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Rose
Die Tatsache, dass die Mädels nun alles wissen erleichtert und beruhigt mich enorm. Es tat so gut ihnen alles anzuvertrauen und dabei zu wissen, dass sie mir zuhören und mich nicht verurteilen.
Wir hatten alle gegen die Abmachung verstoßen, also hatte keiner das Recht sauer auf den anderen zu sein. Wir haben alle drei irgendwie Mist gebaut. Mich hat es zwar überrascht, dass Alice es von uns beiden gewusst hat aber kein Wort gesagt hatte. Sie hätte uns jederzeit damit konfrontieren können, aber sie ist erst damit rausgerückt, als sie selbst zusammengebrochen ist. Als ich Kat mit Alice am Boden in ihrem Zimmer vorfand, kamen eine Menge Erinnerungen in mir hoch. Aber ich wusste, dass sie mich brauchten. Also war ich stark genug um für Alice und Kat da zu sein. So wie sie für mich auch da sein würden. Es ist das schönste Gefühl jemanden zu haben, der für dich alles tun würde. Jemanden der mit dir deine Last trägt und dir versichert, dass das Leben wieder besser wird. Kat und Alice sind solche Menschen.
Wie dem auch sei, es ist alles raus und wir sind alle erleichtert darüber.
Ich seufze gequält und betrachte mich im Spiegel. Gequält deshalb, weil ich mir nicht sicher bin ob ich das richtige tue. Mein Körper steckt in einer engen schwarzen Jeans und einer blauen Bluse, die ich mir vor kurzem gekauft hatte und nicht zu spießig ist. Meine Haare sind glatt aber ich bin zufrieden wie sie heute fallen. Ich habe mich getraut etwas mehr Make-up aufzutragen, schließlich darf es auf einem Konzert etwas wilder sein.
Bevor ich mein Zimmer verlasse, schnappe ich mir meine Tasche und meine Jacke und gehe ins Wohnzimmer. Kat und Luke lungern auf der Couch herum, ihre Füße verschränkt und im Fernseher läuft irgendeine Reality Show. Es ist noch ungewohnt, dass die beiden zusammen sind aber Kat ist so glücklich, dass ihr nichts so schnell die Stimmung verdirbt. Und das macht mich glücklich. Ich bin wirklich froh, dass die beiden endlich alles klären konnten und zueinandergefunden hatten. Wenigstens hat eine von uns dreien das auf die Reihe bekommen.
Kat blickt sofort auf und ein schelmisches Grinsen legt sich auf ihre Lippen. „Du siehst heiß aus.", kommentiert sie mein Äußeres, was mich etwas erröten lässt.
Luke, der nun neben ihr auf der Couch sitzt, sieht nun auch auf und nickt kaum merklich. „Du siehst wirklich gut aus.", sagt er. „Also wenn du den Kerl flachlegen willst, sollte das kein Problem sein." Kurz zwinkert er mir zu und schnappt sich dann die Fernbedienung.
Ich lasse die Schultern hängen und verdrehe die Augen. „Ich will ihn nicht ... flachlegen.", sage ich und schüttle den Kopf. „Wir gehen bloß als Freunde auf dieses Konzert."
„Weiß er das auch?", hakt Luke zögerlich nach und zieht eine Braue hoch.
Ich sehe an den beiden vorbei. Ja, James weiß, dass wir als Freunde hingehen. Zumindest habe ich ihm gesagt, dass es kein Date ist also sollte alles klar sein zwischen uns.
Bevor ich auf Lukes Frage antworten kann, springt Kat auf und kommt auf mich zu. „Hey, mach dir keinen Stress. Du hast es ihm doch gesagt also ist doch alles klar zwischen euch.", meint Kat und legt ihre Hände auf meine Arme. Fürsorglich wie Kat ist mustert sie mich.
Ich ringe mich zu einem Lächeln und nicke. „Sollte ich doch etwas Anderes anziehen? Ich meine ..."
