich denke erst, dass er mich meint, doch dann antwortet Kisame ihm. „Ich pass nur auf, dass du ihn auch wirklich mit nach Hause nimmst und nicht irgendwo absetzt, wo er keine Ahnung hat, wo er gerade ist."
Ich weiß auch so nicht, wo ich grade bin.
Abfällig schnaubt Hidan. „Danke aber auch für dein Vertrauen."
„Dir traue ich das alles zu. Aber sobald ihr da seid mache ich mich selbst auf den Weg."
Dann herrscht wieder Schweigen und wir gehen weiter. Über große Straßen, durch einen Einkaufscenter und kleine Gassen. Schließlich bleibt Hidan vor einer Tür stehen und kramt in seiner Tasche nach einem Schlüssel.
Ich hebe den Kopf und gucke mir das Haus an. Es sieht eigentlich ganz normal aus, wie Wohnhäuser in solchen Städten nun mal aussehen. Neben der Eingangstür sind sechs Briefkästen und ebenfalls sechs Klingelschilder. Ich lese mir die Nachnamen durch. Welcher davon gehört wohl zu ihm? Nach einigem Überlegen komme ich zu dem Schluss, dass keiner der Namen, die dort geschrieben sind, zu dem Hidan passt, den ich bisher kenne.
Er schließt die Tür auf und geht eine schmale Treppe hoch. Noch eine. Und noch eine. Dritte Etage. Auch hier sieht alles ganz gewohnt aus. Erneut schiebt er den Schlüssel in das Schlüsselloch und dreht ihn herum. Ich werfe einen Blick auf die Klingel neben der Tür, doch dort klebt kein Namensschild. Leise seufze ich. Scheint so, als würde ich seinen Nachnamen vorerst nicht herausfinden.
Er betritt die Wohnung und dreht sich zu mir und Kisame, der uns die ganze Zeit gefolgt ist, um. „Zufrieden?", fragt er, noch immer mies gelaunt.
„Fast", antwortet dieser.
Genervt stöhnt Hidan. „Was denn noch?"
„Gib ihm ein paar Klamotten von dir", fordert Kisame.
„Was? Warum sollte ich? Der kann sich morgen doch selbst welche kaufen gehen!"
„Weil er nur die hat, die er gerade trägt. Also gib ihn ein paar alte Sachen. Muss ja nicht dein Lieblingspulli von Diesel sein. Und morgen ist Sonntag."
„Den wird er auch ganz sicher nicht bekommen! Dann soll er halt übermorgen einkaufen gehen."
„Mit welchem Geld denn? Immerhin ist er kein Goldesel. Auch wenn du das gerne hättest. Aber lass ihn bitte nicht in T- Shirt rumlaufen und gib ihm auch eine Jacke. Es wird kalt."
„Jaja", sagt Hidan genervt. „Hast du's jetzt mal?"
„Ich denke schon." Nun schaut er mich an. „Sollte es irgendwelche Probleme geben: in der untersten Küchenschublade liegt eine Pistole."
Entsetzt gucke ich von ihm zu Hidan und wieder zurück. Das meint der jetzt doch nicht ernst, oder?
Als Kisame meinen Gesichtsausdruck sieht muss er lachen. „Beruhige dich, das war nur ein Scherz. Was ich eigentlich sagen wollte ist, wenn es Probleme gibt, ruf mich einfach an. Sein Handy liegt meistens irgendwo rum und ist auch mit keinem Pin gesichert. Bin glaub ich unter ‚Fischfresse' gespeichert."
Mal wieder nicke ich langsam. Doch obwohl er gesagt hat, dass es nur ein Scherz war, beruhigt mich das überhaupt nicht. Bei Gelegenheit werde ich erst einmal nachschauen, ob dort tatsächlich eine Waffe ist. Hidan würde ich es zutrauen, dass er eine besitzt..
Kisame verabschiedet sich noch und geht dann die Treppe wieder runter.
