Vorbereitungen
POV Jenny
"Chris kann übrigens nicht kommen." rief ich Julia zu, als es mir wieder eingefallen war. "Er ist gestern zu einem Vorsprechen in Philadelphia gefahren und kommt erst heut irgendwann zurück. Er meinte gegen 12, aber es kann auch später werden."
Ich hatte vor lauter Evans Pratt komplett ausgeblendet. Die Nacht mit ihm war eine der entspanntesten gewesen, die ich seit langem hatte. Sonst sahen meine Nächte schlaflos aus, die Schlafstörungen raubten mir jeden Nerv. Ich hatte schon lange keine Panikattacken mehr, aber mein denken ließ mich nicht mehr schlafen. Doch als ich in seinen Armen gelegen war, war alles anders. Dass Pratt sich aber von mir getrennt hatte, verheimlichte ich ihr, ich wollte nicht schon wieder Streit auslösen, auch, wenn es nicht meine Schuld war, deswegen erfand ich eine kleine Notlüge.
"Ich hab mich auch schon gefragt, wo er ist. Nicht cool, sowas an deinem Geburtstag zu machen." rief sie mir von der anderen Seite der Halle zu. Ich stellte gerade eine kleine Ziervase mit einem Lavendelstrauß darin auf den Tisch, bevor ich die vergoldeten Herzen daneben und drum herum verteilte. Evans war nie weit von mir, doch er hielt seinen Abstand. Julia war ihm definitiv nicht mehr geheuer. Mir auch nicht, aber das ließ ich mir nicht anmerken - schließlich war sie doch meine beste Freundin, oder? Sie konnte doch nur das Beste für mich wollen.
Schnell ging ich zu einem Wagen und holte die passende Anzahl an Teller und Besteck und verteilte die auf dem Tisch, bevor ich den Tischplan anschaute und die in goldenen Umschlägen kuvertierten Menükarten auf den Tellern verteilte, auf denen die Namen der Gäste standen. Ich hatte die Idee wunderschön gefunden und Julia hatte mich auch meine Ideen einbringen lassen. Chris hängte derweil Lichterketten an den Seitenwänden auf, die komplett aus Glas bestanden. Auch draußen würde zugänglich sein für Raucher wie ihn und mich und Seb war dabei, die Stehtische mit Aschenbechern zu versehen und auch diese zu dekorieren. Ich liebte den Lavendelton, er erinnerte mich an meine alte Haarfarbe, die Julia hier würdigte. Seit einiger Zeit trug ich aber nun platinblonde Haare, die ich mir für eine Rolle gefärbt hatte. Die Direktoren wollten vollen Einsatz sehen, den ich freiwillig gab.
Trotz, dass wir erst Ende Februar hatten, war es für New York mit 15°C tagsüber doch sehr warm. Und für morgen hatten sie auch Sonne angekündigt, was die Temperaturen auch nochmal die Höhe treiben sollten. So war es auch deutlich angenehmer, rauszugehen, vor allem mit einem kurzen Kleid, welches mit nichts kam außer dünnen Trägern.
"Jenny, könntest du schnell die Wein- und Bierkisten in den Kühlraum tragen? Die sind in dem Sprinter, der vor der Tür steht."
Meine beste Freundin schaute mich fordernd an und ich nickte. Ich war froh um die frische Luft, die ich genießen durfte und die Stille, die sich dort mir eröffnen würde.
"Klar, mach ich." antwortete ich lächelnd und machte mich, tief in meinen Pullover gekuschelt, auf den Weg zur Eingangstür. Seb trat durch die Tür und sah mich kurz fragend ansah, bevor er verstand, was seine Verlobte vorhatte.
"Chris, geh du doch bitte mit. Da sind einige wirklich schwere Sachen dabei, mit denen ich sogar meine Probleme hatte. Nimm's mir nicht übel, Jenny, aber du bist da leider ein wenig zu schwach dafür."