„Nein, du siehst perfekt aus." Kat schenkt mir ein sanftes warmes Lächeln was mich tatsächlich beruhigt.
„Okay. Da du die Modequeen von uns bist, verlasse ich mich mal auf dein Wort."
„Ich freue mich wirklich für dich, dass du endlich mit James ausgehst. Obwohl du manchmal wegen dem Typ so geheult hast.", sagt Kat.
Luke kommt hinter sie und wirft mir einen verwirrten Blick zu. „Also wenn du wegen dem Kerl so viel geheult hast, bin ich mir nicht sicher, ob er es wert ist.", meint er und runzelt die Stirn.
Kat und ich sehen ihn an. „Du weißt schon was du gerade gesagt hast oder?", murmelt Kat und fixiert ihn.
Luke sieht nachdenklich an ihr vorbei, nickt aber dann, als er kapiert hat, das Kat von sich selbst spricht. Hätte sich Kat genau das gedacht, wäre Luke nicht mit ihr zusammen. „Stimmt, du hast Recht.", sagt er. Im nächsten Moment setzt ein breites Lächeln auf und sieht mich an, während er beide Daumen in die Höhe hält. „Er ist bestimmt ein toller Typ."
Ich verdrehe die Augen und sehe Kat wieder an. „Der schnellste ist er nicht, was?", murmle ich. Kat beginnt zu lächeln und nickt leicht, während sich Luke vor dem Kühlschrank umdreht. „Das habe ich gehört.", zischt er sofort.
Ich lache und schüttle den Kopf. James sollte bald hier sein. Er hat darauf bestanden, dass er mich abholt, also habe ich ihm meine Adresse gegeben. Es aber im nächsten Moment bereut, da Kat und Alice ihn sehen werden und bestimmt abchecken wollen. Ach ja und Luke ist auch hier, was bedeutet, dass ihn drei Augenpaare abchecken werden. Oh Gott, der arme James.
Alice kommt aus ihren Zimmer geschlürft. Sie trägt eine graue Joggingshose und einen weiten Hoodie, ihre Haare sind zu einem wilden Dutt zusammengebunden. Ihr Blick fliegt auf mich, dann lächelt sie. „Du siehst ja heute gut aus.", sagt sie.
„Ich würde ja gerne dasselbe zu dir sagen aber ..."
Schnell winkt sie ab. „Ja ja ich weiß. Aber lasst mich einfach in Selbstmitleid suhlen und gibt mir ein paar Tage, dann bin ich wieder ganz die alte.", sagt sie trocken. Ich tausche mit Kat einen Blick, da wir wissen, dass es ihr immer noch miserabel geht. Und das nun fast eine Woche.
„Wir könnten doch zu dritt was unternehmen? Wir gehen in eine Bar und trinken was. Rauskommen würde dir bestimmt guttun.", bietet ihr Kat an. Aber wir wissen, wie ihre Antwort lautet.
„Um das fünfte Rad zu sein? Danke für dieses unschlagbare Angebot, aber ich lehne ab.", sagt sie und nimmt sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und aus dem oberen Küchenregal eine Packung Schokolade. Sie öffnet sie sofort und stopft sich ein großes Stück in den Mund, während Luke, Kat und ich ihr dabei zusehen. Dann sieht sie uns überrascht an. „Was? Mir geht's gut.", mampft sie und zuckt mit den Schultern. „Ich lasse mich nicht von diesem Idioten so einfach aus der Bahn werfen, der kann mich mal. Es gibt genug Männer da draußen, die so toll sind wie Jayden."
„Alice ..."
„Es ist wirklich okay. Macht um mich keine Sorgen, ich kann auf mich selbst aufpassen.", stellt sie freundlich klar. Sie sieht uns nochmal prüfend an, dann nickt sie und wendet sich wieder ab. Im nächsten Moment verschwindet sie wieder in ihrem Zimmer.
„Ihr geht's gar nicht gut.", murmelt Luke hinter uns, der ihr mit gerunzelter Stirn nachsieht.