„Kommst du jetzt auch rein oder willst du willst da draußen Wurzeln schlagen? Nicht, dass ich da etwas gegen hätte", fragt Hidan, der aus dem Tür getreten ist und die Hand an der Klinke liegen hat, genervt.
Kurz sehe ich ihn an und betrete dann die Wohnung. Er schließt hinter mir die Tür und kickt seine Schuhe in eine Ecke. Ich ziehe meine eigenen ebenfalls aus und stelle sie ordentlich an die Wand. An dieser hängen ein Kleiderhaken und ein Schlüsselbrett. Doch an dem Schlüsselbrett befindet sich kein einziger Schlüssel.
„Komm mit", fordert Hidan mich auf ihm zu folgen und geht durch den schmalen Flur. „Links Küche, rechts Wohnzimmer, geradeaus Badezimmer", erklärt er kurz und geht weiter.
Ich habe gar keine Zeit mir die einzelnen Räume anzugucken, da er zügig weiter läuft, doch das mache ich einfach gleich. Vor dem Badezimmer bleibt er stehen und dreht sich nach rechts. „Schlafzimmer. Mein Schlafzimmer. Und da drin hast du nichts zu suchen. Kapiert?", bestimmt er und zeigt auf die Tür.
Als Antwort nicke ich nur und er geht rein. Warum sollte ich auch in sein Schlafzimmer gehen? Denkt der etwa ich komme nachts Kuscheln? Ganz bestimmt nicht!
Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, vielleicht überall Klamotten, sodass man den Boden nicht mehr sieht, aber sicher nicht das. Die Wände sind dunkelgrau gestrichen und das Zimmer ist aufgeräumt. Nirgends liegt irgendetwas herum, was dort nicht hinzugehören scheint. An der rechten Wand steht ein großes Bett, an der Linken ein, ebenfalls großer, Kleiderschrank und vor dem Fenster hängen dicke schwarze Gardienen, die aufgezogen sind und Sonnenlicht durch das Fenster ins Zimmer scheinen lassen. Auf dem Nachttisch neben dem Bett ist eine Lampe und mit etwas Abstand zu diesem auf der anderen Seite eine kleine Kommode mit einigen Schubladen.
Ich bleibe in der Tür stehen und beobachte ihn dabei, wie er die Türen seines Kleiderschranks aufschiebt. Als ich ihm nicht folge schaut er zu mir und stöhnt genervt. „Ein Mal darfst du jetzt auch hier rein! Oder denkst du die Sachen schweben zu dir?"
Langsam betrete ich den Raum und bleibe neben ihm stehen. Während er weiter nach etwas sucht, begutachte ich ihn in einem der Spiegel, die an den Schiebetüren befestigt sind. Eigentlich sieht er ziemlich gut aus, das muss ich wohl oder übel zugeben. Er hat schöne Gesichtszüge, nicht zu weich, aber auch nicht zu hart und kantig. Seine Nase ist schmal, die Ohren sind nicht zu groß und seine Lippen laden zum Küssen ein. Alles in allem wäre er schon mein Typ, wenn er nicht diesen scheiß Charakter hätte. Moment, habe ich grade wirklich gedacht, dass seine Lippen zum Küssen einladen? Oh nein, Hashirama, das kannst du ganz schnell wieder vergessen! Dazu soll und wird es auch niemals kommen! Aber küssen kann er bestimmt trotzdem gut... Hastig schüttle ich den Kopf, was mir einen abschätzigen Blick seinerseits einbringt. Dann schüttelt er selbst den Kopf.
„Führst du grade einen inneren Dialog, in dem es darum geht wie gut ich aussehe oder war da eine Fliege?", fragt er und wow- er hat mich von sich aus angesprochen und klang nicht einmal genervt! Muss ich mir diese Uhrzeit jetzt in den Kalender eintragen?
„Ja klar, ganz bestimmt", gebe ich sarkastisch zurück. Aber scheiße man! Woher weiß der das? Kann der Kerl irgendwie Gedanken lesen oder so? Und sich selbst als gutaussehend bezeichnen? Eingebildeter Arsch!