Ich sah, wie meine beste Freundin die Augen verdrehte und den Kopf schüttelte, als ich die Halle mit Chris im Schlepptau verließ und zum Auto lief. Sie wollte alles dafür tun, dass Chris und ich so wenig wie möglich Zeit alleine verbrachten, aber Seb hatte recht: seit dem Dreh war ich lang nicht mehr trainiert genug, um solche Kisten allein zu tragen. Und da er bei seiner Verlobten bleiben wollte um auch sicherzugehen, dass sie sich schwanger nicht überhob oder sonstigen Quatsch anstellte, machte es Sinn, dass er mir Chris mitschickte. Draußen zog mich Chris in seine Arme und küsste mich. Ich war froh, dass er bei mir war, es bedeutete mir die Welt.
"Meine Geburtstagsfrau sieht heute wieder wunderschön aus. Habe ich ihr das heute schon mal gesagt?"
Ich nickte und grinste breit. Er hatte es nicht nur einmal gesagt, sondern wirklich oft, aber ich genoss jedes einzelne Mal. Viel zu lange war es her, dass ich Komplimente bekommen hatte und erst recht war es viel zu lange her, dass ich mich so unglaublich geliebt gefühlt hatte. Pratt hatte mien Psyche zerstört, wie es kein anderer konnte. Ich wusste, dass ich mich nicht auf ihn einlassen hätte sollen, aber die Angst, ihn zu verlieren, war so groß gewesen, dabei wäre ich ohne ihn wirklich gut klargekommen. Zumindest nicht schlechter, als ich es jetzt tat.
"Klar, nur ungefähr 100 Mal, aber gegen das 101ste hab ich natürlich auch nichts einzuwenden." Lachend drehte ich mich in seinen Armen und griff nach der Tür des Sprinters, denn Julias Verhalten machte mir immer noch ein wenig Angst und ich wollte sie des Kindes wegen nicht weiter aufregen, selbst, wenn es meine fünf Minuten Glück kosten würde. "Na komm, laden wir das Zeug aus, Jules wird uns töten, wenn wir nicht bald zurück kommen und du weißt, dass Stress nicht gut fürs Baby ist."
Er schüttelte den Kopf, denn er verstand meine Rücksicht auf Julia einfach nicht, half mir jedoch, eine der Kisten zu nehmen, die er auch locker alleine hätte tragen können, aber ich wusste, dass er das tat, um mehr Zeit mit mir alleine zu haben. Zwar konnten wir jetzt jede freie Minute miteinander genießen, aber die Angst, den anderen zu verlieren, saß trotz allem noch tief in den Knochen. Ich würde sein Lachen nicht noch ein zweites Mal verlieren können, nicht sein ganzes Dasein, das würde mich umbringen. Es war falsch, aber ich konnte nicht anders. Es war einfach Fakt.
"Dann soll sie nicht hochschwanger heiraten. Das ist auch stressig."
Ich gab ihm ja recht in dem Punkt, andererseits war es auch ein Wunder, dass sie überhaupt schwanger geworden war. Bei ihrer Vorgeschichte... Trotz allem hätte sie bis nach der Geburt warten können, es wären nur einige wenige Wochen gewesen. Natürlich war es immer ihr Traum gewesen, hochschwanger zu heiraten, aber auf keinen Fall hätte sie es riskieren müssen. Zwar war ihre Schwangerschaft nicht als Risikoschwangerschaft klassiert, aber weit weg davon war sie nicht.
"Ich weiß doch. Deswegen kriege ich erst Kinder, wenn ich schon verheiratet bin."
Chris wusste schon, dass mein Wunsch war, erst nach der Hochzeit Kinder zu bekommen und auch wenn er schnell Kinder bekommen wollte - es kaum erwarten konnte - respektierte er meinen Wunsch. Wir stellten die Kiste vor dem Kühlraum ab, der sich durch einen silbernen Hebel öffnen lies und ungefähr 20qm stau- und Kühlfläche hinter der isolierenden, schweren Tür verbarg. Dort standen schon allerlei Dinge für die Hochzeit wie verschiedene non-alkoholische Getränke, aber auch mit dem Hartalkohol hatten die beiden nicht gespart. Das würde eine interessante Nacht werden, das wusste ich jetzt schon. Vor allem wusste ich auch, dass es etwas länger gehen würde als 3 Uhr. Und bewahre mich davor, früher zu gehen, das würde sie mir nie verzeihen, denn es war ja ihr Abend, alles würde sich um sie drehen. Genau das, was ihr gefiel. Gut, dass meine Schlafstörungen ein ständiger Begleiter waren, so sollte das Ganze für mich überhaupt kein Problem werden. Alles, um den besten Tag der besten Freundin noch perfekter zu machen, nicht wahr?
