Kapitel 72: Hey, Hiro?
Ich schüttle den Kopf. Nein, ich werde nicht gehen. Wayde starrt mich kurz an und seufzt dann. "Er hat sich die Pulsadern aufgeschlitzt", flüstert er. Meine Augen weiten sich, ich glaube mich trifft der Schlag! "Ich musste ihn erst einmal bändigen und dann ist er ins Krankenhaus..."
"Wann!?"
"Vorgestern."
"In welches?"
"Krankenhaus? Das in der Hauptstraße."
Mein Mund steht offen. "U-und wie geht es ihm!?"
"Den Umständen entsprechend gut, schätze ich..."
Das ist alles meine Schuld ... Ich hätte Hiro nie alleine lassen dürfen. Nein, mach dir keine Vorwürfe ... Du kannst nichts dafür, dass Hiro krank ist ...
Ich weiß nicht, was ich sagen soll, was ich machen soll. Ja, ich will nichts mehr mit Hiro zu tun haben, aber dennoch liegt er mir irgendwie am Herzen. Er ist mir doch nicht egal!
Er bedeutet mir etwas, auch wenn ich nicht sagen kann was. Ich will dass er lebt und sein Glück findet in dieser Welt aus Hass und Egoismus.
In dieser Welt, wo er nicht hingehört.
Ich lasse Wayde stehen und laufe die Straßen entlang. Ich muss wissen, wie es Hiro geht. Was er gerade macht... Und ich muss ihm irgendwie helfen, aber nicht so wie er das will. Mein Magen fühlt sich taub an, kalter Schweiß steht auf meiner Stirn. Atemlos komme ich im Krankenhaus an und halte mich am Tisch der Rezeption fest.
"Zimmer 22, zweiter Stock."
Ich hechte die Treppen hinauf, da der Fahrstuhl einfach überfüllt ist und öffne leise das Zimmer. Da liegt er, schlafend, an Bluttransfusionen angeschlossen. "Hiro", flüstere ich und ziehe einen Stuhl an das Bett. Im sterilen Zimmer hängen keine Bilder an der Wand, es stinkt nach Desinfekfionsmittel. Einzig und allein eine Bibel liegt auf Hiros Nachtschrank. Ich setze mich und sehe zu dem Jungen. Er ist noch dünner geworden, als er sowieso schon war unf damals hat man schon seine Rippen und jeden Muskel gesehen. Er ist ein einziges Wrack. Seine Arme sind beide mit Verband überhäuft. Mir steigen die Tränen in die Augen. Ich weiß nicht, wie ich mit so etwas umgehen soll! Mit Suizid ... Wenn Menschen ihr Leben beenden wollen, wenn sie der Welt keine Chance mehr geben. Ich nehme Hiros kühle Hand und streichle darüber. "Was war die Ursache für deinen Entschluss, Kleiner? Mh? War es meine Schuld?" Meine Wangen werden heiß und ich weine, obwohl ich mich einfach nur taub fühle. "Du bist doch erst 16 Jahre alt, mein Guter. Bisher bist du zwar vom Pech verfolgt worden und viele böse Dinge sind mit dir gemacht worden - aber ... es kommen doch auch wieder gute Zeiten. Ohne Schatten gäbe es doch kein Licht, Süßer." Ob er mir untetbewusst zuhört? Ob es egal ist, was ich rede? Nein, das ist es nicht ...
Mit dem Daumen über seine Hand streichelnd seufze ich traurig. Meine Tränen tropfen von meinem Kinn und berühren ihn. "Wo hast du denn deine Himbeerbonbons, mh? Die magst... du doch so gerne.." Meine Stimme bricht ab und ich starre auf seine blasse Hand. "Ich kann dir nicht wieder sagen, dass alles gut wird..."
Hätte er mir dad jemals geglaubt, dann hätte er sich nicht die Arme aufgeschnitten, um zu gehen.
Endgültig für immer zu gehen.
"Ich habe Angst zu sterben", hat Hiro mal eines Nachts zu mir gesagt. "Aber noch mehr Angst habe ich vor dem Leben."
Mit glasigen Augen sehe ich wieder zu dem schlafenden Jungen. Wenn es ihm wieder besser geht werden sie ihn bestimmt wieder einweisen.
Ein Teufelskreis.
"Hey, Hiro? Ich wollte mich nochmal bei dir bedanken", spreche ich mit brüchiger Stimme. "Für das Zimmeraufräumen, die guten Mathenoten, das Frühstück und ... den leckeren Orangensaft ... Und dass du deine leckeren Himbeerbonbons mit mir geteilt hast... Hast du das Buch von Andy und Sam eigentlich zu Ende gelesen? Wie fandest du es?"
Erst jetzt kommt der Herzschmerz. Obwohl ich Hiro kaum kannte und auch heute nicht wirklich kenne, hatte er doch schon seine ganz eigenen Besonderheiten. Ich beuge mich über ihn und kraule kurz durch sein immer rauer werdendes Haar. "Was war eigentlich deine Lieblingsfolge von Spongebob? Das hast du mir nie gesagt", führe ich mein Gespräch fort. Ja, er hat es mir nie gesagt. "Und wo ist Ölimöli eigentlich? Er hat gar nicht auf deinem Bett gelegen ..." Ich seufze, weiß nicht, was ich sagen könnte. Mein Kopf ist leer, ich fühle mich wie tot. "Ich hab dich sehr lieb, Kleiner. ich weiß, dass du das nicht glaubst, aber sonst wäre ich nicht hier. Irgendwann wird es dir gut gehen, wir kümmern uns gemeinsam darum, okay?"
Das werden wir ...
"Ich lass dich nicht sterben."
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