„Und dann habe ich natürlich noch gedacht, dass ich dich gerne küssen würde!" Meine Stimme trieft nur so vor Ironie. Zum Glück weiß er nicht, dass das sogar die Wahrheit ist. Im nächsten Augenblick schaue ich direkt in seine blauen Augen. Seine Lippen sind meinen gefährlich nahe und ich spüre seinen warmen Atem auf meiner Haut, als er redet.
„Willst du denn?", fragt er mit tiefer Stimme.
Ich muss mich beherrschen nicht auf seine Lippen zu schauen, sondern weiter in seine Augen und bringe ein festes „Nein" hervor, obwohl sich mein ganzer Körper sich so anfühlt, als wäre er aus Pudding.
„Gut. Ich nämlich auch nicht", gibt er zurück an widmet sich wieder dem Schrank.
Erleichtert atme ich aus. Ich weiß nicht, was ich getan hätte wenn er mich jetzt wirklich geküsst hätte. Vermutlich wäre ich erst zu einer Salzsäule erstarrt und danach mehr oder weniger ausgeflippt. „Und es heißt Monolog", füge ich noch hinzu.
„Was?", fragt er und sieht mich verständnislos an.
„Deinen inneren Dialog nennt man einen Monolog. Wir führen grade einen Dialog, denn ‚di' steht für zwei. Also gehören auch immer zwei dazu. Was denkst du denn, warum es Kohlenstoffdioxid heißt? Weil zu einem Kohlenstoffatom zwei Sauerstoffatome gehören."
„Als ob die mir hier jetzt einen beschissenen Klugscheißer angedreht haben!", motzt er genervt. „Wenn du so weiter machst, dann sitzt du ganz schnell wieder vor der Tür!" Hidan zieht einen Pullover aus dem Schrank und hält ihn neben mich. „Das ist schon der Kleinste, den ich habe, und der ist dir immer noch zu groß", nörgelt er sofort wieder los. „Warum bist du auch so ein Gartenzwerg?"
„Ich bin nicht klein! Und erst recht kein Gartenzwerg!", gebe ich protestierend zurück.
„Du bist 'nen Kopf kleiner als ich, also giltst du als klein. Fast so groß wie ein Liliputaner", sagt er und grinst gehässig.
„Liliputaner ist eine Beleidigung Kleinwüchsigen gegenüber. Und als kleinwüchsig gilt man erst, wenn man kleiner als eins fünfzig ist. Und das bin ich mit Sicherheit nicht!"
Noch während ich rede verengen sich seine Augen. „Was habe ich zu deinem Besserwisser-Scheiß gesagt?!", fragt er und ist eindeutig wütend. „Du bist klein und damit basta!" Er wirft mir den Pullover auf den Kopf. „Dafür sollte ich dir jetzt eigentlich gar keine Klamotten geben!"
Scheinbar ist sein Geduldsfaden ziemlich kurz, so schnell wie er gereizt ist, was keine sonderlich gute Eigenschaft ist. Davon abgesehen ich sollte ihn gezielt auf die Palme bringen wollen. Aber wenn ich auf das was Kisame gesagt hat vertraue, dann würde er mich wahrscheinlich wirklich rauswerfen. Nur unter einer Brücke ist es auf Dauer bestimmt angenehmer als hier. Ich atme ein und sofort strömt mir der Geruch von Hidans Waschmittel in die Nase. Es riecht wirklich gut.
„Was benutzt du für ein Waschmittel?", frage ich schließlich und ziehe den Pullover von meinem Kopf. In diesem Augenblick schiebt er eine der Türen zur Seite und ich erhasche einen Blick auf lauter schwarze Lederstücke.
Warum hat er davon so viele? Das sah aus, als wäre es jedes Mal die gleiche Hose gewesen. Aber an ihm sieht das bestimmt gut aus. Ich versuche einen Blick auf seinen Hintern zu werfen, doch würde ich jetzt einen Schritt zurückgehen, wäre es zu auffällig geworden. Also verschiebe ich das auf eine mir noch unbekannte Zukunft.