Wir stellten die Kiste ab und liefen wieder zum Auto, um die Nächste zu besorgen. Es waren viele Weinflaschen dabei von Wein, den ich nicht kannte und auch nicht kennen wollte. Dafür interessierte ich mich nicht genug für Wein und ehrlich gesagt trank ich lieber Hartalkohol, denn wenn er dich umhaute, dann wenigstens ehrlich und nicht schleichend wie die ganzen Weine und Sekte es taten. Dennoch würde ich mir einiges von dem Alkohol einverleiben am morgigen Tag, denn ich konnte es wirklich gut.
Wieder wurde mir bewusst, dass ich Julia sagen musste, dass ich mich von Pratt getrennt hatte, denn sonst würde ich meinen morgigen Tag neben Pratt sitzend verbringen müssen und allein der Gedanke jagte mir pure Panik durch meine Knochen. Ich war schon beängstigt genug, dass ich ihm morgen wieder begegnen musste, dass ich auch noch als seine Freunde agieren musste, machte das Ganze noch viel schlimmer.
Ungefähr eine halbe Stunde später waren wir fertig mit ausräumen und wir schlossen die Türen des Sprinters, als mein Handy klingelte. Pratt. Dass er sich überhaupt noch meldete, wunderte mich schon sehr.
„Was?" beantwortete ich den Anruf.
"Hi Jenny. Ich bin in Stau geraten, da war ein Unfall auf dem Highway 94 und alles geht echt stockend voran." tat er so, als wäre nie etwas zwischen uns passiert und perplex schüttelte ich den Kopf. Ich hörte ein Hupen im Hintergrund, dann, wie er fluchte. "Ich wäre echt gerne schon früher da, aber mein Navi sagt, dass es noch ungefähr 2 Stunden dauern wird. Vielleicht finde ich einen Umweg. Habe uns für heute Abend einen Platz in deinem Lieblingsrestaurant in der 57. reserviert. Ich wollte es dir echt nicht am Telefon sagen, aber ich fühle mich so schlecht, wenn ich es jetzt nicht tue. Happy Birthday, Schatz."
Chris hätte mir am liebsten das Handy aus der Hand gerissen und hatte sich, um sich zu zügeln, nach drin begeben.
"Warte mal kurz, verstehe ich das richtig? Gestern behandelst du mich wie das letzte Stück Dreck auf dem New Yorker Straßenboden und heute tust du wieder so, als wäre zwischen uns alles wieder in Ordnung? Das ist nicht wirklich dein Ernst, oder? Du kannst wirklich zum Teufel gehen, mein Lieber."
Ich hatte mich so in Rage geredet, dass es mir nun wirklich egal war, was er von mir dachte. Mit einem wütenden Schnauben legte ich auf und sah Julia mir entgegen kommen, die mich fragend anschaute. Ich schüttelte den Kopf und lächelte, doch sie ließ nicht locker, warum sollte sie auch?
„Ich habe mit Pratt Schluss gemacht. Ich würde dich bitten, keine Fragen dazu zu stellen, zumindest nicht..." Ich seufzte und rieb mit Daumen und Zeigefinger die Brücke meiner Nase. „...nicht, bevor die Hochzeit rum ist. Dann können wir in Ruhe über alles reden. Nur setz mich bitte nicht... neben ihn, okay?"
Meine beste Freundin nickte perplex, auch, wenn ich die Wut schon wieder in ihr brodeln sehen konnte. Es passte ihr nicht, dass zwischen mir und Pratt Schluss war, das wusste ich, aber es war mir herzlich egal. Ich hoffte einfach, dass sie einmal in ihrem Leben meinen Wünschen nachkam, denn immerhin sagte sie mir, dass ich ihre beste Freundin sei.
Wütend stapfte ich nach drin und gab Chris Bescheid, dass ich zu mir fahren würde, was von der Location aus nur wenige Minuten waren und küsste ihn, bevor ich endlich in mein Auto stieg und mich weinend durch den New Yorker Verkehr kämpfte.
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