„Nein, offensichtlich nicht.", murmelt Kat und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Ich würde ja gerne mit dem Typen mal reden um ihm klar zu machen, was für Scheiße er gebaut hat.", murrt Luke und setzt sich wieder auf die Couch. „Ich hätte ihn damaks schon anreden sollen, als er im Cafe war."
„Sie waren bei dir im Café?"
„Ja, Alice und er haben sich eine Weile unterhalten. Ich habe sofort gemerkt, dass da mehr dahintersteckt. Habe mich aber zurückgehalten.", erklärt er. „Alice war etwas durch den Wind, aber sie ist dann auf und hat ihn alleine gelassen."
Bevor ich etwas sagen kann, schrillt die Klingel durch die Wohnung. Das muss James sein. Mein Herz schlägt sofort schneller, aber vor Aufregung. Bevor ich reagieren kann, springt Luke von der Couch auf und läuft an uns vorbei. „Ich mache auf. Ich will mir den Kerl bloß mal ansehen.", stellt er klar.
Ich verkneife mir ein Grinsen als ich zu Kat sehe. Entschuldigend zuckt sie mit den Schultern. „Ich sags dir, wenn er eine dumme Bemerkung gegenüber James macht, bin ich sauer auf ihn.", zische ich. „Und sauer auf dich, weil du ihn sooft erlaubst hier zu sein." Aber Kat lacht bloß.
Luke macht die Wohnungstüre auf und sofort vernehme ich James raue Stimme. „Hey Mann, ich ähm ... ist Rose hier?"
„Komme sofort!", rufe ich durch die Wohnung. Ich ziehe mir meine Jacke über und packe die restlichen Sachen in meine kleine Tasche.
„Viel Spaß. Und morgen erzählst du mir alles, klar? Ich will alles wissen, auch wenn es kein Date ist.", sagt Kat streng und hebt den Finger, während sie mich eindringlich ansieht. „Und du kannst mich jederzeit anrufen, wenn was ist oder er aufdringlich wird. Luke und ich holen dich da raus, versprochen."
Ich lache und nicke. „Es wird nichts passieren. Aber ja, du wirst alles erfahren.", versichere ich ihr und mache mich auf den Weg zur Türe. Mein Blick fliegt auf Luke, der sich vor James etwas aufbaut. Aber ich verkneife mir ein Lachen und trete neben Luke. James' Blick fliegt auf mich und sofort lächelt er. Seine Gesichtszüge entspannen sich, während ich ihn verstohlen mustere. Seine Haare sind etwas verwuschelt und augenblicklich verspüre ich den Drang, sie zu berühren. Er hat sich seinen zarten Bart abrasiert, was ich jünger erscheinen lässt. Aber ich mag es. James sieht wirklich gut aus und ich frage mich, ob es ein Fehler ist, dass wir das zu keinem Date gemacht haben.
„Hey."
„Ignoriere ihn einfach, er macht sich nur gern wichtig.", sage ich zu James und deute hinter mich, wo Luke leise lacht.
„Ich mache mich gar nicht wichtig. Ich bin nur ein aufrichtiger Mensch, der sich bloß Sorgen um seine Freunde macht.", sagt Luke deutlich.
„Baby, verschrecke ihn nicht. Sonst glaubt er noch, dass Rose mit ein paar kompletten Vollidioten zusammen wohnt.", schaltet sich Kat ein und umschlingt ihren Freund von der Seite. Sie kuschelt sich an ihn und hält sich kein bisschen zurück. Aber ich bin erleichtert über ihre deutliche Geste, denn somit weiß James, dass Luke der Freund meiner Mitbewohnerin ist.
Ich trete zu James hinaus und drehe mich nochmal um. „Also wir gehen besser, bevor die ganze Situation hier noch peinlicher wird." Ich grinse alle an und warte darauf, dass wir endlich loskönnen. Ich will wirklich gerne weg damit James und ich alleine sein können.
„Wollen wir?", fragt mich James und sieht mich von der Seite an.
Ich nicke eifrig. „Oh ja, sehr gerne."