„Keine Ahnung. Irgendeins halt. Ich achte da nicht wirklich drauf", antwortet er und sucht weiter.
„Solltest du aber besser machen. Denn in manchen sind gesundheitsschädliche Stoffe und-" Noch bevor ich meinen Satz beenden kann, unterbricht er mich.
„Denn in manchen sind gesundheitsschädliche Stoffe", äfft er mich nach und ich zucke ein Stück zurück. „Wen interessiert's?! Das kannst du vielleicht deinem Spiegelbild erzählen, das findet das bestimmt interessant! Aber mich interessiert das einen Scheißdreck! Es gibt Schlimmeres, als irgendein Waschmittel, das schlecht für die Gesundheit ist, wie irgendwelche Drogen zum Beispiel! Aber jetzt habe ich zum Glück ja dich und du kannst dann alles besser machen, was ich bisher falsch gemacht habe!" Er drückt mir noch ein paar andere Kleidungsstücke auf den Arm und nimmt selbst eine Wolldecke, ein Kissen und ein Bettlaken aus dem Schrank und schiebt mich dann aus dem Zimmer und in das, welches seinem direkt gegenüber ist.
Es ist ein recht kleiner Raum, in dem nicht sonderlich viel steht. Direkt rechts neben der Tür ist eine Couch, die nicht mehr die Neueste zu sein scheint, und gegenüber steht ein Regal mit mehreren Aktenordnern. Der Boden ist wie in Hidans Zimmer und im Flur aus Parkett und neben dem Regal ist ein kleines Fenster, vor dem beige Gardinen hängen. An der ganz rechten Wand steht noch ein Schreibtisch mit einem Stuhl davor, auf dem ein Laptop liegt. Sonst ist der Raum leer.
„Das Sofa kannst du aufklappen und von den anderen Sachen lässt du gefälligst die Finger! Denn meine Finanzen gehen dich nichts an. Wenn was sein sollte hast du Pech gehabt. Frag mich nicht sonder finde selbst eine Lösung für deine Probleme. Aber nicht in meinem Kram! Und jetzt lass mich in Ruhe." Kurzerhand wirft er die Sachen, die er selbst in der Hand hält, auf die Couch und zieht dann knallend die Tür hinter sich zu.
„Arschloch", murmle ich noch. Hoffentlich findet die Polizei wirklich schnell heraus, was das alles auf sich hat. Ob die jetzt einen Einbrecher mehr oder weniger schnappen macht doch auch keinen Unterschied. Denn lange werde ich es mit dem Kerl sicher nicht aushalten.
Ich lege das Bettzeug mit den anderen Sachen auf den Boden. Dann mache ich mich daran das Sofa aufzuklappen und auszuziehen. Nach einigem Hin und Her gelingt es mir schließlich und ich spanne das Laken darüber. Was denkst sich der Kerl eigentlich dabei so mit anderen Menschen umzugehen? Ich kann jetzt auf jeden Fall verstehen, warum er keine Freunde hat. Mit dem ist nämlich keiner freiwillig befreundet! Außer Kisame, aber den scheint Hidans komische Art nicht so sehr zu stören. Erschöpft lasse ich mich auf mein neues Bett fallen. Mit den Fingern fahre ich über die Decke. Sie ist weich und relativ dünn, doch das sollte reichen.
Ich setze mich wieder auf und schaue mir die Kleidung an, die Hidan mir gegeben hat. Ein einfacher grauer Pullover und eine Jeans. Wirklich erwartet, dass er mir auch Unterwäsche geben würde habe ich nicht. Aber das kann ich verstehen, denn das würde ich auch nicht machen wollen. Ich nehme den Pullover und drücke ihn mir gegen das Gesicht. Zufrieden schließe ich die Augen, als mir wieder dieser angenehme Geruch in die Nase steigt.
