Levi (ca. 4 Jahre) küsst ein Mädchen in seinen Alter auf die Wange.
Ich blätterte weiter, ein weiteres Bild von Levis Einschulung. Er umarmte auf den Bild das selbe Mädchen wie auf dem vorherigen. Beide trugen mit Stolz ihre Tornister auf dem Rücken und grinsten in die Kamera.
Ein paar Seiten weiter hielt er Händchen mit demselben Kind, beide vielleicht acht Jahre alt. Beim durchblättern entdeckte ich mehr Bilder von den beiden. Und dann sah ich ein Bild, das vielleicht nicht mal zwei Jahre alt war. Er im Anzug, einen leicht gereizten Blick und dieses Mädchen in einem roten Cocktailkleid, die Haare hochgesteckt und lächelnd. Levi hatte seine Arme um ihre Taille gelegt, sie hält sich an seinen Schultern fest. Aus irgendeinen Grund widerte mich dieser Anblick an, auch wenn ich nicht genau wusste wieso. Ich klappte das Fotoalbum zu, öffnete die Tür und ging raus. „Jetzt zufrieden?“, fragte mein Nachhilfelehrer gereizt und nahm das Album an sich. Ich ging nicht darauf ein, sondern fragte ihn direkt nach dem Mädchen. „Das geht dich nichts an. Und jetzt komm!“ Wir gingen wieder ins Wohnzimmer, wo Levi seinen Onkel im vorbeigehen mit dem Fotoalbum abwarf und ihn den Mittelfinger zeigte, bevor er in seinem Zimmer verschwand. „Haben dir die Bilder gefallen?“, fragte Kenny, woraufhin ich grinsend nickte. Mal abgesehen von den Bildern mit dem Mädchen waren die Bilder mega süß. „Eren, jetzt komm!“, hörte ich Levi rufen und ging in sein Zimmer. Wir lernten weiter und ich hatte das Gefühl, als ob die Zahlen sich in meinen Kopf drehen würden. Wieso ist Mathe nur so kompliziert?
Zwischendurch driftete ich mit den Gedanken ab und mir kamen wieder diese Bilder in den Sinn. Wer zur Hölle ist dieses Mädchen und warum fand ich diese Fotos so abstoßend?! „Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte Levi da plötzlich. Ich antwortete nicht, während mein Gegenüber genervt aufstöhnte. „Ich glaube das beste wäre, wenn wir für heute Schluss machen.“ Da konnte ich Levi nur zustimmen. Wir packten die Mathe Sachen weg und saßen noch eine Weile so auf seinen Bett, als er die Stimme wieder erhob. „Petra.“ Mehr sagte er nicht. Er legte den Kopf leicht in den Nacken und starrte an die Decke, so als ob er sich an was erinnern würde. „Was?“, hakte ich nach. Seine Unterlippe zitterte und er blinzelte ein paar mal, so als ob er krampfhaft versuchen würde nicht zu weinen. Was war denn jetzt los? „Das Mädchen auf dem Bild, Petra. Sie ist… war meine meine Sandkastenfreundin und Ex. Ich war zwei Jahre mit ihr zusammen, doch nach einiger Zeit habe ich aufgehört etwas für sie zu empfinden. Sie kam eines Tages zu mir und saß da wo du jetzt sitzt“, er unterbrach kurz und fixierte die Stelle seines Bettes auf der ich saß, bevor er fortfuhr. „Ich sagte ihr, dass ich nicht mehr in sie verliebt wäre, passend zur Stimmung tobte draußen ein Sturm und mir wurde klar, dass ich mit dem Schluss machen hätte warten sollen, bis der Sturm sich gelegt hat, denn natürlich wollte Petra dann gehen. Ich sagte ihr noch, dass sie bei diesen Wetter nicht gehen könne, doch sie rannte die Treppe runter zur Haustür und meinte, dass sie keine Sekunde länger bleiben könnte. »Ich werde dich immer lieben. Egal was passiert«, hatte sie gesagt und dann ist sie raus gerannt. Ich war am überlegen, ob ich ihr nachgehen solle, aber ich bin geblieben.“ Levi machte eine Pause, seine Hände krallten sich in die Bettdecke fest und seine Augen starrten ins Leere. „Du musst nicht weiter erzählen, wenn du nicht willst“, meinte ich, doch Levi winkte ab. „Am nächsten Tag kam die Nachricht, dass sie tot wäre. Sie wurde von einen im Sturm umfallenden Baum erschlagen und ist auf der Stelle gestorbe. Verstehst du, Eren? Sie ist tot und es ist meine Schuld.“ Es liefen immer noch keine Tränen, aber er zitterte. Ich war überfordert mit der Situation und da ich nicht wusste was ich sagen sollte, nahm ich ihn einfach in den Arm.