„Hat mich gefreut.", ruft James ihnen über die Schulter zu.
„Und wenn du irgendeine Scheiße baust, ich werde es so und so erfahren. Also überlege es dir. Ich habe mal einem Kerl die Nase gebrochen!", ruft Luke uns nach und ich weiß, dass er James meint.
James neben mir lacht leise und ich würde am liebsten im Boden versinken. Ich mag Luke, sehr sogar, aber gerade würde ich ihm gerne eine runterhauen.
„Hast du das wirklich?", zischt Kat verärgert, schon kaum hörbar.
„Nein, Baby. Natürlich nicht. Aber der Kerl soll es ruhig glauben.", flüstert Luke zurück, dann fällt die Türe ins Schloss.
Wir machen uns auf den Weg, dann wende ich mich ihm zu. „Sorry, dass Luke so ein Idiot ist. Es macht bloß Spaß." Ich mustere James von der Seite und bewundere seine markanten männlichen Konturen. Ich glaube, ich habe immer noch nicht ganz kapiert, das James White mit mir ausgeht. Hätte mir das jemand vor zwei Monaten gesagt hätte ich mich vor Lachen auf dem Boden gekugelt.
James wirft mir einen Blick zu. „Ich bin mir nicht sicher ob eine Drohung von einem tätowierten Kerl, der einen halben Kopf größer ist als ich als Spaß zu sehen ist.", sagt James.
Ich grinse. „Nein im Ernst. Luke kann ein totaler Softy sein, also es sind bloß leere Worte, die er da von sich gibt."
James nickt. „Okay gut. Aber ich habs kapiert. Wenn ich was Falsches mache, bekomme ich es trotzdem mit ihm zu tun."
Ich lache und werfe den Kopf in den Nacken. „Luke hat gar nichts zu sagen. Er ist der Freund meiner besten Freundin, er spielt sich gerne auf.", versichere ich ihm nochmal.
„Gut. Aber ich habe trotzdem nicht vor, dass ich etwas Falsches mache.", sagt er. Seien Stimme hat plötzlich eine andere Tonlage, was mein Lachen verstummen lässt. „Ich freue mich wirklich, dass wir heute ausgehen."
Ich lächle sanft und nicke. „Ja ich freu mich auch.", antworte ich ihm ehrlich. Nach der Sache mit Charlie wusste ich wirklich nicht, ob ich heute mit James ausgehen soll. Schließlich weiß ich, dass das alles mit Charlie noch nicht abgehakt ist. Ich muss mit ihm reden, aber ich weiß nicht was ich ihm sagen soll. Deshalb habe ich beschlossen, mit James auszugehen und hoffe, dass ich nach diesem Abend weiß, was ich will.
Als mir diese Gedanken durch den Kopf herumirren, bleibe ich stehen. Ich sehe zu James auf, der mich verwirrt mustert. „Alles okay?", fragt er mich und runzelt die Stirn.
Ich seufze und lasse die Schultern sinken. „Ja ... nein. Hör zu, ich muss dir etwas sagen.", beginne ich. „Es ist kompliziert und ich will ehrlich zu dir sein. Es gibt da jemand anderen und ..."
„Den Kerl aus der Bar letztens, mit dem du Streit hattest?", wirft James ein.
Ich nicke. „Ja, Charlie. Er ist mein Ex, naja wir hatten bis vor kurzem wieder was miteinander also keine Ahnung was wir sind."
„Rose, du musst mir nichts erklären. Der Kerl ist dir wichtig, das habe ich schon kapiert.", unterbricht er mich. „Wir haben doch gesagt, dass das hier kein Date ist. Außer du willst es zu einem Date machen, diese Option steht natürlich immer noch offen. Aber ich würde vorschlagen, wir sehen einfach wie der Abend läuft und machen keinen Druck oder so." Er zuckt mit den Schultern und lässt seine Augen über mein Gesicht gleiten. „Fakt ist, dass ich dich einfach kennen lernen will, weil du ein interessantes Mädchen bist, das ebenso wie ich eine Schwäche für gute Filme hat."