Dann wollen wir mal. Langsam stehe ich auf und gehe aus meinem Zimmer. Hinter mir schließe ich die Tür und lausche. Es ist ruhig. Er könnte überall sein. Na super. Hoffentlich laufe ich jetzt nicht in ihn und störe ihn dann. Mein Blick wandert nach links, wo das Badezimmer ist. Eine Hand lege ich an die Türklinge, zögere dann aber. Was, wenn er jetzt da drin ist? Ein leises Klopfen an der Tür und keine Antwort. Ich drücke die Klinke runter und suche nach dem Lichtschalter. Als das Licht flackernd angeht bin ich erstaunt. Es ist größer als ich erwartet habe. Rechts sind zwei Wachbecken an der Wand montiert und darüber hängt ein großer Spiegel. An der linken Wand steht ein Schrank, in dem, wie ich vermute, Handtücher und andere Sachen sind. Etwas tiefer in dem Raum steht eine Regenwalddusche, mit milchigem Glas. Sogar eine Badewanne hat er. Diese steht der Dusche gegenüber auf der rechten Seite an einer Trennwand. Und hinter dieser Wand befindet sich eine Toilette. Das Badezimmer hat kein Fenster, aber die Lampen an der Decke und über dem Spiegel erhellen den Raum genug.
Ich schalte das Licht wieder aus und schließe die Tür hinter mir. Am anderen Ende des Flurs schaue ich genau auf die Wohnungstür. Was hat er gesagt. Links Küche und rechts Wohnzimmer? Dann ist es jetzt genau andersherum. Der Flur ist schlicht gehalten. Nirgends hängen Bilder oder Urkunden. Aber in was sollte er auch eine Urkunde bekommen? Vielleicht im Arschloch sein, da schlägt er mit Sicherheit jeden.
Wie mir vorhin schon aufgefallen ist, gibt es zur Küche und zum Wohnzimmer keine Türen. Vorsichtig stecke ich den Kopf ins Wohnzimmer, sehe Hidan aber nicht und atme erleichtert aus.
Das Wohnzimmer ist recht spartanisch eingerichtet. Es gibt ein U-förmiges Sofa, ein Couchtisch, einen Fernseher und eine Musikanlage. Außerdem führt eine Glastür auf einem Balkon, den ich erst einmal betrete. Die Aussicht ist nicht gerade besonders, aber besser als gar nichts. In einer Ecke im Hinterhof sind Mülltonnen und auf einigen markierten Parkplätzen stehen Autos. Links von mir ist noch eine Feuertreppe, die sowohl nach oben als auch unten führt. Dann fällt mir etwas Graues ins Auge, das auf dem Balkongeländer steht. Ein Aschenbecher, in dem einige Zigarettenstummel sind. Er raucht also. Kann er machen. Ist seine Gesundheit, die er damit zerstört, und nicht meine. Soll er machen, was er will. Geht mich ja nichts an.
Ein Mal atme ich noch tief ein und gehe dann zurück in die Wohnung und in die Küche. Auch hier sind die Wände wie in allen anderen Räumen, außer in Hidans Zimmer und im Bad, weiß. Scheint so, als würde er die meiste Zeit in seinem Schlafzimmer verbringen oder es ist einfach der für ihn wichtigste Raum.
Die Küche ist wie das Badezimmer gefliest. Auch hier gibt es nichts Besonderes. Einige Schränke, einen Herd und Backofen, eine Mikrowelle. Im Raum steht noch ein Tisch mit vier Stühlen.
In der untersten Küchenschublade liegt eine Pistole. Das waren Kisames Worte. Es ist vielleicht idiotisch, dass ich mir darüber immer noch Gedanken mache, aber ich brauche einfach die Bestätigung, dass er wirklich die Wahrheit gesagt hat. Also gehe ich zu der Schublade, von der Kisame sehr wahrscheinlich geredet hat, und öffne sie. Erleichtert atme ich aus, als ich dort nur ein paar Töpfe und Pfannen finde. Trotzdem schaue ich sicherheitshalber auch noch einmal in die anderen unteren Schubladen.