Ich lächle und ich spüre wie eine gewisse Anspannung von mir abfällt. „Also wenn du noch mehr solcher Worte von dir gibst, sollten wir das ganze doch zu einem Date machen.", sage ich grinsend und hake mich bei ihm ein. Wir laufen weiter.
„Oh gut zu wissen, dass ich das richtige Gesagt habe. Ich neige dazu, Scheiße von mir zu geben, wenn ich nervös bin.", sagt er.
Ich ziehe die Brauen hoch und werfe ihm einen Blick zu. „Du bist nervös? Du?"
James zuckt mit den Schultern. „Naja hast du dich im Spiegel angesehen? Deine Beine sehen in dieser Jeans echt heiß aus und mir gefällt wie du deine Haare trägst. Neben so einer attraktiven Frau kann man doch nur nervös werden?"
Mein Herz klopft wild an meinen Brustkorb und ich lächle in mich hinein. „Okay, wenn du mir verrätst, was deiner Meinung nach der beste Film der Filmgeschichte ist und ich den Film auch gut finde, machen wir ein Date daraus.", schlage ich ihm vor und beobachte seine Reaktion. „Und wehe du lügst."
James grinst etwas und sieht nachdenklich gerade aus. Es bilden sich kleine Grübchen, während er vor sich hin grinst. „Okay also ich habe eine Schwäche für der Herr der Ringe. Aber die Filme Fight Club, Inglourious Basterds oder Psychostehen auch weit oben auf meiner Liste. Ich würde sagen, meine persönliche Nummer eins gibt es nicht.", sagt er. „Oh shit warte, ich habe The big Lebowski vergessen."
Ich lache, während James immer noch grübelt. „Okay verstehe.", sage ich und nicke.
„Was bedeutet das jetzt?", fragt James neugierig nach.
Ich sehe zu ihm und lächle, während sich unsere Blicke treffen. Für ein paar Sekunden verliere ich mich in seinen Augen, doch dann murmle ich leise: „Wir sollten das zu einem Date machen."
***
James hat nicht gelogen. Die Band ist wirklich gut und ich überlege mir tatsächlich ein paar Songs von ihnen auf mein Handy zu laden. Ein paar von ihnen haben einen guten Rhythmus, der im Kopf hängen bleibt und wo man nicht stillhalten kann.
Es ist ein größerer Club, und ich klammere mich regelrecht an James, weil ich Angst habe ihn zu verlieren. Der Club ist gestopft voll und wir würden uns nicht so schnell wiederfinden. Gerade kämpfen wir uns von der Mitte des Raumes zur Bar. Ich habe James den Vortritt gelassen, weil er sich leichter und geschickter durchkämpfen kann als jemand, der zu den kleineren im Raum gehört. So wie ich.
Wir haben einen Platz an der Bar gefunden und James holt sein Portmonee hervor. Er lehnt sich vor und winkt dem Barkeeper zu. Während er für uns beide etwas bestellt, sehe ich mich im Club um. Der größte Teil der Clubbesucher tummelt sich auf der Tanzfläche und tanzt was das Zeug hält. Es sind hauptsächlich welche in unserem Alter, aber ich kenne keinen davon.
„Hier bitte.", höre ich James neben mir.
Ich drehe hastig den Kopf und nehme dankend das Bier entgegen. „Vielen Dank.", sage ich und proste ihm zu. „Und danke nochmal, dass du mich mitgenommen hast. Sie gefallen mir wirklich gut." Ich nehme einen Schluck und bin froh über das kühle Getränk. Mir ist heiß und langsam frage ich mich woran das liegt. An dem vollen Club oder an der Tatsache, wie mich James schon den ganzen Abend lang ansieht. Seine Blicke sind eindeutig.
Er schenkt mir ein warmes Lächeln und nippt dann ebenfalls an seinem Bier. Dann lehnt er sich an der Bar an, stützt einen Ellbogen darauf ab und sieht mich mit diesem Blick an. Der Blick, der mich nervös macht. „Also erzähl was von dir. Ich darf mit der schönsten Frau vom ganzen Club sprechen, weiß aber so gut wie nichts über sie."
Ich lache und nicke. Aber dann zucke ich mit den Schultern. „Ich denke das wichtigste weißt du bereits. Alles andere würde dich abschrecken." James lacht auf, sagt aber nichts darauf. „Okay na gut. Lass mal überlegen. Also ich liebe lange Filmabende und mit meinen beiden besten Freundinnen über Jungs herzuziehen. Was wir allerdings in letzter Zeit kaum gemacht haben, weil wir so eine Abmachung am Laufen hatten. Ich liebe es Leute zu beobachten und versuchen zu verstehen, wer sie sind. Zu Weihnachten haben meine Mom und ich so eine Tradition, dass wir uns heiße Schokolade machen und die besten Weihnachtsfilme nach derselben Reihenfolge wie jedes Jahr ansehen. Und eigentlich bin ich ziemlich schüchtern und eine totale Tragträumerin."
James Grinsen wird breiter, während seine Augen mein Gesicht fixieren. Als er immer noch nichts sagt, nippe ich eilig an meinem Bier. „Okay eine Frage.", sagt er plötzlich ganz ernst und lehnt sich noch weiter vor. „Was für eine Abmachung?"
Ich lasse meine Schultern sinken und seufze. „Das ist dir von allem hängen geblieben?" Doch James zuckt bloß unschuldig mit den Schultern. „Wir wollten ein Jahr auf Männer verzichten, weil wir alle genug von ihnen hatten. Also dachten wir es sei eine gute Idee. Es hat sich aber herausgestellt, dass keiner von uns die Abmachung eingehalten hat." Als ich James von dieser Abmachung erzähle, wird mir klar, dass er eigentlich mein Grund war um mitzumachen. Aber das erzähle ich ihm besser nicht.
James nickt langsam. „Tja es geht nicht mit uns aber ohne uns auch nicht, was?"
Ich lache auf und nicke. „Sieht wohl so aus ja.", stimme ich ihm zu. „Und sag mir mal wie es einen jungen Mann aus Liverpool nach London verschlägt?"
James sieht an mir vorbei und seufzt leise. Dann kratzt er sich am Hinterkopf. „Naja da gibt es nicht viel zu sagen. Ich wollte was von der Welt sehen. Nach meinem Schulabschluss stand ich ziemlich planlos herum also bin ich erst mal auf und davon. Meine Eltern habe bloß den Kopf geschüttelt, als ich meine Tasche packte und los bin. Ich habe vier Monate in Europa verbracht und noch zwei weitere in Amerika. Dann ist mir klargeworden, dass ich mein Hobby zum Beruf machen will, und naja jetzt höre ich mir Zeugs über Filme an und hoffe, dass es mich da hinbringt wo ich gerne hinwill."
„Wow." Mehr bekomme ich tatsächlich nicht heraus. „Nein ich meine es ernst. Meinen Respekt, dass du das durchgezogen hast. Und nein ich meine nicht, Film zu studieren und dir somit selbst ins Fleisch zu schneiden. Sondern dass du einfach deine Sachen gepackt hast und dir die Welt angesehen hast."
James lächelt verlegen. „Das einzige was ich mir dachte, war jetzt oder nie. Und die Option nie kam nicht in Frage also blieb nur mehr jetzt übrig."
„Und wie war das so? Das muss doch unglaublich aufregend sein.", staune ich und sauge jedes Wort auf, dass er von sich gibt.
James nickt und nippt an seinem Bier, bevor er weiterspricht. „Ja das war es. Ich habe tolle Menschen kennengelernt, die alle eine eigene Geschichte zu erzählen hatten. Das war wirklich etwas fürs Leben und ich bereue keine Sekunde davon, obwohl ich manchmal kurz davor war, alles abzubrechen. Den Trip alleine zu machen, war nicht die beste Idee."