„Suchst du das Baby hier?", ertönt Hidans Stimme plötzlich hinter mir, woraufhin ich zusammenzucke und mich verspanne.
Hat er nur darauf gewartet, dass ich hier rein gehe? Langsam drehe ich mich um und gucke auf den Lauf einer Waffe, die geradewegs auf mich gerichtet ist.
Diabolisch grinst Hidan mich an. „Scheint so, als hättest du Kisame nicht getraut. Und das zu Recht", sagt er und setzt sich auf den Tisch, lässt die Waffe aber weiter auf mich gerichtet. „Du weißt, dass ich jederzeit abdrücken kann, wenn du Scheiße baust."
Mit großen Augen schaue ich zwischen ihm und der Waffe hin und her. Die Finger kralle ich in die Arbeitsplatte der Küche, während ich mich dagegen drücke. „Was willst du von mir?", frage ich, bemüht meine Stimme so normal wie möglich klingen zu lassen. Doch wirklich funktionieren tut das nicht. Doch er hört das Zittern darin, wodurch sein Grinsen noch breiter wir.
„Kannst du dir das nicht denken?"
Alles, woran ich grade denken kann, ist Angst. Ich habe Angst. Muss ich jetzt etwa hier und jetzt sterben? Ich starre ihn nur weiter an und schüttle den Kopf.
„Ich will, dass du wieder gehst. Lauf weg, Hashirama. Lauf. Lauf weit weg und komm' nie mehr zurück."
In meinem Kopf kommt alles plötzlich zum Stillstand. Das hat er nicht getan! Das hat er grade nicht wirklich getan! Hat er ernsthaft Scar aus der König der Löwen zitiert? Warum tut man das in solch einer Situation? Ich würde niemals auf die Idee kommen das zu machen. Aber das liegt wohl daran, dass ich hier das Opfer bin. Ich weiß nicht, was grade alles in meinem Gesicht geschrieben steht, aber es ist auf jeden Fall genug.
Dann fängt Hidan an zu lachen. Einfach so. Als hätte ihm jemand einen richtig guten Witz erzählt. Hätte ich grade nicht so eine Angst, würde ich vielleicht sogar mit lachen. Er legt die Waffe auf den Tisch und lacht weiter. Und ich kann ihm einfach nur verständnislos dabei zuschauen. „Du müsstest wirklich mal deinen Gesichtsausdruck sehen. Einfach unbezahlbar!", sagt er, noch immer lachend. „Hast du wirklich gedacht ich hätte eine richtige Knarre? Schön wär's, aber- Oh Gott, das ist so geil!" Und schon lacht er weiter und kriegt sich nicht mehr ein.
Erleichterung macht sich in mir breit, wird dann aber von Wut verdrängt. „Du hast mich also verarscht?", fragt ich und knirsche zornig mit den Zähnen. Sein anhaltendes Lachen ist mir Bestätigung genug. Ich bringe ihn um! „Das ist nicht lustig!", schreie ich schon fast und suche irgendetwas, das ich nach ihm werfen kann. Ein Messer vielleicht? Nein, damit schneide ich ihm liebe die Finger ab!
Er wischt sich die Tränen aus den Augenwinkeln und nickt. „Doch ist es. Das ist einfach zu komisch!"
Und im nächsten Augenblick werfe ich ihm die Küchenrolle an den Kopf, doch das scheint ihn nicht zu interessieren. „Arschloch! Ich hatte wirklich Angst um mein Leben!", beschimpfe ich ihn weiter und der Küchenrolle folgt eine Kartoffel.
„Dashabe ich gesehen und man! Warum habe ich kein Foto gemacht?" Er lacht weiter.Wütend schnaube ich, stapfe aus der Küche und knalle die Tür zu meinem Zimmerhinter mir zu. Ich hasse diesen Mistkerl!
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