„Wow, du hast meinen Respekt.", sage ich ihm ehrlich und nicke leicht.
James lächelt verlegen und fährt sich durch die Haare. Verdammt, wenn er das noch einmal tut kann ich nicht anders als ihn zu küssen. Ja, das Verlangen seine Lippen zu schmecken steigt mit jeder Sekunde. Und die Tatsache, dass er es auch will macht mich noch mehr an.
Die Band spielt bis kurz nach Mitternacht und wir beschließen aufzubrechen. Die kühle Nachtluft umhüllt meinen Körper und ich ziehe meine Jacke enger um mich. Vor dem Club tummeln sich eine Menge junger Leute und wir suchen uns einen Weg hindurch.
James besteht darauf, dass er mich wieder bis nach Hause begleitet. „Du weißt aber schon, dass ich ein großes Mädchen bin? Ich würde das schon alleine schaffen.", versichere ich ihm halb lächelnd.
„Natürlich weiß ich das. Nur will ich mich jetzt noch nicht verabschieden, das ist alles.", erklärt James und grinst mich an.
Mein Herz wird schwer und bevor ich etwas erwidern kann, tritt James auf die Kante des Bürgersteigs und winkt ein Taxi an den Rand. Ich lasse währenddessen meinen Blick über seinen Körper gleiten und frage mich, ob ich im Taxi über ihn herfallen soll.
James hält mir die Türe des Taxis auf und lächelt mich an. „Darf ich bitten?"
„Oh vielen Dank." Ich steige breit grinsend ins Auto, James folgt mir dicht. Er nennt dem Fahrer die Adresse und wir fahren los.
James warmer maskuliner Körper berührt den meinen und ich sehe zu ihm. Meine Hand liegt auf seinem Oberschenkel während er seine um mich geschlungen hat. Unsere Gesichter sind gefährlich nahe und ich spüre jeden einzelnen Atemzug, der über meine Haut hinwegstreift.
James Hand wandert zu meiner Wange, während sich unsere Blicke treffen. Es ist fast dunkel, aber ich kann die Begierde in seinen Augen erkennen. Sein Blick fliegt zu meinen Lippen und dann spüre ich seinen Daumen über meine Unterlippe streifen. Ich erschaudere leicht und drücke mich mehr in seine Berührung. Ich will mehr.
„Ich würde dich so gerne küssen.", flüstert er.
Mein Herz klopft wie wild an meinen Brustkorb und mich wundert es, dass es James nicht hören kann. Das Pochen hallt in meinen Ohren wieder und ich frage mich, wie zu jemanden werden konnte, der auf der Rückbank eines Taxis rummachen will. Für viele ist das kein Problem, doch ich bin schüchtern und die Gedanken, die in meinem Kopf herumschwirren passen so gar nicht zu mir.
Ich recke meinen Kopf zu James und kralle mir an seinem Shirt. Sanft ziehe ich ihn zu mir runter und sehe ihm nochmal in die Augen. „Und warum nimmst du dir nicht, was du willst?"
James hält den Atem an. Er legt seine Hand in meine Nacken und drückt sanft seinen Lippen auf meine. Der Kuss beginnt vorsichtig, aber als ich den Mund öffne, schiebt er seine Zunge in meinen Mund. Er bittet nicht, er nimmt es sich und das gefällt mir. Seine Zunge erforscht meinen Kund, schiebt sich weiter nach vorn und ich zerre regelrecht an seinem Shirt.
Er wird gieriger. Er will mehr, genauso wie ich. Seine Lippen spielen mit mir, necken mich. Ein leises Stöhnen entkommt meiner Kehle, aber James fängt es auf.
Ich spüre wie seine Hand sich unter meiner Bluse verirrt und dort meinen nackten Rücken streichelt. Raue Fingerspitzen streichen über meine Haut hinweg und ich spüre wie ich eine Gänsehaut bekomme.
Charlies Lippen bedecken meinen Hals und ich neige den Kopf schief. Äh, warte was? Charlie?
Ich lege meine beiden Hände auf seine Brust und drücke ihn von mir. James.
Verwirrt mustert er mich. „Hab ich was falsch gemacht?"
Ich presse meine Augen zusammen, habe immer noch beide Hände auf seine Brust. Dann schüttle ich den Kopf.
Warum schlecht sich Charlie in meinen Gedanken? Ich war den ganzen Abend scharf darauf, James zu küssen und ihn zu berühren. Ich bin schon seit einer Zeit ziemlich scharf darauf. Aber Charlie taucht immer wieder vor meinen Augen auf und verwirrt mich. Plötzlich fallen mir seine Worte wieder ein und reise die Augen auf. Ich sehe James an und schnappe nach Luft.
Im nächsten Moment lehne ich mich zu dem Taxifahrer nach vor. „Entschuldigen Sie, könnten Sie bitte auf der Stelle anhalten?"
„Rose, was ist los?" James versucht meinen Blick zu erhaschen, aber ich kann ihm nicht in die Augen sehen.
Ich schnalle mich ab, als das Auto zum Stehen kommt und reiße die Türe auf. Ich springe fast aus dem Auto und laufe um den Wagen herum. James hat ebenfalls die Türe geöffnet und steigt aus.
„Rose, sieht mich bitte an und sag mir was ich falsch gemacht habe.", bittet er mich. Im nächsten Moment bekommt er meine Hand zu fassen und ich wirble herum. Er zieht mich an sich und zwingt mich, dass ich ihm in die Augen Blicke. „Was ist los?"
Ich erwidere seinen verwirrten Blick und schnaube. „Es tut mir leid. Du hast gar nichts falsch gemacht, im Gegenteil. Du hast dich den ganzen Abend wundervoll verhalten und ich war die ganze Zeit scharf darauf, dich zu küssen."
James presst enttäuscht die Lippen aufeinander. „Ich kann mir denken, was jetzt kommt.", murmelt er.
Ich halte für ein paar Sekunden seinen Blick stand. „James, ich mag dich wirklich sehr. Aber es ist dir gegenüber nicht fair. Es gibt da immer noch jemand anderen und ich weiß, dass diese ganze Sache mit ihm noch nicht vorbei ist. Wir haben eine lange Vergangenheit und noch einiges zu klären. Es wäre falsch von mir, dich hin zu halten."
„Du musst mir nichts erklären, Rose.", sagt James.
Ich schüttle den Kopf. „Doch, ich finde du solltest es wissen.", sage ich. „Um ehrlich zu sein, bist du mir schon seit dem ersten Tag auf der Uni aufgefallen. Ich wollte immer, dass du mich bemerkst, und als wir uns kennen gelernt haben, war ich irgendwie mit Charlie zusammen. Die Wahrheit ist, dass es in meinem Leben immer nur Charlie gab und ich deswegen, hierzu ja gesagt habe. Ich war neugierig aber gerade wir mir klar, dass ich mich euch beiden gegenüber falsch verhalte. Und das tut mir leid."
James nickt leicht und sieht kurz an mir vorbei. „Ist okay.", sagt er schließlich. „Ich hoffe nur er ist es wert und weiß, was für ein tolles Mädchen du bist. Er hat echt Glück."
Ich lasse die Schultern hängen. „Das tut er. Er hat zwar viele Fehler gemacht, aber das habe ich auch."
„Du solltest nach Hause gehen, es ist ziemlich kalt.", sagt er und ringt sich zu einem Lächeln. Er versucht es zu vertuschen, aber sieht niedergeschmettert aus. Und das tut mir richtig leid, aber ich musste ihm die Wahrheit sagen. Es wäre einfach nicht richtig gewesen.
„Es tut mir wirklich leid.", wiederhole ich mich.
„Ich denke wir sehen uns auf der Uni.", sagt er und vergräbt seine Hände in den Hosentaschen.
„Ist alles gut zwischen uns?"
James lächelt und nickt locker. „Alles gut."
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